Verlängerung der Festsetzungsverjährung durch abschließenden Prüfungsbericht
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Theiss Puchinger Steuerberatungs und Wirtschaftsprüfungs GmbH, Brucknerstraße 8 Tür 9, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2012, Steuernummer StNr.,
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Abgabenbehörde erließ am einen an den Beschwerdeführer (Bf.) gerichteten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012.
Der Bescheid war gem. § 295 Abs. 1 BAO als Änderung zum Bescheid vom ergangen. Die Einkommensteuer wurde iHv Euro 516.735,00 festgesetzt. Die daraus resultierende Nachforderung betrug Euro 22.280,00.
In der Begründung des Bescheides führte die Behörde an, dass die Änderung aufgrund der Feststellungen im Bescheid des FA FA zu St.Nr. ***1*** vom erfolgt sei.
Gegen den angeführten Bescheid wurde mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Es wurden die ersatzlose Aufhebung des Bescheides und die Nichtfestsetzung der Abgabennachforderung iHv Euro 22.280,00 beantragt.
Die Beschwerde wurde damit begründet, dass eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2012 nicht mehr möglich gewesen sei, da gem. § 207 Abs. 2 BAO das Recht zur Festsetzung der Einkommensteuer nach fünf Jahren verjährt sei. Die letzte bescheidmäßige Änderung der Einkommensteuer 2012 sei am erfolgt. Die Verjährungsfrist habe am geendet.
Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die zusätzliche Begründung der BVE erging am und wurde am zugestellt.
In der Begründung verwies die Abgabenbehörde auf die Bestimmung des § 209 Abs. 1 BAO und die darin angeführte Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert wurde.
Die Behörde führte aus, dass am ein Prüfungsauftrag und in der Folge am ein Prüfbericht ergangen waren. Abgabenbehördliche Prüfungen und Prüfungsberichte stellten nach außen erkennbare Amtshandlungen iSd § 209 Abs. 1 BAO dar. Laut ständiger Rechtsprechung bewirke der Prüfungsauftrag die Verjährungsfristverlängerung, nicht jedoch bereits seine bloße Ausfertigung. Eine solche Amtshandlung sei auch ein Prüfbericht, wodurch sich die Verjährungsfrist bis verlängert habe.
Da der Bescheid vom somit zu Recht ergangen sei, sei die Beschwerde abzuweisen gewesen.
Mit Schreiben vom wurde der Vorlageantrag gestellt und die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (BFG) beantragt.
Es wurde das Beschwerdebegehren wiederholt. Ergänzt wurde zum in der BVE dargestellten Verfahrensgang, dass im Bericht vom zur Außenprüfung über den Zeitraum 2012 bis 2016 keine Feststellungen getroffen worden waren, die zu einer Änderung der ergangenen Bescheide oder der eingereichten Erklärungen geführt hätten. Eine Schlussbesprechung sei daher entbehrlich gewesen.
In der rechtlichen Würdigung wurde, wie schon in der Beschwerde, darauf hingewiesen, dass die Verjährungsfrist am geendet habe. Mit Verweis auf § 209 Abs. 1 BAO war angeführt, dass es zwar möglicherweise aufgrund des Prüfungsauftrages zu einer Verlängerung der Frist um ein Jahr, auf den gekommen sei. Jedoch hatte der Bericht über die Außenprüfung keine Verlängerung um ein weiteres Jahr zur Folge, sodass der im Jahr 2020 erlassene Einkommensteuerbescheid 2012 rechtswidrig ergangen sei.
Für eine Verlängerung der Verjährung sei entscheidend, dass mit der Amtshandlung, wie schon der Wortlaut klar zeige, ein Abgabenanspruch geltend gemacht werde. Demnach seien darunter nur solche Amtshandlungen zu verstehen, die die Festsetzung eines Abgabenanspruches unmittelbar oder mittelbar zum Ziel hätten. Dies sei jedoch gerade nicht das Ziel eines Prüfungsberichtes. Auf das Erkenntnis des werde verwiesen.
Es wurde vorgebracht, dass im konkreten Fall im Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung keine Feststellungen getroffen worden seien. Mangels Feststellungen liege auch keine Geltendmachung eines Abgabenanspruches vor, weshalb der Bericht keine Verlängerung der Verjährungsfrist bewirken könne. Die Festsetzungsverjährung sei am abgelaufen; eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2012 sei daher nicht mehr möglich gewesen.
Dem Vorlageantrag lagen u.a. Kopien des Prüfungsauftrages vom , unterzeichnet , und des Berichtes vom bei.
Die Beschwerde wurde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.
In der Stellungnahme führte die Behörde an, dass die Abweisung der Beschwerde im Sinne der BVE beantragt wird.
Bezugnehmend auf das Vorbringen im Vorlageantrag werde darauf hingewiesen, dass die nachweisliche Zusendung eines Betriebsprüfungsberichtes an den Abgabepflichtigen im Anschluss an die Außenprüfung die Festsetzungsverjährung für eine Abgabe unterbreche. Dies auch dann, wenn der Bericht keine weiteren Feststellungen zur Abgabe enthalte, diese aber Gegenstand der Prüfung (laut Bericht und Prüfungsauftrag) gewesen sei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Im gegenständlichen Fall war strittig, ob die Ausfertigung und Zustellung eines Berichts über die Außenprüfung, mit dem keine Feststellungen getroffen wurden, die zu einer Änderung der ergangenen Bescheide führten, eine die Festsetzungsverjährung verlängernde Amtshandlung iSd § 209 BAO darstellte oder nicht.
D.h. es war strittig, ob der am gegenüber dem Bf. infolge der Außenprüfung ergangene Bericht zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer des Jahres 2012 bis Ende des Jahres 2020 hatte auslösen können.
Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
Gemäß Abs. 2 beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1952, weiters bei den Gebühren gem. § 17a des VfGG 1953 und § 24a des VwGG 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.
Gemäß § 208 Abs. 1 BAO beginnt die Verjährung
lit a) in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht in Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird;
….
Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Frist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.
Gemäß Abs. 3 verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4).
Der für das BFG als entscheidungsrelevant herangezogene Sachverhalt ergab sich aus den abgabenbehördlichen Akten sowie den beigebrachten Unterlagen der Parteien.
Der angefochtene Bescheid zur Einkommensteuer 2012 vom war infolge einer Änderung gem. § 295 Abs. 1 BAO zum Bescheid vom ergangen. Die Änderung resultierte aus dem zu einer Beteiligung des Bf. (St. Nr. ***1***) ergangenen Feststellungsbescheid vom .
Am war mit Prüfungsauftrag vom beim Bf. eine Außenprüfung gem. § 147 BAO hinsichtlich u.a. Einkommen- und Umsatzsteuer der Jahre 2012 bis 2016 begonnen worden. Die Prüfungshandlungen wurden in der Folge im Zeitraum 2018 und 2019 durchgeführt. Der abschließende Bericht gem. § 150 BAO erging mit Datum . Es ergaben sich hinsichtlich der geprüften Abgaben und Zeiträume keine Feststellungen, die zu einer Änderung der ergangenen Bescheide führten.
Auf Grundlage des Sachverhalts war zur Verjährung der Festsetzung der Einkommensteuer des Jahres 2012 festzustellen, dass diese grundsätzlich nach der Frist von fünf Jahren gem. § 207 Abs. 2 BAO, somit am geendet hätte. Infolge des Ergehens eines abgeänderten Bescheides innerhalb der Verjährungsfrist am verlängerte sich diese Frist bis Ende des Jahres 2018.
Da sich die Verjährungsfrist jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn nach außen gerichtete Amtshandlungen in einem Jahr gesetzt werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist (hier bis Ende 2018), war zu prüfen, ob solche Amtshandlungen iSd § 209 BAO unternommen worden waren.
Der Bf. argumentierte im Vorlageantrag, dass mit einem Prüfungsbericht, dem keine Feststellungen zugrunde lägen, keine Verlängerung der Verjährungsfrist bewirkt werden könne da kein Abgabenanspruch geltend gemacht worden sei. Weiters wurde auf das Erkenntnis des verwiesen.
Zu diesem Erkenntnis war festzuhalten, dass der VwGH darin über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Grundsteuer im Hinblick auf den Verjährungstatbestand entschieden hatte. Der Normzweck des § 209 Abs. 1 BAO sowie des § 28b Abs. 4 GrStG war in diesem Fall nicht erfüllt. Die seitens der Behörde (Bürgermeister, Landesverwaltungsgericht) als Unterbrechungshandlung beurteilte Amtshandlung diente nicht unmittelbar oder mittelbar einer Abgabenfestsetzung, sondern es handelte sich um eine Amtshandlung betreffend die Einhebung bereits festgesetzter, vollstreckbar gewordener Abgabenschulden (Mahnung und Festsetzung einer Mahngebühr). Dadurch war keine Amtshandlung im Sinne einer wirksamen Unterbrechungshandlung für die Verlängerung der Bemessungsverjährungsfrist nach der BAO bzw. der Festsetzungsverjährungsfrist nach dem GrStG vorgelegen und daher der Verjährungstatbestand erfüllt.
Das seitens der Bf. genannte Erkenntnis hatte somit die Beurteilung von Amtshandlungen in Verbindung mit der Einhebung und zwangsweisen Einbringung von Abgaben zum Inhalt.
Der Fall des Bf. stellte sich anders dar, da hier abgabenbehördliche Prüfungshandlungen zu beurteilen waren, die auf einen bestimmten Abgabenanspruch gerichtet waren.
Im Jahr 2018 wurde eine Außenprüfung hinsichtlich der Jahre 2012 bis 2016 u.a. betreffend die Einkommensteuer mit Unterzeichnung des Prüfungsauftrages vom am begonnen. Da der Beginn der Außenprüfung ohne Zweifel eine nach außen gerichtete, auf die Verjährung wirkende Amtshandlung darstellte, verlängerte sich die Verjährungsfrist dadurch bis Ende des Jahres 2019.
Prüfungshandlungen wurden sowohl im Jahr 2018 als auch noch im Jahr 2019 gesetzt. Der zwingend zu verfassende Bericht über die Außenprüfung gem. § 150 BAO erging schließlich am .
Wie der VwGH in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. ; ; ) ausführt, stellen abgabenbehördliche Prüfungen Amtshandlungen dar, die die Verjährungsfrist verlängern. Zu solchen Amtshandlungen zählen nicht nur die im Rahmen der Prüfung an den Abgabepflichtigen gerichtete Anfragen, Vorhalte, Ergänzungsaufträge u.Ä., sondern auch eine Schlussbesprechung und der Prüfungsbericht. Unerheblich dabei bleibt, wenn die Prüfungshandlungen zu keinen Beanstandungen führen.
Für den hier gegenständlichen Beschwerdefall war daher festzustellen, dass sich, wie schon oben dargestellt, durch den Prüfungsbeginn im Jahr 2018 die Verjährungsfrist bis Ende 2019 verlängert hatte.
Aber auch die im Laufe der Prüfung im Jahr 2019 gesetzten Prüfungshandlungen sowie das Ergehen des Prüfungsberichtes am stellten Amtshandlungen iSd § 209 Abs. 1 BAO dar, die die Verlängerung der Festsetzungsverjährung zur Folge hatten.
Die durch die Abgabenbehörde gesetzten Prüfungshandlungen, zu denen auch der Bericht gem. § 150 BAO gehörte, stellten Amtshandlungen dar, die ohne Zweifel u.a. auf die Feststellung des Steueranspruches betreffend die Einkommensteuer der Jahre 2012 bis 2016 gerichtet waren. Die Tatsache, dass im Prüfungsbericht angeführt war, dass keine Feststellungen getroffen wurden, die zu einer Änderung der festgesetzten Abgaben führten, stellte eben gerade die Feststellung über das Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung dar. Auch wenn keine gesonderten Feststellungen zur Einkommensteuer des Jahres 2012 getroffen worden waren, änderte dies nichts daran, dass Unterbrechungshandlungen vorlagen und die abgabenbehördliche Prüfung mit dem zwingend zu erstellenden Prüfbericht abgeschlossen worden war.
Zusammenfassend war festzuhalten, dass die durch die Abgabenbehörde durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung die Verlängerung der Verjährungsfrist des § 207 BAO iVm § 209 Abs. 1 BAO für die Festsetzung der Einkommensteuer des Jahres 2012 bis Ende des Jahres 2020 zur Folge hatte.
Der Einkommensteuerbescheid vom war daher zu Recht ergangen.
Die Beschwerde war, wie im Spruch angeführt, abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die gegenständliche Beschwerde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Inhalt hatte und auch das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des VwGH abweicht (vgl. ; ; ), war die Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100510.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at