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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.03.2022, RV/7400157/2021

Vorschreibung der Parkometerabgabe bei Zulassungsbesitzerin, wenn die Einhebung beim Lenker erschwert ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Referat Parkometerabgabe und Abgabenstrafen, Ebendorferstraße 2, 3. Stock, 1010 Wien, vom , GZ ***GZ***, betreffend Vorschreibung der Parkometerabgabe für das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** im Zeitraum , 15:45 Uhr bis , 13:26 Uhr, in 1170 Wien, ***Straße*** - 132, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20. Jänner bzw. zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Das bisherige Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Mit Zahlungsaufforderung vom wurde der Beschwerdeführerin die Parkometerabgabe in der Höhe von 37,80 € vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin erhob am Einspruch gegen die Zahlungsaufforderung, gab an, dass das Fahrzeug von Robert ***S*** gelenkt wurde und legte einen Mietvertrag über die Überlassung des Kraftfahrzeuges durch die Beschwerdeführerin an Robert ***S*** sowie dessen Führerschein in Dateiform vor.

Mit Zahlungsaufforderung vom wurde Robert ***S*** die Parkometerabgabe von 37,80 € vorgeschrieben.

Da weder die Abgabepflicht bestritten wurde, noch - trotz Mahnung vom - kein Zahlungseingang festzustellen war, wurde die vorgeschriebene Parkometerabgabe am am Konto von Robert ***S*** abgeschrieben.

Mit Bescheid vom , zugestellt am , wurde die Parkometerabgabe von 37,80 € der Beschwerdeführerin vorgeschrieben.

Die Behörde begründete die Vorschreibung im Wesentlichen damit, dass die Abgabepflicht bei Beginn des Abstellens entstanden sei, die Beschwerdeführerin Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges war und gemäß § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung des Wiener Gemeinderates, ABl für Wien Nr 51/2005, zur Entrichtung der Parkometerabgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand, also als Gesamtschuldner, verpflichtet seien. Primär sei der Lenker zur Gebührenentrichtung heranzuziehen, was zwar geschehen sei, dieser jedoch seiner Zahlungspflicht - trotz Einmahnung - nicht nachgekommen sei. Zusätzlich konnten andere bestehende Forderungen der Stadt Wien nicht eingebracht werden, sodass die gegenständliche Abgabenforderung beim Lenker als uneinbringlich zu qualifizieren sei. Die Beschwerdeführerin wird daher im Wege der Ermessenausübung als Gesamtschuldner zur Zahlung herangezogen.

In der Beschwerde vom , eingelangt beim Magistrat am , führt die Beschwerdeführerin aus, dass sie den Bescheid zur Gänze anficht, da sie das Kraftfahrzeug nicht am angeführten Ort abgestellt habe. Sie wendete Verjährung ein, beantragte die Beischaffung des Strafaktes der MA 67 bzw. LPD sowie die Zeugenvernehmung des Anzeigers. Außerdem sei eine punktuell festgestellte Übertretung kein Beweis dafür, dass die gesamte Parkdauer stattgefunden habe. Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde ebenso beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Magistrat führte ergänzend aus, dass bei einer Uneinbringlichkeit bei anderen Gesamtschuldnern ein Ermessensspielraum nicht mehr vorliege und die Behörde daher gehalten sei, die Abgabe von demjenigen Gesamtschuldner einzufordern, bei dem die Uneinbringlichkeit nicht gegeben ist. Die Verjährung sei nicht eingetreten, da gemäß § 207 BAO die Verjährungsfrist fünf Jahre betrage und diese mit Ablauf des Jahres beginne, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Mit Vorlageantrag vom , eingelangt beim Magistrat am , beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage des Rechtsmittels an das Bundesfinanzgericht und nochmalig eine mündliche Beschwerdeverhandlung.

Mit Vorlagebericht vom , hiergerichtlich eingelangt am , legte der Magistrat die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht vor und verwies aufgrund fehlenden neuen Vorbringens im Vorlageantrag auf die Begründung des Bemessungsbescheides bzw. der Beschwerdevorentscheidung.

Der Magistrat übermittelte am die vom Bundesfinanzgericht angeforderte Fotodokumentation zur Abstellung des Kraftfahrzeuges. Ein Verwaltungsstrafakt könne nicht vorgelegt werden, da die "Forderungen bezahlt wurden und somit kein Verfahren eröffnet wurde". Diese Informationen wurden am der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht.

Die am stattgefundene mündliche Verhandlung wurde ohne Eingehen in die Sache aufgrund der Bitte des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin mit der Begründung einer Covid-19-Erkrankung in der Familie vertagt.

Die mündliche Verhandlung wurde am trotz Fernbleibens der Beschwerdeführerin fortgesetzt. In der Ladung wurde auf diese Möglichkeit hingewiesen. Die Behörde war vertreten und beantragte unter Verweis auf den Akteninhalt die Abweisung der Beschwerde. Die Verhandlung wurde nach mündlicher Verkündung des Erkenntnisses geschlossen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist, ob der Abgabenanspruch in der vorgeschriebenen Höhe zur Recht besteht und der Beschwerdeführerin die Parkometerabgabe als Gesamtschuldnerin vorgeschrieben werden kann.

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin überließ Robert ***S*** mit Mietvertrag vom das mehrspurige Kraftfahrzeug PKW Audi A8 4,2 TDI.

Robert ***S*** stellte im Zeitraum , 15:45 Uhr bis , 13:26 Uhr dieses Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** in 1170 Wien, ***Straße*** - 132, ab, ohne dieses mit gültig entwerteten Parkscheinen zu kennzeichnen oder elektronische Parkscheine zu aktivieren. Das Fahrzeug war zwischen den angegebenen Zeitpunkten ununterbrochen abgestellt.

Die Beschwerdeführerin war von bis Zulassungsbesitzerin dieses Kraftfahrzeuges.

Der Abstellort befand sich im Zeitraum der Abstellung in einer vom Magistrat der Stadt Wien verordneten Kurzparkzone mit einer ohne Ausnahmebewilligung begrenzten Parkdauer von 3 Stunden von Montag bis Freitag zwischen 9:00 und 19:00 Uhr, wobei das Parken gebührenpflichtig ist.

Die Parkometerabgabe in Höhe von 37,80 € wurde dem Lenker Robert ***S*** mit Zahlungsaufforderung vom vorgeschrieben. Vom Lenker wurde dagegen kein Einspruch erhoben. Die Einhebung der Abgabe wurde mit Mahnung vom versucht. Es erfolgte keine Zahlung. Am wurde die Abgabe vom Abgabenkonto von Robert ***S*** abgeschrieben.

Hinsichtlich einer Verwaltungsübertretung (Parkometerabgabe) vom wurde lediglich ein Teil der festgesetzten Geldstrafe von Robert ***S*** bezahlt und der Rest als Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt.

Die Geldstrafen aus Verwaltungsübertretungen (Parkometerabgabe) vom , , , und wurden erst bei Vorführung zum Strafantritt bezahlt.

Am bestanden gegenüber Robert ***S*** 17 offene Forderungen des Erhebungs- und Vollstreckungsdienstes (Magistratsabteilung 6) in Höhe von 1.131,00 €.

Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom , zugestellt am , wurde die Parkometerabgabe der Beschwerdeführerin in folgender Höhe vorgeschrieben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Von (Uhrzeit)
Bis (Uhrzeit)
Dauer (Std.)
Betrag
Mo,
15:45
19:00
03:30
7,35 €
Di,
09:00
19:00
10:00
21,00 €
Mi,
09:00
13:30
04:30
9,45 €
Summe
18:00
37,80 €

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung sowie den Erhebungen des Bundesfinanzgerichts.

Aus der Fotodokumentation ist zu erkennen, dass das gegenständliche Fahrzeug am und am auf einem Längsparkplatz in der ***Straße*** abgestellt war. Aus den verschiedenen Perspektiven der Fotos ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der genaue Abstellplatz festzustellen bzw. ist davon auszugehen, dass das Fahrzeug zu beiden Zeitpunkten am selben Ort gestanden ist.

Dass das Fahrzeug zwischen den beiden Tatzeitpunkten nicht wegbewegt und wiederholt an diesem Ort abgestellt worden ist, kann aufgrund der Schneespuren auf der Windschutzscheibe und am Boden vor dem Fahrzeug geschlossen werden. Während am nahezu die ganze Windschutzscheibe mit Schnee bedeckt war und vor dem Fahrzeug ein größerer sowie zwei kleinere Schneehaufen zu erkennen sind, ist am ein nach natürlicher Abschmelzung ca. 10 cm langer Schneestreifen auf der Windschutzscheibe sowie ein kleiner Schneehaufen vor dem Fahrzeug festzustellen. Dieser Schneehaufen scheint der nach Abschmelzung verbliebene Rest des größeren Haufens vom zu sein, da er sich in einem ähnlichen Abstand zum Fahrzeug befand.

Eine auf www.timeanddate.de durchgeführte Abfrage der Wettersituation in Wien im Zeitraum 28. bis lässt das Verbleiben des Fahrzeuges in diesem Zeitraum als noch wahrscheinlicher erscheinen. Demnach hat es an diesen Tagen nicht geschneit (letzter Schneefall am ), die Temperatur war am 28. und fast durchgehend über dem Gefrierpunkt und hat maximal 5 °C betragen. Eine natürliche Abschmelzung, wie die Fotos vermuten lassen, wird durch die historische Wetterlage untermauert. Zudem ist anzunehmen, dass ein Wegfahren bei diesen Außentemperaturen den Lenker zum Betrieb der Heizung veranlasst und dass dadurch die dünne Schneedecke auf der Windschutzscheibe wohl zur Gänze weggeschmolzen wäre.

Es entspricht auch nicht der allgemeinen Erfahrung, dass im Falle eines Wegfahrens die Organstrafverfügung im Sichtfeld des Lenkers eingeklemmt im Scheibenwischer verblieben wäre. Die allgemeine Lebenserfahrung zeigt vielmehr, dass ein Lenker vor Fahrtantritt hinter dem Scheibenwischer angebrachte Objekte, insbesondere eine Organstrafverfügung, entfernt, um erstens zu überprüfen, ob die Organstrafverfügung tatsächlich für sein Fahrzeug ausgestellt wurde und um zu verhindern, dass diese während der Fahrt verloren geht oder durch Witterungseinflüsse unleserlich wird. Da sich die Organstrafverfügung auf dem Fahrzeug befunden hat, kann davon ausgegangen werden, dass dieses in der Zwischenzeit am Abstellort verblieben ist. Denn das Belassen der Verständigungen erweckt den Eindruck, das Fahrzeug würde schon länger am Abstellort stehen und sei bereits beanstandet worden.

3. Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I.)

Aufgrund des Antrags der Beschwerdeführerin in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag war gemäß § 274 Abs Z 1 lit a BAO eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Da die Beschwerde zulässig ist, rechtzeitig eingebracht wurde und keine Erledigung in Beschlussform gemäß § 278 BAO zu ergehen hat, entscheidet das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 BAO in der Sache selbst.

§ 4 Abs 1 BAO lautet:

"Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft."

§ 6 Abs 1 BAO lautet:

"Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, sind Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB)."

Gemäß § 891 ABGB haftet, wenn mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungeteilten Hand dergestalt versprechen, dass sich einer für alle, und alle für einen ausdrücklich verbinden, jede einzelne Person für das Ganze. Es hängt dann von dem Gläubiger ab, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewährten Anteilen oder ob er es von einem einzigen fordern wolle.

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung idF ABl für Wien Nr 51/2005 lautet:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten.

(2) 1. der Begriff "Abstellen" umfasst sowohl das Halten im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 27 der StVO 1960, als auch das Parken im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 28 der StVO 1960 von mehrspurigen Kraftfahrzeugen;

2. der Begriff "Kraftfahrzeug" ist im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 175/2004, zu verstehen.

(3) Die Bestimmungen der StVO 1960 sowie die Bestimmungen der darauf gestützten Verordnungen und Anordnungen werden durch diese Verordnung nicht berührt.

(4) Die Bemessung der Abgabe erfolgt durch formlose Zahlungsaufforderung."

§ 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung idF ABl für Wien Nr 46/2016 lautet:

"Die Abgabe beträgt für jede halbe Stunde Abstellzeit 1,05 Euro, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist. Beträgt die gesamte Abstellzeit nicht mehr als fünfzehn Minuten, ist ein Abgabenbetrag nicht zu entrichten, wenn der hiefür vorgesehene Parkschein vorschriftsmäßig angebracht und entwertet oder aktiviert ist."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung idF ABl für Wien Nr 51/2005 lautet:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

3.1. Abgabenanspruch

Den rechtlichen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass jeder Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, die Verpflichtung trifft, im Zeitpunkt des Beginnes des Abstellens Parkscheine zu verwenden oder elektronische Parkscheine für die Dauer des Abstellens zu aktivieren, um damit die Abgabe zu entrichten. Ein Verkehrsteilnehmer, der diesem Gebot nicht entspricht, hat die Parkgebühr verkürzt.

Gemäß § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung entsteht die Abgabepflicht bereits bei Beginn des Abstellens. Da der Tatbestand - Abstellung eines mehrspurigen Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone - verwirklicht wurde, besteht der Abgabenanspruch für die gesamte Dauer des Abstellens.

Der Begriff "Abstellen" umfasst sowohl das Halten als auch das Parken iSd § 2 Abs 1 Z 27 und 28 StVO (§ 1 Abs 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung). Damit unterliegt nicht nur das Verbringen eines Fahrzeuges in die Kurzparkzone, sondern auch das Belassen des Fahrzeuges ebendort der Parkometerabgabe.

Unbestritten blieb, dass sich der bezeichnete Abstellort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone befand und es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt.

Das gegenständliche Fahrzeug war aufgrund des festgestellten Sachverhalts im gesamten angegebenen Zeitraum in der Kurzparkzone abgestellt. Damit ist der Abgabentatbestand des § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 BAO verwirklicht.

Da mangels Verwendung eines Parkscheines die Parkgebühr nicht entrichtet wurde, setzte die belangte Behörde die Abgabe gegenüber der Beschwerdeführerin, wie oben dargestellt, fest.

Gegen die Berechnung der Parkometerabgabe brachte die Beschwerdeführerin nichts vor. Es steht diese zudem in Übereinstimmung mit § 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung.

Der Abgabenanspruch besteht demnach in der festgesetzten Höhe zu Recht.

Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf Zeugenvernehmung des Anzeigers. Aus diesem ist das Beweisthema zu schließen, nämlich, dass nicht die gesamte bescheidmäßig festgestellte Parkdauer stattgefunden hat. Von der Vernehmung wurde wegen fehlender Erheblichkeit abgesehen. Eine unter Beweis zu stellende Tatsache ist dann unerheblich, wenn sie nicht geeignet ist, (direkt oder indirekt) zur Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts beizutragen. Die Einvernahme des Anzeigers/der Anzeiger ist aufgrund dessen punktueller Wahrnehmungen nicht geeignet, die ununterbrochene Parkdauer über den gesamten Zeitraum zu bestätigen bzw. zu widerlegen. Dem Beweisantrag fehlt es daher an Relevanz.

3.2. Abgabenschuldner

Der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer sind gemäß § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung Gesamtschuldner der Parkometerabgabe.

Wesen der Gesamtschuld ist, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern dass er auch die gesamte Schuld nur einem einzigen (einigen, allen) der Gesamtschuldner gegenüber geltend machen darf (Ritz/Koran, BAO7 § 6 Rz 2) und besteht in einer besonders starken Sicherung des Gläubigers ().

Es liegt im Ermessen der Behörde, ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will, ob die Inanspruchnahme mit einem Teil oder dem gesamten offenen Betrag erfolgt bzw. der Zeitpunkt und die Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner (Ritz/Koran, BAO7 § 6 Rz 7).

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei Auslegung des § 20 BAO ist dabei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben beizumessen (). Aus Art 126b B-VG ist das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung ableitbar (Ritz/Koran, BAO7 § 20 Rz 9 mwN)

Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses bedeutet das Recht der Ausnützung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen ().

Ermessensentscheidungen sind zu begründen. Die Begründung hat die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen soweit aufzuzeigen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (). Dies dient unter anderem dem Schutz vor Willkür und der rechtsstaatlichen Kontrolle ().

Eine ermessenswidrige Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners läge allenfalls vor, wenn aushaftende Abgabenschulden von anderen Gesamtschuldnern ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten rasch hätten eingebracht werden können ().

Zahlungsschwierigkeiten eines Gesamtschuldners rechtfertigen es jedoch, einzelne Gesamtschuldner von vornherein nicht in Anspruch zu nehmen, sie also überhaupt nicht bescheidmäßig heranzuziehen, sondern die Schuld bei einem anderen Gesamtschuldner einzufordern.

Ist einer der Schuldner zahlungsunfähig geworden, so liegt im Allgemeinen kein Ermessensspielraum mehr vor. Die Heranziehung des verbleibenden Schuldners zur Leistung der Gesamtschuld ist dann aus dem Blickwinkel der Ermessensübung nicht rechtswidrig (; ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bleibt bei Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei dem anderen Gesamtschuldner (bei den anderen Gesamtschuldnern) für die Inanspruchnahme des verbleibenden Gesamtschuldners kein Spielraum für die Ermessenübung (; ; ).

Die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld beim Lenker ist aber nicht Voraussetzung für die Heranziehung der Beschwerdeführerin zur Entrichtung der Abgabenschuld. Schon bestehende Zahlungsschwierigkeiten des Lenkers rechtfertigen es, den Zulassungsbesitzer als Gesamtschuldner zur Entrichtung der Abgabenschuld heranzuziehen.

Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid ausgesprochen, dass versucht worden sei, die Parkometerabgabe bei dem bekannt gegebenen Lenker einzufordern. Der Lenker ist seiner Zahlungspflicht - trotz Einmahnung - nicht nachgekommen. Darüber hinaus konnten laut Erhebungen der vorlegenden Behörde beim Lenker bereits andere bestehende Forderungen der Stadt Wien nur erschwert oder nur zum Teil eingebracht werden bzw. sind derzeit offen.

Es ergibt sich daher aus der Aktenlage, dass die Abgabenrückstände und das bisherige Verhalten des Lenkers eine Entrichtung der streitgegenständlichen Parkometerabgabe in absehbarer Zeit nicht erwarten lassen. Eine zumindest erschwerte Einhebung/Einbringung der Parkometerabgabe ist jedenfalls zu bejahen.

Dass die aushaftenden Abgabenschulden vom Lenker rasch und ohne Schwierigkeiten hätten eingebracht werden können, behauptet im Übrigen auch die Beschwerde nicht.

Der Abgabenanspruch kann im Sinne der dargestellten Rechtsprechung zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen nur bei der Beschwerdeführerin hereingebracht werden.

Eine Vorschreibung der Parkometerabgabe gegenüber der Beschwerdeführerin als Gesamtschuldnerin ist daher rechtmäßig.

3.3. Verjährung

Nach § 207 Abs 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung.

Gemäß § 4 Abs 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Gemäß § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

§ 207 Abs 2 BAO legt die Verjährungsfrist im Allgemeinen mit fünf Jahren fest und beginnt nach § 208 Abs 1 lit a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, zu laufen.

Der Abgabenanspruch ist im Jahr 2019 entstanden ist. Die Verjährungsfrist begann mit Ablauf dieses Jahres, somit am um 24:00 Uhr, zu laufen. Die Parkometerabgabe wurde mit Bescheid vom und damit nach nicht ganz 1,5 Jahren nach Beginn des Laufs der Verjährungsfrist vorgeschrieben. In Anbetracht der fünfjährigen Verjährungsfrist ist Verjährung noch nicht eingetreten.

4. Unzulässigkeit einer Revision (Spruchpunkt II.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Neben der Klärung von Sachverhaltsfragen wurden die Rechtsfragen, insbesondere jene hinsichtlich des zu übenden Ermessens, der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Punkt 3.) folgend entschieden.

Es liegt daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor. Eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400157.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at