Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.02.2022, KE/7100002/2022

Konteneinschau - Rechnungsmanipulationen und Unterdeckung bei der Vermögensdeckungsrechnung

Entscheidungstext

BESCHLUSS ÜBER die Bewilligung einer Konteneinschau gem. § 8 KontRegG

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz über den Antrag des Finanzamtes Österreich vom auf Bewilligung von Auskunftsverlangen der Behörde nach § 8 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (KontRegG) (Konteneinschau) im Abgabenverfahren betreffend ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Auxiliaris Steuerberatung GmbH, Grazer Straße 12, 8480 Mureck, St.Nr. ***BF1StNr1***, für den Zeitraum bis bezüglich
1. der Einlagen-, Giro- und Bausparkonten und Depots jeweils bei der Raiffeisenbank Leibnitz/ RAIFFEISEN BAUSPARKASSE GESELLSCHAFT M.B.H.:
Kontonummer Kennz. Kontoart
***1*** IBAN Girokonto
***2*** IBAN Einlagenkonto
***3*** DEPOT Depot
***4*** IBAN Girokonto
***5*** IBAN Einlagenkonto
***1*** IBAN Girokonto
***5*** IBAN Einlagenkonto
***6*** IBAN Girokonto
***3*** DEPOT Depot
***2*** IBAN Einlagenkonto
***7*** BSPK Bausparkonto
2. Einlagen-, Giro- und Bausparkonten und Depots jeweils bei der Steiermaerkischen Bank
und Sparkassen AG/ BAUSPARKASSE DER OESTERR. SPARKASSEN AG:
Kontonummer Kennz. Kontoart
***8*** IBAN Einlagenkonto
***9*** IBAN Einlagenkonto
***10*** IBAN Girokonto
***11*** IBAN Girokonto
***12*** DEPOT Depot
***13*** IBAN Girokonto
***14*** IBAN Girokonto
***15*** IBAN Einlagenkonto
***16*** BSPK Bausparkonto
***17*** BSPK Bausparkonto
Kontoinhaber laut Antragsteller ***Bf1***, beschlossen:

Das Auskunftsverlangen wird bewilligt.

Begründung

Die ersuchende Abgabenbehörde legte dem Bundesfinanzgericht am den Antrag auf Genehmigung von Konteneinschau vom betreffend ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** nach § 8 Abs. 4 KontRegG zur Bewilligung vor.

Die ersuchende Abgabenbehörde begründete ihr Ansuchen vom
wie folgt:
Im Zuge der Betriebsprüfung ergaben sich aus den bisher vorgelegten Unterlagen der Jahre 2016 - 2019 gravierende formal- als aus materiell rechtliche Mängel, die eine Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung ausschließen. Ein Auszug aus den bisher festgestellten Mängeln wird in weiterer Folge beschrieben. Zudem verweise ich auf die Niederschriften vom (Vernehmung des Beschuldigten) und die Niederschrift vom (Befragung zur Kontenregisterabfrage).
Manipulierte Rechnungen:
Im Jahr 2016 konnten gefälschte Rechnungen nachgewiesen werden:
Manipulation der Rechnungsbeträge
Doppelt vergebene Rechnungsnummern
Änderung der Leistungsbeschreibungen
Diese Feststellungen wurden dem Pflichtigen bei der Einvernahme am (dokumentiert mittels Niederschrift vom , Punkt 11) und bei der Besprechung zur Kontenregistereinschau am (dokumentiert mit der Niederschrift vom , Punkt 4) vorgehalten bzw. wurde er dazu befragt.
Am gibt der Beschuldigte dazu an: "Ich weiß nicht warum der ausgewiesene Leistungsumfang voneinander abweicht. Momentan kann ich dazu nichts sagen."
Am wurde der Pflichtige nochmals dazu befragt (siehe Punkt 1 der Niederschrift vom ).
Der Verteidiger gibt dazu an: "Bezüglich der geänderten Rechnungen kann der Beschuldigte noch keine Auskünfte erteilen."
Im Zuge der Besprechung am wurden weitere gefälschte Rechnungen vorgelegt. Auf diesen Rechnungen sind Differenzen/Abweichungen zwischen denen in der Buchhaltung und die vom Kunden zu sehen. Der Verteidiger gibt dazu an: "Die Verteidigung gibt dazu an, die Rechnungskopien müssen mit dem Beschuldigten besprochen werden. Insbesondere mit der von ihm geführten Buchhaltung verglichen werden, so das angeboten wird, dazu entweder schriftlich vor der nächsten Besprechung oder spätestens bei der nächsten Beschuldigteneinvernahme dazu Stellung zu nehmen."
Es konnten auch bei dieser Besprechung wieder keine Angaben gemacht werden, und das obwohl die Unterlagen immer vollständig vorlagen. Es wurden sowohl die Rechnungen aus der Buchhaltung als auch die Rechnungen der Kunden vorgelegt.
Materialein- und Materialverkauf nicht in der Buchhaltung erfasst:
In allen Prüfungsjahren wurden nahezu keine Materialein- und Materialverkäufe in die Buchhaltung aufgenommen. Begründet wurde dies damit, dass die Kunden alle Ersatzteile und Reparaturmaterialien selbst mitbringen. Herr ***Familienname.Antragsgegner*** wurde dazu befragt (siehe Niederschrift vom Punkt 5) und gibt dazu an: "Die Kunden bestellen im Internet und das Material der Kunden wird bei mir angeliefert. Ich verbaue diese Materialien dann. Ich verrechne dann die Arbeit. Ich verbaue auch von mir akzeptierte Gebrauchtteile." Über Kundenbefragungen konnte nachgewiesen werden, dass die Kunden keine Ersatzteile und/ oder Reparaturmaterialien selbst mitgebracht haben. Diese Umsätze fehlen zur Gänze in der Buchhaltung bzw. in den Erklärungen.
Fehlende Umsätze:
Es konnte nachgewiesen werden, dass im Jahr 2016 nicht alle Umsätze in die Buchhaltung und damit in die entsprechenden Steuererklärungen Eingang gefunden haben. Beispielsweise wurden im Jahr 2016 von 33 Kunden keine Rechnungen in die Buchhaltung aufgenommen.
Dies konnte (wurde) über eine Kundenbefragung (in Form eines schriftlichen Auskunftsersuchens) festgestellt werden. Herr ***Familienname.Antragsgegner*** ist nicht befugt selbst Pickerlgutachten auszustellen, da er nur eine Servicestation betreibt. Er beauftragt hierfür unter anderen die Firma ***X***. Über diese Firma konnten alle im Jahr 2016 für Herrn ***Familienname.Antragsgegner*** erstellten Pickerlgutachten ausgehoben werden. Diese Kunden wurden in Form eines schriftlichen Auskunftsersuchens dazu befragt, welche Leistungen Herrn ***Familienname.Antragsgegner*** für Sie erbracht hat. Aus diesen Befragungen ergab sich unter anderem der Nachweis, dass Rechnungen von 33 Kunden nicht in der Buchhaltung bzw. in den Erklärungen erfasst wurden.
Lebenshaltung nicht gedeckt:
Eine Überprüfung der Lebenshaltungskosten über die Vermögensdeckungsrechnung ergab, unter Annahme, dass die Lebenshaltungskosten aus dem Gewerbebetrieb bestritten werden, eine gravierende Unterdeckung (siehe auch Niederschrift vom Punkt 3 und Anlage 2).
Beispielsweise standen Herrn ***Familienname.Antragsgegner*** im Jahr 2014 monatlich 443 € und im Jahr 2015 monatlich 252 € zum Leben zur Verfügung.
Diese Vermögensdeckungsrechnung wurde Herrn ***Familienname.Antragsgegner*** am vorgelegt. Der Verteidiger gab dazu an: "Die Vermögensdeckungsrechnung wird vom Beschuldigten geprüft und es wird dazu entweder schriftlich vor der nächsten Besprechung oder spätestens bei der nächsten Beschuldigteneinvernahme dazu Stellung genommen."
Weiters sei angemerkt, dass Herr ***Familienname.Antragsgegner***, gem. Niederschrift vom , keine finanziellen Verpflichtungen (offene Kredite oder Schulden) hat und sogar ab dem Jahr 2007 sein Eigenheim laufend sanieren konnte. Zudem hat er nach eigenen Angaben ein Barvermögen in Höhe von 50.000 €.
Es erhebt sich die Frage, wovon Herr ***Familienname.Antragsgegner*** seinen Lebensunterhalt bestritten hat und darüber hinaus Vermögenswerte (Sanierung des Hauses, Barvermögen) anhäufen konnte, obwohl aus dem laufenden Geschäftsbetrieb keine finanziellen Mittel zur Verfügung gestanden sind.
Auf Grund der oben beschriebenen Tatsachen, bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen.
Konteneinschau:
Es wurde versucht, die Konteneinschau über den Beschuldigten selbst herbeizuführen, wie in Punkt 2 der Niederschrift vom dokumentiert ist. Es wurde seitens der Finanzbehörde festgehalten: "Auch auf Vorhalt bezüglich der Lebenshaltungskosten und der Belehrung der weiteren rechtlichen Konsequenzen wird (auf) eine Offenlegung der Konten verweigert." Das Wort "verweigert" wurde durch den Verteidiger nachträglich korrigiert und durch das Wort "verneint" ersetzt.
Zudem wurde vom Verteidiger selbst die Konteneinschau angeregt, mit dem Hinweis:
"Im Übrigen wird auf die Möglichkeit der Finanzstrafbehörde hinsichtlich der Öffnung dieser Konten verwiesen Diese Insbesondere deshalb, weil es sich um eine Vielzahl von Privatkonten handelt, so dass es für die Finanzstrafbehörde rationell einfacher ist gezielt Konten auch aus alten Zeiträumen selbst zu öffnen."
Zusammenfassend ist zu sagen, dass nur mittels der Konteneinschau geklärt werden kann, wie der Pflichtige seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte bzw. ist ein Rückschluss auf bisher nicht erklärte Einnahmen möglich.

Über das Auskunftsverlangen erwogen:

Am wurde ***Bf1*** niederschriftlich vernommen (Niederschrift vom ):
Zur Sache gibt der Beschuldigte an:
1. Wollen Sie aussagen?
Ja
2. Wir haben am den Prüfungsauftrag an ihren Verteidiger Herrn M… übergeben und die Prüfung gemäß § 147 Bundesabgabenordnung (BAO) in Verbindung mit § 99 Abs. 2 Finanzstrafgesetz (FinStrG) wurde am begonnen. Kennen Sie den Inhalt? Haben Sie Fragen dazu?
Ja, keine Fragen.
3. Wie werden Pickerl gemacht/ verrechnet?
Ich habe beim ***Werkstätte*** Pickerl gemacht.
Wenn ich keine Leistung erbringen konnte, konnte ich nichts verrechnen.
Das Pickerl habe ich der Kundschaft weiterverrechnet. Ich habe von Herrn ***Werkstätte*** nie eine Rechnung erhalten.
4. Nicht weiterverrechnete Pickerlgutachten (Beilage 1)
Nicht erfasste Kundenaufträge 2016
siehe Details auch in Tabelle "Vergl-
***Werkstätte***-Pickerlgutachten-BH ***Familienname.Antragsgegner***.xlsx"
Von Herrn
***Werkstätte*** wurden im Jahr 2016 64 Pickerlgutachten für Herrn ***Familienname.Antragsgegner*** durchgeführt.
Davon wurden die oben angeführten 9 in der BH erfasst
Die restlichen 55 durchgeführten Pickerlgutachten wurden nicht
in der BH erfasst.
Was sagen Sie dazu?
***Familienname.Antragsgegner***: Es gibt einige Namen in meiner Kundenliste aus meiner BH, die gar nicht bei mir
Kunden waren. Warum diese Namen in meiner Buchhaltung aufscheinen, weiß ich nicht,
aber ich kann mich nicht explizit an die Person erinnern.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass alle Pickerlgutachten in meiner BH erfasst sind.
Ergänzend gibt der Verteidiger zu Protokoll: Es ist nicht jedes Pickerlgutachten als Einzelleistung mit der Bezeichnung "Pickerl" auf der Rechnung angeführt, sodass die dem Beschuldigten vorgeworfene Zahl 9 als verrechnete Pickerlgutachten vielleicht nicht stimmt.
5. Im Zuge der Erhebungen der Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass Kunden Ersatzteile, Reparaturmaterial, Reifen nicht selbst mitgebracht haben, sondern diese von Herrn
***Familienname.Antragsgegner*** besorgt wurden. Auf den vorgelegten Ausgangsrechnungen wurden nur erbrachte Arbeitsleistungen verrechnet.
Die für die Kunden besorgten Ersatzteile Reparaturmaterial, Reifen und Pickerlgutachten wurden bisher zum größten Teil nicht in der Buchhaltung erfasst.
***Familienname.Antragsgegner***: Die Kunden bestellen im Internet und das Material der Kunden wird bei mir
angeliefert. Ich verbaue diese Materialien dann. Ich verrechne dann die Arbeit. Ich
verbaue auch von mir akzeptierte Gebrauchtteile.
Bremsscheiben bei Gefahr im Verzug repariere ich und besorge ich auf den Namen des
Kunden oder der Kunde besorgt das Material selbst.
6. Wie kann der Kunde erkennen welchen Ersatzteil er braucht?
***Familienname.Antragsgegner***: Der Kunde geht mit dem Zulassungsschein zum … (Firmen) etc. und sagt
welche Ersatzteile er braucht. Auf Grund der Fahrgestellnummer kann der Händler
erkennen was der Kunde braucht.

7. Wenn im Internet bestellt wird? Wie läuft das ab?
***Familienname.Antragsgegner***: Da nimmt der Kunde den Zulassungsschein und bestellt auf dieselbe Weise. Auf Grund der Fahrgestellnummer und Marke, Type des Autos kann der Kunde im Internet bestellen.
Materialeinkauf
8. Wo haben Sie Material eingekauft/zugekauft?
***Familienname.Antragsgegner***: Verschieden. Kommt darauf an was ich brauche oder was für den Kunden gebraucht wird.
Die Kunden bringen z.B. Öl auch aus Slowenien mit. Wenn ich einen Ölwechsel mache
kaufe ich beim (Firma), hin und wieder (Firma), oder beim (Firma) ein. Ich kaufe gleich
auf Barverkauf ein. Die Rechnung zeige ich dem Kunden, wenn ich Material eingekauft
habe und werfe sie dann weg oder gebe sie dem Kunden mit. Ich kaufe das Material mit
dem Willen ein, es im Namen des Kunden zu kaufen.
Ich habe nichts auf mich eingekauft. Ich verrechne nur die Arbeitsleistung.
9. Wie wird beim Einkäufen bezahlt?
***Familienname.Antragsgegner***: Ich zahle nur bar. Ich habe nichts Großes/ Teures was ich einkaufe.
10. Warum gibt es beim (Firma) kein Kundenkonto von Ihnen?
***Familienname.Antragsgegner***: Weil ich zu wenig einkaufe.
11. Die AR durch Kundenerhebungen weichen von AR in der Buchhaltung ab. (Es wurden Materialkosten auf den AR der Kunden gefunden) (Beilage 2 - ANr: 2015-31, 2016-04,
2016-45 jeweils 2 mal) werden vorgelegt
***Familienname.Antragsgegner***: Ich weiß nicht warum der ausgewiesene Leistungsumfang voneinander abweicht.
Momentan kann ich dazu nichts sagen.

12. Wer schreibt die Rechnungen?
***Familienname.Antragsgegner***: Jetzt schreiben die Rechnungen entweder meine Freundin oder ich. Bis 2016 war
ich das.

13. Auf Grund weicher Basis erstellen Sie die Rechnung?
***Familienname.Antragsgegner***: Wenn ich das Auto repariere, erstelle ich die Rechnung direkt aus dem Kopf. Meiner Freundin diktiere ich die Rechnungen. Das mache ich zeitnah zur Reparatur, deshalb weiß ich noch alles. Schriftliche Aufzeichnungen zu den Reparaturen gibt/gab es keine.
Das Programm für die Rechnungserstellung bis 2016 heißt vermutlich Etron. Ab 2017 habe ich auf Grund der Registrierkassenreform ein anderes Programm.

14. AR und Pickerlgutachten weichen voneinander ab. Das Datum der AR liegt weit vor dem Datum der Erstellung des Pickerlgutachtens oder andersherum. Wie kann das sein?
***Familienname.Antragsgegner***: Wenn etwas zum Reparieren war und es war was zu bestellen, dann musste ich
lange auf Ersatzteile warten. Deshalb der lange Zeitraum.
Pickerldatum nach AR-Datum: Es kann sein, dass das ein Ersatzgutachten war.
Pickerldatum vor AR.Datum: Es könnte sein, dass ein leichter Mangel beim
Pickerlgutachten war und der Kunde lässt dies erst zu einem späteren Zeitpunkt
reparieren auf Grund von finanziellen Nöten. Der Kunde achtet nicht darauf, dass das
Pickerl schon lange abgelaufen ist und dann werden 2 Pickerlgutachten schnell
hintereinander erstellt.
15. Wie viele Kunden sind bei Ihnen in finanziellen Nöten im Schnitt/ in Prozent?
***Familienname.Antragsgegner***: Kann ich nicht schätzen.
16. Wie viele Arbeitsstunden machen Sie durchschnittlich im Jahr im Zeitraum 2011 -2019?
***Familienname.Antragsgegner***: Ich weiß es nicht. Einen Terminkalender gab es nie. Termine habe ich auf Zettel
aufgeschrieben und die gibt es nicht mehr.
Auf das Angebot einer Pause wird Seitens des Beschuldigten und des Verteidigers verzichtet
(10:32 Uhr).
17. Kontenregisterabfrage:
Wir übermitteln heute den Ausdruck der Kontenregisterabfrage. Über das Ergebnis ist eine Niederschrift aufzunehmen und dafür ist ein Termin notwendig. Der Termin wird für den um 09:00 Uhr festgelegt.

Am befragte das Finanzamt ***Bf1*** zur Kontenregisterabfrage (Niederschrift vom ):
Vorhalt: Aus der Niederschrift vom :
1. Die AR durch Kundenerhebungen weichen von AR in der Buchhaltung ab. (Es wurden
Materialkosten auf den AR der
Kunden gefunden) (Beilage 2 - ANr: 2015-31, 2016-04,
2016-45 jeweils 2 mal) werden vorgelegt.
***Familienname.Antragsgegner***: Ich weiß nicht warum der ausgewiesene Leistungsumfang voneinander abweicht.
Momentan kann ich dazu nichts sagen.
Auf Nachfrage zu Frage 1 heute wurde folgende Antwort gegeben: Bezüglich der geänderten Rechnungen kann der Beschuldigte noch keine Auskünfte erteilen.

2. Die Kontenregisterabfrage (Anlage 1) wurde vorgelegt und durchbesprochen.

Es gibt nur ein betriebliches Konto, auf der Liste ist es das erste Konto. Die anderen sind alle privat. Auf Anlage 1 wurden die Konten der Reihe nach abgefragt und auf eine betriebliche oder private Zuweisung durchbesprochen. Die Konten mit den Nummern 2-32 sind privat. Auf konkrete Nachfrage wird noch einmal betont, dass es sich um Privatkonten und Privatdepots handelt. Auch auf Vorhalt bezüglich der Lebenshaltungskosten und der Belehrung der weiteren Rechtlichen Konsequenzen wird (auf) eine Offenlegung der Konten verweigert [handschriftlich geändert auf: verneint].
Angaben des Verteidigers dazu: Für die Offenlegung der privaten Konten besteht seitens des Beschuldigten kein Anlass, weil auf diesen privaten Konten keine betrieblichen Geldtransaktionen stattfanden. Im Übrigen wird auf die Möglichkeit der Finanzstrafbehörde hinsichtlich der Öffnung dieser Konten verwiesen Diese Insbesondere deshalb, weil es sich um eine Vielzahl von Privatkonten handelt, so dass es für die Finanzstrafbehörde rationell einfacher ist gezielt Konten auch aus alten Zeiträumen selbst zu öffnen.
Herr
***Familienname.Antragsgegner*** gibt an: Ich habe momentan kein Girokonto für den Betrieb. Am wurde dieses geschlossen.

3. Vermögensdeckungsrechnung (Anlage 2): Wie kann Herr ***Familienname.Antragsgegner*** von den Umsätzen
leben?
Die Anlage 2 wurde ausgehändigt.
Die Vermögensdeckungsrechnung wird vom Beschuldigten geprüft und es wird dazu entweder schriftlich vor der nächsten Besprechung oder spätestens bei der nächsten Beschuldigteneinvernahme dazu Stellung genommen.

4. Es wurden Rechnungen (Anlage 3) übergeben. Der Beschuldigte wird aufgefordert
dazu Stellung zu nehmen. Auf diesen Rechnungen sind Differenzen/Abweichungen
zwischen denen in der Buchhaltung und die vom Kunden zu sehen.
Die Rechnungen wurden überreicht.
Die Verteidigung gibt dazu an, die Rechnungskopien müssen mit dem Beschuldigten besprochen werden. Insbesondere mit der von ihm geführten Buchhaltung verglichen werden, so das angeboten wird, dazu entweder schriftlich vor der nächsten Besprechung oder spätestens bei der nächsten Beschuldigteneinvernahme dazu Stellung zu nehmen.

Termin für die nächste Besprechung: um 10:00 Uhr
Eine Vorladung wird zugesendet.

Die Vorladung beinhaltete Folgendes:
Sie werden aufgefordert folgende Unterlagen:
• Belege
• Journale,
• Saldenlisten,
• Anlagenverzeichnisse,
• Kassen-/Einzelaufzeichnungen,
• alle Ur-/ Grundaufzeichnungen,
• Wareneingangsbuch
der Jahre 2011 - 2019 zu diesem Termin mitzubringen.
Die Stellungnahmen zu der
• Anlage 2 "Vermögensdeckungsrechnung" der Niederschrift vom [umfasste die Jahre 2011 bis 2019], der
• Anlage 3 "Rechnungen" der Niederschrift vom und der
• Beilage 2 - ANr: 2015-31, 2016-04, 2016-45 jeweils 2 mal der Niederschrift der
Vernehmung des Beschuldigten vom sind,
falls diese nicht schon in schriftlicher Form vor dem obigen Termin beim Finanzamt eingelangt sind, mitzubringen. …
Gleichzeitig werden Sie aufgefordert, die Ihrer Verteidigung dienlichen Beweismittel mitzubringen oder der Behörde so rechtzeitig anzuzeigen, dass sie zur Vernehmung noch herbeigeschafft werden können.

Die Einvernahme am fand nicht statt, weil ***Bf1*** nicht erschienen ist.
Die gemäß Vorladung geforderten Unterlagen bzw. Stellungnahmen wurden bisher nicht vorgelegt.
Lediglich der Verteidiger, Herr M…, ist am um 10:00 für eine Besprechung erschienen.
Über die Besprechung wurde keine Niederschrift aufgenommen.
Thema der Besprechung waren im Wesentlichen die fehlenden Umsätze im Jahr 2016, nachweisbar über die durchgeführte Kundenbefragungen.
Dazu wurde dem Verteidiger eine Kundenliste der nicht in der Buchhaltung erfassten Kunden (siehe "2016-Kundenliste.nicht-in-BH-erf-Kudnen.pdf)" per Mail am zugeschickt.
Der Verteidiger wollte diese Kundenliste sichten und gemeinsam mit dem Beschuldigten besprechen.
Danach gab es bisher keinen weiteren Kontakt.
Die Feststellungen dieses Absatzes beruhen auf dem Schreiben des Finanzamtes vom .

Gemäß § 38 Abs. 1 Bankwesengesetz (BWG) dürfen Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden oder auf Grund des § 75 Abs. 3 BWG anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis).Werden Organen von Behörden sowie der Österreichischen Nationalbank bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Tatsachen bekannt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, so haben sie das Bankgeheimnis als Amtsgeheimnis zu wahren, von dem sie nur in den Fällen des Abs. 2 entbunden werden dürfen. Die Geheimhaltungsverpflichtung gilt zeitlich unbegrenzt.

Gemäß § 38 Abs. 2 Z 11 BWG idF BGBl I 2015/116 besteht die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nichtgegenüber Abgabenbehörden des Bundes auf ein Auskunftsverlangen gemäß § 8 des Kontenregister- und Konteneinschaugesetzes.

§ 8 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (KontRegG) in der anzuwendenden Fassung lautet:
(1) Die Abgabenbehörde ist berechtigt, in einem Ermittlungsverfahren nach Maßgabe des § 165 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, über Tatsachen einer Geschäftsverbindung, von Kreditinstituten Auskunft zu verlangen, wenn
1. begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen, oder im Fall, dass der Abgabepflichtige trotz Aufforderung keine Angaben macht oder gemacht hat, Grund zur Annahme besteht, dass der Abgabepflichtige Angaben machen müsste, um Bestand und Umfang seiner Abgabepflicht offen zu legen,
2. zu erwarten ist, dass die Auskunft geeignet ist, die Zweifel aufzuklären und
3. zu erwarten ist, dass der mit der Auskunftserteilung verbundene Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Kunden des Kreditinstitutes nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der Ermittlungsmaßnahme steht.
(2) Auskunftsverlangen bedürfen der Schriftform und sind vom Leiter der Abgabenbehörde zu unterfertigen. Auskunftsersuchen und ihre Begründung sind im Abgabenakt zu dokumentieren. Auskunftsverlangen der Finanzämter oder des Zollamtes können auch vom Fachbereichsleiter oder der Fachbereichsleiterin unterfertigt werden. Auskunftsverlangen des Amtes für Betrugsbekämpfung sind, soweit sie im Abgabenverfahren erfolgen, durch die Fachbereichsleiterin oder den Fachbereichsleiter der aktenführenden Abgabenbehörde zu unterfertigen.
(3) Außerhalb einer Außenprüfung sind im Verfahren zur Veranlagung der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer Auskunftsverlangen (Abs. 1) nicht zulässig, es sei denn, dass - nach Ausräumung von Zweifeln durch einen Ergänzungsauftrag nach § 161 Abs. 1 BAO - die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hat, Ermittlungen gemäß § 161 Abs. 2 BAO einleitet und der Abgabepflichtige vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Die Würdigung der Stellungnahme ist aktenkundig zu machen. § 8 Abs. 1 gilt sinngemäß.
(4) Wenn der Abgabepflichtige nicht Inhaber des Kontos, sondern vertretungsbefugt, Treugeber oder wirtschaftlicher Eigentümer ist, darf ein schriftliches Auskunftsverlangen erst dann gestellt werden, wenn der Inhaber des Kontos vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Die Würdigung der Stellungnahme ist aktenkundig zu machen. § 8 Abs. 1 gilt sinngemäß.

Gemäß § 9 Abs. 1 KontRegG entscheidet das Bundesfinanzgericht durch Einzelrichter mit Beschluss über die Bewilligung einer Konteneinschau.

Gemäß § 9 Abs. 3 KontRegG prüft das Bundesfinanzgericht auf Basis des vorgelegten Auskunftsverlangens das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Konteneinschau nach diesem Gesetz. Die Entscheidung ist tunlichst binnen 3 Tagen zu treffen.

1. Unterfertigtes Auskunftsverlangen

§ 8 Abs. 2 KontRegG bestimmt, dass Auskunftsverlangen der Finanzämter oder des Zollamtes auch vom Fachbereichsleiter oder der Fachbereichsleiterin unterfertigt werden können.
In § 9 Abs. 2 Z 2 KontRegG wird nochmals darauf hingewiesen, dass die Abgabenbehörde das gemäß § 8 Abs. 2 der Abgabenbehörde unterfertigte Auskunftsverlangen dem Bundesfinanzgericht elektronisch vorzulegen hat.

Das gegenständliche Auskunftsersuchen wurde vom Vorstand des Finanzamtes Österreich unterfertigt.

2. Ergänzungsvorhalt und Bedenkenvorhalt

Im Verfahren zur Veranlagung der Einkommensteuer (im gegenständlichen Fall der Veranlagung des ***Bf1*** ) sind Auskunftsverlangen nur zulässig, wenn die Abgabenbehörde versucht hat, die Zweifel durch einen Ergänzungsauftrag nach § 161 Abs. 1 BAO auszuräumen UND die Abgabenbehörde, die weiterhin Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hat, ein Ermittlungsverfahren gemäß § 161 Abs. 2 BAO einleitet (Bedenkenvorhalt), damit der Abgabepflichtige vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hat.

Aktenkundig sind die oben angeführten Vorgänge, die in den Niederschriften festgehalten wurden.

3. Vorliegen der Voraussetzungen für eine Konteneinschau

a. begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen

Einen Zweifel hegt derjenige, welcher es für möglich hält, dass eine Behauptung (hier: in den Angaben des Abgabepflichtigen) nicht der Wahrheit entspricht. Bei den hier in Frage kommenden Zweifel handelt es sich um solche, die sich objektiv begründen lassen, weil bestimmte Tatsachen von einigem Gewicht vorliegen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf die Unrichtigkeit der Parteiangaben geschlossen werden kann (vgl. /2017).

Für die Abgabenbehörde blieben trotz der Stellungnahmen des Abgabepflichtigen folgende Bedenken ungeklärt:
- das Ausmaß der Auswirkungen der manipulierten - gefälschten - Rechnungen
(manipulierte Rechnungsbeträge (doppelt vergebene Rechnungsnummern, geänderte Leistungsbeschreibungen: auf den vorgelegten (in die Buchhaltung aufgenommenen) Ausgangsrechnungen waren nur erbrachte Arbeitsleistungen verrechnet - die Ausgangsrechnungen, die durch Kundenerhebungen herbeigeschafft wurden, weichen von Ausgangsrechnungen in der Buchhaltung ab - Ausgangsrechnungen der Kunden beinhalten Materialkosten. Den Angaben des ***Bf1***: "Die Kunden bestellen im Internet und das Material der Kunden wird bei mir angeliefert. Ich verbaue diese Materialien dann. Ich verrechne dann die Arbeit. Ich verbaue auch von mir akzeptierte Gebrauchtteile." steht das Ergebnis der bei einer Reihe vorgenommener Kundenbefragungen gegenüber, dass die Kunden keine Ersatzteile und/oder Reparaturmaterialien selbst mitgebracht haben.
- das Ausmaß der Auswirkungen, dass zahlreiche Pickerlbegutachtungen keinen Niederschlag in der Buchhaltung fanden
- Vermögensdeckungsrechnung, umfassend die Jahre 2011 bis 2019:
Ausgehend von Einkünften aus Gewerbebetrieb iHv -€ 68,0 (2011), € 2.654,9 (2012), € 4.946,1 (2013), € 1.052,6 (2014), € 536,5 (2015), € 11.594,4 (2016), € 6.099,4 (2017), € 2.753,5 (2018) und € 12.120,0 (2019) wurden Beträge "Zum Leben pro Monat" iHv € 463 (2011), € 607 (2012), -€ 2.052 (2013), € 443 (2014), € 252 (2015), € 1.315 (2016), € 926 (2017), € 702 (2018) und
-€ 1.659 (2019) errechnet; somit blieb auf Basis des bestehenden Ermittlungsstandes ungeklärt, wovon der Steuerpflichtige seinen Lebensunterhalt bestritten hatte
Weder schriftlich vor der nächsten Besprechung (vorgesehen, wie oben angeführt, am ) wurde eine Stellungnahme eingereicht noch wurde bei der nächsten Beschuldigteneinvernahme (vorladungsgemäß am ) oder danach Stellung genommen.

b. Eignung der Auskunft, die Zweifel aufzuklären

Die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen beziehen sich im Wesentlichen auf die Herkunft bzw. Verwendung von Geldmitteln. Derartige Zweifel können durch eine Konteneinschau beseitigt werden.

Um aus dem bis dato gegebenen Ermittlungsstand einen tatsächlichen Nachweis einer Verkürzung an Umsatz- und Einkommensteuer (hinsichtlich des Ausmaßes) für die in Rede stehenden Veranlagungsjahre führen zu können, muss auch Klarheit dahingehend geschaffen werden, ob oder in welchem Ausmaß in den einzelnen Jahren bzw. aus den Vorjahren Finanzreserven oder noch unbekannte weitere werthältige Sachwerte vorhanden gewesen sind, welche der Steuerpflichtige zur Finanzierung der Deckungslücken laut der Vermögensdeckungsrechnung verwenden hätte können.
Ohne eine Auswertung der beschriebenen Kontoinformationen bliebe das bisherige Rechenwerk des Finanzamtes lediglich Stückwerk.
Die Einsichtnahme in die Konten ist auf Grundlage des Gesamtbildes der bisherigen Ermittlungsergebnisse
- umfangreiche Rechnungsmanipulationen
UND
- Jahr um Jahr (abgesehen von 1 Jahr (2016) nicht unbeträchtliche) Unterdeckungen bei der
Vermögensdeckungsrechnung
unabdingbar.

c. Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Kunden des Kreditinstitutes steht nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der Ermittlungsmaßnahme

Der mit der Auskunftserteilung verbundene Eingriff in die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Kunden des Kreditinstitutes steht nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der Ermittlungsmaßnahme, da im vorliegenden Fall durch keine anderen zweckmäßigeren Ermittlungsmaßnahmen die zweifelhaften Angaben des Abgabepflichtigen überprüft werden können.

In Anbetracht der Intensität der Verdachtslage (nachgewiesene Manipulation der in die Buchhaltung aufgenommenen Rechnungen) und der Schwere des Vorwurfes (die Kundenbefragungen ergaben eine Vielzahl von Rechnungsmanipulationen und betreffen die Unterdeckungen laut derzeit bestehendem Ermittlungsstand alle in Rede stehenden Jahre mit nicht unerheblichen Beträgen) ist die Anordnung der Auskunftsersuchen auch nicht unverhältnismäßig.

Vor dem Hintergrund der zitierten Gesetzesbestimmungen und Ausführungen liegen im vorliegenden Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung der beantragten Konteneinschau nach § 8 KontRegG vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:KE.7100002.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at