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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2022, RV/7105549/2019

Haftung, Deckungsrechnungen, Baugewerbe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***R1***, den Richter***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***L1*** und ***L2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Dr. Damir Hajnovic, Gonzagagasse 3 Tür 1c, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheide des ehemaligen Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO, Steuernummer 04-***xxx/xxxx***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers, der Amtsvertreter ***AV1*** und ***AV2*** sowie der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf folgende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 316.518,46 (anstatt bisher € 316.640,96) eingeschränkt:


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Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Lohnsteuer
2009
16.388,91
Dienstgeberbeitrag
2009
4.916,67
Zuschlag zum DB
2009
437,04
Lohnsteuer
2010
63.997,73
Dienstgeberbeitrag
2010
19.199,32
Zuschlag zum DB
2010
1.706,61
Lohnsteuer
2011
32.678,56
Dienstgeberbeitrag
2011
9.803,57
Zuschlag zum DB
2011
871,43
Lohnsteuer
2012
1.011,95
Lohnsteuer
2013
178,45
Dienstgeberbeitrag
2013
76,89
Zuschlag zum DB
2013
6,83
Kapitalertragsteuer
2009
2.030,04
Kapitalertragsteuer
2010
107.075,64
Kapitalertragsteuer
2011
56.008,27
Dienstgeberbeitrag
12/13
119,89
Zuschlag zum DB
12/13
10,66
Haftungssumme
316.518,46

Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom des ehemaligen Finanzamtes Wien 4/5/10 (nunmehr Finanzamt Österreich) wurde ***Bf1*** (in der Folge Bf. genannt) als Haftungspflichtiger gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma ***X1*** GmbH im Ausmaß von € 316.640,96 in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Die Haftung wurde hinsichtlich folgender Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Höhe in Euro
Grundlage
Lohnsteuer
2009
16.388,91
Bescheid vom
Dienstgeberbeitrag
2009
4.916,67
Bescheid vom
Zuschlag zum DB
2009
437,04
Bescheid vom
Lohnsteuer
2010
63.997,73
Bescheid vom
Dienstgeberbeitrag
2010
19.199,32
Bescheid vom
Zuschlag zum DB
2010
1.706,61
Bescheid vom
Lohnsteuer
2011
32.678,56
Bescheid vom
Dienstgeberbeitrag
2011
9.803,57
Bescheid vom
Zuschlag zum DB
2011
871,43
Bescheid vom
Lohnsteuer
2012
1.011,95
Bescheid vom
Lohnsteuer
2013
178,45
Bescheid vom
Dienstgeberbeitrag
2013
76,89
Bescheid vom
Zuschlag zum DB
2013
6,83
Bescheid vom
Kapitalertragsteuer
2009
2.030,04
Bescheid vom
Kapitalertragsteuer
2010
107.075,64
Bescheid vom
Kapitalertragsteuer
2011
56.008,27
Bescheid vom
Dienstgeberbeitrag
12/13
119,89
Meldung
Dienstgeberbeitrag
01/14
112,50
Meldung
Zuschlag zum DB
12/13
10,66
Meldung
Zuschlag zum DB
01/14
10,00
Meldung
Haftungssumme
316.640,96

Zur Begründung wurde nach Zitierung der Rechtsgrundlagen ausgeführt, dass der Bf. bis ***Datum1*** handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***X1*** GesmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen gewesen sei. Er sei somit auch verpflichtet gewesen, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers sei, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden dürfe (, 0038). Demnach hafte der Geschäftsführer für die nichtentrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er die Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe, als andere Verbindlichkeiten.

Hinsichtlich der Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral seien, sei es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht Sorge habe tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben rechtzeitig entrichtet habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. In der Regel werde nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermögliche. Außerdem treffe den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO) die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg. cit) wie den Abgabepflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen habe. Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer habe daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem habe er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt habe (vgl. , und ). Da der Bf. seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sei und die Abgaben bei der o.a. Gesellschaft uneinbringlich seien, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Die Schuldhaftigkeit sei damit zu begründen, dass durch das pflichtwidrige Verhalten des Bf. als Vertreter der Gesellschaft die Uneinbringlichkeit eingetreten sei. Weiters sei er seiner Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun, nicht nachgekommen.

Die Vermögenslosigkeit der Firma ***X1*** GesmbH sei daraus ersichtlich, dass das Konkursverfahren laut Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum2***(***xxxx***) nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden sei.

Durch das abgeschlossene Konkursverfahren sei der Abgabenrückstand bei der Firma uneinbringlich geworden.

Auf die beiliegenden Grundlagenbescheide werde verwiesen.

*****

Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom eingebrachte Beschwerde mit folgendem Inhalt:

"In außen bezeichneter Rechtssache gibt der Beschwerdeführer bekannt, dass er Herrn Rechtsanwalt, MMag. Dr. Damir Hajnovic, Gonzagagasse 3/1c, 1010 Wien mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt hat und wird ersucht sämtliche Entscheidungen und Verfügungen künftig dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers zuzustellen.

Der Beschwerdeführer erhebt gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom , dem Beschwerdeführer zugestellt am , zu Abgabenkontonummer 04 - ***xxx/xxxx***, binnen offener Frist nachstehende

BESCHWERDE

und führt hiezu aus wie folgt:

Der Beschwerdeführer wird aus nicht nachvollziehbaren Gründen mit dem angefochtenen Haftungsbescheid vom zu Abgabenkontonummer 04 - ***xxx/xxxx*** hinsichtlich nachstehender angeblicher Abgabenschuldigkeiten in Anspruch genommen und aufgefordert, einen Betrag in Höhe von € 316.640,96 binnen eines Monats ab Zustellung des Bescheides zu entrichten.

Die Begründung des Finanzamtes Wien 4/5/10 ist für den Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar da sich diese im Wesentlichen auf Stehsätze beschränkt, wobei in erster Linie auf gesetzliche Bestimmungen verwiesen wird. Außerdem ist nicht nachvollziehbar, wie das Finanzamt Wien 4/5/10 in der Begründung des Haftungsbescheides zum Ergebnis kommt, dass es unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer bis ***Datum1*** handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***X1*** gewesen sei. In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass seit ***Datum3*** Herr ***S***, geb. ***Datum4*** die ***X1*** GesmbH als handelsrechtlicher Geschäftsführer vertreten hat.

Beweis: offenes Firmenbuch

Weiters wird festgehalten, dass das Finanzamt Wien 4/5/10 in seiner Begründung aus nicht nachvollziehbaren Gründen ausführt, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun nicht nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer hat während seiner Zeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***X1*** GesmbH einen Steuerberater beschäftigt hat. Dieser hatte die Aufgabe die Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge, etc. ordnungsgemäß zu berechnen und hat der Beschwerdeführer entsprechend der Unterlagen seines Steuerberaters auch sämtliche Zahlungen an das Finanzamt ordnungsgemäß geleistet. Im Haftungsbescheid zur Abgabenkontonummer 04 - ***xxx/xxxx*** vom bezieht sich das Finanzamt Wien 4/5/10 auf Bescheide vom beziehungsweise .

Der Beschwerdeführer erhebt hiermit auch gegen die Bescheide vom hinsichtlich der Kapitalertragssteuer 2009, 2010, 2011 unter einem

BESCHWERDE

[…]

(Anm. BFG: Diese Ausführungen werden mangels Entscheidungsrelevanz nicht wiedergegeben.)

Festgehalten wird weiters, dass der Beschwerdeführer die Bescheide hinsichtlich der Lohnsteuer 2009, Dienstgeberbeitrag 2009, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2009, Lohnsteuer 2010, Dienstgeberbeitrag 2010, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2010, Lohnsteuer 2011, Dienstgeberbeitrag 2011, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011, Lohnsteuer 2012, Lohnsteuer 2013, Dienstgeberbeitrag 2013, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 vom nie erhalten und er erstmals mit dem Haftungsbescheid vom davon Kenntnis erlangt hat.

Daher erhebt der Beschwerdeführer auch gegen die Bescheide vom hinsichtlich Lohnsteuer 2009, Dienstgeberbeitrag 2009, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2009, Lohnsteuer 2010, Dienstgeberbeitrag 2010, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2010, Lohnsteuer 2011, Dienstgeberbeitrag 2011, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011, Lohnsteuer 2012, Lohnsteuer 2013, Dienstgeberbeitrag 2013, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 vom unter einem

BESCHWERDE

(Anm BFG: Diese Ausführungen werden mangels Entscheidungsrelevanz nicht wiedergegeben.)

Schließlich erhebt der Beschwerdeführer auch Beschwerde gegen den im Haftungsbescheid vom ausgewiesenen Dienstgeberbeitrag 12/13, Dienstgeberbeitrag 01/14, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/13, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/14, welche ihre Grundlage in Meldungen haben sollen, die im Haftungsbescheid vom nicht einmal datiert sind. Da dem Beschwerdeführer auch diese Meldungen nicht zugestellt wurden, liegt eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Dass das Finanzamt 4/5/10 einen Haftungsbescheid mit erlässt, ohne dem Beschwerdeführer sämtliche Bescheide und Unterlagen zu übermitteln, die Grundlage, für den Haftungsbescheid darstellen sollen, ist nicht nachvollziehbar und stellt Willkür dar.

Aus allen oben genannten Gründen wird gestellt der

Antrag

Den Haftungsbescheid vom zur Abgabenkontonummer 04-***xxx/xxxx*** ersatzlos aufzuheben.

in eventu im Falle der Vorlage an die Beschwerdebehörde II. Instanz eine mündliche Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat anzuberaumen."

*****

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde betreffend Haftung für den Dienstgeberbeitrag 1/2014 in Höhe von € 112,50 sowie den Zuschlag zum DB 1/2014 in Höhe von € 10,00 statt und schränkte die Haftung somit auf € 316.518,46 anstatt bisher € 316.640,96 ein.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Der Bf. wurde mit Haftungsbescheid vom , zugestellt am , als Haftungspflichtiger gem. § 9 iVm. §§ 80 ff BAO für im Bescheid bestimmt ausgewiesene Abgabenschuldigkeiten der Firma ***X1*** GesmbH, FN ***1***, in Anspruch genommen.

Gegen diesen Haftungsbescheid erhob der Bf. fristgerecht mit Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die Begründung des Bescheides nicht nachvollziehbar sei.

Zum einen sei er entgegen der entsprechenden Feststellung nicht bis ***Datum1*** handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***X1*** gewesen. Seit ***Datum3*** habe nämlich ***S*** die ***X1*** als handelsrechtlicher Geschäftsführer vertreten.

Zum anderen sei die Begründung, der Bf. sei seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzutun nicht nachvollziehbar. Der Bf. habe während seiner Zeit als Geschäftsführer einen Steuerberater beschäftigt, welcher die Aufgabe gehabt habe, Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge etc. ordnungsgemäß zu berechnen. Der Bf. habe entsprechend der Unterlagen dieses Steuerberaters sämtliche Zahlungen ordnungsgemäß geleistet.

Der Umstand, dass im bekämpften Haftungsbescheid das Datum der (deklarativen) Eintragung der Löschung der Vertreterstellung des Bf. im Firmenbuch mit ***Datum1*** und nicht jenes des (konstitutiven) Abberufungsbeschlusses der Gesellschaft vom ***Datum3*** angeführt ist (letztlich eine Abweichung im Ausmaß von 3 Tagen), führt zu keiner Rechtswidrigkeit des Bescheides.

Als Geschäftsführer der ***X1*** im Zeitraum ***Datum5*** (Bestellung als Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag) bis ***Datum3*** (Abberufungsbeschluss der Gesellschaft) oblag dem Bf. gem. § 18 GmbHG die Vertretung der GmbH und die Entrichtung der in diesem Zeitraum fälligen Abgabenschuldigkeiten.

Da jedoch die im Haftungsbescheid angeführten Abgaben betreffend Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 01/2014 iHv. € 112,50, sowie der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 01/2014 iHv. € 10,00 gem. § 43 Abs 1 FLAG erst mit dem 15. des Folgemonats fällig wurden, sohin am und damit nach Beendigung der Geschäftsführerstellung des Bf., waren diese aus dem Haftungsumfang auszuscheiden. Die übrigen im Haftungsbescheid angeführten Abgabenschuldigkeiten fallen in den Zeitraum der handelsrechtlichen Geschäftsführerschaft des Bf.

Als Geschäftsführer einer GmbH vermag sich der Bf. nicht mit der Begründung von seinen abgaberechtlichen Pflichten zu exkulpieren, einen Steuerberater beauftragt zu haben, wenn er seinen zumutbaren Informations- und Überwachungspflichten nicht nachkommt. Die Behauptung der völligen Unkenntnis in buchhalterischen und steuerrechtlichen Belangen kann den Geschäftsführer einer GmbH nicht von der Einhaltung der abgabenrechtlichen Pflichten befreien. Der Geschäftsführer einer GmbH hat dafür einzustehen, dass er über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt um seinen Pflichten ordnungsgemäß nachzukommen - wer weiß, dazu nicht in der Lage zu sein und dessen ungeachtet die Funktion eines Geschäftsführers übernimmt, der handelt schon deswegen schuldhaft, weil ihm bewusst sein muss, dass er der gesetzlichen Sorgfaltspflicht des § 25 Abs 1 GmbHG nicht entsprechen kann. Die Behauptung des Bf. einen Steuerberater beauftragt zu haben reicht somit für sich genommen nicht, um ein Verschulden des Bf. auszuschließen.

Entscheidungswesentliche Gründe, die den Bf. von der Einhaltung seiner abgabenrechtlichen Pflichten entschuldigen hätten können, wurden nicht vorgebracht.

Im Übrigen wird zum bekämpften Haftungsbescheid festgehalten, dass darin die gesetzlichen Voraussetzungen einer Haftung nach § 9 iVm. § 80 BAO ausführlich dargestellt werden und die wesentlichen Sachverhaltselement festgestellt werden. Die Vertreterstellung des Bf. wird ebenso festgestellt, wie die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten bei der ***X1*** (infolge des abgeschlossenen Konkursverfahrens) und die Kausalität der Pflichtverletzungen des Bf. für diese Uneinbringlichkeit. Eingehend wird auch auf den Umstand eingegangen, dass es Sache des Geschäftsführers ist, darzulegen, warum er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen. Nach ständiger Rechtsprechung hat nämlich der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (zB ). Der Bf. hat keine erheblichen Gründe dargetan, die ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten verunmöglicht hätten. Ebenso wenig hat er im Rahmen der Beschwerde dargetan, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat.

Zu der Abgabenschuld betreffend Kapitalertragssteuer für das Jahr 2009 und dem Umstand, dass im bekämpften Haftungsbescheid nur mehr ein Betrag iHv. € 2.030,04 und nicht mehr € 26.564,92 (wie im Bescheid vom ) ausgewiesen ist wird schließlich festgehalten, dass erstgenannter Betrag jener Betrag ist, der sich noch in Rückstand befindet. Die Differenz wurde zwischenzeitlich durch diverse Buchungen (etwa Gutschriften aus Umsatzsteuervoranmeldungen und Körperschaftsteuer) verbucht.

Die Beschwerdevorentscheidung zu den bekämpften Sachbescheiden ergeht gesondert."

****

Dagegen beantragte der Bf. durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht ohne seine bisherige Begründung zu ergänzen.

******

Mit Vorlagebericht vom legte das ehemalige Finanzamt Wien 4/5/10 die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte zur Stellungnahme aus:

"Auf die Begründungen des angefochtenen Bescheides und der Beschwerdevorentscheidung wird grundsätzlich verwiesen.

Folgendes ist hinzuzufügen:

Aus der Aktenlage (Hochgeladene Datei des Haftungsbescheides) muss geschlossen werden, dass der GPLA-Prüfungsbericht vom über Lohnabgaben des Zeitraumes bis ***Datum6*** nicht mit dem Haftungsbescheid mitgesendet wurde.

Dass hierdurch ein nicht sanierbarer Verfahrensmangel im Sinne des VwGH-Erkenntnisses 2005/13/0145 besteht, wird von der Abgabenbehörde jedoch aus den folgenden Gründen bezweifelt:

- Zugleich mit der Beschwerde gegen den gegenständlichen Haftungsbescheid wurden auch gegen die Grundlagenbescheide fristgerechte Beschwerden eingebracht. Durch das Fehlen des Prüfungsberichts wurde durch den Beschwerdeführer also keine Frist versäumt.

- Da die Beschwerden gegen die Grundlagenbescheide erst nach Beendigung des Haftungsverfahrens erledigt werden können, können durch Nachreichungen diese Beschwerden bis dahin durch den Beschwerdeführer erweitert werden.

- Dies gilt auch für den gegenständlichen Vorlageantrag, da durch die Nachreichung (s. unten) der Beschwerdeführer für den unwahrscheinlichen Fall, dass sich aus diesem Prüfbericht Argumente gegen die Haftungsinanspruchnahme finden lassen, die Möglichkeit besteht, diese bis zur Entscheidung durch das BFG einzubringen.

- Die Bescheide über die Festsetzung der Lohnabgaben 2009 bis 2013 wurden dem Haftungsbescheid beigelegt.

- Die Abgabenbehörde hat nun den Teil der Beschwerdebegründung, welcher sich auf den fehlenden Prüfbericht bezieht, als Antrag auf Mitteilung des nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruchs nach § 248 BAO gewertet und den Prüfbericht nachgereicht.

Die Abgabenbehörde beantragt, des BFG möge über die vorliegende Beschwerde abweisend erkennen."

****

In der am durchgeführten mündlichen Senatsverhandlung gab der Vetreter des Bf. bekannt, dass er kein weiteres ergänzendes Vorbringen zur eingereichten Beschwerde erstatte.

Der Bf. sei 2019 strafgerichtlich verurteilt worden. Er sei schon längere Zeit nicht mehr in Österreich aufhältig und der Vertreter habe auch keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt. Das Vollmachtsverhältnis sei jedoch aufrecht, es sei von Seite des Bf. niemals beendet worden.

Die Vorsitzende gab bekannt, dass am heutigen Tag eine Vorstrafenabfrage gemacht worden sei.

Es gebe keine finanzstrafrechtliche Entscheidung zu den haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten, jedoch sei eine gerichtliche Verurteilung wegen falscher Zeugenaussage vom , eine gerichtliche Verurteilung vom wegen Sozialversicherungsbetrug und letztlich eine Verurteilung vom wegen gewerbsmäßigen Suchmittelhandels sowie eines Verstoßes gegen das Waffengesetz mit einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren gefunden worden. Aus dieser Auskunft gehe auch hervor, dass der Bf. am aus der Haftanstalt entlassen worden sei.

Der Vertreter führte dazu aus, dass sich der Bf. jedoch bei ihm schon sehr lange nicht mehr gemeldet habe und verwies auf ein Einreiseverbot, welches sich aus einer Entscheidung des -5 ergebe.

Auf Vorhalt der Vorsitzenden, dass es verfahrensgegenständlich um eine abgabenbehördliche Prüfung gehe, in deren Rahmen Rechnungen von Subunternehmen nicht anerkannt worden seien und die Behörde davon ausgehe, dass jeweils die Hälfte der Rechnungssumme an den Bf. geflossen sei, wobei dieser keine Kapitalertragsteuer abgeführt habe, sowie die Hälfe der in den Rechnungen ausgewiesen Beträge für die Bezahlung von Schwarzarbeitern verwendet worden sei, beantragte der Vertreter die Einvernahme des Buchhalters der Primärschuldnerin. Er müsse die gegenständlichen Rechnungen zur Verarbeitung bekommen haben. Die Abgabennachforderungen beruhten lediglich auf Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen, deren Richtigkeit in diesem Verfahren zu prüfen sein werde.

Die Vorsitzende entgegnete, dass im Zusammenhang mit der Beschwerde gegen die Haftungsinanspruchnahme auch eine Beschwerde gegen die Grundlagenbescheide nach der abgabenbehördlichen Prüfung erhoben worden sei. Die Richtigkeit der Abgabenbescheide sei nicht im Haftungsverfahren zu prüfen, sondern erst für den Fall einer rechtskräftigen Haftungsinanspruchnahme in einem danach zur Beschwerde nach § 248 BAO gesondert zu führenden Verfahren.

In einem Haftungsverfahren sei von der Richtigkeit der in den zu Grunde liegenden Bescheiden getroffenen Annahmen auszugehen.

Der Amtsbeauftragte verwies ergänzend darauf, dass die Abgabenbescheide im Rahmen der Haftungsinanspruchnahme übermittelt worden seien. Die Nachreichung des Prüfungsberichtes sei als zulässige Ergänzung der Begründung zu werten. Die Einvernahme des Buchhalters ***A*** werde in diesem Zusammenhang für entbehrlich gehalten.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Vorliegen einer Abgabenschuld

Die haftungsgegenständlichen Abgaben beruhen mit Ausnahme der Lohnabgaben 12/2013 auf bescheidmäßigen Festsetzungen.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten (vgl. , mwN; , 2009/16/0226, VwSlg 8541 F/2010). Die Verschuldensprüfung hat dabei von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (vgl. ).

Gemäß § 248 BAO kann der Haftungspflichtige nicht nur gegen seine Heranziehung zur Haftung, sondern innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch eine Bescheidbeschwerde einbringen.

Durch § 248 BAO ist dem Haftenden auch ein Rechtszug gegen die an die GmbH ergangenen Grundlagenbescheide eingeräumt.

Bringt der Haftungspflichtige gemäß § 248 BAO gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Berufung (Beschwerde) ein, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt (vgl. , mwN; , 2011/16/0070; , 2012/16/0049).

Das Bundesfinanzgericht teilt die Rechtsansicht, dass der Umstand, dass der Prüfungsbericht vom dem Haftungsbescheid nicht beigelegt wurde, keine Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides bewirkt, da Grundlagenbescheide dem Bf. übermittelt wurden und er damit in die Lage versetzt wurde, die Grundlagenbescheide anzufechten. Von dieser Möglichkeit hat der Bf. auch Gebrauch gemacht.

Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht übermittelten Abgabenanspruches, so gilt gemäß § 258 letzter Satz § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

Dem Bf. wurde der Bericht am nachgereicht und somit der Mangel saniert. Der Bf. wurde somit in die Lage versetzt, seine Beschwerden sowohl gegen die Grundlagenbescheide als auch gegen den hier gegenständlichen Haftungsbescheid zu ergänzen.

Eine Heranziehung des Geschäftsführers zur Haftung für Abgabenrückstände ist auch dann zulässig, wenn Bescheide, die die Grundlage für den Haftungsbescheid bilden, noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind ().

Die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten haften in der im Haftungsbescheid angeführten Höhe am Abgabenkonto der Primärschuldnerin unberichtigt aus.

Die Lohnabgaben 12/2013 wurden nicht bescheidmäßig festgesetzt, sondern beruhen auf einer Meldung der Primärschuldnerin vom . Somit erfolgte die Meldung zu einem Zeitpunkt, zu dem der Bf. noch als Geschäftsführer der Gesellschaft fungierte. Die Bemessungsgrundlagen können daher nur dem Bf. als verantwortlichen Geschäftsführer, nicht jedoch dem Finanzamt bekannt sein, weshalb kein Verfahrensfehler vorliegt. Konkrete Vorbringen zu den Lohnabgaben 12/2013 wurden nicht dargetan, so dass von der Richtigkeit der erfolgten Meldung auszugehen ist.

Uneinbringlichkeit

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum6*** wurde über das Vermögen der Firma ***X1*** GesmbH der Konkurs eröffnet, der mit Beschluss vom ***Datum2*** nach erfolgter Schlussverteilung aufgehoben wurde. In der Folge wurde die Firma per ***Datum7*** gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.

Die haftungsgegenständlichen Abgaben sind daher bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Vertreterstellung

Gemäß der vorliegenden Firmenbuchabfrage und vom Bf. unbestritten fungierte er ab ***Datum8*** als Geschäftsführer der GmbH.

Mit Gesellschafterbeschluss vom ***Datum3*** wurde der Bf. mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen und ihm für seine Tätigkeit die Entlastung erteilt.

Damit endete die Funktion des Bf. als Geschäftsführer der GmbH. Der Eintragung im Firmenbuch kommt nur deklarative Wirkung zu (vgl. die , und vom , 91/15/0063).

Die Einwendung des Bf. ist daher insoweit berechtigt, jedoch zählt der Bf. damit zu dem in § 80 Abs. 1 BAO genannten Personenkreis und kann daher - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden.

Schuldhafte Pflichtverletzung für die im Zeitraum ***Datum8*** bis ***Datum3*** fällig gewordenen Abgabenschuldigkeiten

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Im Haftungsverfahren ist es Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtungen aus den Mittel der Gesellschaft Sorge zu tragen, so hat die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war.

Das Bundesfinanzgericht teilt die in der Beschwerdevorentscheidung vertretene Ansicht, dass der Beschwerde hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages 1/2014 in Höhe von € 112,50, sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag 1/2014 in Höhe von € 10,00 stattzugeben ist, da diese Abgabenschuldigkeiten am fällig wurden, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Bf. nicht mehr als Geschäftsführer fungierte.

Im Hinblick auf die Bindungswirkung an die dem Haftungsbescheid vorangegangenen Abgabenfestsetzungsbescheide ist dieser Entscheidung der in der Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO und Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom (auf den in den Abgabenfestsetzungsbescheiden verwiesen wird) festgestellte Sachverhalt zu Grunde zu legen:

"Tz 1:

[…] Das geprüfte Unternehmen, die. Firma ***X1*** GmbH ist als Eisenbieger in der Baubranche tätig. 100%iger Gesellschafter/Geschäftsführer ist Herr ***Bf1***, geboren am ***Datum9***.

Während des gesamten Prüfungszeitraumes wurden laufend Besprechungen zwischen der Betriebsprüfung und der steuerlichen Vertretung einerseits und auch mit dem 100%igen Gesellschafter/Geschäftsführer andererseits geführt.

Die Frist zur Beantwortung der Fragenvorhalte wurde laufend mündlich verlängert, da fehlende Grundaufzeichnungen nicht vorgelegt wurden und der Fortbestand des Unternehmens vom Ausgang der Betriebsprüfung letztendlich abhängig ist. [..]

Tz 2 Verdeckte Ausschüttungen

Durch das geprüfte Unternehmen wurden in den Jahren 2009, 2010 und 2011

Fremdleistungen wie folgt geltend gemacht: -

2009 € 212.519,38
2010 € 853.303,12
2011 € 435.714,15

Im Nachfolgenden wird aufgezeigt, dass unter anderem mangels Vorliegens von Grundaufzeichnungen, anhand der der Nachweis der Lieferung und Leistung zu führen war, Leistungen nur in 2 Fällen von weit über 100 Fällen als durch das geprüfte Unternehmen erbracht angesehen werden können.

Aus durchgeführten Erhebungen und weiteren, unten angeführten Sachverhalten geht hervor, dass es sich bei den "Subfirmen" sämtlich um "Unternehmen" handelt, die als "Betrugsfirmen" lediglich "Scheinrechnungen" erstellten. Über sämtliche Firmen wurde, bis auf eine Firma "nach Beendigung der Zusammenarbeit" der Konkurs eröffnet.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass mangels Vorliegens der Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Aufwendungen, die geltend gemachten Fremdleistungen durch das Finanzamt nicht berücksichtigt werden können.

Bei den durch das geprüfte Unternehmen geltend gemachten Fremdleistungen handelt es sich daher um "scheinbare Ausgaben", welche als verdeckte Ausschüttung eine Vorteilsgewährung an den Gesellschafter darstellen. Diese Vorteilsgewährung ist bei der Ermittlung des Einkommens der Gesellschaft wieder zu neutralisieren und folglich daher außerbilanziell dem "bisherigen Erfolg" hinzuzurechnen.

Bei der Ermittlung der verdeckten Ausschüttung wird durch die Betriebsprüfung ein geschätzter Lohnaufwand in Höhe von 50% der nicht anerkannten Fremdleistungen berücksichtigt. Diese Schätzungsmethode mit 50% beruht auf Erfahrungswerten der Betriebsprüfung und dem Umstand, dass Arbeitnehmer ohne entsprechende Arbeitsbewilligung und mangels Abfuhr von Lohnabgaben und Sozialabgaben ungleich kostengünstiger beschäftigt werden können.

[…]

Tz 2.1 Lohnaufwand

Die auf die durch die Betriebsprüfung zu berücksichtigenden Lohnaufwendungen anfallenden Lohnabgaben (L, DB,DZ.... ), stellen eine Verbindlichkeit des geprüften Unternehmens dar und werden daher aufwandsmindernd berücksichtigt.

[…]

Tz 2.2: Fremdleistungsunternehmen:

Auflistung der durch die Betriebsprüfung nicht akzeptierten Fremdleister.

2009

***X2*** GmbH:

Am ***Datum10*** Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet, Konkursabweisung mangels Vermögens, ***Datum11*** amtswegige Löschung;

Letztmalige UVA mit 08/2009

Einem Aktenvermerk der Finanzbehörde (mit Bezug auf eine Erhebung) zufolge übte die Firma an der eingetragenen Adresse keine Geschäftstätigkeit aus. Im Rahmen einer weiteren Außenprüfung wurde festgestellt, dass seit Juli 2009 keine Geschäftstätigkeit der genannten Firma mehr stattfand.

Die der Betriebsprüfung vorliegenden Eingangsrechnungen sind mit Dezember 2009 und Januar 2010 datiert, also in einem Zeitraum in dem nachweislich keine Geschäftstätigkelt der Firma ***X2*** stattgefunden hat. […]

So konnten auch Grundaufzeichnungen wie z.B. Arbeitsberichte, Bautagebücher, Stundenaufzeichnungen, Abnahmeprotokolle nicht vorgelegt werden und zufolge "Barzahlungsvermerken auf den Rechnungen" auch kein Geldfluss nachgewiesen werden.

2009

***X3*** GmbH:

Mit ***Datum12*** Eröffnung des Konkurses; amtswegige Löschung ***Datum13***;

Letzte abgegebene UVA: 05/2009

[…]

Im Zuge einer Außenprüfung für den Zeitraum 06-12/2009 konnte durch die Behörde kein Kontakt mit dem Gesellschaftergeschäftsführer Herrn ***L.***, einem ungarischen Staatsbürger kein Kontakt aufgenommen werden. Herr ***L.*** war nur bis zum in Österreich aufrecht gemeldet. Wer nachweislicher Gesprächspartner (als für die Firma ***X3*** auftretend), also die Aufträge besprochen und Vereinbarungen getroffen hat, blieb bisher unklar.

Grundaufzeichnungen wie z.B. Arbeitsberichte, Bautagebücher, etc. zum Nachweis der Durchführung von Leistungen durch die Firma ***X3*** liegen bis dato nicht vor.

***X4*** GmbH:

Eröffnung des Konkurses: ***Datum14***, am ***Datum15*** Umbenennung in ***X4a*** GmbH; amtswegige Löschung ; letzte eingereichte UVA: 04/2009

Laut Bautagesbericht Postamt ***G*** wurde die Leistung von einer Firma ***X5*** erbracht. Bei der Firma ***X5*** erfolgte eine Datenlöschung mit ***Datum16***, das Unternehmen war zumindest seit diesem Datum nicht mehr tätig.

[…]

Für sämtliche in Rechnungen ausgeführten Leistungen wurden zudem bis dato zum Nachweis der Tatsächlichkeit der Erbringung von Leistungen keinerlei Grundaufzeichnungen wie z.B. Arbeitsberichte, Bautagebücher, Abnahmeprotokolle etc. vorgelegt.

Ein entsprechender Nachweis von Geldflüssen durch das geprüfte Unternehmen an die Firma "***X4***" war nicht gegeben (Barzahlungsvermerk auf fast allen Rechnungen).

2009

***X6*** GmbH:

Eröffnung des Konkurses: ***Datum17***; - amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit: ***Datum18***

ER 30 Datum: Leistung: Pauschale; Eisenbiegen; Betrag: € 35.643,55

Leistungszeitraum nicht genau angegeben (August/September2009); Grundaufzeichnungen wie z.B. Arbeitsberichte, Bautagebücher, Stundenaufzeichnungen, Abnahmeprotokolle etc. wurden bis dato keine vorgelegt.

Somit scheint der Nachweis, dass die in Rede stehenden Leistungen auch tatsächlich von der Firma ***X6*** erbracht wurden, nicht erbracht.

Weites wird in einem Berufungschreiben des Masseverwalters der Firma ***X6*** bezüglich Haftungsbescheid für das Jahr 2009 angegeben, dass unter anderem der Geschäftsführer ***GfX6*** während des gesamten Konkursverfahrens unauffindbar war. An der Firmenadresse gab eine Bürocenterleiterin an, dass seit September 2009 keine Post mehr abgeholt wird und somit am Unternehmensstandort das Baugewerbe nicht mehr ausgeübt wird. Bemerkenswert ist, dass, wie im Konkursverfahren angegeben wird, obwohl der Geschäftsführer nicht mehr auffindbar war die Anmeldungen bei der Wiener Gebietskrankenkassa sprunghaft angestiegen sind. Mit September 2009 waren 813 Dienstnehmer (durch die Behörde als gemeldete Scheindienstverhältnisse qualifiziert) angemeldet. Das Unternehmen hat bis dato keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, noch Vorauszahlungen entrichtet. Wegen Nichtabgabe von Jahreserklärungen 2008 und 2009 wurden gemäß § 184 BAO geschätzt.

[…]

2010

***X7*** GmbH:

Am ***Datum19*** erfolgte die Zurückweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens; amtswegige Löschung erfolgte am ***Datum20***; ab 01/2010 Festsetzungen durch das Finanzamt

Betreffend genanntes Unternehmen wurde hinsichtlich Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2009 und 2010 eine Außenprüfung gemäß § 147 (1) BAO durchgeführt. Im Zuge der oben genannten Prüfung wurde die ***X7*** GmbH als "Scheinfirma" beurteilt. In einer am aufgenommenen Niederschrift über die Einvernahme des Geschäftsführers ***I*** gab dieser an, mit der Firma für einen einzigen Auftraggeber, eine Hausverwaltung, zu arbeiten. Den Rechnungen dieser Firma aus der Belegsammlung der Firma ***X1*** GmbH kann daher keine Leistungserbringung zu Grunde liegen und sie sind als "Scheinrechnungen" zu qualifizieren.

Im Zeitraum bis wären laut Anmeldungen bei der Wiener Gebietskrankenkassa 17 Dienstnehmer gemeldet. Davon waren 9 Dienstnehmer nicht länger als 1 Monat angemeldet. Somit ist es nicht möglich Umsätze in Höhe von € 584.101,82 im Jahr 2010 für die Firma ***X1*** GmbH zu erzielen. Sämtliche Eingangsrechnungen der Fa. ***X7*** wurde bar bezahlt. Ein Nachweis des Geldflusses konnte nicht erbracht werden.

[…]

2010

***X8*** GmbH:

***Datum21*** Eröffnung des Konkurses; UVA's nur 05 und 06/2010 eingereicht; 01-11/2011 erfolgten Festsetzungen des Finanzamtes.

Bei der Firma ***X8*** wurde eine Außenprüfung mit Oktober 2011 beendet.

Ausgangsrechnungen der Firma ***X8***. verglichen mit den Ausgangsrechnungen an die Firma ***X1*** im gleichen Zeitraum ergeben ein unterschiedliches Erscheinungsbild. Die Rechnungsnummern passen nicht zu den derzeit bekannten Rechnungsnummern. Als Beispiel wird die Rechnungsnummer 18 vom an die Firma ***X9*** GmbH angeführt. Dieses Erscheinungsbild ist ungleich der bereits vorliegenden Rechnung vom mit der Nummer 23. Während der Betriebsprüfung bei der Firma ***X8*** wurden unter anderem Ausgangsfakturenjournale für die Monate 06/2011 und 07/2011 vorgelegt.

Geschäftsbeziehungen mit dem geprüften Unternehmen scheinen nicht auf. Im Zeitraum bis waren laut Anmeldungen bei der Wiener Gebietskrankenkassa 11 Dienstnehmer gemeldet, welchen Umsätze laut Ausgangsfakturenjournal im Monat 07/2010 in Höhe von € 239.001,38 gegenüberstehen.

Am Beispiel der Eingangsrechnungen 144 und 145 wird dargestellt, dass das Erzielen dieser Umsätze durch das eigene Personal denkunmöglich scheint. Hier werden Regiestunden abgerechnet. Grundaufzeichnungen wurden bis dato keine vorgelegt. In den Abrechnungen mit dem Auftraggeber werden Leistungen für 7-8 Arbeiter pro Tag in Rechnung gestellt. Aus den ausgewerteten Sozialversicherungsabfragen ist ersichtlich, dass aber bei der Fa. ***X8*** nur 4 Personen in diesem Zeitraum angemeldet waren. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Fa. ***X8*** diese Leistungen nicht erbracht hat.

Sämtliche Eingangsrechnungen der Firma ***X8*** werden in Form von Regieleistungen abgerechnet. Grundaufzeichnungen (Arbeitsberichte, Bautagebücher, Stundenaufzeichnungen, Abnahmeprotokolle, etc.) in Zusammenhang mit der Abrechnung zwischen der Firma ***X8*** und dem geprüften Unternehmen wurden bis dato keine vorgelegt. Alle Eingangsrechnungen wiesen einen Barzahlungsvermerk auf. Ein Nachweis, dass die Firma ***X8*** die Leistungen erbracht hat konnte daher insgesamt durch das geprüfte Unternehmen nicht erbracht werden.

[…]

2011

***X10*** GmbH:

Konkurs am ***Datum22*** eröffnet; für 04/2011 wird letztmalig eine UVA abgegeben

Am erlangte das Finanzamt durch ein Schreiben des steuerlichen Vertreters von den Änderungen bei den Eigentümern bzw. bei der Geschäftsführung der ***X10*** GmbH Kenntnis. Bereits am wurde durch die Finanzpolizei eine Begehung des neuen Firmensitzes der Gesellschaft in ***Adresse X10*** durchgeführt. Dabei konnte kein Hinweis auf die Firma ***X10*** GmbH gefunden werden. Auch verfügte der neue Gesellschafter/Geschäftsführer über keinen aufrechten Wohnsitz im Inland. Zu diesem Zeitpunkt war als Geschäftsinhaber (-mieter) die Firma ***X11*** KEG ersichtlich.

Anfang August 2011 gab es eine neuerliche Begehung an der o.a. Adresse durch Organe der Finanzpolizei. Auch zu diesem Zeitpunkt gab es kein Anzeichen dafür, dass die Firma ***X10*** GmbH an dieser Adresse tätig ist (weder Firmenschild noch Briefkasten). Es waren Zettel aufgeklebt, wonach eine Firma ***X12*** GmbH (derzeitiger Hauptmieter des Lokals) aktuell nach Wien 1 übersiedelt ist. Laut Erhebungen der Zollfahndung Wien (deren Angaben nach ist die Firma ***X10*** im organisierten Kaffeeschmuggel tätig) hat die Firma ***X12*** GmbH das Lokal mit Mietvertrag vom teilweise an die Firma ***X10*** untervermietet. Der Geschäftsführer der Firma ***X12*** GmbH gab an nicht zu wissen, welche Tätigkeit die Firma ***X10*** ausübt, noch den neuen Gesellschafter/Geschäftsführer zu kennen. Die Firma ***X12*** war somit nie an diesem Standort tätig. Auch die befragten Dienstnehmer der Firma ***X10*** GmbH wussten nichts vom Firmensitz in ***Adresse X122***. Sie gaben an, Ihre Kontakte mit dem Geschäftsführer immer in den Räumlichkeiten des "Cafe ***T***" in ***Adresse T*** gehabt zu haben. Aufgrund des vorliegenden Kontrollmaterials konnten 12 unterschiedliche Rechnungslayouts im Jahr 2011 festgestellt werden - allein für den Zeitraum 4. bis liegen dem Finanzamt 4 Rechnungen mit unterschiedlichem Erscheinungsbild vor -- ein weiteres Indiz für die Ausfertigung von Scheinrechnungen.

[…]

2011

***X13*** GmbH

Aus einer Niederschrift aufgenommen mit dem Geschäftsführer Herrn ***D*** der oben angeführten Firma vom gibt dieser an:

"Ich kenne eine Firma ***X1*** GmbH nicht. Der Geschäftsführer Herr ***Bf1*** ist mir auch nicht bekannt. Die Firma ***X13*** GmbH ist ausschließlich im Fassadenbau (Malen) tätig. Die Unterschriften auf den Quittungsblöcken sind nicht ident mit meiner Unterschrift. Der Firmenstempel ist ebenfalls nicht ident mit dem Firmenstempel der Firma ***X13*** GmbH".

Laut Betriebsprüfung werden daher alle vorliegenden Eingangsrechnungen der Firma ***X13*** GmbH als "Scheinrechnungen" beurteilt.

[…]

Alle Eingangsrechnungen der Firma ***X13*** enthielten einen Barzahlungsvermerk. Einen Nachweis (Geldfluss, etc.) der Bezahlung durch das geprüfte Unternehmen stellt dieser Vermerk nicht dar.

2011

***X14*** GmbH:

Konkurs am ***Datum23*** eröffnet

Im Rahmen einer durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass ein Unternehmen das Lieferungen und Leistungen ausführt, spätestens ab 02/2011 nicht mehr vorliegt (siehe dazu auch nachfolgende Ausführungen hinsichtlich der "in Rechnung ausgeführten Leistungen").

Nummer ER 141: Datum ; Leistung Eisen verlegen pro KG, Betrag € 3.660,45

Preis pro KG ist viel zu niedrig angesetzt; nicht machbar zu diesem Preis

Nummer ER 143: Datum ; Leistung Eisen verlegen pro KG, Betrag € 2.594,86

Preis pro KG ist viel zu niedrig angesetzt; nicht machbar zu diesem Preis

Nummer ER 145: Datum ; Leistung Eisen verlegen pro KG Betrag € 2.668,31

Preis pro KG ist viel zu niedrig angesetzt; nicht machbar zu diesem Preis

[28 weitere Rechnungen]

2011

***X14*** GmbH:

Konkurs am eröffnet; UVA Festsetzungen 02-12/2010

Für den Zeitraum 02/2010 - 09/2011 fand bei der Firma ***X14*** GmbH eine Umsatzsteuervoranmeldungsprüfung statt. Durch die Betriebsprüfung wurde dazu festgestellt, dass es sich bei der Geschäftsadresse um ein Bürohaus handelt an der eine Postadresse gemietet wurde. Laut Aussage der Vermieterin kommt der Geschäftsführer Herr ***P*** ein Mal im Monat und bezahlt bar die Miete.

Bei den Rechnungsformularen wurden vier verschiedene Rechnungsausführungen mit Angabe von teilweise falschen Angaben (falsche Steuernummer, eine nicht existierende Bankverbindung, Telefonnummern von Wertkartenhandys, etc.) sowie 5 unterschiedliche Firmenstempel verwendet.

Das Bankkonto wurde vom Ges/GF Herrn ***P*** eröffnet. Herr ***P*** war bis zur letzten Abhebung resp. Überweisung am alleine zeichnungsberechtigt, obwohl er seit nicht mehr Geschäftsführer war.

Die Wiener Gebietskrankenkassa hat 21 Dienstnehmer der Firma ***X14*** GmbH vorgeladen. Diese gaben zu Protokoll das Unternehmen nicht zu kennen und nicht zu wissen warum sie dort angemeldet wurden.

Beide oben angeführten Eingangsrechnungen wurden bar bezahlt. Der Geldfluss konnte nicht nachgewiesen werden. Ebenso wenig konnte der Warenfluss nachgewiesen werden.

Die Betriebsprüfung kommt somit zu dem Schluss, dass beide Eingangsrechnungen "Scheinrechnungen" sind.

[…]

Tz 3: Kest-Nachforderung;

Die sich aus den Feststellungen der Betriebsprüfung ergebenden Kapitalertragsteuernachforderungen für die Jahre 2009, 2010 und 2011 betragen € 26.564,92, € 107.075,64 und € 56.008,27."

GPLA-Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom

"Sachverhaltsdarstellung

Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung waren die geltend gemachten Aufwendungen für Fremdleistungen diverser Firmen nicht anzukennen und wie folgt als versteckter Lohnaufwand hinzuzurechnen. Die L wurde pauschal mit 15 % berechnet. […]"

Zur Kapitalertragsteuer

Gemäß § 95 Abs 2 zweiter Satz EStG 1988 ist die Kapitalertragsteuer durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete hat die Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs 4 EStG 1988 im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Bestimmung sieht in Anlehnung an das Lohnsteuerrecht (§ 82 EStG 1988) vor, dass der Abzugsverpflichtete dem Bund für die (richtige) Einbehaltung und die Abfuhr (§ 96 EStG 1988) der KESt haftet. Die Rechtsstellung des Abzugsverpflichteten entspricht dabei grundsätzlich jener des Arbeitgebers im Lohnsteuerrecht (vgl. ).

Obwohl der Beschwerdeführer zwar zur haftungsgegenständlichen Kapitalertragsteuer kein konkretes Vorbringen erstattet, wird zur Verschuldensfrage auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO und den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom verwiesen, der zu entnehmen ist, dass es sich bei den geltend gemachten Fremdleistungen um "scheinbare Ausgaben" handelt, welche als verdeckte Ausschüttung eine Vorteilsgewährung an die Gesellschafter darstellt.

Den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung folgend, liegt die schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers darin, dass er in seinem zeitlichen Verantwortungsbereich als Geschäftsführer der genannten GmbH diese verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen hat, ohne die darauf entfallende Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt zu haben.

Zu den Lohnabgaben:

a) Lohnsteuer

Nach § 78 Abs. 3 EStG 1988 hat der Arbeitgeber in jenen Fällen, in denen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten. Diese Bestimmung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschlaggebend dafür, dass jede vom Vertreter vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflichten mit den Rechtsfolgen des § 9 Abs 1 BAO darstellt. Darauf, dass das Finanzamt bei "ordnungsgemäßer" - fiktiver - Reduktion der Löhne auch nicht "die volle Lohnsteuer" erhalten hätte, kommt es dabei nicht an (vgl. Vgl für viele ; , 2009/15/0127; , 2008/15/0220 und ).

b) Zum Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag

Den Vertreter trifft die Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter die Gleichbehandlungspflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (). Eine Haftung kommt auch für aufgrund einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen entstandene Abgabenschulden in Betracht (vgl. ; ). Gemäß § 43 Abs. 1 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag (sowie der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gemäß § 122 Abs. 8 Wirtschaftskammergesetz) für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten. Durch eine bescheidmäßige Nachforderung wird keine abweichende Fälligkeit begründet.

Hinsichtlich der Feststellungen der Lohnsteuerprüfung besteht im Haftungsbescheidverfahren dahingehend eine Bindung an das Abgabenverfahren, dass davon ausgegangen werden kann, dass Deckungsrechnungen vorliegen und somit Lohnabgaben zu Unrecht nur vermindert gemeldet und entrichtet wurden.

Einem Geschäftsführer ist diesbezüglich zuzumuten, dass er sich einen Überblick dazu verschafft, wie viele Dienstnehmer sein Unternehmen hat und wie die Versteuerung der Löhne der Dienstnehmer erfolgt. Wenn eine Firma Schwarzarbeiter beschäftigt und Deckungsrechnungen ausstellt oder entgegennimmt, so liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung des handelsrechtlichen Geschäftsführers hinsichtlich der Nichteinhaltung seiner abgabenrechtlichen Verpflichtungen vor.

Aufgabe des potenziell Haftungspflichtigen ist es, allfällige vorliegende Gründe aufzuzeigen, dass und aus welchen Gründen ihm ein Verschulden an den Fehlberechnungen (im Zeitpunkt der Auszahlung der Löhne) nicht anzulasten ist oder dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben keine liquiden Mittel mehr vorhanden gewesen seien.

Werden solche Gründe nicht dargetan, kann die Behörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen ().

In seiner Beschwerde trägt der Bf. vor, dass er während seiner Zeit als Geschäftsführer einen Steuerberater beschäftigt gehabt habe. Dieser habe die Aufgabe gehabt, die Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge etc. ordnungsgemäß zu berechnen und der Bf. habe entsprechend der Unterlagen seines Steuerberaters auch sämtliche Zahlungen an das Finanzamt geleistet.

Die Tatsache allein, dass ein in den §§ 80 ff BAO bezeichneter Vertreter die ihm auferlegten Verpflichtungen auf einen Steuerberater überträgt, vermag, wenn dennoch die im § 9 Abs 1 BAO genannten Folgen infolge schuldhafter Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten eintreten, letzteren gemäß der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht zu exkulpieren (vgl. z.B. ).

Die Betrauung eines Steuerberaters mit der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten entbindet zwar den Vertreter einer juristischen Person nicht von seinen Pflichten. Sie kann ihn aber entschuldigen, wenn er im Haftungsverfahren Sachverhalte vorträgt, aus denen sich ableiten lässt, dass der Vertreter dem Steuerberater alle abgabenrechtlich relevanten Sachverhalte vorgetragen und sich von diesem über die (vermeintliche) Rechtsrichtigkeit der eingeschlagenen Vorgangsweise hat informieren lassen, ohne dass zu einem allfälligen Fehler des Steuerberaters hinzutretende oder von einem solchen Fehler unabhängige eigene Fehlhandlungen des Vertreters vorgelegen wären (vgl. , VwSlg. 7637/F; , 2007/13/0047, je mwN).

Bei dem durch die Abgabenbehörde ermittelten Sachverhalt, dass Deckungsrechnungen von 10 angeblichen Subunternehmern ins Rechenwerk aufgenommen wurden und somit die Buchhaltung nicht den tatsächlichen Geschäftsbetrieb darstellen konnte, kann ausgeschlossen werden, dass der Steuerberater über die Geschäftspraktiken durch den Bf. vollständig informiert wurde.

Verweist der Geschäftsführer der GmbH auf die Betrauung betriebsfremder Spezialisten mit der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Erfassung und Abwicklung und macht damit mangelndes Verschulden geltend, hat er es verabsäumt, im Detail darzulegen, welcher konkrete Sachverhalt den Spezialisten mitgeteilt worden wäre und auf welcher Grundlage diese die von der GmbH geschuldeten Lohnabgaben berechnet hätten. Die bloße Übertragung der steuerlichen Belange auf einen Steuerberater schließt nicht jedwedes Verschulden gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 1 BAO aus (ähnlich ).

Der Steuerberater konnte die Lohnabgaben nur nach Maßgabe der tatsächlich gemeldeten Arbeiter ermitteln, er konnte auch nicht wissen, dass es sich bei den Eingangsrechnungen um Scheinrechnungen/Deckungsrechnungen für die Beschäftigung von sogenannten Schwarzarbeitern gehandelt hat und der Bf. somit die Leistungen der Primärschuldnerin mit nicht gemeldeten Arbeitskräften erbracht hat.

Als schuldhaft im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO gilt jede Form des Verschuldens. Leichte Fahrlässigkeit genügt. Der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (). Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen (). Es ist dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Diese Darlegungspflicht trifft nämlich auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind (vgl. ebenfalls ).

Die beschwerdeführende Partei ist dieser Darlegungspflicht in keiner Weise nachgekommen, sodass von einem schuldhaften Verhalten auszugehen ist.

Hinsichtlich der Lohnabgaben 12/2013 erhob der Bf. Beschwerde und führte aus, dass ihm die Grundlage der Meldungen nicht bekannt gegeben worden sei.

Geht der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung kein Abgabenbescheid voran, so gibt es keine Bindungswirkung. Ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist in diesem Fall als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ zu entscheiden. Diese Beurteilung kann mit Berufung und auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden, womit dem zur Haftung Herangezogenen der Rechtsschutz gewahrt bleibt.

Wie oben ausgeführt wurde diese Meldung durch die Gesellschaft erstattet, daher ist die Selbstberechnung im Einflussbereich des Bf. erfolgt.

Beantragte Zeugeneinvernahme:

Beweisanträge haben das Beweismittel, das Beweisthema und im Falle von Zeugen auch deren Adresse anzugeben (vgl. zu letzterem die Erkenntnisse vom , 92/13/0020. Die Beachtlichkeit eines Beweisantrages nach § 183 Abs. 3 BAO setzt die ordnungsgemäße (konkrete und präzise) Angabe des Beweisthemas, das mit dem Beweismittel unter Beweis gestellt werden soll, voraus. Beweisanträgen, die nicht ausreichend erkennen lassen, welche konkrete Tatsachenbehauptung im Einzelnen durch das angebotene Beweismittel erwiesen werden soll, braucht die Abgabenbehörde im Grunde des § 183 Abs. 3 BAO ebenso nicht zu entsprechen wie solchen Beweisanträgen, die auch eine abstrakte Tauglichkeit des Beweismittels zur Beweisführung über das Beweisthema nicht einsichtig machen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/13/0091). Ein Zeuge muß insbesondere dann nicht vernommen werden, wenn er nach der Aktenlage zu den entscheidungswesentlichen Fragen keine Aussage machen kann oder wenn bereits auf Grund des Beweisthemas ersichtlich ist, dass die Aussage entbehrlich erscheint (z.B. ).

In der mündlichen Verhandlung wurde die Einvernahme des Buchhalters ***A*** mit der Begründung beantragt, dass er die gegenständlichen Rechnungen zur Verarbeitung bekommen haben müsse. Die Abgabennachforderungen beruhten lediglich auf Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen, deren Richtigkeit in diesem Verfahren zu prüfen sein werde.

Der Senat hat dazu beschlossen, aus folgenden Gründen von der beantragten Einvernahme abzusehen:

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gegen den Haftungsbescheid einzig und allein die Frage, ob der Beschwerdeführer zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft herangezogen worden ist, nicht jedoch, ob die dieser Gesellschaft vorgeschriebenen Abgaben zu Recht bestehen. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben können daher in diesem Verfahren - wie bereits in Punkt 2 der Erwägungen ausgeführt nicht erfolgreich erhoben werden. Die nach § 9 BAO im Haftungsverfahren erforderliche Verschuldensprüfung hat von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen. (vgl. ; ; ; ). Dies ist erst mit der Beschwerde gegen den Abgabenbescheid, welcher an den Abgabepflichtigen erlassen worden ist, möglich.

In Punkt 5 dieser Entscheidung (schuldhafte Pflichtverletzung) wurde bereits ausgeführt, weshalb der Senat davon ausgeht, dass bei dem durch die Abgabenbehörde ermittelten Sachverhalt ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater (Buchhalter) über die Geschäftspraktiken durch den Bf. vollständig informiert wurden.

Da somit auszuschließen ist, dass die Einvernahme des Zeugen zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, beschloss der Senat, dem Beweisantrag keine Folge zu leisten.

Kausalzusammenhang

Die Pflichtverletzung muss für den Abgabenausfall kausal sein. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war ().

Die Zeitpunkte, zu denen die einzelnen Abgabenverbindlichkeiten bei pflichtgemäßer Entrichtung aus den Mitteln der Primärschuldnerin zu tilgen gewesen wären, lagen im Zeitraum der Geschäftsführerverantwortlichkeit der beschwerdeführenden Partei. Es liegt daher auf der Hand, dass die von der beschwerdeführenden Partei zu verantwortenden Pflichtverletzungen für den Abgabenausfall kausal waren.

Ermessen

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten, ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und hatte lediglich die Klärungen der Haftungsvoraussetzungen gemäß § 9 Abs. 1 BAO im Einzelfall zum Gegenstand.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

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