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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2022, RV/2101182/2017

Zur Abzugsfähigkeit von "Vorwerbungskosten" bei Rentenversicherungsmodellen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Egger & Freidorfer Steuerberatungs-OG, Koloman-Wallisch-Platz 23 Tür II, 8600 Bruck an der Mur, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag vom betreffend Einkommensteuer 2010 bis 2012 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.), ein Arzt, schloss in den Jahren 2001 und 2002 zwei - jeweils fremdfinanzierte - Rentenversicherungsverträge ab.

Strittig ist, ob damit zusammenhängende Aufwendungen (Schuldzinsen, Spesen) in den Streitjahren steuerlich (bereits) als Werbungskosten berücksichtigt werden können, obwohl hinsichtlich der an den Bf. erfolgten Rentenzahlungen eine Steuerpflicht gemäß § 29 Z 1 EStG noch nicht eingetreten ist.

Im Gefolge einer beim Bf. durchgeführten Außenprüfung traf die Prüferin in ihrer Niederschrift vom bzw. im bezüglichen Prüfungsbericht unter Tz 3 folgende Feststellungen:

"Renten, die auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages gezahlt werden, sind wiederkehrende Bezüge nach § 29 Z 1 EStG, die als Gegenleistung für die Übertragung von Geld geleistet werden ( 2004/15/0155).

Nach der Neuregelung tritt die Steuerpflicht grundsätzlich auch für Rentenvereinbarungen, die vor dem begründet worden sind - erst ein, wenn die Rentenauszahlungen den Wert der Gegenleistung übersteigen, während bei der bis geltenden Rechtslage die Rentenzahlungen in Abhängigkeit vom Lebensalter des Steuerpflichtigen steuerfrei gestellt waren.

(…) Erst ab dem Überschreiten der Vermögensumschichtung stellen die monatlichen Geldzuflüsse aus dem privaten Rentenversicherungsvertrag beim Bw. als Rentenberechtigten somit steuerpflichtige Einnahmen im Sinne des § 29 Z 1 EStG dar. Erst ab diesem Zeitpunkt werden aus dem Investment Einnahmen erzielt. Diese sind zur Gänze steuerpflichtig. § 29 Z 1 EStG unterscheidet sich in seiner Konzeption von anderen - laufend verzinsten - Kapitalanlagen insofern, als von Gesetzes wegen unterstellt wird, dass zuerst das Kapital und erst danach die Zinsen ausbezahlt werden (vgl. G 112/02 ua.).

Nach § 16 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 gehören Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, zu den Werbungskosten. Dem gegenüber dürften § 20 Abs. 2 EStG 1988 bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden.

§ 20 Abs. 2 EStG 1988 ist Ausdruck des allgemeinen steuerlichen Rechtsgrundsatzes, nach dem einer fehlenden Steuerpflicht auf der einen Seite das Abzugsverbot auf der anderen Seite gegenübersteht. Ist es bei einem fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodell (Gegenleistungsrente) äußerst ungewiss, ob der Einkunftstatbestand des § 29 Z 1 EStG 1988 jemals erfüllt sein wird, zumal die Umstände darauf hindeuten, dass sich die Vertragsparteien bis zum Überschreiten des nach § 16 Abs. 2 BewG (idF vor BGBl I Nr. 165/2002) kapitalisierten Wertes der Rentenverpflichtung darauf verstehen werden, eine steuerfreie Rentenabfindung zu vereinbaren, so können die Kreditzinsen zur Finanzierung des Rentenstammrechtes nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Sollte der Abgabepflichtige - wider Erwarten - von der Abfindung der Rentenansprüche nicht Gebrauch machen und die Rentenzahlungen nach Übersteigen des kapitalisierten Wertes der Rentenverpflichtung den Steuertatbestand nach § 29 Z 1 EStG 1988 erfüllen, so wären diese positiven Einkünfte mit den in den Vorjahren nicht berücksichtigbaren Ausgaben frühestmöglich zu verrechnen ( 2010/15/0141).

Die Kreditzinsen der sonstigen Einkünfte werden in den Prüfungsjahren somit nicht anerkannt."

Diesen Ausführungen folgend ließ das Finanzamt in den angefochtenen Bescheiden die geltend gemachten "Vorwerbungskosten" iHv. € 10.184,- (2010), € 13.593,- (2011) und € 14.331,- (2012) nicht zum Abzug zu.

Bereits im Rahmen der Schlussbesprechung erstattete der Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter folgende Stellungnahme (s. Tz 4 der Niederschrift bzw. des Prüfberichtes):

"Pkt. 1: Die beiden "Rentenmodelle", die zu Einkünften nach § 29 EStG führen, entsprechen den diversen Vorgaben der Finanzverwaltung, die in den Einkommensteuerrichtlinien publiziert wurden. Insbesondere ist bei beiden Modellen die vorzeitige Vertragsauflösung ausdrücklich ausgeschlossen.

Pkt. 2: Auch in den aktuellen ESt-Richtlinien ist in Rz. 7018 nach wie vor festgehalten, dass Zinsen für Fremdkapital, das für den Erwerb eines Rentenstammrechtes aufgenommen wurde, Werbungskosten gem. § 16 Abs. 1 Z. 1 EStG darstellen.

Pkt. 3: Der Verwaltungsgerichtshof bestätigt in seinem Erkenntnis 2010/15/0141 vom seine ständige Rechtsprechung, dass Werbungskosten bereits steuerliche Berücksichtigung finden können, bevor noch der Steuerpflichtige Einnahmen im einkommensteuerrechtlichen Sinn erzielt.

Pkt. 4: Die Vertragsparteien (Versicherung und Versicherungsnehmer) haben im vollen Bewusstsein der Konsequenzen vereinbart, dass eine Kapitalabfindung für die bestehenden Rentenversicherungsverträge ausdrücklich ausgeschlossen ist. Eine andere Interpretation dieses klar formulierten Vertragsteiles ist aus unserer Sicht nicht möglich. Widrigenfalls hätte das zur Folge, dass jegliche vertragliche Vereinbarung zwischen Vertragspartnern zukünftig aus steuerlicher Sicht hinfällig ist, da nicht mit absoluter Sicherheit dargelegt werden kann, ob ein Vertrag in allen Punkten stets erfüllt werden kann. Aus unserer Sicht wäre es geboten verfassungsrechtlich abzuklären, ob eine derartige Sichtweise nicht zu einer Beeinträchtigung der Grundrechte eines jeden Staatsbürgers führt.

Pkt. 5: Einkünfte nach § 29 EStG zählen zu den außerbetrieblichen Einkünften. § 19 EStG regelt, dass Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt in seinem Erkenntnis 2010/15/0141 v. zu dieser Problematik nicht Stellung. Es bleibt somit ungeklärt, wie der zeitliche Unterschied zwischen tatsächlicher Zahlung und steuerlicher Verrechenbarkeit mit dem Gesetzesbestand vereinbar ist.

Wir gehen davon aus, dass die steuerwirksame Verrechnung von Werbungskosten in Anwendung des klaren Gesetzeswortlautes des § 19 EStG im Zeitpunkt der Zahlung zu erfolgen hat."

In seiner Beschwerde verweist der Bf. auf seine oa. Stellungnahme (Tz 4 der Niederschrift bzw. des Berichtes). Es sei zu berücksichtigen, dass eine Ablöse des Versicherungsanspruches durch Einmalzahlung zwischen den Vertragsparteien ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Eine Unsicherheit betreffend des Eintrittes einer künftigen Steuerpflicht liege daher nicht vor und die Aufwendungen seien daher (bereits) im Zahlungszeitpunkt steuerlich abzugsfähig.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Selbst im Falle des Ausschlusses einer Ablöse des Versicherungsanspruches (durch den Versicherer) könnten nach der VwGH-Judikatur Werbungskosten erst in jenen Veranlagungszeiträumen, in denen die Summe der Rentenbeträge den kapitalisierten Wert der Geldzahlung übersteigt, mit den positiven Einkünften iSd. § 29 Z 1 EStG verrechnet werden.

Im Vorlageantrag bringt der Bf. vor, die Beschwerdevorentscheidung enthalte keinerlei begründeten Nachweis, warum im gegebenen Sachverhalt die Absehbarkeit (des Eintrittes der Steuerpflicht) nicht gegeben sei.

In seiner ergänzenden Eingabe an das macht der Bf. nochmals geltend, das BMF habe (ua.) im Einkommensteuerprotokoll vom die Ansicht vertreten, dass Zinsen für Fremdkapital, das für den Erwerb eines Rentenstammrechtes aufgenommen wurde, und damit zusammenhängende Gebühren beim Versicherungsnehmer im Zeitpunkt der Zahlung als Werbungskosten absetzbar seien. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Information habe der Bf. unumkehrbare Handlungen gesetzt. Daher möge geprüft werden, ob dem Bf. für die Streitjahre nicht der Grundsatz von Treu und Glauben zuzubilligen wäre.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Vor dem BFG ist strittig, ob die in den Jahren 2010 bis 2012 im Zusammenhang mit zwei fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodellen getätigten Ausgaben (Zinsen, Gebühren) bereits im Zahlungszeitpunkt als (vorzeitige) Werbungskosten abzugsfähig sind oder nicht.

Im Jahr 2001 schloss der Bf. mit der X Versicherung AG einen Rentenversicherungsvertrag ab (Beginn der Rente: , Rentengarantiezeit: 32 Jahre). Die einmalige Prämie in Höhe von ATS 5 Mio. (€ 363.364,-) sowie die anfallenden Nebenkosten wurden mit einem bei der Bank K aufgenommenen endfälligen Kredit (20 Jahre Laufzeit) finanziert.

In den bezüglichen Versicherungsbedingungen ist in § 6 Abs. 5 geregelt, dass Rentenversicherungen bei bereits laufenden Rentenzahlungen (einseitig) vom Bezugsberechtigten nicht gekündigt werden können.

2002 schloss der Bf. einen weiteren Rentenversicherungsvertrag (Beginn: , Rentengarantiezeit 31 Jahre) bei der Y Versicherungs-AG ab. Die Einmalprämie (€ 365.000,-) und die Nebenkosten wurden durch einen endfälligen Kredit bei der H-Bank finanziert (Laufzeit 20 Jahre).

Laut § 4 der einschlägigen Tarifbestimmungen ist eine Kündigung der Versicherung durch den Bf. nicht möglich.

Seit Abschluss dieser Rentenversicherungen hat der Bf. in Zusammenhang mit diesen beiden Modellen jährlich jeweils Zinsen und Spesen als Werbungskosten abgezogen und damit negative Einkünfte gemäß § 29 Z 1 EStG geltend gemacht.

Im Gefolge einer die Streitjahre umfassenden Außenprüfung ließ das Finanzamt in den angefochtenen Bescheiden Beträge von € 10.184,- (2010), € 13.593,- (2011) und € 14.331,- (2012) nicht zum Abzug als Werbungskosten zu.

Mit Eingabe vom hat der Bf. gegenüber dem Finanzamt hinsichtlich der Einkünfte aus den fremdfinanzierten Rentenversicherungen gemäß § 124b Z 82 EStG in die "alte" Rechtslage (gemäß § 29 Z 1 EStG vor Kundmachung des BGBl. I 165/2002) optiert.

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt des Finanzamtes, insbesondere den bezüglichen Versicherungspolizzen und der Optionserklärung vom , und ist zwischen den Parteien unstrittig.

§ 29 Z 1 EStG 1988 in der Fassung BGBl I 106/1999 normiert ua:

"Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung (§ 16 Abs 2 und 4 des Bewertungsgesetzes 1955) übersteigt; der kapitalisierte Wert ist auf den Zeitpunkt des Beginns der Leistung der wiederkehrenden Bezüge zu ermitteln."

Dieser Passus lautet in der ab der Veranlagung 2004 anzuwendenden Fassung des BudBG 2003, BGBl I 71/2003, wie folgt:

"Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sowie gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge (Renten, dauernde Lasten, gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sowie allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung übersteigt. Besteht die Gegenleistung nicht in Geld, ist als Gegenwert der kapitalisierte Wert der wiederkehrenden Bezüge (§§ 15 und 16 des Bewertungsgesetzes) zuzüglich allfälliger Einmalzahlungen anzusetzen."

§ 124b Z 82 EStG 1988, eingeführt mit dem BudBG 2003, lautet wie folgt:

"§ 29 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 71/2003 ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 anzuwenden. Ist der Rechtsgrund für wiederkehrende Bezüge vor dem entstanden, kann spätestens bis im Einvernehmen mit dem zur Rentenzahlung Verpflichteten beantragt werden, dass die wiederkehrenden Bezüge gemäß § 29 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 71/2003 unter Anwendung der Bewertungsbestimmungen vor der Kundmachung BGBl I Nr 165/2002 versteuert werden."

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, sind Renten, die auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages mit einer Versicherungsgesellschaft gezahlt werden, grundsätzlich als Gegenleistungsrenten einzustufen. Es handelt sich dabei um wiederkehrende Bezüge, die als Gegenleistung für die Übertragung von Geld geleistet werden (vgl. ; ; ).

Steuerpflicht liegt (erst dann) vor, sobald die Summe der zugeflossenen Renten den - durch Kapitalisierung der Rente ermittelten - Wert der Geldzahlung übersteigt (zB ; ; uva.).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa , und ) können Werbungskosten unter Umständen bereits steuerliche Berücksichtigung finden, bevor noch der Steuerpflichtige Einnahmen im einkommensteuerrechtlichen Sinn erzielt. Voraussetzung ist aber, dass die ernsthafte Absicht zur späteren Einkunftserzielung als klar erwiesen angesehen werden kann, wobei aber dann ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist, wenn die Erfüllung des Einkünftetatbestandes erst für die ferne Zukunft in Aussicht genommen wird.

Im (auch vom Finanzamt zitierten) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/15/0141, welches die Frage der Berücksichtigung diverser Ausgaben im Zusammenhang mit einem im Jahr 2002 abgeschlossenen, fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodell als Werbungskosten betrifft, heißt es auszugsweise wie folgt:

"(…) Im Streitjahr [Anmerkung: 2002] ist der Einkunftstatbestand des § 29 Z 1 EStG 1988 noch nicht erfüllt und noch nicht absehbar, ob er jemals erfüllt sein wird. Erst viele Jahre nach Ablauf des Streitjahres wird es sich erweisen, ob die Voraussetzungen einer Besteuerung iSd. § 29 Z 1 EStG 1988 vorliegen werden. Wie das Finanzamt im Verwaltungsverfahren zutreffend aufgezeigt hat, ist beispielsweise dann eine künftige Erfüllung des Einkunftstatbestandes des § 29 Z 1 EStG 1988 in der hier maßgeblichen Fassung [Anmerkung: BGBl I 106/1999] ausgeschlossen, sollte der Beschwerdeführer eine Vereinbarung mit der Versicherungsgesellschaft schließen, aufgrund derer er an Stelle weiterer Renten eine Abfindungszahlung erhält.

Nun können nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2001/15/0085, und vom , 94/15/0227) Werbungskosten unter Umständen bereits steuerliche Berücksichtigung finden, bevor noch der Steuerpflichtige Einnahmen im einkommensteuerrechtlichen Sinn erzielt (vgl. hiezu auch Hofstätter/Reichel, Tz 2 zu § 16 EStG 1988 allgemein, "Vorwerbungskosten"). Voraussetzung einer Berücksichtigung von Werbungskosten vor der Erzielung von steuerlich relevanten Einnahmen ist es aber, dass die ernsthafte Absicht zur späteren Einkunftserzielung als klar erwiesen angesehen werden kann, wobei es nicht genügt, wenn eine Betätigung, die einen Einkunftstatbestand erfüllen würde, als eine von mehreren Möglichkeiten zukünftigen Verhaltens bloß ins Auge gefasst wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 93/14/0132). In diesem Zusammenhang wird aber dann ein besonders strenger Maßstab anzulegen sein, wenn die Erfüllung des Einkünftetatbestandes erst für die ferne Zukunft in Aussicht genommen wird.

Wie bereits ausgeführt ist im gegenständlichen Fall noch nicht absehbar, ob in künftigen Jahren der Steuertatbestand nach § 29 Z 1 EStG 1988 erfüllt sein wird. Insbesondere kann nicht beurteilt werden, ob sich die beteiligten Personen während der vieljährigen Zeitspanne bis zum allfälligen Übersteigen des nach § 16 BewG kapitalisierten Wertes der Rentenverpflichtung darauf verstehen werden, eine Rentenabfindung zu vereinbaren. Solcherart können im Streitjahr getätigte Zahlungen nicht als durch eine steuerlich relevante Betätigung veranlasst angesehen werden. Schon deshalb stellen sie im Streitjahr keine Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988 dar. (…)

In jenen Veranlagungszeiträumen, in denen der Steuertatbestand nach § 29 Z 1 EStG 1988 durch die Rente erfüllt sein wird, weil der kapitalisierte Wert der Rentenverpflichtung überschritten wird, müssen daher positive Einkünfte iSd. § 29 Z 1 EStG 1988 frühestmöglich mit Ausgaben aus früheren Jahren verrechnet werden, die in diesen Vorjahren (nur) deshalb nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden konnten, weil der Zusammenhang mit der steuerlich relevanten Betätigung seinerzeit noch nicht erweislich war (vgl. sinngemäß zu Wartetastenverlust bei Liebhaberei aus Vermietung das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0194). Solche aus rechtlichen Gründen in Vorjahren nicht berücksichtigbare Ausgaben sind also in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen gegen die mit ihnen (was sich nachträglich erweist) in einem Veranlassungszusammenhang stehenden positiven Einkünften iSd. § 29 Z 1 EStG 1988 (frühestmöglich) zu verrechnen, was in jenen Veranlagungszeiträumen die Einkünfte aus dieser Einkunftsquelle sodann jeweils maximal bis zum Betrag von Null mindert. Positive Einkünfte aus dieser Einkunftsquelle sind solcherart erst dann im Einkommen des Steuerpflichtigen zu erfassen, wenn diese Verrechnung erfolgt ist. (…)"

Dieses Erkenntnis betraf das Jahr 2002 und somit die Rechtslage vor den Änderungen des § 29 Z 1 EStG 1988 durch das BudBG 2003. Nach der "alten" Rechtslage vor BudBG 2003 war die gänzliche oder teilweise Abfindung einer Gegenleistungsrente iSd. § 29 Z 1 EStG nicht steuerpflichtig. Vor dem Hintergrund der damals geltenden Rechtslage wäre eine steuerfreie Rentenabfindung jederzeit möglich gewesen. Zudem hatte der Abgabepflichtige im dortigen Fall von der Optionsmöglichkeit des § 124b Z 82 EStG 1988 Gebrauch gemacht. Daher ist der VwGH im Erkenntnis 2010/15/0141 letztlich von einer relevanten Unsicherheit über die in der Zukunft liegende mögliche Steuerpflicht nach § 29 Z 1 EStG 1988 ausgegangen (s. auch zB ).

Mit dem BudBG 2003 wurden ab der Veranlagung 2004 auch Abfindungen von Rentenansprüchen in das Steuerregime des § 29 Z 1 EStG 1988 einbezogen. Die ebenfalls mit dem BudBG 2003 eingeführte Option nach § 124b Z 82 EStG 1988, die bis spätestens ausgeübt werden konnte, ermöglichte es dem Steuerpflichtigen jedoch, auch noch ab dem Jahr 2004 vereinbarte Abfindungen einer Rente aus einem vor dem entstandenen Rentenstammrecht - wie dies der vor dem BudBG 2003 geltenden Rechtslage entsprach - steuerfrei zu beziehen (; ErlRV zum BudBG 2003, 59 BlgNR XXII. GP, 267; siehe auch Kanduth-Kristen in Jakom, EStG14 § 29 Tz 36).

Im Erkenntnis vom , Ra 2016/13/0055, kam der VwGH zu dem Ergebnis, dass im zugrunde liegenden Fall ein Werbungskostenabzug (noch) nicht möglich war, da in einer ex-ante-Betrachtung noch nicht absehbar gewesen sei, ob der Einkünftetatbestand des § 29 Z 1 EStG jemals erfüllt sein werde: Auch wenn im do. Fall eine werbungskostenschädliche Rentenablöse durch den Versicherer ausgeschlossen war, so hätte der Bezugsberechtigte seinen laufenden Rentenanspruch um einen marktüblichen Rückkaufswert gegen Entgelt an einen Dritten steuerfrei abtreten können.

Nichts Anderes kann letztlich für den hier vorliegenden Beschwerdefall gelten:

Eine Steuerpflicht der Rentenzahlungen war in den Streitjahren noch nicht gegeben.

Der Bf. hat von der Optionsmöglichkeit des § 124b Z 82 EStG 1988 Gebrauch gemacht. Damit hat er sich die Möglichkeit einer steuerfreien Rentenabfindung nach alter Rechtslage offen gehalten, denn eine (steuerfreie) Abtretung des laufenden Rentenanspruches gegen Entgelt an einen Dritten wäre in jedem Falle möglich gewesen.

Damit liegt aber auch ohne Zweifel eine relevante Unsicherheit über den allfälligen Eintritt einer zukünftigen Steuerpflicht nach § 29 Z 1 EStG 1988 vor.

Nach Ansicht des BFG trifft es im Übrigen auch nicht zu, dass - wie in der Beschwerde vorgebracht - eine Ablöse des Versicherungsanspruches zwischen den Parteien ausdrücklich (und quasi unwiderruflich und damit endgültig) "ausgeschlossen" worden sei. Aus den bezüglichen Versicherungsbedingungen bzw. Tarifbestimmungen (s. oben) geht lediglich hervor, dass eine (einseitige) Kündigungsmöglichkeit durch den Bf. nicht vorgesehen ist. Ein vom Bezugsberechtigten "nicht kündbarer" Versicherungsvertrag lag allerdings auch dem VwGH-Erkenntnis Ra 2016/13/0055 zugrunde.

Ein hinreichend erwiesener Veranlassungszusammenhang der strittigen Ausgaben mit zukünftigen positiven Einkünften iSd. § 29 Z 1 EStG ist daher in den Streitjahren 2010 bis 2012 noch nicht gegeben.

Wenn der Bf. schließlich auf eine vom BMF im Einkommensteuerprotokoll vom sowie in einem Erlass vom geäußerte Rechtsansicht verweist und sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben beruft, so ist festzuhalten:

Die Anwendung von Treu und Glauben setzt einen gewissen Vollzugsspielraum der Abgabenbehörde voraus. Der Grundsatz von Treu und Glauben kann insbesondere bei Ermessensentscheidungen sowie bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe zur Anwendung kommen (zB Ritz, BAO 6. Auflage, § 114 Tz 8f., und die dort angeführte Judikatur).

Laut VwGH ist idR. das Vertrauen in die Richtigkeit von Erlässen des BMF nicht geschützt; nur das Vertrauen in Auskünfte, die im Einzelfall erteilt werden, kann - unter bestimmten Voraussetzungen - geschützt sein (Ritz, aaO, § 114 Tz 10, mwN).

Die Behörde ist verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen; das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit ist nicht geschützt (Ritz, aaO, § 114 Tz 9, mwN).

Das (fremdfinanzierte) Rentenversicherungsmodell (bzw. die Abzugsfähigkeit von "Vorwerbungskosten") wurde vom VwGH erstmals im oben bereits zitierten Erkenntnis vom , 2010/15/0141, einer Prüfung unterzogen. Das Finanzamt folgte der in diesem Erkenntnis geäußerten Rechtsauffassung des VwGH (s. dazu näher oben) und versagte den vom Bf. geltend gemachten Aufwendungen in den Streitjahren die steuerliche Anerkennung.

Das BFG bezweifelt nicht, dass der Bf. die strittigen Aufwendungen im Vertrauen auf die vom Bf. ins Treffen geführten Erlässe geltend gemacht hat. Diese stellen jedoch keine allgemein verbindlichen - und damit keine das BFG bindenden - Rechtsgrundlagen dar. Es liegt auch keine im Einzelfall erteilte Rechtsauskunft vor.

Der Bf. ist - soweit aus den Bescheiden der Vorjahre erkennbar - mehrere Jahre lang in den Genuss einer unrichtigen steuerlichen Beurteilung des Rentenversicherungsmodells (durch das BMF) gekommen, wodurch Aufwendungen verfrüht als Werbungskosten steuermindernd anerkannt wurden.

Auf Grund der nunmehrigen (oben zitierten) Rechtsprechung des VwGH war das Finanzamt aber jedenfalls gehalten, von der in den BMF-Erlässen geäußerten Ansicht abzugehen (s. dazu zB auch , ebenfalls Rentenversicherungen betreffend).

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war daher spruchgemäß zu entscheiden.


Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich das BFG im Beschwerdefall auf die oben zitierte Rechtsprechung stützen konnte, lag eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor und war die Revision nicht zuzulassen.

Graz, am

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