Dienstgeberabgabe - Beschwerde gegen die Strafhöhe
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Dr. Georg Zobl, Klosterplatz 2, 4650 Lambach, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 6 Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes vom , LGBl. für Wien Nr. 17, in der derzeit geltenden Fassung, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 Abgabenstrafen vom , Zahl: MA6/***1***, zu Recht erkannt:
I) Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen zu Punkt 1 bis 3 des Spruches des Straferkenntnisses von je 60,00 Euro auf je 48,00 Euro und zu Punkt 4 bis 7 von je 70 Euro auf je 56 Euro sowie die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen von je 12 Stunden auf je 9 Stunden herabgesetzt werden.
Im Übrigen, d.h. auch hinsichtlich des mit dem Mindestbetrag von je 10,00 Euro für jedes Delikt gemäß § 64 Abs. 2 VStG festgesetzten Beitrages zu den Kosten des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens, wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II) Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III) Als Vollstreckungsbehörde wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG der Magistrat der Stadt Wien bestimmt.
Der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens (7x10,00 Euro) ist zusammen mit den Geldstrafen (3x48,00 und 4x56,00 Euro), insgesamt somit in Höhe von 438,00 Euro an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
IV) Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 25a Abs 1 VwGG ist gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen vom , Zahl: MA6/***1*** wurde ***Bf1*** (in weiterer Folge: Bf.) für schuldig befunden, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***Bf1-GmbH*** (vormals ***X-GmbH***) die Dienstgeberabgabe für die bei der oben angeführten Gesellschaft in Wien beschäftigten Dienstnehmer
für den Monat Juni 2019, bis zum Fälligkeitstag am ,
für den Monat Juli 2019, bis zum Fälligkeitstag am ,
für den Monat August 2019 bis zum Fälligkeitstag am ,
für den Monat September 2019 bis zum Fälligkeitstag am ,
für den Monat Oktober 2019 bis zum Fälligkeitstag am ,
für den Monat November 2019 bis zum Fälligkeitstag am und
für den Monat Dezember 2019 bis zum Fälligkeitstag am
nicht (in voller Höhe) entrichtet und dadurch sieben Verwaltungsübertretungen begangen zu haben.
Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 6 Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes vom , LGBl. für Wien Nr. 17, in der derzeit geltenden Fassung, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) und wurden deshalb über ihn gemäß § 8 Abs. 2 Dienstgeberabgabegesetz in der derzeit geltenden Fassung 3 Geldstrafen in der Höhe von je € 60,00 (1 bis 3) und 4 Geldstrafen in der Höhe von je € 70,00 (4-7), falls diese uneinbringlich seien 7 Ersatzfreiheitsstrafen von je 12 Stunden verhängt. Ferner habe er gemäß § 64 VStG insgesamt € 70,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 530,00.
Mit fristgerechter Eingabe vom brachte der Bf. durch seinen Vertreter Beschwerde gegen das Straferkenntnis ein und beantragte, die Höhe der verhängten Strafen auf ein Mindestmaß herabzusetzen.
Begründend wurde dazu ausgeführt:
"Die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen werden nicht bestritten.
Tatsache ist jedoch, dass Herr ***Bf1*** seit seinem Insolvenzverfahren
(Konkurseröffnung ***2***) völlig mittellos ist. Die bis dahin vorhanden gewesenen
bescheidenen Vermögensreserven wurden vom Masseverwalter verwertet und für die
Befriedigung der Gläubiger verwendet.
Herr ***Bf1*** ist derzeit in seinem Fortkommen zur Gänze von der Unterstützung
seiner Geschwister abhängig.
In Anbetracht seiner aktuellen Lebensumstände ist eine Herabsetzung der Strafe
durchaus gerechtfertigt.
Darüber hinaus möge darauf Bedacht genommen werden, dass Herr ***Bf1*** rund
25 Jahre als Geschäftsführer der ***X-GmbH*** tätig war und die
während dieses Zeitraumes anfallenden beträchtlichen Abgabenverpflichtungen
überwiegend pünktlich bezahlt wurden.
Um antragsgemäße Erledigung wird gebeten."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Abgabenstrafen, GZ. MA6/***1***.
Danach steht folgender Sachverhalt fest:
Der Bf. war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von Juni 2019 bis als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***Bf1-GmbH*** vorm. ***X-GmbH*** im Firmenbuch eingetragen und damit verantwortlicher Vertreter der abgabepflichtigen Gesellschaft. Er hat die Dienstgeberabgabe für die bei der GmbH in Wien beschäftigten Dienstnehmer für die Monate Juni 2019 bis Dezember 2019, fällig gewesen jeweils am 15. des folgenden Monates, bis zum jeweiligen Fälligkeitstag nicht (in voller Höhe) entrichtet und dadurch 7 Verwaltungsübertretungen begangen. Dies ist im Bericht vom dokumentiert und wird auch nicht vom Bf. bestritten.
Der Bf. bekämpft mit der gegenständlichen Beschwerde ausschließlich die Strafhöhe, somit war entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einer Teilrechtskraft des Schuldspruches auszugehen (vgl. z.B. ).
Dem Bundesfinanzgericht oblag daher nur die Überprüfung der verhängten Geldstrafen.
Gemäß § 6 Abs. 1 Dienstgeberabgabegesetz hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monates die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.
Gemäß § 8 Abs. 2 Dienstgeberabgabegesetz sind Übertretungen des § 6 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 420,00 Euro zu bestrafen. Im Falle der Uneinbringlichkeit tritt an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen.
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen (vgl ; , 94/09/0197; , 88/04/0172; , 97/15/0039; , 95/09/0114; , 2004/03/0029 mwN).
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
"Wenngleich im VStG (ebenso wie im StGB) von Prävention keine ausdrückliche Rede ist, sind auch Umstände der Spezial- und Generalprävention bei der Strafbemessung nicht zu vernachlässigen" (Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 6. Auflage (2004) 1332 mwN; ).
Es ist bei der Strafbemessung nach der Rechtsprechung somit - jedenfalls auch - darauf abzustellen, den/die Täter/-in von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen, aber auch andere von der Verwirklichung dieser strafbaren Tatbestände abzuhalten.
"Die Generalprävention wirkt durch Abschreckung verbrechenshemmend auf die Allgemeinheit, sie bestärkt aber auch deren Rechtstreue und das Rechtsbewusstsein. Die Spezialprävention will die Verbrechensverhütung durch Einwirkung auf den Täter erreichen; man spricht deshalb auch von Individualprävention. Der Täter soll von weiteren Delikten abgehalten und gebessert werden" (Foregger/Serini, StGB und wichtige Nebengesetze, 4. Auflage (1988). Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. und ).
Von Relevanz ist jedenfalls, dass bei der Bemessung von Geldstrafen als wichtiges Kriterium auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten zu berücksichtigen sind. Daraus folgt zwingend, dass Geldstrafen, um die Betroffenen in gleicher Weise zu belasten, geringer als bei gut verdienenden Personen zu bemessen sind, wenn der Beschuldigte ein niedriges Einkommen hat, über keine Vermögenswerte verfügt und überdies unterhaltspflichtig ist.
Die Abgabenstrafbehörde hat im angefochtenen Erkenntnis zutreffend als erschwerend 22 zum Tatzeitpunkt rechtskräftige Vorstrafen, als mildernd keinen Umstand gewertet sowie aufgrund der angegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse (Eröffnung des Konkursverfahrens über die ***Bf1-GmbH*** und das Vermögen des Bf.) und den Umstand , dass hinsichtlich 3 weiterer Vorstrafen inzwischen deren Tilgung eingetreten ist, die Strafbeträge angepasst.
Nunmehr hat der Bf. zudem zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen ausgeführt, dass er seit seinem Insolvenzverfahren (Konkurseröffnung ***2***) völlig mittellos sei. Die bis dahin vorhanden gewesenen bescheidenen Vermögensreserven seien vom Masseverwalter verwertet und für die Befriedigung der Gläubiger verwendet worden. Er sei deshalb in seinem Fortkommen zur Gänze von der Unterstützung seiner Geschwister abhängig.
Dazu wurde in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bereits erkannt, dass die Verhängung einer Geldstrafe auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht, und selbst das Vorliegen ungünstiger Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht bedeutet, dass Anspruch auf Verhängung der Mindeststrafe besteht (, mwN).
Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafzumessungsgründe und unter besonderer Berücksichtigung der angespannten wirtschaftlichen Situation des Bf. erachtet das Bundesfinanzgericht angesichts des bis € 420,00 reichenden Strafrahmens pro Delikt eine Herabsetzung der Geldstrafen um jeweils 20%, d.s. von 60,00 Euro auf 48,00 Euro (1-3) und von 70 auf 56 Euro (4-7) als vertretbar. Desgleichen konnten die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen auf je 9 Stunden entsprechend vermindert werden. Wegen der obangeführten rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen kommt eine weitere Strafherabsetzung nicht in Betracht.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung kann gemäß § 44 Abs. 3 Z 2 und 3 VwGVG abgesehen werden, wenn sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet (Z 2) oder im angefochtenen Bescheid (Straferkenntnis) eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (Z 3). Diese beiden Gründe für den Entfall der mündlichen Verhandllung liegen hier vor, wobei bereits einer der Gründe für den Entfall hinreichen würde.
Kostenentscheidung
Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind, mindestens jedoch mit zehn Euro für jedes Delikt, wurden sie somit in Höhe von zusammen insgesamt € 70,00 korrekt festgesetzt.
Nach § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG sind 20 % der verhängten Strafe als Kostenbeitrag vorzuschreiben, wenn das Straferkenntnis der belangten Behörde bestätigt wird. Demgegenüber sind gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer dann nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird. Da das Straferkenntnis der belangten Behörde nicht vollständig bestätigt wird, ist für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG vom Bf. kein Kostenbeitrag zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 19 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 6 Abs. 1 Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500407.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at