Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.03.2022, RV/7400004/2022

Die Festsetzung der Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz 2008 kann unmittelbar nach Rechtskraft der Baubewilligung, in der festgestellt wird, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt,erfolgen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Loquaiplatz 13/19, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 37, Baupolizei - Stabstelle Recht, vom betreffend Vorschreibung der Ausgleichsabgabe gemäß den §§ 48 Abs. 1 und 54 des Wiener Garagengesetzes 2008 (WGarG 2008) iVm § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr. 27/2014, AZ MA 37/***Zahl***-2017-1, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beisein der Schriftführerin Andrea Moravec am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom , AZ MA37/***Zahl***-2017-1, wurde der Beschwerdeführerin als Bauwerberin des Bauvorhabens in ***AdrBauvorhaben***, gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) iVm § 2 der Wiener Bautechnikverordnung (WBTV) und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 (WGarG 2008) die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die in der Folge beschriebenen Bauausführungen (ein zweigeschossiger und ein eingeschossiger Dachgeschosszubau für die Schaffung von drei Wohnungen mit einer Wohnnutzfläche von insgesamt 550 m2) vorzunehmen.

Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 iVm § 50 WGarG 2008 zur Schaffung von zwei Stellplätzen nicht entsprochen werde. Die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 52 iVm § 48 Abs. 1 und § 50 WGarG 2008 durch die Bauführung geschaffen werden müssten, bleibe zur Gänze um fünf Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin für das Bauvorhaben an der oben angeführten Adresse die Ausgleichsabgabe gemäß § 48 Abs. 1 und § 54 WGarG 2008 i.H.v. 60.000 Euro vorgeschrieben.

In der Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 48 Abs. 1 WGarG 2008 iVm § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr. 27/2014, entstehe bei Neu-und Zubauten sowie Änderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung eine Stellplatzverpflichtung, die entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder dem Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen sei.

Bleibe bei einem Bauvorhaben nach der nachvollziehbaren Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Zahl zurück, sei dies, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien Anwendung finde, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibe.

Abgabepflichtig sei gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 der Bauwerber oder die Baubewerberin.

Die Ausgleichsabgabe ergebe sich gemäß § 54 WGarG 2008 aus dem Produkt des Einheitssatzes und der Zahl der fehlenden Stellplätze. Der Einheitssatz betrage nach § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr. 27/2014, 12.000 Euro pro Stellplatz.

Im Baubewilligungsbescheid der Magistratsabteilung 37 sei festgestellt worden, dass das Bauvorhaben um fünf Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wandte die Beschwerdeführerin ein, die Behörde argumentiere im Wesentlichen damit, dass gemäß § 48 Abs. 1 WGarG 2008 bei Neu-und Zubauten sowie Veränderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung eine Stellplatzverpflichtung entstehe, die entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen sei. Im Baubewilligungsverfahren sei festgestellt worden, dass das Bauvorhaben um fünf Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe.

Die Voraussetzungen für die Vorschreibung seien nicht gegeben.

Gemäß § 48 Abs. 4 WGarG 2008 müssten Pflichtstellplätze ab Einlangen der Fertigstellungsanzeige des die Stellplatzverpflichtung auslösenden Bauvorhabens für die Dauer des Bestehens der Verpflichtung der widmungsgemäßen Verwendung offenstehen. Die Herstellung eines Stellplatzes gelte gemäß § 52 Abs. 3 WGarG 2008 als unwirtschaftlich, wenn die Herstellungskosten den Betrag der durch Verordnung festgesetzten Ausgleichsabgabe überstiegen. Für solche Stellplätze sei eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Die Ausgleichsabgabe werde gemäß § 55 WGarG 2008 mit gesondertem Bescheid bemessen. Leistungen, deren Erbringung gesetzlich als Voraussetzung zur Erteilung der Baubewilligung gefordert werde oder die anlässlich der Baubewilligung vorzuschreiben seien, habe die Behörde gemäß § 70a Abs. 11 BO unmittelbar nach angezeigten Baubeginn vorzuschreiben.

Die Ausgleichsabgabe dürfe erst unmittelbar nach angezeigten Baubeginn vorgeschrieben werden. Richtig sei, dass die Beschwerdeführerin am die Baubeginnanzeige an die belangte Behörde übermittelt habe. Diese Baubeginnanzeige betreffe aber lediglich einen kleinen Teil des mit Bescheid der Magistratsabteilung 37/Gebietsgruppe Ost - Stadterneuerung II vom , AZ MA37/***AZ1*** genehmigten Bauprojekts.

Mit diesem Bescheid seien mehrere Bauführungen bewilligt worden, nämlich:

  • Im Bereich der ***Str1*** ein zweigeschossiger Dachgeschosszubau und im Bereich der ***Str2*** ein eingeschossiger Dachgeschosszubau, wodurch drei Wohnungen mit einer Wohnnutzfläche von insgesamt ca. 550 m² geschaffen würden;

  • Höhereführung des Aufzugsschachts und Zubau einer Aufzugsüberfahrt;

  • Reduzierung des Treppenhauses und des Ganges im ersten Dachgeschoss;

  • Errichtung von hofseitigen Dachterrassen;

  • Vergrößerung von bestehenden Balkonen.

Die Baubeginnanzeige vom sei anhand des von der Stadt Wien vorgegebenen Formulars erfolgt. Es sei jedoch zunächst nur eine einzige Bauführung des mit dem angeführten Bescheid bewilligten Bauvorhabens ausgeführt worden, nämlich die Vergrößerung von bestehenden Balkonen. Nur diese Bauführung sei Inhalt der Baubeginnanzeige vom .

Die einzig bislang angezeigte Bauführung, nämlich die Vergrößerung von bestehenden Balkonen, stelle keinen Neu-und Zubauten oder Änderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung dar, welche eine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen gemäß WGarG 2008 schaffen würde. Diese Bauführung unterliege den Regeln des §§ 70a BO (vereinfachtes Bewilligungsverfahren).

Das von der Stadt Wien vorgegebene Formular für die Baubeginnanzeige ermögliche nicht, dass der Bauführer die Baubeginnanzeige inhaltlich ergänze bzw. einschränke.

Da die Baubewilligung vorerst nur in einem geringen Umfang konsumiert werden sollte, sei dem anwesenden Werkmeister der belangten Behörde seitens der Beschwerdeführerin vor Ort mündlich mitgeteilt worden, dass (vorerst) die Baubewilligung vom zu AZ MA37/***AZ1*** nur im Umfang der Bauführung "Vergrößerung von bestehenden Balkonen" konsumiert werde und die Baubeginnanzeige nur in diesem Umfang zu verstehen sei. Auch auf der Hinweistafel, welche gemäß § 124 Abs. 2a BO angebracht worden sei, sei auf die Bauführung "Errichtung vom Balkonen" hingewiesen worden.

Die Wiener Bauordnung ermögliche die teilweise Konsumation von Baubewilligungsbescheiden. Bewilligte Bauvorhaben könnten "stückweise", also Teil für Teil, ausgeführt werden, wodurch der jeweilige Baubewilligungsbescheid stets nur im Umfang der ausgeführten Bauführung konsumiert werde. Der Baubewilligungsbescheid bezüglich die nicht angeführten Bauführungen sei entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 83, 83/05/0093, von der ausgeführten Bauführung bzw. vom betroffenen Teil des Baubewilligungsbescheides nicht betroffen.

Der Beschwerdeführerin sei es möglich, vorerst die Baubewilligung vom , AZ MA37/***AZ1*** nur im Umfang der Bauführung "Vergrößerung von bestehenden Balkonen" zu konsumieren. Sie habe daher auch nur in diesem Umfang die Baubeginnanzeige abgegeben. Hinsichtlich des restlichen Bauvorhabens dieser Baubewilligung, insbesondere hinsichtlich der Dachgeschosszubauten, wodurch drei Wohnungen mit einer Wohnnutzfläche von insgesamt ca. 550 m² geschaffen würden, sei bislang keine Baubeginnanzeige erfolgt; jedoch werde ausschließlich letztgenannter Teil der Baubewilligung vom die Pflicht zur Stellplatzerrichtung auslösen.

Da die Ausgleichsabgabe die Baubewilligung vom nur im Umfang der Bauführung hinsichtlich der Dachgeschosszubauten, wodurch drei Wohnungen mit einer Wohnnutzfläche von insgesamt ca. 550 m² geschaffen würden, betreffe, sei die Ausgleichsabgabe erst nach angezeigten Baubeginn dieser Bauführung vorzuschreiben, nicht früher.

Lasse sich nachweisen, dass mehrere Bauansuchen so gestellt würden, dass ein an sich einheitliches Bauvorhaben in mehrere Teile aufgeteilt werde, um die Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen zu umgehen oder geringer zu halten, so seien bei der Ermittlung der Pflichtstellplätze die Dezernate der MA 37 angehalten, auf den tatsächlichen Inhalt aller Bauansuchen und nicht auf die formale Trennung in unterschiedliche Ansuchen abzustellen. (Als Beweis dafür werde auf den Arbeitsbehelf der MA 37, MA37 - **ArbZahl*** verwiesen).

Im Umkehrschluss seien in einem Bauansuchen zusammengefasste Bauvorhaben, welche gesondert voneinander hätten gestellt werden können, zu splitten. Die Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes seien sohin nur auf jene Teile eines Bauansuchens anzuwenden, welche die Pflicht zur Stellplatzerrichtung auslösten.

Die Bauführung "Vergrößerung von bestehenden Balkonen" löse keine Stellplatzerrichtungspflicht aus, weshalb diese Bauführung und die Baubeginnanzeige betreffend diese Bauführung noch nicht die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe auslöse. Daher sei die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe zu Unrecht erfolgt.

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin die Bewilligung für Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben (2. Planwechsel) erteilt, die jedoch keinen Einfluss auf die Stellplatzverpflichtung haben.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Beschwerdebegehrens den Ausführungen der Beschwerdeführerin entgegengehalten, dass der angezeigte Baubeginn auf die Entstehung der Abgabenschuld keinen Einfluss habe. Die Abgabenschuld entstehe nach Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides, in welchem ausgesprochen werde, um wie viel die Anzahl der Pflichtstellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe, und werde per gesondertem Bescheid vorgeschrieben. Ob ein Bauvorhaben, wie in diesem Falle, nach erfolgter Bewilligung in mehreren Schritten ausgeführt werde, hätte auf den Zeitpunkt oder die Höhe der Vorschreibung nur insofern und indirekt einen Einfluss, als es zwischenzeitlich aufgrund einer Änderung des Bauvorhabens (Planwechsel) zu einer Abänderung in der Bemessung gekommen wäre. Ein Planwechsel, der auf die Höhe der Abgabenschuld Einfluss nehme, sei nicht aktenkundig.

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 70a Abs. 11 BO sei ohne Relevanz, da es sich hierbei um eine lex spezialis handle. Ausschließlich in diesem Falle der Anwendung des § 70a BO (vereinfachtes Bauverfahren) habe die Behörde unmittelbar nach angezeigtem Baubeginn mangels Baubewilligungsverfahrens die Ausgleichsabgabe vorzuschreiben. Aus der Beilage eines internen Rundschreibens aus dem Jahre 2014 könne keinerlei Hinweis auf die Argumentation der Beschwerdeführerin entnommen werden, zumal dieses auch den eindeutigen Gesetzestext nur erläutern und interpretieren, jedoch nicht ersetzen könne und sohin für die Argumentation grundsätzlich als nicht geeignet erachtet werden könne.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin rechtzeitig einen Vorlageantrag ein.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht aus, im Vorlageantrag sei nicht mehr explizit auf die Argumente der Beschwerde eingegangen worden, weshalb von den in der Beschwerde vorgebrachten Argumenten ausgegangen werden müsse. In der Beschwerdevorentscheidung sei die belangte Behörde ausführlich auf die vorgebrachten Argumente, wie insbesondere auf die Ausführungen bezüglich der Baubeginnsanzeige, eingegangen und habe die rechtliche Situation dargelegt.

Mittlerweile seien einige Beschwerden beim Verwaltungsgericht Wien zur Baubewilligung anhängig gewesen, über die jedoch im Sinne der MA 37 -Baupolizei für Wien mittels Beschluss beschieden worden sei (), wie auch über eine Abweichung vom Bauvorhaben (Planwechsel) mit Bescheid vom abgesprochen worden sei. Beides habe auf eine etwaige Änderung in der Stellplatzverpflichtung keinerlei Einfluss.

In der mündlichen Verhandlung ergänzte der Vertreter der Beschwerdeführerin sein Vorbringen, indem er einwandte, die gesetzlichen Bestimmungen des WGarG 2008 seien verfassungswidrig, weil die Abgabe seiner Meinung nach erst vorgeschrieben werden dürfte, wenn das Bauvorhaben verwirklicht und die neugeschaffenen Wohnungen bezogen worden seien.

Er legte das in der Beschwerde angeführte Rundschreiben der MA 37 vom , in dem die Vorgangsweise in unterschiedlichen Fällen - so auch die von der Beschwerdeführerin angeführte Vorgangsweise bei mehreren Bauansuchen - festgelegt wurde, sowie die Fertigstellungsanzeige vom für die Herstellung von Balkonen vor. Die Unterlagen wurden zum Akt genommen.

Der Vertreter der belangten Behörde erklärte, hinsichtlich Verfassungswidrigkeit sei ihm bisher kein Erkenntnis der Höchstgerichte bekannt, es gäbe aber eine Menge Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs zu § 53 Abs. 1 WGarG 2008. Er verwies auf die im WGarG 2008 vorgesehenen Möglichkeiten des Ersatzes der Abgabe bei Abweichungen vom bisherigen Bauplan.

Hinsichtlich des internen Rundschreibens gab der Behördenvertreter bekannt, die Vorgangsweise werde in wöchentlichen Treffen besprochen und gegenständliches Rundschreiben sei aufgrund dieser Besprechungen obsolet.

Betreffend den von der belangten Behörde vorgelegten Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom über eine Baueinstellung erklärte der Vertreter der belangten Behörde, dabei habe es sich nur um einzelne Bauführungen gehandelt hat, die Baubewilligung sei aber nach wie vor aufrecht. Er verwies auch auf die Möglichkeiten der Stundung und Ratenzahlung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Bescheid vom , Zl. MA 37/***Zahl***-2017-1, wurde der Beschwerdeführerin als Bauwerberin des Bauvorhabens in ***AdrBauvorhaben***, die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die in der Folge beschriebenen Bauausführungen (zwei- und eingeschossiger Dachgeschosszubau für die Schaffung von drei Wohnungen mit einer Wohnnutzfläche von insgesamt ca. 550 m²) vorzunehmen.

Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 iVm § 50 WGarG 2008 zur Schaffung von fünf Stellplätzen nicht entsprochen werde. Die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 52 iVm § 48 Abs. 1 und § 50 WGarG 2008 durch die Bauführung geschaffen werden müssten, bleibe zur Gänze um fünf Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück.

Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Von der Beschwerdeführerin wurden in der Folge weder die fünf fehlenden Stellplätze geschaffen, noch wurde ein Antrag auf Neuberechnung und Herabsetzung der Stellplatzverpflichtung eingebracht. Auch die in der Folge bewilligten Planwechsel führten zu keiner Änderung in der Stellplatzverpflichtung.

Beweiswürdigung

Gegenständlicher Sachverhalt ergibt sich aus dem oben wiedergegebenen Verwaltungsgeschehen und ist auch nicht strittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 48 Abs. 1 Wiener Garagengesetz 2008 idFg LGBl. Nr.26/2014 (WGarG 2008) entsteht bei Neu- und Zubauten sowie Änderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung eine Stellplatzverpflichtung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen; diese ist entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen.

Gemäß § 50 Abs. 1 erster Satz WGarG 2008 ist für je 100 m² Wohnnutzfläche ein Stellplatz zu schaffen.

Bleibt bei einem Bauvorhaben nach der Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Anzahl zurück, ist dies gemäß § 52 Abs. 1 WGarG 2008, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien anzuwenden ist, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt. Wird nur gegen diese Feststellung Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhoben, kann das bewilligte Vorhaben begonnen werden, wenn die entsprechende Ausgleichsabgabe bezahlt wird. Wird der Beschwerde stattgegeben, ist die Ausgleichsabgabe zur Gänze oder nach Maßgabe der Herabsetzung zurückzuerstatten.

Gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 ist der Bauwerber oder die Bauwerberin abgabepflichtig. Ist er oder sie nicht der Grundeigentümer oder die Grundeigentümerin, so haftet dieser oder diese für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand. Bei einem Wechsel im Grundeigentum haftet auch der neue Grundeigentümer oder die neue Grundeigentümerin für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.

Gemäß § 54 WGarG 2008 ergibt sich die Ausgleichsabgabe aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl, um die nach den Feststellungen des Bewilligungsbescheides (§ 52 Abs. 1 WGarG 2008) die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Anzahl zurückbleibt. Der Einheitssatz wird nach den durchschnittlichen Kosten des Grunderwerbes und der Errichtung eines Stellplatzes durch Verordnung der Wiener Landesregierung festgesetzt; er beträgt je Stellplatz höchstens 18.000,-- Euro.

Gemäß § 55 WGarG 2008 wird die Ausgleichsabgabe mit gesondertem Bescheid bemessen. Die Erhebung einer Beschwerde nach § 52 Abs. 1 WGarG 2008 hindert nicht die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe.

Gemäß § 56 Abs. 1 WGarG 2008 ist die Ausgleichsabgabe binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten.

Wird die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf unwirksam, steht gemäß § 56 Abs. 2 WGarG 2008 ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu.

Wird zunächst die Ausgleichsabgabe gemäß § 52 Abs. 3 WGarG 2008 entrichtet, werden die fehlenden Stellplätze jedoch zur Gänze oder teilweise geschaffen oder wird die Einstellmöglichkeit auf einem bereits bestehenden Stellplatz vertraglich sichergestellt (§ 51 WGarG 2008), steht gemäß § 56 Abs. 3 WGarG 2008 ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabenbetrages zu.

Wird nach Zustellung des Bemessungsbescheides eine Abänderung des Bauvorhabens bewilligt, die von Einfluss auf die Bemessungsgrundlage der Ausgleichsabgabe ist, so hat die Behörde gemäß § 56 Abs. 4 WGarG 2008 den Bemessungsbescheid von Amts wegen entsprechend abzuändern und gegebenenfalls den entrichteten Abgabenbetrag auf Antrag zinsenfrei zu erstatten.

Soweit nicht anderes bestimmt ist, gelten gemäß § 59 WGarG 2008 für das Verfahren betreffend die Bemessung und Einhebung der Ausgleichsabgabe die Bestimmungen der das Verfahren in Abgabesachen regelnden Vorschriften, für sonstige Verfahren auf Grund dieses Gesetzes die Bestimmungen der Bauordnung für Wien

Gemäß § 1 der auf Grund des § 54 WGarG 2008 ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr.27/2014, beträgt der Einheitssatz der Ausgleichsabgabe je Stellplatz 12.000 Euro.

Gemäß § 70 Abs. 1 der Bauordnung für Wien idF LGBl. Nr. 25/2014 (BO) ist, wenn die Möglichkeit besteht, dass durch ein Bauvorhaben subjektiv-öffentliche Nachbarrechte berührt werden (§ 134a BO), und nicht das vereinfachte Baubewilligungsverfahren zur Anwendung kommt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, zu der auch der Planverfasser und der Bauführer zu laden sind.

Gemäß § 70 Abs. 2 BO hat die Behörde über das Ansuchen um Baubewilligung durch schriftlichen Bescheid zu entscheiden. Wird die Baubewilligung erteilt, ist damit über Einwendungen abgesprochen.

Wird den Bauplänen und erforderlichen Unterlagen gemäß § 63 BO die im Rahmen seiner Befugnis abgegebene Bestätigung eines Ziviltechnikers, der vom Bauwerber und vom Planverfasser verschieden ist und zu diesen Personen in keinem Dienst- oder Organschaftsverhältnis steht, angeschlossen, dass sie unter Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften verfasst sind, findet das vereinfachte Baubewilligungsverfahren gemäß § 70a Abs.1 BO und nicht das Baubewilligungsverfahren gemäß § 70 BO Anwendung.

Werden die Voraussetzungen für das vereinfachte Baubewilligungsverfahren gemäß § 70a Abs. 1 BO nicht erfüllt oder ist deren Erfüllung aus den vorgelegten Unterlagen nicht beurteilbar, ist dies gemäß § 70a Abs. 2 BO dem Einreicher innerhalb von einem Monat ab der Einreichung mitzuteilen. Nach dieser Mitteilung hat die Behörde das Baubewilligungsverfahren gemäß § 70 BO durchzuführen.

Erfolgt keine Mitteilung gemäß § 70a Abs. 2 BO, darf gemäß § 70a Abs. 6 BO mit der Bauführung begonnen werden.

Leistungen, deren Erbringung gesetzlich als Voraussetzung zur Erteilung der Baubewilligung gefordert wird oder die anlässlich der Baubewilligung vorzuschreiben sind, hat die Behörde gemäß § 70a Abs. 11 BO unmittelbar nach angezeigtem Baubeginn vorzuschreiben. Dies gilt auch für die bescheidmäßige Feststellung, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt.

Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ist gemäß § 4 Abs. 4 BAO ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

Die Beschwerdeführerin bekämpft den angefochtenen Bescheid lediglich mit der Behauptung, die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe dürfe erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgeschrieben werden, weil noch keine Baubeginnanzeige für jene die Ausgleichsabgabe auslösende Bauführung abgegeben worden sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festhält, entsteht der Abgabenanspruch gemäß § 4 Abs. 1 BAO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit ist nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches. Als rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung und Einhebung der Ausgleichsabgabe nach den WGarG 2008 gilt, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , Slg. Nr. 5423/F, und vom , 85/17/0016, bereits dargetan hat, in Ansehung der wiedergegebenen Rechtslage der Ausspruch in der Baubewilligung, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt. Die Bemessung durch gesonderten Bescheid nach § 55 WGarG 2008 ist für die Entstehung des Abgabenanspruches ohne Bedeutung. (vgl. etwa , und die dort wiedergegebene Judikatur der Höchstgerichte; sowie ).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 89/17/0087, festhält, bietet das Gesetz keine Handhabe, die bescheidmäßige Konkretisierung dieses ex lege entstandenen Abgabenanspruches aus irgendeinem Grund hinauszuzögern.

Die Regelung des § 56 Abs. 2 WGarG 2008, die für den Fall des Erlöschens der Baubewilligung einen Anspruch auf Rückerstattung der entrichteten Ausgleichsabgabe vorsieht, zeigt im Gegenteil, dass bis dahin die Abgabepflicht unbedingt besteht.

Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die Bestimmung des § 70a Abs. 11 BO beruft, ist darauf hinzuweisen, dass in dem in § 70a BO beschriebenen vereinfachten Baubewilligungsverfahren keine Baubewilligung erteilt wird, sondern lediglich eine Mitteilung zu ergehen hat, wenn die Voraussetzungen für das vereinfachte Baubewilligungsverfahren gemäß § 70a Abs. 1 BO nicht erfüllt werden, deren Erfüllung aus den vorgelegten Unterlagen nicht beurteilbar ist (§ 70a Abs.2 BO), oder die Bauführung mit schriftlichem Bescheid zu untersagen ist, wenn die Bauführung unzulässig ist (§ 70a Abs. 4 BO).

Ergeht weder eine Mitteilung nach § 70a Abs. 2 BO noch ein Untersagungsbescheid nach § 70a Abs. 4 BO, gilt die Baubewilligung als erteilt. Damit muss die Feststellung, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt, in einem eigenen Bescheid ausgesprochen werden, weshalb in diesem Fall der Abgabenanspruch erst mit Verwirklichung des Abgabentatbestandes, nämlich mit der unmittelbar nach angezeigtem Baubeginn zu erfolgenden bescheidmäßigen Feststellung, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt, entsteht. Da dieser Bescheid gemäß § 70a Abs. 11 BO erst nach angezeigtem Baubeginn zu erlassen ist, entsteht der Abgabenanspruch in diesem Fall auch erst nach der Baubeginnanzeige.

Im Beschwerdefall ist jedoch unstrittig die Verpflichtung zur Entrichtung der gegenständlichen Ausgleichsabgabe bereits mit der Feststellung im Baubewilligungsbescheid vom hinsichtlich des Fehlens von fünf Stellplätzen entstanden. Dieser Bescheid erwuchs auch in Rechtskraft. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Zl. 94/17/0125) hat die Abgabenbehörde diesen Ausspruch im Baubewilligungsbescheid ihrer Entscheidung zugrunde zu legen und ist sie bei der Festsetzung der Abgabe an die rechtskräftige Feststellung gebunden (vgl. auch )

Lediglich der Eintritt einer der in § 56 WGarG 2008 genannten Umstände bis zur Abgabenfestsetzung könnte zu einer Reduzierung der Abgabepflicht führen. Keiner der dort angeführten Gründe liegt jedoch nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien vor.

Soweit die Beschwerdeführerin verfassungsrechtliche Bedenken hegt, ist zunächst darauf zu verweisen, dass dem Verwaltungsgerichtshof bei der regelmäßigen Befassung mit dieser Materie niemals derartige Bedenken gekommen sind (vgl. die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichthofs). Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom , B52/60, festgehalten, dass die Bestimmung des § 41 Wiener Garagengesetz 1957, die § 53 WGarG 2008 entspricht, verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Zu diesem Ergebnis ist der Verfassungsgerichtshof auch in seinen Erkenntnissen vom , B172/75, vom , B274/78, und vom , B1297/99 ua, gekommen.

Im Übrigen übersieht die Beschwerdeführerin bei ihrer Argumentation, dass der Sinn der Stellplatzverpflichtung zwar darin zu sehen ist, dass die Bewohner eines neu errichteten Gebäudes oder Dachgeschossausbaus über Abstellplätze im ausreichenden Ausmaß verfügen sollen, die Regelung aber darauf abzielt, dass bereits bei der Errichtung von Wohnflächen darauf Bedacht genommen werden soll, genügend Abstellplätze zu schaffen. Würde man die Abgabe erst nach Baubeendigung festsetzen, würden vermutlich dahingehende Überlegungen mangels unmittelbarer konkreter finanzieller Belastung hintangestellt werden.

Die Ausgleichsabgabe wurde daher mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht vorgeschrieben. Wie oben dargelegt, ist kein Grund erkennbar, warum die Abgabe erst zu einem späteren Zeitpunkt festgesetzt werden sollte.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Rechtsfrage, wann die Ausgleichsabgabe vorgeschrieben werden darf, im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. ) entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400004.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at