Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2022, RV/7100073/2022

§ 33 Abs 3a EStG 1988: Kein Familienbonus Plus wenn keine Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 gewährt wurde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte in der elektronisch eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2020 vom den ganzen Familienbonus Plus und bestätigte, die Familienbeihilfe zu beziehen. Bezüglich des Kindes gab der Bf an, dass ***A*** am ***TT.MM.2020*** geboren sei und in ***C*** seinen Wohnsitz habe.

Im Einkommensteuerbescheid 2020 vom wurde der Familienbonus Plus mit der Begründung nicht berücksichtigt, dass der Bf für sein Kind nicht die Familienbeihilfe in Österreich beziehe und daher kein Anspruch auf den beantragten Familienbonus Plus bestehe.

In seiner Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom führte der Bf aus, dass er die Papiere für die Familienbeihilfe schon per Post übermittelte hätte und er um Berücksichtigung des Familienbonus Plus ersuche.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die in der Beschwerde erwähnte Übermittlung der Unterlagen betreffend Familienbeihilfe nicht erfolgt sei und dass bis dahin kein Antrag auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) für seine in ***C*** lebende Tochter eingebracht worden sei, sodass eine Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe in Österreich nicht erfolgen könne. Erst wenn positiv über einen Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) abgesprochen worden sei, könne der Familienbonus Plus berücksichtigt werden.

Im Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht vom wiederholte der Bf gleichlautend sein bereits in der Beschwerde geäußertes Vorbringen.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde von der aktenführenden Dienststelle des Finanzamtes Österreich (Abgabenbehörde) zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Mit Beschluss vom wurde der Bf aufgefordert, bis spätestens einen Antrag auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) für seine in ***C*** lebende Tochter, ***A***, geboren am ***TT.MM.2020***, an das Finanzamt Österreich, Dienststelle ***D***, zu übermitteln, andernfalls der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht überprüft und der in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2020 beantragte Familienbonus Plus nicht berücksichtigt werden könne und einen Nachweis für die Versendung des Antrages auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) an das Bundesfinanzgericht zu übermitteln.
Der Beschluss wurde am mit internationalem Rückschein versendet und am dem Bf nachweislich ausgefolgt.

Mit E-Mail vom teilte die Abgabenbehörde mit, dass laut Abfrage in der Datenbank FABIAN, der Bf keinen Antrag auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung gestellt hat.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf hat seinen Wohnsitz in ***C*** von wo er täglich 46 km zu seiner Arbeitsstätte in Österreich fährt.

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2020 beantragte der Bf den ganzen Familienbonus Plus und gab an, die Familienbeihilfe zu beziehen. Bezüglich des Kindes gab der Bf an, dass ***A*** am ***TT.MM.2020*** geboren sei und in ***C*** seinen Wohnsitz habe.

Der Bf bzog im Streitjahr 2020 keine Familienbeihilfe und hat bis zum keinen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht von der Abgabenbehörde übermittelten Unterlagen, der E-Mail der Abgabenbehörde vom sowie den Daten aus dem Verfahren "Familienbeihilfeninformation" (kurz FABIAN).

2. Beweiswürdigung

In der Begründung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2020 vom wird darauf hingewiesen, dass der Bf für sein Kind nicht die Familienbeihilfe in Österreich beziehe und er daher keinen Anspruch auf den beantragten Familienbonus Plus habe.

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom wurde ausgeführt, dass bis dahin kein Antrag auf Familienbeihilfe für seine in ***C*** lebende Tochter eingebracht worden sei.

Der Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , mit dem der Bf aufgefordert wurde bis spätestens einen Antrag auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) für seine in ***C*** lebende Tochter, ***A***, geboren am ***TT.MM.2020***, an das Finanzamt Österreich, Dienststelle ***D***, zu übermitteln, andernfalls der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht überprüft und der in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2020 beantragte Familienbonus Plus nicht berücksichtigt werden könne, wurde am dem Bf nachweislich zugestellt.

Mit E-Mail vom bestätigte die Abgabenbehörde, dass kein Antrag auf Familienbeihilfe vom Bf gestellt wurde. Aus dem Verfahren "Familienbeihilfeninformation" (kurz FABIAN) geht hervor, dass für das Kind ***A***, geboren am ***TT.MM.2020***, im Streitjahr 2020 keine Familienbeihilfe gewährt wurde.

Im Hinblick darauf, dass in der Begründung sowohl des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2020 als auch der Beschwerdevorentscheidung zum Ausdruck gekommen ist, dass bis dahin kein Antrag auf Familienbeihilfe eingebracht wurde, der Aufforderung durch den Beschluss des Bundesfinanzgerichts nicht entsprochen wurde, einen Antrag auf Familienbeihilfe nachzureichen, die Abgabenbehörde bestätigt, dass bis dato kein Antrag auf Familienbeihilfe vom Bf gestellt wurde und aus dem Verfahren "Familienbeihilfeninformation" (kurz FABIAN) hervorgeht, dass für kein Kind im Streitjahr 2020 Familienbeihilfe gewährt wurde, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass - im Gegensatz zum Vorbringen des Bf in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2020 - weder Familienbeihilfe gewährt noch ein Antrag auf Gewährung gestellt wurde.

3.1. Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

§ 33 Abs 3a EStG 1988 normiert auszugsweise:
"Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro, (…)"

Der Gesetzgeber führte in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 33 Abs 3a EStG 1988 aus: "Anspruchsvoraussetzung für den Familienbonus Plus ist, dass für das Kind Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird. Beginnt oder endet der Bezug von Familienbeihilfe während des Kalenderjahres, besteht daher Anspruch auf den Familienbonus Plus für die Monate, für welche Familienbeihilfe bezogen wird" (ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP, 9).

§ 33 Abs 3a EStG 1988 führt explizit aus, dass der Familienbonus Plus nur dann zusteht, wenn für ein Kind die Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird. Der Begriff "gewährt" findet sich ebenso in § 33 Abs 3 EStG 1988 ("Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von ... zu").
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 33 Abs 3 EStG 1988 judiziert, dass einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des FLAG 1967 Familienbeihilfe "gewährt" wird, der Kinderabsetzbetrag nur im Falle "eines tatsächlichen Familienbeihilfenbezuges" zusteht (vgl ) bzw führt aus "... der Kinderabsetzbetrag seinerseits an die Gewährung, also den tatsächlichen Bezug der Familienbeihilfe anknüpft" ().

Aufgrund des in § 33 Abs 3a EStG 1988 gewählten und insoweit mit § 33 Abs 3 EStG 1988 übereinstimmenden Gesetzeswortlautes "Familienbeihilfe gewährt wird" reicht der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht aus, die Familienbeihilfe muss vielmehr gemäß § 10 FLAG beantragt (soweit die Gewährung nicht gemäß § 10a Abs 1 FLAG automatisch erfolgt) und auch tatsächlich gewährt werden (vgl Kanduth-Kristen in Jakom EStG14, § 33 Rz 31).
Ein bloßer Anspruch oder Antrag reicht folglich nicht aus (Gunter/Sebastian in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG22, Familienbonus Plus Rz 34/2; ebenso Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 33, Stand , rdb.at, Anm. 22: "... Die Familienbeihilfe muss tatsächlich ausbezahlt ... werden, der bloß abstrakte Anspruch ohne Auszahlung durch das FA reicht - abgesehen von den in Anm 25 genannten Fällen mit Auslandsbezug - nicht ...").

Aus den vorgelegten Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass der Bf oder die Kindesmutter österreichische Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 bezogen haben, noch wurde überhaupt bis dato jemals ein Antrag dahingehend gestellt. Ohne Antragstellung kann eine Familienbeihilfe aber nicht gewährt werden, weshalb der gesetzlichen Bestimmung des § 33 Abs 3a EStG 1988 folgend auch kein Anspruch auf den Familienbonus Plus bestehen kann. Da im Beschwerdefall die notwendige Voraussetzung der gewährten Familienbeihilfe nicht gegeben ist, steht der Familienbonus Plus nicht zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus den gesetzlichen Bestimmungen. Im Übrigen folgt die Entscheidung der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Schlagworte
Gewährung
Familienbeihilfe
Familienbonus Plus
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100073.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at