Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.04.2022, RV/3100551/2021

Versetzung eines alten Kachelofens als Sonderausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016, Steuernummer abc, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen, die insoweit einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Am führte das Finanzamt F für den Abgabepflichtigen die antragslose Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 durch, die eine Gutschrift von 353,00 € ergab.

Am reichte der Abgabepflichtige beim Finanzamt Österreich (vormals: Finanzamt F) die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2016 ein, mit der er ua. Sonderausgaben zur "Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum" (KZ 456) von 5.878,20 € geltend machte. In der Beilage L 1k machte er den Unterhaltsabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind, für das er den gesetzlichen Unterhalt (Alimente) geleistet habe, für 12 Monate geltend.

2. Nach einem Ergänzungsersuchen des Finanzamtes Österreich vom reichte der Abgabepflichtige am diverse Unterlagen zu den geltend gemachten Aufwendungen ein, ua. eine (nicht gänzlich lesbare) Rechnung samt Zahlungsbeleg über 5.878,20 € betreffend einen Kachelofen.

3. Das Finanzamt Österreich erließ am - nach Aufhebung des antragslos ergangenen Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2016 vom gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 - einen Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016, mit dem die geltend gemachten Sonderausgaben zur "Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum" von 5.878,20 € nicht anerkannt wurden. Begründend wurde ausgeführt, dass Kosten für Wohnraumschaffung und -sanierung in den Jahren 2016 bis 2020 als Topfsonderausgaben geltend gemacht werden könnten, wenn der der Zahlung zugrunde liegende Vertrag vor dem abgeschlossen oder mit der Bauausführung vor dem begonnen worden sei. Da dies beim Abgabepflichtigen laut Aktenlage nicht der Fall sei, hätten die geltend gemachten Aufwendungen für den "Bau des Kachelofens" nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden können.

Der Unterhaltsabsetzbetrag wurde nur mit 262,80 € (somit für neun Monate des Jahres 2016) berücksichtigt. Mangels Vorliegens einer behördlich festgelegten Unterhaltsverpflichtung (Gerichtsbeschluss oder Vergleich) bzw. einer außerbehördlichen Einigung durch schriftlichen Vergleich hätten die Regelbedarfssätze der Gerichte herangezogen werden müssen. Da der Abgabepflichtige der so ermittelten Unterhaltsverpflichtung nicht zur Gänze nachgekommen sei, habe der Unterhaltsabsetzbetrag nur für neun Monate berücksichtigt werden können.

Der Einkommensteuerbescheid vom führte zu einer Einkommensteuerfestsetzung (Gutschrift) von 1.023,00 €.

4. Gegen diesen Einkommensteuerbescheid erhob der Abgabepflichtige am fristgerecht Beschwerde, die sich gegen die Nichtberücksichtigung der mit 5.878,20 € geltend gemachten Sonderausgaben richtete. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit dem Umbau der 430 Jahre alten Hofstelle am begonnen worden sei. Der als Anlage beigefügte Baubescheid vom belege dieses Vorhaben. Die Fertigstellung der umfangreichen Umbauarbeiten sei der Gemeinde mit der - ebenfalls der Beschwerde beigelegten - Bauvollendungsanzeige vom gemeldet worden. Aufgrund der ergänzenden Unterlagen werde um Berücksichtigung dieser Sonderausgaben ersucht.

Der Abgabepflichtige beantragte weiters die Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages für 12 Monate. Bei der Geburt des Sohnes sei ihm vom Jugendamt ein monatlich zu leistender Unterhalt von 200,00 € vorgeschrieben worden. Seine Lebensgefährtin und er hätten jedoch monatliche Zahlungen von 300,00 € vereinbart. Eine Kopie dieser Vereinbarung liege der Beschwerde bei. Dieser Vereinbarung sei der Abgabepflichtige auch vollständig nachgekommen, weshalb ihm der Unterhaltsabsetzbetrag für das gesamte Jahr zustehe. Als Nachweis übermittle er dem Finanzamt Österreich zudem eine Kopie der angesprochenen Vereinbarung mit dem Jugendamt sowie Kontoauszüge, aus denen seine monatlichen Unterhaltszahlungen von 300,00 € ersichtlich seien.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 vom Finanzamt Österreich teilweise Folge gegeben, der Unterhaltsabsetzbetrag wurde aufgrund der nachgereichten Unterlagen - wie beantragt - mit 350,40 € für 12 Monate anerkannt. Die Beschwerdevorentscheidung führte zu einer Einkommensteuerfestsetzung (Gutschrift) von 1.110,00 €.

Im Übrigen wurde der Beschwerde keine Folge gegeben, die mit 5.878,20 € geltend gemachten Ausgaben für den Kachelofen wurden nicht als Sonderausgaben anerkannt. Die beantragten Ausgaben für den Umbau einer "Hofstelle" stellten keine begünstigten Sonderausgaben iSd § 18 EStG 1988 dar, da kein begünstigtes Eigenheim vorliege. Ein Gebäude sei dann als Eigenheim iSd § 18 EStG 1988 anzusehen, wenn folgende Voraussetzungen vorlägen:

  • Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen

  • Objektive Eignung für ganzjährige Bewohnbarkeit

  • Baubehördliche Bewilligung

  • Verwendung von mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche für Wohnzwecke

  • Nutzung als Hauptwohnsitz für mindestens zwei Jahre nach Fertigstellung.

6. Am stellte der Abgabepflichtige fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht. Die mit 5.878,20 € beantragten Sonderausgaben zur Errichtung bzw. Sanierung von Wohnraum seien vom Finanzamt abgelehnt worden. Mit dem Bauvorhaben sei am begonnen worden, was der Baubescheid vom belege. Dieser Baubescheid wie auch die Bauvollendungsanzeige vom seien bereits der Beschwerde beigefügt worden. Es sei ein alter Kachelofen für den Wohnraum "Stube" neu errichtet bzw. umgebaut worden. Bei diesem Bauvorhaben handle es sich um das Eigenheim des Abgabepflichtigen, hier habe er seit seiner Geburt den Hauptwohnsitz sowie seinen ständigen Lebensmittelpunkt. Es seien somit alle Voraussetzungen für ein Eigenheim iSd § 18 EStG 1988 gegeben.

7. Nach einem (weiteren) Ergänzungsersuchen des Finanzamtes Österreich vom , gerichtet auf Beibringung einer gut lesbaren Rechnungskopie betreffend das Umsetzen des alten Kachelofens und Erläuterung des damit zusammenhängenden Bauvorhabens, legte der Abgabepflichtige mit Schreiben vom eine (neue) Kopie der Rechnung der Fa. X vom vor. Weiters teilte er mit, dass die "Hofstelle" samt Wohnraum umgebaut und generalsaniert worden sei. Bis auf statisch tragende Bauwerkteile wie Fundamente, Betondecken, Mauerwerk und Holzkonstruktionen sei alles entfernt worden.

Die Zentralheizung sowie der Kachelofen seien Bestandteile der Heiztechnik, wobei die Heizung das ganze Jahr zur Warmwassergewinnung laufe. Der Kachelofen werde in der gesamten Heizperiode täglich befeuert. In der Übergangszeit (ca. September bis Anfang November und ca. März bis Ende April) sorge ausschließlich der Kachelofen für die Beheizung des Wohnzimmers, wobei tagsüber die Tür offen bleibe und die Abwärme auch die restlichen Räume wärme. In der Hauptheizzeit (ca. November bis März) liefere die Heizung über eine Bodenheizung die Grundwärme. Die Heizintensität könne für jeden Raum individuell über einen Verteiler eingestellt werden. Im Wohnzimmer beispielsweise befinde sich ein ca. 200 Jahre alter Fußboden, weshalb die Grundwärme über die Fußbodenheizung gering gehalten werde.

Der Kachelofen sei immer funktionstüchtig gewesen. Aufgrund der neuen Raumgestaltung habe der Ofen heute eine leicht andere Form. Im Wesentlichen sei eine Stufe über einem Kaminzug neu gestaltet worden. Vom Abgabepflichtigen seien sämtliche Ofenkacheln gereinigt und die Kachelkanten mit einem Siliziumcarbid-Stein abgezogen worden. Fehlerhaftes Kachel- sowie Schamottematerial seien ergänzt worden.

8. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Österreich die gegenständliche Beschwerde vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.

II. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (Bf.), geb. am Tag a, ist seit seiner Geburt mit seinem Hauptwohnsitz in Gemeinde 1, R-Straße, polizeilich gemeldet, wo er auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat. Sein Vater AB, geb. am Tag b, war Alleineigentümer der Liegenschaft in EZ xxx KG yyy, bestehend aus den GSt-Nr. 1, 2, 3 und 4 mit einer Gesamtfläche von 10.484 m² (davon 10.227 m² landwirtschaftliche Nutzfläche und 257 m² Baufläche) mit dem auf GSt-Nr. 1 errichteten Wohnhaus samt Stallgebäude mit der Lageadresse Gemeinde 1, R-Straße.

Mit "Übergabsvertrag" vom Tag d übergab AB diese Liegenschaft in EZ xxx KG yyy (wie auch die weitere Liegenschaft in EZ zzz KG yyy, bestehend aus der GSt-Nr. 5 im Ausmaß von 126 m²) an den Bf., der diese beiden Liegenschaften in sein Alleineigentum übernahm. Mit diesem "Übergabsvertrag" räumte der Bf. seinen Eltern AB und BB, geb. am Tag c, ein lebenslängliches unentgeltliches Fruchtgenussrecht an der GSt-Nr. 1 der Liegenschaft in EZ xxx KG yyy ein, das die von den Eltern zum Übergabszeitpunkt bewohnten Räumlichkeiten im Wohnhaus mit der Lageadresse Gemeinde 1, R-Straße, umfasste. Das Fruchtgenussrecht der Eltern umfasste in näher bezeichneten Geschossen einen Wohnbereich von insgesamt ca. 137 m². Mit dem "Übergabsvertrag" verpflichtete sich der Bf. zur Durchführung von Baumaßnahmen, die der räumlichen Trennung des Wohnbereiches der Eltern zum Wohnbereich des Bf. dienten.

2. Der Bf. suchte in der Folge am beim Bürgermeister der Gemeinde Ort 1 um die baubehördliche Bewilligung für das Vorhaben "Zu-, Um- und Aufbau beim bestehenden Wohnhaus" auf der GSt-Nr. 1 der Liegenschaft in EZ xxx KG yyy in Gemeinde 1, R-Straße, und "Errichtung eines landwirtschaftlichen Freilagers" auf der GSt-Nr. 5 der Liegenschaft in EZ zzz KG yyy an. Es war beabsichtigt, auf der GSt-Nr. 1 einen Umbau der bestehenden Hofstelle sowie auf der GSt-Nr. 5 den Neubau eines Freilagers vorzunehmen. Im Bereich der Hofstelle entstanden folgende Räume für den ganzjährigen Wohnbedarf:

Kellergeschoss: Lager, Vorraum, Lager, Pelletsraum;
Erdgeschoss: Flur, Garderobe, Schleuse, Lager;
Obergeschoss: Küche-Esszimmer, Flur, WC, Speis, Wirtschaftsraum;
Dachgeschoss: Diele, Stube, Fitnessraum, Bad, WC, 3 Zimmer, Gang, Dachraum Bestand.

Ein Lift verband alle Geschosse miteinander. Abgedeckt wurde das Gebäude mit einem Satteldach bzw. wurde das Dach in Richtung Nordwesten aufgeklappt. Das Gebäude wurde in massiver Bauweise errichtet. Die Wohnnutzfläche des Bestandes betrug 170,72 m², durch den "Zu-, Um- und Aufbau" wurden eine weitere Wohnnutzfläche von 173,27 m² und eine Kellernutzfläche von 61,60 m² geschaffen.

Mit Baubescheid der Gemeinde Ort 1 vom , Geschäftszahl, wurde dem Bf. die baupolizeiliche Bewilligung zur Durchführung des Bauvorhabens "Zu-, Um- und Aufbau beim bestehenden Wohnhaus" auf der GSt-Nr. 1 der Liegenschaft in EZ xxx KG yyy für den ganzjährigen Wohnbedarf nach Maßgabe der vorgelegten und baubehördlich genehmigten Pläne unter Einhaltung näher angeführter Auflagen und Bedingungen erteilt.

Mit der Bauvollendungsanzeige vom gab der Bf. der Gemeinde Ort 1 bekannt, dass das Bauvorhaben plan- und bescheidmäßig ausgeführt worden sei.

3. Wie der Bf. mitteilte, wurden im Zuge der Generalsanierung der Hofstelle auf der GSt-Nr. 1 der Liegenschaft in EZ xxx KG yyy bis auf statisch tragende Bauwerkteile wie Fundamente, Betondecken, Mauerwerk und Holzkonstruktionen alle bestehenden Elemente abgetragen. Im Zuge des angeführten Bauvorhabens wurde auch ein alter (bestehender) Kachelofen umgesetzt. Mit der streitgegenständlichen Rechnung der Fa. X, Ofenbau, vom , Rechnungsnummer, wurde "das Umsetzen des alten Kachelofens in Ihrem Wohnraum, Leistungszeitraum KW 27-29/16" gegenüber dem Bf. konkret wie folgt abgerechnet:


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Kachelplatten-Material als Ergänzung in Glasur altgrün
364,00 €
Schamotte-Material als Ergänzung
275,50 €
Bindematerial
310,00 €
Sonstiges
681,00 €
Arbeitsaufwand gesamt
3.268,00 €
4.898,50 €
plus 20 % USt
979,70 €
Gesamtbetrag inkl. USt
5.878,20 €

Der streitgegenständliche Kachelofen war immer funktionstüchtig. Die im Zuge der Generalsanierung der Hofstelle geänderte neue Raumgestaltung machte auch ein Umsetzen des alten Kachelofens notwendig, wobei dieser eine leicht geänderte Form erfuhr; im Wesentlichen wurde eine Stufe über einem Kaminzug neu gestaltet. Beim Umsetzen des Kachelofens leistete auch der Bf. seinen Beitrag, so wurden von ihm sämtliche Ofenkacheln gereinigt und die Kachelkanten mit einem Siliziumcarbid-Stein abgezogen. Fehlerhaftes Kachel- sowie Schamottematerial wurde - der Rechnung der Fa. X zufolge - von diesem Unternehmen ergänzt.

Der streitgegenständliche Kachelofen bildet zusammen mit der bestehenden Zentralheizung einen Bestandteil der Heiztechnik des gesamten Gebäudes. Der Kachelofen wird in der gesamten Heizperiode täglich befeuert. In der Übergangszeit (ca. September bis Anfang November und ca. März bis Ende April) sorgt ausschließlich der Kachelofen für die notwendige Wärme. Er beheizt das Wohnzimmer, in dem er sich befindet, wobei sich die Abwärme über die tagsüber geöffnete Wohnzimmertür auch auf die übrigen Räume verteilt. In der Hauptheizzeit (ca. November bis März) wird die Zentralheizung zugeschaltet, die über eine Bodenheizung die Grundwärme liefert. Dabei kann die Heizintensität für jeden Raum individuell geregelt werden. So befindet sich zB im Wohnzimmer ein ca. 200 Jahre alter Fußboden, was dazu führt, dass die Grundwärme über die Fußbodenheizung gering gehalten wird. Für die Warmwassergewinnung wird das gesamte Jahr über die Zentralheizung eingesetzt.

Der für das "Umsetzen des alten Kachelofens" in Rechnung gestellte Betrag von 5.878,20 € wurde vom Bf. am auf das von der Fa. X ausgewiesene Bankkonto einbezahlt.

4. Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt. Das Bundesfinanzgericht stützte sich insbesondere auf die vorgelegte Rechnung der Fa. X vom , Rechnungsnummer, samt Zahlungsbeleg betreffend das "Umsetzen des alten Kachelofens", auf den Baubescheid der Gemeinde Ort 1 vom , Geschäftszahl, sowie die Bauvollendungsanzeige des Bf. vom , weiters auf Abfragen aus dem Zentralen Melderegister zum Hauptwohnsitz des Bf., auf Abfragen aus dem Grundbuch zu den Besitzverhältnissen betreffend die Liegenschaft in EZ xxx KG yyy, sowie letztlich auf das glaubhafte Vorbringen des Bf. im Beschwerdeverfahren.

Streit besteht darüber, ob die mit 5.878,20 € geltend gemachten Ausgaben für das "Umsetzen des alten Kachelofens" begünstigte Sonderausgaben iSd § 18 EStG 1988 darstellen.

III. Rechtslage

Gemäß § 18 Abs. 1 EStG 1988 sind näher bezeichnete Ausgaben bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, sind Sonderausgaben Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung vor dem begonnen worden ist (lit. b und c) oder der der Zahlung zugrunde liegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist (lit. a und d):

a) Mindestens achtjährig gebundene Beträge, die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet werden. Bauträger sind

- gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen

- Unternehmen, deren Betriebsgegenstand nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung die Schaffung von Wohnungseigentum ist

- Gebietskörperschaften.

Dabei ist es gleichgültig, ob der Wohnraum dem Wohnungswerber in Nutzung (Bestand) gegeben oder ob ihm eine Kaufanwartschaft eingeräumt wird. Ebenso ist es nicht maßgeblich, ob der Wohnungswerber bis zum Ablauf der achtjährigen Bindungszeit im Falle seines Rücktrittes einen Anspruch auf volle Erstattung des Betrages hat oder nicht.

b) Beträge, die verausgabt werden zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, gelegen sind. Eigenheim ist ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim kann auch im Eigentum zweier oder mehrerer Personen stehen. Das Eigenheim kann auch ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden sein. Eine Eigentumswohnung muss mindestens zu zwei Dritteln der Gesamtnutzfläche Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim oder die Eigentumswohnung muss unmittelbar nach Fertigstellung dem Steuerpflichtigen für einen Zeitraum von zumindest zwei Jahren als Hauptwohnsitz dienen. Auch die Aufwendungen für den Erwerb von Grundstücken zur Schaffung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen durch den Steuerpflichtigen oder durch einen von ihm Beauftragten sind abzugsfähig.

c) Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum, wenn die Sanierung über unmittelbaren Auftrag des Steuerpflichtigen durch einen befugten Unternehmer durchgeführt worden ist, und zwar

- Instandsetzungsaufwendungen einschließlich Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen, wenn diese Aufwendungen den Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern oder

- Herstellungsaufwendungen.

d) Rückzahlungen von Darlehen, die für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum oder für die Sanierung von Wohnraum im Sinne der lit. a bis lit. c aufgenommen wurden, sowie Zinsen für derartige Darlehen. Diesen Darlehen sind Eigenmittel der in lit. a genannten Bauträger gleichzuhalten.

IV. Erwägungen

1. Für das Bundesfinanzgericht ist entscheidend, dass mit der vorgelegten Rechnung der Fa. X über 5.878,20 € keine Beträge als Sonderausgaben geltend gemacht wurden, die zur Errichtung von Eigenheimen verausgabt wurden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b BAO). Im Zuge der Durchführung des Bauvorhabens "Zu-, Um- und Aufbau beim bestehenden Wohnhaus" auf der GSt-Nr. 1 der Liegenschaft in EZ xxx KG yyy für den ganzjährigen Wohnbedarf mögen zwar auch umfangreiche Errichtungskosten angefallen sein (vgl. den Baubescheid der Gemeinde Ort 1 vom , Geschäftszahl); solche wurden vom Bf. jedoch nicht als Sonderausgaben geltend gemacht.

Werden bei ein und demselben Wohnraum (Gebäude) sowohl Maßnahmen zur Wohnraumschaffung als auch Maßnahmen zur Wohnraumsanierung vorgenommen, so ist solange keine einheitliche Betrachtung geboten, als sich die Aufwendungen trennen lassen ().

Die ausschließlich als Sonderausgaben geltend gemachte Rechnung der Fa. X vom , Rechnungsnummer, erfasste das "Umsetzen des alten Kachelofens" im Wohnraum des Bf. Es handelte sich dabei um einen alten (somit seit vielen Jahren bestehenden) Kachelofen, der immer funktionstüchtig war und im Zuge des Bauvorhabens "Zu-, Um- und Aufbau beim bestehenden Wohnhaus" aufgrund einer geänderten neuen Raumgestaltung "umgesetzt" werden musste. Damit liegen aber keine Errichtungskosten, sondern vielmehr Sanierungsaufwendungen ("Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum") vor. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, dass vom Bf. sämtliche Ofenkacheln gereinigt und die Kachelkanten mit einem Siliziumcarbid-Stein abgezogen wurden. Fehlerhaftes Kachel- sowie Schamottematerial wurde von der Fa. X ergänzt. Am Vorliegen von Sanierungsaufwendungen ändert auch nichts, dass der alte Kachelofen im Zuge der "Umsetzung" eine leicht geänderte Form erfuhr (über einem Kaminzug wurde eine Stufe neu gestaltet).

Für den vorliegenden Beschwerdefall ist somit entscheidend, ob mit dem "Umsetzen des alten Kachelofens" die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. c BAO ("Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum") erfüllt wurden.

2. Wie bereits ausgeführt, können Aufwendungen für Sanierungsmaßnahmen gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 lit. c BAO nur dann als Sonderausgaben steuerlich anerkannt werden, wenn sie - neben der Erfüllung anderer, hier nicht strittiger Voraussetzungen - als Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen anzusehen sind. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich zum Ausdruck gebracht hat (vgl. ), sind auch Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Anordnung nur dann als Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 abzugsfähig, wenn es sich um Instandsetzungsaufwendungen handelt. Im Streitfall ist daher zu prüfen, ob durch das "Umsetzen des alten Kachelofens" und der damit einhergehenden Sanierung des Kachelofens ein begünstigter Instandsetzungsaufwand getätigt wurde.

Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, liegen Instandsetzungsaufwendungen vor, wenn diese Aufwendungen den Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern. Nach einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung wird einerseits die Nutzungsdauer von Wohnraum wesentlich verlängert, wenn unselbständige Bestandteile einer Wohnung ausgetauscht werden, die einen wesentlichen Einfluss auf die Nutzungsdauer der Wohnung haben, und andererseits der Nutzungswert von Wohnraum wesentlich erhöht, wenn unselbständige Bestandteile einer Wohnung ausgetauscht werden und dadurch - auch wenn sich die Nutzungsdauer nicht wesentlich verlängert - eine wesentliche, als Sanierung zu wertende Verbesserung des Wohnwertes eintritt (vgl. ; ; ; vgl. auch Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 18 Rz 78). Keine wesentliche Verlängerung der Nutzungsdauer oder Erhöhung des Nutzungswertes und damit nicht begünstigter Instandhaltungsaufwand liegt hingegen bei bloßen Reparaturen vor, auch wenn diese nicht jährlich anfallen (vgl. ; ; vgl. auch Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 18 Rz 80). Reparaturen dienen nämlich lediglich der Erhaltung des bestehenden (früheren) Zustandes und stellen daher keine Sanierung (Verbesserung) gegenüber dem ursprünglichen Zustand dar. Ebenfalls grundsätzlich keine Instandsetzung liegt vor, wenn lediglich punktuelle Verbesserungen vorgenommen werden.

3. Bezogen auf den vorliegenden Streitfall war mit dem "Umsetzen des alten Kachelofens" keine wesentliche Verbesserung des Wohnwertes verbunden. Der seit vielen Jahren in Verwendung gestandene Kachelofen wurde lediglich aufgrund einer geänderten Raumgestaltung "umgesetzt" und im Wohnraum des Bf. an anderer Stelle wieder aufgebaut. Bei diesem "Umsetzen" sind auch Reparaturen am Kachelofen vorgenommen worden, die durch die bisherige langjährige Verwendung zwangsläufig notwendig wurden (Ergänzung von fehlerhaftem Kachel- sowie Schamottematerial, Reinigung sämtlicher Ofenkacheln, Abzug der Kachelkanten).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist, basierend auf den Angaben des Bf. und der vorgelegten streitgegenständlichen Rechnung, wonach durch die langjährige Verwendung des Kachelofens die Ergänzung von fehlerhaftem Kachel- sowie Schamottematerial notwendig wurde, der Kachelofen im Übrigen jedoch lediglich unter Verwendung der alten Kacheln an anderer Stelle wieder aufgebaut wurde, im gegenständlichen Fall von einer Reparaturmaßnahme auszugehen. Die Ergänzung von fehlerhaftem Kachel- sowie Schamottematerial eines Kachelofens aufgrund der Beanspruchung durch eine langjährige Nutzung stellt für sich allein jedenfalls eine nicht als Instandsetzung zu qualifizierende Reparatur dar und ist deshalb nicht vom Sonderausgabentatbestand des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 umfasst. Der Umstand, dass im Zuge einer Reparatur besseres Material oder eine modernere Ausführung gewählt wird, nimmt den Aufwendungen idR noch nicht den Charakter eines Erhaltungsaufwandes. So fallen auch im Zuge des "Umsetzens" des Kachelofens vorgenommene punktuelle Verbesserungen bzw. Änderungen (wie die leicht geänderte Form des Kachelofens, die offensichtlich der geänderten Raumgestaltung geschuldet war) nicht ins Gewicht.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Sanierung des alten Kachelofens (Ergänzung von fehlerhaftem Kachel- sowie Schamottematerial infolge jahrelangen Gebrauchs) auch dann eine - nicht sonderausgabenbegünstigte - Reparatur darstellt, wenn dazu der Kachelofen abgetragen und (an anderer Stelle) wieder neu aufgesetzt werden muss.

4. Im Übrigen muss der vorliegenden Beschwerde allein schon deshalb der Erfolg versagt bleiben, weil das "Umsetzen des alten Kachelofens" lt. Rechnung der Fa. X vom , Rechnungsnummer, in den Kalenderwochen 27 bis 29 des Streitjahres 2016 ("Leistungszeitraum") durchgeführt wurde. Damit steht aber fest, dass - die Sanierung von Wohnraum iSd § 18 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 betreffend - "mit der tatsächlichen Sanierung" (vgl. § 18 Abs. 1 Z 3 erster Satz EStG 1988) nicht vor dem begonnen worden ist. Aufgrund von Sanierungen, die nach dem begonnen worden sind, gezahlte Beträge sind ab dem nicht als Sonderausgaben abzugsfähig (vgl. auch Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 18 Rz 91).

5. Was den Beschwerdepunkt "Unterhaltsabsetzbetrag" betrifft, wird auf die insoweit stattgebende Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen; der Unterhaltsabsetzbetrag ist aufgrund der nachgereichten Unterlagen - wie beantragt - mit 350,40 € für 12 Monate anzuerkennen. Der Beschwerde vom gegen den Bescheid betreffend Einkommen-
steuer für das Jahr 2016 ist daher insoweit gemäß § 279 BAO teilweise Folge zu geben.

Die Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2016 ist der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen, die insoweit einen Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht konnte sich auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Sonderausgabenabzug von Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum iSd § 18 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 stützen. Darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Sachverhaltsumständen des konkreten Falles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

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ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100551.2021

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