Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.03.2022, RV/7400027/2021

Haftung für verkürzte Glücksspielautomatenabgaben, Strohmann als Geschäftsführer, Gleichbehandlungsnachweis nicht erfolgversprechend

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1122/2022 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/13/0143. Mit Erkenntnis v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG, Breitwiesergutstraße 10, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom , GZ. N-1, betreffend Haftung gemäß § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz für aushaftende Glücksspielautomatenabgaben der G-1, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit der Schriftführerin P-4, des P-7 für Rechtsanwalt Dr. Fabian Alexander Maschke, dieser als Substitut der Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG als Vertreter des Beschwerdeführers sowie des Vertreters des Magistrates der Stadt Wien P-5 in Vertretung des Amtsbeauftragten P-6 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom des Magistrates der Stadt Wien MA 6 wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß § 2 Glücksspielautomatenabgabegesetz iVm § 80 Abs. 1 BAO als Geschäftsführer der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 116.899,68 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Standort
Betrag
Glücksspielautomatenabgabe
01-02/2017
A-2,
1030 Wien
11.200,00
Säumniszuschlag
224,00
Zinsen
786,85
Glücksspielautomatenabgabe
02/2017
A-3,
1220 Wien
11.200,00
Säumniszuschlag
224,00
Zinsen
676,99
Glücksspielautomatenabgabe
04+08/2017
A-3,
1220 Wien
5.600,00
Säumniszuschlag
112,00
Glücksspielautomatenabgabe
02-03/2017
A-4,
1220 Wien
23.800,00
Säumniszuschlag
476,00
Glücksspielautomatenabgabe
08/2017
A-4,
1220 Wien
33.600,00
Säumniszuschlag
672,00
Glücksspielautomatenabgabe
12/2017
A-4,
1220 Wien
8.400,00
Säumniszuschlag
168,00
Glücksspielautomatenabgabe
05/2017
A-5,
1100 Wien
4.200,00
Säumniszuschlag
84,00
Zinsen
49,27
Glücksspielautomatenabgabe
01/2017
A-6,
1220 Wien
8.400,00
Säumniszuschlag
168,00
Glücksspielautomatenabgabe
09/2017
A-7,
1150 Wien
5.600,00
Säumniszuschlag
112,00

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Nach § 2 Glücksspielautomatenabgabegesetz hafteten die in § 80 BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könnten, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Der Abgabenrückstand sei bei der Primärschuldnerin laut Auskunft der slowakischen Behörden uneinbringlich.

Der Bf. sei im Firmenbuch als Geschäftsführer der Abgabepflichtigen eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter. Die schuldhafte Verletzung der ihm gemäß § 80 BAO auferlegten Pflichten sei im gegenständlichen Fall dadurch gegeben, dass er es unterlassen habe, für die termingerechte Entrichtung der Steuern zu sorgen, Es sei daher die gesetzliche Voraussetzung für die Haftungs- und Zahlungspflicht gegeben.

Die Abgabepflichtige schulde den im Spruch zitierten Betrag. Die gegenständlichen Abgabenansprüche resultierten aus den zu den Vertragsgegenständen geführten und in Rechtskraft erwachsenen Bemessungsverfahren und den Kontoständen.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass die G-1 vermögenslos sei und dies auch bei seinem Eintritt gewesen sei, die Steuern offensichtlich schon längst fällig gewesen seien und er auch nicht für deren rechtzeitige Abfuhr verantwortlich gewesen sei, da er erst im Jahr 2018 als Geschäftsführer eingetreten sei.

Er könne sich somit nur auf jene Unterlagen verlassen, welche ihm zur Verfügung stünden. Ihm sei allerdings bekannt, dass die Gesellschaft mit September 2017 jegliche Geschäftstätigkeit in Österreich eingestellt habe.

Bedauerlicherweise habe im Jahr 2019 beim Steuerberater eine Hausdurchsuchung stattgefunden, im Zuge derer alle Ordner der Gesellschaft sichergestellt worden seien, sodass ihm überhaupt keine Unterlagen zur Verfügung stünden.

Der Bf. ersuche um Zusendung einer Kopie des Aktes des Magistrates der Stadt Wien. Weiters werde er die Unterlagen von der Staatsanwaltschaft A-19 anfordern, um so eine Klärung der Sachlage herbeizuführen.

Weitere Angaben könnten ohne Kenntnis des Akteninhaltes nicht getätigt werden.

Nachdem die Gesellschaft angeblich über ein beträchtliches Guthaben bei der Stadt Wien verfüge, werde ersucht bekanntzugeben, in welcher Höhe dieses Guthaben vorhanden sei und wie mit diesem Guthaben weiter verfahren werde.

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Mit Schreiben vom der MA 6 wurde der Bf. aufgefordert, eine nach Monaten gegliederte Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum D-1 bis vorzulegen. Auf den Glücksspielautomatenabgabekonten seien in diesem Zeitraum keinerlei Zahlungseingänge verbucht worden.

Die Liquiditätsaufstellung habe für den genannten Betrachtungszeitraum folgende Angaben zu enthalten:

- eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen und neu entstandenen Verbindlichkeiten, in Gegenüberstellung mit

- einer Auflistung aller Zahlungen (inklusive Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bzw. Zug-um-Zug-Geschäfte) und sonstigen Tilgungen im Betrachtungszeitraum und

- eine Aufstellung der liquiden Mittel zum jeweiligen monatlichen Stichtag

Eine korrekte Aufstellung der Verbindlichkeiten, der neu entstandenen Verbindlichkeiten sowie deren Abstattungsbeträge habe nach den jeweiligen Fälligkeiten alle Gläubiger - einzeln und mit Angabe des Namens - und Beträge zu enthalten (zB Lieferverbindlichkeiten, Miete, Pacht, Gas Strom, Wasser, Versicherungen, Löhne und Gehälter, Gebietskrankenkasse, Finanzamt, etc.).

Darüber hinaus sei eine Aufstellung der liquiden Mittel zum jeweiligen Monatsletzten beizubringen. Weiters habe die Liquiditätsaufstellung eine Quotenberechnung zu enthalten. Die Liquiditätsaufstellung samt Quotenberechnung müsse für die Behörde rechnerisch nachvollziehbar und aussagekräftig sowie durch entsprechende Unterlagen belegt sein.

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Mit Schreiben vom nahm der Bf. dazu Stellung und hielt fest, dass er Nachforschungen angestellt habe, wobei sich Folgendes ergeben habe:

Die G-1 habe mit endgültig ihre Tätigkeit in Österreich eingestellt. Dies ergebe sich auch aus den Unterlagen, welche der damalige Steuerberater elektronisch abgespeichert habe. Somit könne er auch die Fragen des Magistrates der Stadt Wien beantworten:

1. Nach Beendigung der Geschäftstätigkeit in Österreich hätten keine Verbindlichkeiten bestanden und seien auch keine hinzugekommen.

2. Es seien seit keine Zahlungen mehr geleistet worden, es hätte auch keine Zug-um-Zug-Geschäfte gegeben.

3. Die Gesellschaft habe über keine liquiden Mittel verfügt, eine monatliche Aufstellung erübrige sich daher. Mit Eintritt in die Gesellschaft seien ihm keine liquiden Mittel übergeben worden bzw. seien keine vorhanden gewesen.

4. Die einzigen Aktiva hätten die Guthaben an Vergnügungssteuern und Glücksspielautomatenabgaben dargestellt, welche die Stadt Wien innehabe und welche derzeit Gegenstand von mehreren Verfahren seien.

Abschließend erklärte der Bf., obige Auskünfte nach bestem Wissen und Gewissen getätigt zu haben. Die Unterlagen, welche sich noch bei der Steuerfahndung befänden, stünden ihm derzeit nicht zur Verfügung.

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Mit Schreiben vom gab der Magistrat der Stadt Wien dem Bf. bekannt, dass für die Gesellschaft ein Guthaben an Vergnügungssteuer in Höhe von € 18.700,85 bestehe.

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Daraufhin teilte der Bf. der MA 6 mit Schreiben vom mit, dass laut seinen Recherchen ein hoher sechsstelliger Betrag als Guthaben ausgewiesen sein sollte. Dies jedenfalls aus dem Grund, da Zahlungen an den Magistrat geleistet worden seien, welche als Verwendungszwecke Vergnügungssteuer bzw. Glücksspielautomatenabgabe deklariert gehabt hätten. Eventuell seien diese Zahlungen keinem Konto zugeordnet worden und befänden sich noch auf einem Sammelkonto.

Es ergehe somit das Ersuchen um Zusendung einer Aufstellung aller Vergnügungssteuer- und Glücksspielautomatenabgabezahlungen durch die G-1 (vormals G-2), beginnend 2013, sowie um Bekanntgabe, wie diese Beträge verwendet worden seien.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und nach Anführung des bisherigen Verfahrensganges ausgeführt, dass die G-1 nach wie vor aufrecht im slowakischen Firmenbuch eingetragen sei. Laut dem Eintrag sei der Bf. mit D-1 nicht nur Geschäftsführer, sondern durch Erlag eines Betrages von € 66.300,00 auch Alleingesellschafter der Primärschuldnerin geworden. Dass dieser Betrag erlegt worden sei, bestreite der Bf.

Dass zum Zeitpunkt der behaupteten Einstellung der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft in Österreich mit Ende November 2017 keine Verbindlichkeit bestanden hätten sollen, sei schon durch den Verfahrensgegenstand widerlegt. Dafür, dass die Geschäftstätigkeit nicht nur in Österreich, sondern beispielsweise auch am Firmensitz Slowakei eingestellt worden sei und tatsächlich auch keine liquiden Mittel vorhanden (gewesen) seien, seien keine Beweise vorgelegt worden.

Es sei somit kein Beweis erbracht worden, der geeignet wäre, die Behauptungen des Bf. zu untermauern.

Über die Bemessungsverfahren abzusprechen, sei erst nach Klärung der Frage, ob der Bf. für die Rückstände der Primärschuldnerin tatsächlich hafte und damit zur Einbringung derartiger Beschwerden berechtigt sei, zulässig.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

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In Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages des Bundesfinanzgerichtes vom , da der Vorlageantrag nicht vom Bf., sondern "im Auftrag" unleserlich unterschrieben worden sei, übermittelte er mit Schreiben vom den nunmehr von ihm selbst unterfertigten Vorlageantrag.

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Mit Schreiben vom erging seitens des Bundesfinanzgerichtes an den Magistrat der Stadt Wien folgender Vorhalt:

"Da die Haftung gemäß § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz voraussetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, wird der Einwand des Bf., dass beim Magistrat der Stadt Wien Guthaben vorhanden seien, zu berücksichtigen sein.

Mit dem Schreiben vom teilten Sie dem Bf. mit, dass ein Guthaben an Vergnügungssteuer in Höhe von € 18.700,85 erliege:


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Kontonummer
Standort
Betrag
N-5
A-8
1.400,00
N-6
A-9
2.800,00
N-7
A-10
4.984,00
N-8
A-11
2.800,00
N-9
A-12
2.800,00
N-10
A-13
1.400,00
N-11
A-14
1.400,00
N-12
A-15
1.116,85


Da Sie allerdings im Vorlagebericht vom anführten, dass ein gesondertes Haftungsverfahren zu Rückständen an Vergnügungssteuer für Bemessungszeiträume vor Jänner 2017 geführt werde, werden Sie um Aufklärung ersucht, wie es neben den offensichtlichen Rückständen, für die der Bf. zur Haftung in Anspruch genommen wurde, im Hinblick auf die Verrechnungsvorschrift des § 215 Abs. 1 BAO zu einem Guthaben an Vergnügungssteuer kommen konnte.

Weiters geht aus einer internen eMail der MA 6 vom hervor, dass im Jahr 2015 auf folgenden Vergnügungssteuerkonten von Herrn P-1 Zahlungen für den Zeitraum 10-12/2015 "unter Vorbehalt" geleistet worden seien, für welche noch keine Vorschreibung erfolgt sei:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kontonummer
Standort
Betrag
N-2
A-16
8.400,00
N-13
A-17
8.400,00
N-14
A-18
8.440,00


Darüber hinaus seien auf das Abgabenkonto N-2 am und am je € 8.400,00 ohne Angabe von Kundendaten einbezahlt worden. Da trotz Anfrage vom als auch vom an das Dezernat ARL keine Rückmeldung erfolgt sei, was mit den Zahlungen zu geschehen habe, seien diese Beträge noch immer auf dem Abgabenkonto als nicht zugeordnete Zahlung vorhanden.

Es wird um Bekanntgabe ersucht, ob diese Beträge bei der verfahrensgegenständlichen Haftungsinanspruchnahme bzw. dem hinsichtlich der aushaftenden Vergnügungssteuer geführten Haftungsverfahren berücksichtigt wurden.

Um Übermittlung aller entsprechenden Abgabenkonten (Vergnügungssteuer ab und Glücksspielautomatenabgabe ab ), für alle Standorte der Gesellschaft, wird ersucht."

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In Beantwortung des Vorhaltes teilte der Magistrat der Stadt Wien mit Schreiben vom mit, dass zeitgleich zum nunmehr beim BFG anhängigen Haftungsverfahren betreffend Glückspielautomatenabgabe auch ein Haftungsverfahren zu Rückständen der G-1 an Vergnügungssteuer in Höhe von 197.495,14 Euro eingeleitet worden sei.

Im Zuge der Haftungsverfahren habe sich herausgestellt, dass auf Vergnügungssteuerkonten mangels eindeutiger Widmung nicht zugeordnete Zahlungen existierten.

Mit Schreiben vom dem Bf. auf Antrag mitgeteilt worden, dass auf Vergnügungssteuerkonten der Gesellschaft nicht zugeordnete Zahlungen in Höhe von insgesamt 55.100,85 Euro bestünden. Gleichzeitig sei er aufgefordert worden, bekanntzugeben, mit welchen Vergnügungssteuerrückständen diese Zahlungen verrechnet werden sollten, weil ansonsten entsprechend der BAO die ältesten Rückstände getilgt würden.

Mit Schreiben vom habe der Bf. ersucht, die Guthaben noch nicht auf Rückstände zu verbuchen, da noch fraglich sei, welche Bemessungsbescheide in Rechtskraft erwüchsen, sowie um Übersendung einer Aufstellung aller Vergnügungssteuer- und Glücksspielautomatenabgabezahlungen der Primärschuldnerin im Zeitraum 2013-2017. Dem habe die Buchhaltungsabteilung 40 am durch Übermittlung von 43 Kontoauszügen entsprochen.

Mit Entscheidung des , sei die letzte das Vergnügungssteuerhaftungsverfahren betreffende Bemessung der Gesellschaft abgeschlossen worden.

Am entsprechenden Vergnügungssteuerkonto N-3 habe sich der ausgewiesene Abgabenrückstand inklusive Nebengebühren von 37.632,00 Euro auf 12.544,00 Euro reduziert.

Nach Abschluss dieses Bemessungsverfahrens seien die als "Guthaben" im Schreiben vom ausgewiesenen nicht zugeordneten Zahlungen zwischenzeitlich zur Tilgung der ältesten Vergnügungssteuerrückstände zu den in der zugehörigen Aufstellung angeführten Standorte bzw. der ältesten bestehenden anderen Vergnügungssteuerrückstände verwendet worden. Somit bestehe kein "Guthaben" an Vergnügungssteuer. Der dadurch verringerte Abgabenrückstand an Vergnügungssteuer werde in der Beschwerdevorentscheidung im Haftungsverfahren Vergnügungssteuer berücksichtigt werden.

Die in der Anlage "Kontostand per " übersendeten Kontoauszüge wiesen unter "Guth." ein Guthaben der Gesellschaft in Höhe von 319,13 Euro aus. Dieses Guthaben sei laut Buchhaltungsabteilung auf für Wasser- bzw. Abwassergebühren gewidmete Zahlungen zurückzuführen und betreffe nicht die Vergnügungssteuer.

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Mit Vorhalt vom , zugestellt am , brachte das Bundesfinanzgericht dem Bf. diese Stellungnahme zur Kenntnis und bot ihm Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen.

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Dazu nahm der Bf. mit Schreiben vom Stellung und führte aus, dass ihm bei Übernahme der Firma als Eigentümer und Geschäftsführer (er habe die Firma erst nach Beendigung deren Geschäftstätigkeit übernommen) Kontoauszüge vorgelegt worden seien, welche ein beträchtliches Guthaben an Vergnügungssteuer (Glücksspielautomatenabgabe) ausgewiesen hätten. Weiters sei ihm mitgeteilt worden, dass alle landesrechtlichen Abgaben beglichen worden seien. Das Guthaben sei aus Überzahlungen entstanden. Nachforderungen des Magistrates hätten zum Zeitpunkt der Übernahme seiner Geschäftsführertätigkeit nicht bestanden.

Es habe sich dann herausgestellt, dass noch das eine oder andere Bemessungsverfahren offen sei. Dies betreffe jedenfalls Automaten, welche die Firma G-1 nicht betrieben habe, sondern ein anderes Unternehmen, und welche in Unkenntnis der tatsächlichen Sachlage der G-1 zugerechnet worden seien, weshalb er somit auch nicht für die Abfuhr der Landesabgabe zuständig sei.

Eine Klärung dieser Bemessungsverfahren sei bis dato nicht erfolgt, da sich der Magistrat weigere, diese durchzuführen. So habe er mit Schreiben vom die Mitteilung erhalten: "… wird darauf hingewiesen, dass über die Bemessungsverfahren erst entschieden wird, wenn geklärt ist, ob der Beschwerdeführer für die Rückstände der Primärschuldnerin tatsächlich haftet und damit zur Einbringung derartiger Beschwerden berechtigt ist." Dies stoße bei ihm auf Unverständnis, da nun seine Haftung für eine Abgabe festgestellt werden solle, deren rechtmäßige Einforderung durch den Magistrat noch fraglich sei.

Betreffend die Mail des Magistrates teile der Bf. mit, dass er beantragt habe, die Guthaben noch nicht aufzuteilen, und dies ohne sein Einverständnis erfolgt sei. Es seien einfach die "ältesten" Rückstände befriedigt worden, ohne Rücksicht einer eventuellen Widmung der Zahlungen durch die Firma G-1.

Auch die Kontoführung der geleisteten Zahlungen sei undurchsichtig und nicht nachvollziehbar. So habe er mit Schreiben vom beantragt, ihm eine Aufstellung aller Vergnügungssteuer- und Glücksspielautomatenabgabezahlungen der Firma G-1 (vormals G-2) für den Zeitraum 2013 - 2017 zur Verfügung zu stellen.

Erhalten habe er dann die Mitteilung, dass bei der Guthabensberechnung ein Fehler passiert sei und das Guthaben dann doch geringer wäre. Weiters sei ihm ein Konvolut an Steuerkonten (s. Beilage) übersendet worden, welchen der Bf. verbuchte Zahlungen in der Höhe von € 250.456,00 entnehme. Tatsächlich seien aber laut verbuchten Unterlagen der Steuerberatungskanzlei P-2 Zahlungen in der Höhe von € 316.536,00 geleistet worden (s. Beilage), also € 66.080,00 mehr.

Der Bf. hätte sich halt die Antwort des Magistrates so vorgestellt, dass ihm die Auskünfte wie folgt erteilt würden:

Zahlung vom , € 1.400,00 Gutschrift Konto 63/xxxx, 11xx Wien, Xxxxxstraße XY, Monat 04.2017, 1 USPA

Zahlung vom , € 1.400,00 Gutschrift, Verbleib am Sammelkonto

Zahlung vom , € 1.400,00 Gutschrift Konto 63/xxxxx, 11xx Wien, Xxxxxxstraße XX, Abdeckung Rückstand, usw.

Bedauerlicherweise stünden ihm die Originalunterlagen nicht zur Verfügung, da diese im Zuge einer Hausdurchsuchung im Auftrag der Staatsanwaltschaft A-19 sichergestellt worden seien und bis dato, trotz Antrages, noch keine Rückgabe erfolgt sei. Somit könne er sich nur anhand der elektronischen Unterlagen des Steuerberaters orientieren.

Der Bf. stelle jedenfalls den Antrag, das Bundesfinanzgericht möge den Haftungsbescheid ersatzlos beheben, in eventu der Magistrat der Stadt Wien möge die Verwendung und Verbuchung jeder einzelnen geleisteten Zahlung offenlegen. Weiters werde beantragt, offene Bemessungsverfahren des Unternehmens abzuschließen, damit festgestellt werde, welche Rückstände überhaupt bestünden und für welche Rückstände er überhaupt haftbar sei.

Weiters beantrage er die Aussetzung des Verfahrens, bis ihm die Buchhaltungsunterlagen durch die Staatsanwaltschaft A-19 (bzw. die Steuerfahndung) ausgefolgt würden und ihm somit die Möglichkeit eingeräumt werde, qualifizierte Gegenargumente zu präsentieren.

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Mit Schreiben vom wurde dem Magistrat der Stadt Wien die Möglichkeit geboten, dazu Stellung zu nehmen.

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Daraufhin übermittelte der Magistrat der Stadt Wien am folgende Aufstellungen:

- Aufschlüsselung der eingegangenen Zahlungen für die Jahre 2013-2017 (Leermeldung 2016)

- Zusammenfassung der Zahlungen pro Jahr und Gegenüberstellung mit den Summen der G-1

- Aufstellung der aktuellen Rückstände der Vergnügungssteuer inkl. Teilabstattung durch Zahlungsübertragung des Guthabens

- Aufstellung der aktuellen Rückstände der Glücksspielautomatenabgabe, für die keine Zahlungen geleistet worden seien

Die Aufstellung der verbuchten Zahlungen sei aufgrund der vom Bf. übermittelten Liste der Zahlungen von Vergnügungssteuer bzw. Glücksspielautomatenabgabe erfolgt. Pro Standort der Automaten sei ein Abgabenkonto angelegt worden. Die Zahlungen seien gemäß der auf den Zahlscheinen angeführten Widmungen (Abgabenart, Kontonummer und Fälligkeit = Zahlungsreferenz) verbucht worden.

Zu den in keinem einzigen Fall zuordenbaren Zahlungen im Rechnungsjahr 2016 werde angemerkt, dass in der vorgelegten Liste sämtliche Zahlungen mit Kommentar "Ersatz Vergnügungssteuer" oder "Ersatz Vergnügungssteuer P-3" versehen seien und ähnliche Kommentare vereinzelt auch in anderen Jahren aufgeschienen seien. Eine Datenbanksuche nach "P-3" habe erbracht, dass ein Herr P-3 als Lokalinhaber Inhaber des Vergnügungssteuerkontos N-4 gewesen sei, bei welchem die G-1 als Mitunternehmerin (Eigentümerin und Aufstellerin) eingetragen gewesen sei.

Offensichtlich seien in der vorgelegten Liste also auch Zahlungen für Konten beinhaltet, die die G-1 nicht als primär zahlungspflichtige Mitunternehmerin ausgewiesen und somit auf Rückstände oder Guthabensgebarung derselben keinen Einfluss entfaltet hätten.

Nicht zuordenbare Zahlungen könnten ausschließlich mittels einer vorzulegenden Kopie des Zahlungsbeleges gesucht werden, da das angesprochene Girokonto, der Zahlungstag, der Betrag und die Abgabenart (Zahlungsreferenz) bekannt sein müssten.

Bemerkt werde, dass die Summe der einzig aufgrund der vom Bf. vorgelegten Liste nicht zuordenbaren Zahlungen im Zeitraum 2013 - Ende 2016 in Höhe von € 55.691,15 bei einem Rückstand an Vergnügungssteuer für diesen Zeitraum in Höhe von € 160.874,29 nicht ausreiche, um Einfluss auf die verfahrensgegenständliche Haftung für Rückstände an Glücksspielautomatenabgabe zu haben.

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Mit Schreiben vom brachte das Bundesfinanzgericht dem Bf. diese Ausführungen des Magistrates der Stadt Wien zur Kenntnis und ersuchte um Stellungnahme.

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Dazu nahm der Bf. mit Schreiben vom Stellung und teilte mit, dass im Jahr 2019 beim Steuerberater eine Hausdurchsuchung stattgefunden habe, im Zuge derer 65 Ordner der G-1 sichergestellt worden seien.

Mit Schreiben vom habe er bei der Staatsanwaltschaft A-19 die Herausgabe dieser Ordner beantragt.

Mit habe die Steuerfahndung der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass es sich bei diesen Ordnern hauptsächlich um Buchhaltungsunterlagen, Belege, Mietverträge, Personalabrechnungen usw. handle und eine Herausgabe sämtlicher Unterlagen wegen einer eventuellen Betriebsprüfung nicht erfolgen könne.

Zur Zeit der Übernahme der Geschäftsführungstätigkeit durch den Bf. habe die G-1 keine Geschäftstätigkeit mehr entfaltet und sei auch danach keine mehr aufgenommen worden. Motivation der Übernahme der Firma sei gewesen, dass in Bratislava eine Konzession für die Veranstaltung von Glücksspiel vorhanden gewesen sei, welche man verlängern habe können bzw. die zur Veranstaltung von Glücksspielen zugelassen seien. Neue Konzessionen seien nicht mehr ausgestellt worden.

Nachdem der Bf. in jenen Jahren, in welchen die Guthaben entstanden seien, nicht mehr Geschäftsführer der G-1 gewesen sei, sei es ihm (ohne Kenntnis der ungefähren Aufstellplätze der Firma in den Jahren 2013 - 2017) auch nicht möglich gewesen, 65 Ordner im Zuge einer Akteneinsicht (auch wenn hier die Möglichkeit der Anfertigung von Kopien gegeben sei) durchzuarbeiten, und beantrage er deshalb die Aussetzung des Verfahrens, bis diese Ordner ausgefolgt würden. Danach könne er direkt und punktuell auf die einzelnen Vorwürfe reagieren.

Bis dahin könne der Bf. lediglich nochmals vorbringen, dass er kein Vermögen der G-1 verwaltet habe, da ihm ein solches auch nicht übergeben worden sei, und er auch keine Zahlungen geleistet habe.

Wie ihm P-1 mitgeteilt habe, seien seit dem Jahr 2013 durchlaufend Guthaben an Vergnügungssteuern vorhanden gewesen und beantrage er seine zeugenschaftliche Einvernahme.

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In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung verwiesen die Parteien auf ihr bisheriges Vorbringen.

Der Amtsbeauftragte ersuchte um Bestätigung des Haftungsbescheides und Abweisung der Beschwerde.

Der Vertreter des Bf. beantragte die Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung des angefochtenen Bescheides und brachte vor, dass nunmehr die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG den Bf. vertrete.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtsgrundlagen Glücksspielautomatenabgabe

Gemäß § 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann und für die keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 Glücksspielgesetz erteilt wurde, eine Steuer zu entrichten. Die Steuer beträgt je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1.400 €. Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird.

Die Steuer ist gemäß § 3 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz erstmals spätestens einen Tag vor Beginn des Haltens und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Die Steuerpflicht endet mit Ablauf des Kalendermonates, in dem der Apparat nicht mehr gehalten wird.

Rechtsgrundlagen Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).

Rechtsgrundlagen Aussetzungszinsen

Für Abgabenschuldigkeiten sind gemäß § 212a Abs. 9 BAO
a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder
b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,
Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5 oder 5a) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

Abgaben werden unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen gemäß § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Rechtsgrundlagen Haftung

Die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Steuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Haftungsvoraussetzungen

- Abgabenforderungen gegen die vertretene Gesellschaft
- erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderungen
- Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
- abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung
- Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit der Abgaben

Abgabenforderungen

Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Glücksspielautomatenabgaben samt Säumniszuschlägen und Aussetzungszinsen war festzustellen, dass diesen Abgaben folgende Festsetzungsbescheide zu Grunde liegen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Bescheiddatum
Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
01-02/2017
11.200,00
224,00
Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
01-02/2017
11.200,00
224,00
Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
02-03/2017
23.800,00
476,00
Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
06-08/2017
33.600,00
672,00
Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
05/2017
4.200,00
84,00
Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
04+08/2017
5.600,00
112,00
Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
01/2017
8.400,00
168,00
Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
09/2017
5.600,00
112,00
Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
12/2017
8.400,00
168,00
Aussetzungszinsen
01/2017
786,85
Aussetzungszinsen
02/2017
676,99


Erschwerte Einbringlichkeit

Die Haftung nach § 2 Glücksspielautomatenabgabegesetz ist keine Ausfallshaftung, es ist lediglich vorausgesetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können.

Dies trifft auf den gegenständlichen Fall zu, da nach Auskunft der slowakischen Behörden vom der Abgabenrückstand bei der Primärschuldnerin uneinbringlich ist:

"Das zuständige Finanzamt prüfte das Vermögen des Schuldners. Die Gesellschaft hat weder bewegliches noch unbewegliches Vermögen. Das Unternehmen hat kein Bankkonto in der Slowakei."

Auch nach den Angaben des Bf. verfügt die Gesellschaft über keinerlei Vermögen.

Aus seinem Vorbringen, dass Guthaben an Vergnügungssteuer bestünden, lässt sich nichts gewinnen, da diese gemäß der Vorhaltsbeantwortung des Magistrates der Stadt Wien vom auf aushaftende Vergnügungssteuern verrechnet worden seien und damit im Haftungsverfahren zur Vergnügungssteuer Berücksichtigung finden würden.

Die eingewendeten Zahlungen durch P-1 stehen somit in keinem Zusammenhang zur gegenständlichen Haftung für ausständige Glücksspielautomatenabgaben.

Sollte der Bf. die vorgenommene Verrechnung der Zahlungen beanstanden, so ist er auf das Abrechnungsverfahren zu verweisen, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Haftenden und der Abgabenbehörde über die Gebarung auf dem Abgabenkonto nicht im Haftungsverfahren, sondern in einem über Antrag auszulösenden Verfahren zur Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO auszutragen sind ().

Vertreterstellung

Unbestritten ist, dass der Bf. seit D-1 bis dato Geschäftsführer der G-1 war bzw. ist.

Pflichtverletzung

Ihm oblag daher ab diesem Zeitpunkt die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Festzustellen war, dass die haftungsgegenständlichen Glücksspielautomatenabgaben gemäß § 3 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat, die Säumniszuschläge gemäß § 217a Z 2 BAO im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides sowie die Aussetzungszinsen gemäß § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Zustellung des Festsetzungsbescheides zu entrichten waren:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit

Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
01-02/2017
11.200,00
224,00

Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
01-02/2017
11.200,00
224,00

Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
02-03/2017
23.800,00
476,00

Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
06-08/2017
33.600,00
672,00

Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
05/2017
4.200,00
84,00

Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
04+08/2017
5.600,00
112,00

Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
01/2017
8.400,00
168,00

Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
09/2017
5.600,00
112,00

Glücksspielautomatenabgabe
Säumniszuschlag
12/2017
8.400,00
168,00

Aussetzungszinsen
01/2017
786,85
Aussetzungszinsen
02/2017
676,99


Die haftungsgegenständlichen Abgaben waren somit zwar überwiegend bereits vor dem Zeitpunkt der Übernahme seiner Geschäftsführungstätigkeit fällig, allerdings hat sich ein Geschäftsführer nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Übernahme seiner Funktion auch darüber zu unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, weil die Pflicht der Gesellschaft zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung endet. Die Gesellschaft bleibt verpflichtet, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr oder Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen, und zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist der Geschäftsführer der Gesellschaft verhalten. Der Geschäftsführer hat sich demnach darüber zu unterrichten, welchen Stand das Abgabenkonto der Gesellschaft im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführerfunktion hat, und die Pflicht, die Beträge eines allfälligen Rückstandes, wie er am Abgabenkonto ausgewiesen (verbucht) ist, zu entrichten ().

Der Bf. hatte daher für deren Entrichtung ab dem D-1 für die Glücksspielautomatenabgaben bzw. ab dem jeweiligen Fälligkeitstag für die Säumniszuschläge und Aussetzungszinsen Sorge zu tragen, die Verpflichtung jedoch verletzt.

Verschulden

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Einwand des Bf., über keinerlei liquide Mittel der Primärschuldnerin zu verfügen bzw. seit seiner Geschäftsführungstätigkeit verfügt zu haben, erscheint aufgrund des gegen den wahren Machthaber eines Konstruktes mehrerer Gesellschaften, darunter auch der G-1, bei der Staatsanwaltschaft A-19 gegen (unter anderem) P-1 geführten und bis dato noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens, in dem der Verdacht auf Abgabenhinterziehungen in Millionenhöhe besteht, unglaubwürdig.

Dazu ein Auszug aus dem Bericht der Steuerfahndung vom :

"Das Bundeskriminalamt, Büro zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, führt gemeinsam mit dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel als Finanzstrafbehörde sowie der Finanzpolizei seit September 2018 umfangreiche Ermittlungen gegen eine kriminelle Gruppierung aus dem illegalen Glücksspielmilieu um die Person des P-1 wegen §§ 33, 38a Abs. 1 lit. a FinStrG."

"Über österreichische Firmen werden Lokalitäten angemietet und danach an ausländische Firmen (kft, sro) untervermietet. Die Lokale werden anschließend baulich für das illegale Glücksspiel adaptiert (Einbau massiver und elektronisch gesicherter Türen, Überwachungskameras, Alarmanlagen, fernauslösbaren Rauch- und Reizgasanlagen, Abschaltung von Automaten per Fernbedienung, etc.). In weiterer Folge werden die Lokale mit Glücksspielautomaten ausgestattet, welche zumeist von weiteren ausländischen Gesellschaften (kft, sro) betrieben werden."

"Über Jahre hinweg hat P-1 ein Netzwerk von inländischen und ausländischen (Schein-) Firmen gegründet, wobei diese Konstrukte einerseits dem Zweck der Verschleierung gegenüber den Ermittlungs- und Strafbehörden dienen, andererseits werden über diese Firmen illegal erwirtschaftete Erlöse aus dem Glücksspiel auf ausländische Konten verschoben und von dort als legale Zahlungen von fingierten Leistungsabrechnungen wieder nach Österreich in den Einflussbereich von P-1 überwiesen.

Aufgrund bisheriger Ermittlungen ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um - zum Teil illegale - Glücksspielerlöse im Millionen Euro Bereich handelt, welche den Finanzbehörden nicht erklärt wurden.

Bei den Erhebungen konnte festgestellt werden, dass als Vermieter, Betreiber und Veranstalter der Glücksspiellokale bzw. Glücksspiele ein ständig wechselndes Firmennetzwerk von österreichischen, ungarischen und slowakischen Firmen aufscheint, welche alle in Bezug zu P-1 stehen, da dieser sämtliche wirtschaftliche Entscheidungen trifft und somit als faktischer Geschäftsführer dieser Unternehmen gilt."

Da dem Bf., der somit lediglich als Strohmann der Gesellschaft für P-1 fungierte, die Höhe der vereinnahmten Erlöse aus den Glücksspielautomaten und damit der tatsächlich vorhandenen liquiden Mittel nicht bekannt sein konnte, erübrigt sich jegliche weitere Auseinandersetzung mit dem darauf gerichteten Vorbringen, weshalb sich auch aus dem Einwand des Bf., dass die Buchhaltungsunterlagen seitens der Staatsanwaltschaft A-19 beschlagnahmt worden seien, mangels erfolgversprechenden Nachweises hinsichtlich der eingewendeten unzureichenden liquiden Mittel nichts gewinnen lässt.

Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Beschwerde anhängig oder schwebt sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Beschwerde ist, so kann gemäß § 271 Abs. 1 BAO die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei (§ 78) entgegenstehen. Dies hat vor Vorlage der Beschwerde durch Bescheid der Abgabenbehörde, nach Vorlage der Beschwerde durch Beschluss des Verwaltungsgerichtes zu erfolgen.

Da nach den oben getroffenen Feststellungen der Ausgang des derzeit bei der Staatsanwaltschaft A-19 anhängigen und im Zusammenhang mit den beschlagnahmten Unterlagen der Gesellschaft stehenden Strafverfahrens nicht von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Beschwerde ist, konnte dem Antrag des Bf. auf Aussetzung des Verfahrens nicht entsprochen werden, da diese gemäß § 271 BAO im Ermessen der Behörde liegt (), weshalb die Partei darauf keinen Rechtsanspruch hat ().

Darüber hinaus liegt ein für die Haftung eines Geschäftsführers relevantes Verschulden auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer vor der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht. Das Einverständnis, nur formell als Geschäftsführer zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, stellt eine derartige Beschränkung der Befugnisse eines Geschäftsführers dar ().

Der Behauptung des Bf., die Gesellschaft habe ihre Tätigkeit in Österreich mit endgültig eingestellt, muss die widersprechende Aktenlage entgegengehalten werden, da noch im Dezember 2017 in Betrieb stehende Glücksspielautomaten vorgefunden wurden.

Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Ergebnis

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der G-1 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 271 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
§ 3 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 210 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
§ 212a Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400027.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at