Keine Bauherreneigenschaft für den Erwerb der Doppelhaushälfte
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr-K, Rechtsanwalt in A, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Grunderwerbsteuer, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 10-2015, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
In der Folge werden für die im Erkenntnis angeführten Gesellschaften nachstehende Abkürzungen verwendet:
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Firma | FN | Abkürzung |
P-GmbH | 1-t | P-GmbH |
G-GmbH | 2-x | G-GmbH |
MH-Bau GmbH | 3-f | MH-Bau GmbH |
MH-Immo GmbH | 4-h | MH-Immo GmbH |
I. Verfahrensgang
Kaufvertrag, Werkvertrag
Mit Kaufvertrag vom 15./ erwarben die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) und Herr CE von der P-GmbH, als Verkäuferin, das neu gebildete Grundstück Nr. 433/20, vorgetragen ob der Liegenschaft EZ-1, Grundbuch XY, Bezirksgericht A, jeweils zur Hälfte.
Das Grundstück hatte ein Gesamtausmaß von 446 m² (siehe VP. I. letzter Absatz).
In VP. III. wurde ein Kaufpreis von € 185/m², sohin insgesamt von € 82.510,00, vereinbart. Zuzüglich der bereits von der Verkäuferin bevorschussten Geometerkosten in Höhe von € 840,00 errechnete sich ein Gesamtbetrag von € 83.350,00.
Davon wurde vom Vertragserrichter für beide Käufer die Grunderwerbsteuer (jeweils zur Hälfte) selbst berechnet.
Am unterzeichneten die Käufer mit der MH-Bau GmbH einen Werkvertrag über die Errichtung einer Doppelhaushälfte zu einem Fixpreis von € 115.000,00.
Prüfung
Das Finanzamt nahm eine Überprüfung der Selbstberechnung vor. Der Prüfer traf dabei folgende Feststellungen:
"Grundverkäufer: Fa. P-GmbH
Liegenschaft: KG XYEZ-1
Auf der Liegenschaft wurden 12 Doppelwohnhäuser (24 Einheiten) und 10 Einfamilienhäuser projektiert und von Fa MH beworben.
Die Baubewilligung für die 12 Doppelwohnhäuser wurden der Fa. G-GmbH erteilt. Diese Firma hat bereits in der Vergangenheit immer wieder mit Fa. MH zusammengearbeitet. Bauführer war aber dann MH.
Vom Magistrat A wurden nach einer Erhebung Unterlagen aus den Bauakten vorgelegt.
Die Werkverträge jener Fälle die nicht mit Baukosten selbstverechnet wurden, wurden von der Fa. MH nach Vorhalt am vorgelegt."
Angefochtener Bescheid
Das Finanzamt schloss sich der Auffassung des Prüfers an und setzte die Grunderwerbsteuer entsprechend fest. In der Begründung wurde ua. ausgeführt:
"Bei Überprüfung der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer durch den befugten Parteienvertreter RA Dr-F wurde festgestellt, dass die Baukosten für das zu errichtende Gebäude nicht in die Bemessungsgrundlage aufgenommen wurden.
Im Zuge der Aussenprüfung wurde festgestellt, dass Sie als Grundstückserwerber, an ein bestimmtes, durch die Planung des Verkäufers oder eines mit diesem zusammenarbeitenden Organisators ( = Fa. MH-Immo GmbH) vorgegebenes Gebäude gebunden waren. Es liegt daher ein Kauf eines Grundstückes mit einem herzustellenden Gebäude vor. Zwischen Abschluss des Kaufvertrages mit Fa. P-GmbH und des Werkvertrages mit Fa. MH-Immo GmbH besteht ein enger sachlicher Zusammenhang. Nach ständiger Rechtsprechung sind neben den Grundstückskosten auch die Baukosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer mit einzubeziehen, wenn die Errichtung des Gebäudes und die Anschaffung des Grundstücks in finaler Verknüpfung stehen.
Als Sonstige Leistung werden die Baukosten It. Werkvertrag mit der Fa. MH I. GmbH in die Bemessungsgrundlage aufgenommen."
Beschwerde
Fristgerecht wurde von der Bf Beschwerde erhoben und vorgebracht:
"Die Darstellung des Finanzamtes, dass der Vertragserrichter Dr-F die Baukosten für das später errichtete Gebäude auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft in die Bemessungsgrundlage hätte aufnehmen müssen, weil die Käufer an ein bestimmtes durch die Planung des Verkäufers oder eines mit diesem zusammen arbeitenden Organisator als vorgegebenes Gebäude gebunden waren, ist falsch.
Richtig ist vielmehr, dass die Ehegatten E mit Kaufvertrag vom 15.1./ von der Firma P-GmbH, das aus der Grundstücksfläche 433/5 neu gebildete Grundstück, nämlich Grundstück Nr. 433/20 im unverbürgten Gesamtausmaß von 446 m2 gekauft haben und zwar zu einem Kaufpreis von € 82.510,00.
Die Behauptung, bei Kaufvertragsabschluss wäre bereits eine vertragliche Bindung bestanden, ein Haus bei der Firma MH-Bau GmbH zu erwerben bzw. von dieser Firma errichten zu lassen, ist nicht nachvollziehbar. Im Kaufvertrag ist ausdrücklich unter Punkt X. angeführt, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages kein Wertvertrag mit einem bauausführenden Unternehmen geschlossen worden war.
Ferner ist angeführt, "Die Käufer werden sich erst nach Abschluss gegenständlichen Kaufvertrages über ein entsprechendes Bauunternehmen hinsichtlich der Errichtung eines Eigenheimes Angebote einholen und sodann entsprechende Werkverträge zum Zwecke der individuellen Errichtung eines Eigenheims abschließen".
Aus dieser Vertragsbestimmung ist ganz klar abzuleiten, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages vollkommen offen war, welches Bauunternehmen nun tatsächlich von den Käufern mit der Errichtung des Hauses beauftragt werden würde.
Der Vertragserrichter Dr-F hat sehr wohl darauf hingewiesen bei Vertragsunterfertigung, dass die Firma MH-Bau GmbH hier auch bereits andere Häuser errichtet hat bzw. errichtet, hat jedoch ebenso darauf hingewiesen, dass kein Kontrahierungszwang mit dieser Firma besteht.
In weiterer Folge haben sich die Rechtsmittelwerber nach reiflicher Überlegung und Einholung entsprechender Informationen bzw. Einholung eines Angebotes entschlossen, der Firma MH-Bau GmbH den Auftrag für die Errichtung des Hauses zu erteilen.
Dazu wird auch auf den Bauvertrag und die Treuhandvereinbarung verwiesen, den die Firma MH-Bau GmbH am unterfertigt hat und der in weiterer Folge am auch von den Käufern in der Kanzlei von Herrn Dr-F, der die treuhändige Abwicklung übernommen hatte, unterfertigt wurde.
Beweis: Bauvertrag
Treuhandvereinbarung
Kontoverfügungsauftrag, welche in Kopie beigelegt werden.
Schon daraus zeigt sich ganz klar, dass es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages keine vertragliche Bindung an die Firma MH-Bau GmbH zwecks Errichtung des Hauses gegeben hat."
Beschwerdevorentscheidung
Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und begründete dies wie folgt:
"Gem. § 1 Abs.1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge betreffend inländische Grundstücke der Grunderwerbsteuer. Nach § 4 Abs.1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu bemessen.
Gegenleistung ist alles, was der Erwerber aufwenden muss, um das Grundstück zu erhalten.
Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges ist der Zustand eines Grundstückes maßgebend, in dem es erworben werden soll (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, § 1 Rz 117b und § 5 Rz 92, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).
Erbringt der Käufer im Hinblick auf die Bebauung eines Grundstückes neben dem als Kaufpreis bezeichneten Betrag - an wen auch immer- weitere Leistungen, ist zwecks Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer auf den Besteuerungsgegenstand zurückzugreifen. Voraussetzung für die Einbeziehung der Baukosten ist, dass die Errichtung des Gebäudes mit dem Grundstückserwerb in einer finalen Verknüpfung steht. Wenn also der Grundstückserwerber an ein bestimmtes, durch die Planung des Verkäufers oder eines mit diesem zusammenarbeitenden Organisators vorgegebenes Gebäude gebunden ist, dann ist ein Kauf mit herzustellendem Gebäude anzunehmen (vgl. die bei Fellner, aaO, § 5 Rz 88a dargestellte Rechtsprechung, siehe diesbezüglich auch , , 2001/16/0230 und vom , 2001/16/0429).
Dabei kommt es nicht darauf an, dass für den Grundstückskauf und die Gebäudeerrichtung unterschiedliche Vertragsurkunden abgeschlossen wurden (, u.a.) oder verschiedene Haustypen zur Auswahl standen (UFSG, GZ RV/0166-G/06 vom ).
Ergibt sich die Verpflichtung zur Übereignung des Grundstückes und zur Errichtung des Gebäudes aus zwei an sich selbständigen Verträgen, kann (einheitlicher) Gegenstand des Erwerbsvorganges das Grundstück in bebautem Zustand unter anderem auch dann sein, wenn ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen besteht, d.h. wenn der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält. Diese Voraussetzungen liegen ua. in den Fällen regelmäßig vor, in denen der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrages in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Bebauung gegenüber der Veräußerer Seite nicht mehr frei war, und - bei einer Personen Mehrheit auf der Veräußerer Seite - die auf der Veräußerer Seite auftretenden Personen auf Grund von Abreden bei der Veräußerung zusammenarbeiten bzw. durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss aller Verträge (Übereignung des Grundstückes und Errichtung des Gebäudes) hinwirken. Des Abschlusses eines auf die gemeinsame Verschaffung des (bebauten) Grundstückes gerichteten Vertrages bedarf es nicht, vielmehr reicht ein Zusammenwirken auf der Veräußerer Seite aus (BFH vom , II R 17/99). Schon die Hinnahme des von der Anbieterseite vorbereiteten einheitlichen Angebotes durch den Erwerber indiziert einen objektiven engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Vertrag über die Gebäudeerrichtung unabhängig von der zeitlichen Abfolge der Vertragsabschlüsse, ohne dass es darauf ankommt, ob tatsächlich (oder rechtlich) auch eine andere als die planmäßige Gestaltung hätte vorgenommen werden können.
Der Annahme eines objektiven engen sachlichen Zusammenhanges steht nicht entgegen, wenn der Erwerber die Möglichkeit gehabt hätte, nach Abschluss des Grundstücks Kaufvertrages den Vertrag über die Errichtung des Gebäudes gar nicht abzuschließen bzw. auch eine andere Gestaltung hätte vorgenommen werden können.(BFH vom , II R 53/94).
Mit Kaufvertrag vom 15.01./ wurde von der Beschwerdeführerin das Grundstück 433/20 EZ-1 GB L zur Hälfte im Ausmaß von gesamt 446 m2 von der P-GmbH erworben.
Mit Werkvertrag vom wurde von der Käuferin an die MH-Bau GmbH der Auftrag zur Errichtung eines Doppelhauses um einen Kaufpreis von gesamt € 115.000,00 erteilt.
Dem Ansuchen um Baubewilligung für das Bauvorhaben Errichtung von 12 Doppelwohnhäuser (Top 1 - Top 24) vom von der G-GmbH wurde von der Stadt A mit Bescheid vom Folge gegeben.
Auch auf der Homepage der Fa. MH wurde das Projekt Doppelhausanlage A/L beworben.
In der Beschwerde wurde eingewendet, dass keine Bindung an ein vorgegebenes und geplantes Gebäude bestand, dass zum Zeitpunkt des Grundstückskaufs weder ein vorgegebenes Baukonzept vorlag, noch ein Werkvertrag mit einem bauausführenden Unternehmen abgeschlossen wurde.
Erst nach reiflicher Überlegung, Einholung entsprechender Informationen bzw. Einholung eines Angebotes wurde der Fa. MH-Bau GmbH der Auftrag für die Errichtung des Hauses erteilt.
Der für den Umfang der Gegenleistung maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorganges wird nicht nur bestimmt durch das den Übereignungsanspruch begründende Rechtsgeschäft selbst, sondern auch durch die mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem und objektiv sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen, die insgesamt zu dem Erfolg führen, dass die Erwerberin das Grundstück in bebautem Zustand erhält.
Aufgrund der bereits erfolgten Vorplanung, - Bauvorhaben 12 Doppelwohnhäuser mit Garagen, Top 1 - Top 24 - wonach eindeutig ein Projekt bestanden hat, ist davon auszugehen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt des Grundstückskaufes die Beschwerdeführerin keinen nackten Grund und Boden erwerben wollte, sondern ein bebautes Grundstück.
Durch die Annahme des vorbereiteten einheitlichen Angebotes ist unabhängig von einer Änderung der planmäßigen Gestaltung, die Bauherrneigenschaft nicht gegeben.
Da sich die Grundstückserwerberin in ein vorliegendes Konzept einbinden ließ, sind die Errichtungskosten für das Haus zu Recht in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden."
Vorlageantrag
Innerhalb offener Frist wurde dagegen der Antrag gestellt, über die Beschwerde das Verwaltungsgericht entscheiden zu lassen.
Vorlagebericht
Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde samt den im Aktenverzeichnis angeführten Teilen des Verwaltungsaktes an das Bundesfinanzgericht vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die P-GmbH (die Verkäuferin) war grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ-1, KG XY, Bezirksgericht A, ob welcher Liegenschaft unter anderem die Grundstücke Nr. 433/2, 433/4, 433/5, 433/6 und 433/7 vorgetragen waren (siehe Kaufvertrag vom 15./, VP. I. ALLGEMEINES).
Aufgrund der Vermessungsurkunde vom wurden die vorgetragenen Grundstücke untergeteilt (siehe Kaufvertrag vom 15./, VP. I. ALLGEMEINES):
Gst.-Nr. 433/2 in Nr. 433/2 (Rest) sowie Nr. 433/35, 433/36, 433/37
Gst.-Nr. 433/4 in Nr. 433/4 (Rest) sowie Nr. 433/28 bis 433/34
Gst.-Nr. 433/5 in 433/5 (Rest) sowie Nr. 433/13 bis 433/27
Gst-Nr. 433/6 in 433/6 (Rest) sowie Nr. 433/9 bis 433/12
Am erstellte die MH-Bau GmbH die Energieausweise für die "Planung Doppelhaus A -TOP 1 bis TOP 24" der "G-GmbH".
Im November 2014 beantragte die G-GmbH bei der Stadt A die Erteilung der Baubewilligung für 12 Doppelwohnhäuser mit Garagen und Hauskanal - TOP 1 bis TOP 24.
Mit Kaufvertrag vom 15./ erwarben die Bf und CE das Grundstück Nr. 433/20 im unverbürgten Gesamtausmaß von 446 m².
Laut Einreichplan der Bauwerberin, der G-GmbH, war im Zuge einer Gesamtanlage geplant, auf den Grundstücken Nr. 433/21+20 'ein' Doppelwohnhaus, mit den Wohneinheiten TOP 15-16 mit Garage und Hauskanalleitung, zu errichten.
Am schlossen die Käufer mit der MH-Bau GmbH einen Werkvertrag über den Bau eines Doppelhauses mit einer Fläche von 137 m² zu einem Fixpreis von € 115.000 ab. Geplanter Baubeginn war der Februar 2015.
Die Käufer haben mit diesem Vertrag die Hälfte eines Doppelwohnhauses und damit eine Wohneinheit mit der jetzigen Liegenschaftsadresse ***Bf1-Adr*** erworben.
Am wurde von der Stadt A die Baubewilligung für die 12 Doppelwohnhäuser mit Garagen und Hauskanal (sohin insgesamt 24 Wohnheiten) erteilt.
Das Nachbargrundstück Nr. 433/21, im Gesamtausmaß von 329 m², mit der darauf errichteten Doppelhaushälfte, wurde erst im November 2018 veräußert.
Der Verkauf der Doppelwohnhäuser in A/L wurde von der MH-Bau GmbH und der MH-Immo GmbH beworben. Beide Gesellschaften wurden vom Alleingesellschafter-Geschäftsführer, Herrn RB, vertreten (siehe Firmenbuch).
Zusammenfassend ist festzuhalten:
Im Oktober 2013 wurde die Liegenschaft EZ-1, in kleine Grundstückseinheiten, im Regelfall 329 m², ausgenommen die Eckgrundstücke, wie zB das gegenständliche Grundstück im Ausmaß von 446 m², unterteilt.
Am wurde von der G-GmbH das Bauansuchen für die Errichtung von 12 Doppelwohnhäusern, also 24 Wohneinheiten (TOP 1 - 24) gestellt. Die Energieausweise für die einzelnen Wohneinheiten ("Planung Doppelhaus") wurden bereits von der MH-Bau GmbH erstellt.
Die Baubewilligung wurde noch der G-GmbH erteilt, die Bauführung wurde von der MH-Bau GmbH übernommen.
Sämtliche Doppelwohnhäuser in der Anlage wurden von der MH-Bau GmbH errichtet. Der Verkauf der Doppelhaushälften ("Doppelhausanlage A/L") wurde von der MH-Bau GmbH und der MH-Immo GmbH beworben.
Auch wenn die Käufer im Jänner 2015 den Kaufvertrag und ca. 1 Monat später den Werkvertrag unterzeichneten, so ergibt sich
aufgrund der Vorausplanung,
dem Gesamtkonzept der Anlage, in das die MH-Bau GmbH bereits eingebunden war (siehe Energieausweise), und
dem Umstand, dass die MH-Bau GmbH die gesamte Doppelhausanlage als Bauführerin errichtet hat,
dass der Kauf des gegenständlichen Grundstückes im unbebauten Zustand nicht möglich war.
Aufgrund der dargestellten Umstände ist im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen anzunehmen, dass die Käufer das gegenständliche Eckgrundstück nur mit der bereits vorgegebenen Doppelhaushälfte erwerben konnten.
Die Doppelhaushälfte wurde zudem zu einem Fixpreis von der Organisatorin (der MH-Bau GmbH) erworben.
Die Käufer konnten auch nicht alleinige Bauherren ihrer Haushälfte sein. Nur ein gemeinsamer Beschluss der Eigentümergemeinschaft der Grundstücke Nr. 433/20 + 433/21 zur Errichtung eines Zweifamilienhauses könnte einen Hinweis auf eine Bauherreneigenschaft darstellen. Das Nachbargrundstück Nr. 433/21 mit der darauf errichteten Doppelhaushälfte wurde wie oben dargestellt erst im November 2018 veräußert.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem Kaufvertrag, dem Werkvertrag, dem Firmenbuch und dem Inhalt des Bauaktes der Stadt A. Bereits im Jahr 2013 wurde die Liegenschaft in Kleingrundstücke, geeignet für Doppelhaushälften, unterteilt. Im November 2014 erstellte die spätere Bauführerin und Organisatorin, die MH-Bau GmbH, die Energieausweise für die einzelnen von der G-GmbH geplanten Doppelhäuser. Am wurde das Bauansuchen für die gesamte Doppelhausanlage A/L gestellt.
Die gesamte Doppelhausanlage wurde von der MH-Bau GmbH errichtet und deren Verkauf beworben.
Die Käufer waren daher beim Kauf der Liegenschaft in ein Gesamtkonzept eingebunden. Der Kauf einer unbebauten Liegenschaft war nicht möglich.
Die Käufer waren auch nicht in der Lage die Hälfte eines Doppelhauses alleine zu planen und errichten zu lassen. Das Vorliegen eines dafür notwendigen Beschlusses der Eigentümergemeinschaft zur Errichtung eines Doppelhauses wurde nicht einmal behauptet.
Im Rahmen der freien Beweiswürdigung wird daher als erwiesen angenommen, dass Gegenstand des Kaufvertrages eine Liegenschaft mit einem darauf zu errichtendem - bereits vorgegebenem - Gebäude war. Es bestand daher ein finaler Zusammenhang zwischen Liegenschaftskauftrag und Werkvertrag.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge, die sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Grunderwerbsteuer.
Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
§ 5 Abs. 1 GrEStG 1987 bestimmt, dass Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen ist.
Gegenleistung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch alles, was der Erwerber über den Kaufpreis hinaus für das unbebaute Grundstück aufwenden muss. Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges ist der Zustand eines Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden soll. Erbringt der Käufer im Hinblick auf die Bebauung eines Grundstücks neben dem als Kaufpreis bezeichneten Betrag weitere Leistungen - an wen auch immer - , ist zur Ermittlung der zutreffenden Bemessungsgrundlage auf den Besteuerungsgegenstand zurückzugreifen und zu fragen, in welchem körperlichen Zustand des Grundstückes der Rechtserwerb von der Grunderwerbsteuer erfasst wird. Diese Leistungen können also auch an Dritte erbracht werden, insbesondere an einen vom Veräußerer verschiedenen Errichter eines Gebäudes auf dem Grundstück. Voraussetzung für die Einbeziehung der Baukosten ist, dass die Errichtung des Gebäudes mit dem Grundstückserwerb in einer finalen Verknüpfung steht. Wenn also etwa der Grundstückserwerber an ein bestimmtes, durch die Planung des Verkäufers oder eines mit diesem zusammenarbeitenden Organisators vorgegebenes Gebäude gebunden ist, dann ist ein Kauf mit herzustellendem Gebäude anzunehmen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass über Grundstückskauf und Gebäudeerrichtung unterschiedliche Vertragsurkunden abgeschlossen wurden (vgl. , unter Hinweis etwa auf das hg. Erkenntnis vom , 2004/16/0081, mwN, sowie Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band II, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 88a zu § 5 GrEStG).
Für die abgabenrechtliche Beurteilung eines Erwerbsvorganges ist der Zustand eines Grundstückes maßgebend, in dem dieses erworben werden soll. Das muss nicht notwendig der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegebene Zustand sein. Entscheidend ist der Zustand, in welchem das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht worden ist (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band. II, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 88a zu § 5 GrEStG, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind dann, wenn Grundstückskäufer auf Grund eines ihnen vorgegebenen Vertragsgeflechtes in ein bereits fertig geplantes Bauprojekt eingebunden sind, auch die Baukosten zur Gegenleistung im Sinn des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 zu zählen. Dass in einem solchen Zusammenhang das Vertragswerk in mehreren Urkunden und auf mehrere Vertragspartner aufgespaltet wird, vermag daran nichts zu ändern (vgl. , unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0039, mwN).
Ohne Bedeutung ist es, wenn der Erwerber zunächst den Grundstückskaufvertrag abschließt und erst danach - wenn auch in engem zeitlichen Zusammenhang - den zur Errichtung des Gebäudes notwendigen Vertrag. Denn bereits die Hinnahme des von der Anbieterseite vorbereiteten einheitlichen Angebots durch den Erwerber indiziert einen objektiven engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Vertrag über die Gebäudeerrichtung unabhängig von der zeitlichen Abfolge der Vertragsabschlüsse (in diesem Sinne Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 88b zu § 5 GrEStG).
Der Käufer ist nur dann als Bauherr anzusehen, wenn er
a) auf die bauliche Gestaltung des Hauses Einfluss nehmen kann
b) das Baurisiko zu tragen hat, dh den bauausführenden Unternehmungen gegenüber unmittelbar berechtigt und verpflichtet ist und
c) das finanzielle Risiko tragen muss, dh dass er nicht bloß einen Fixpreis zu zahlen hat, sondern alle Kostensteigerungen übernehmen muss, aber auch berechtigt ist, von den Bauausführenden Rechnungslegung zu verlangen (vgl. Slg 4234/F, verstärkter Senat, je vom , 87/16/0102-0104, 0105, 0108, und 87/16/0098, vom , 88/16/0056-0059, vom , 89/15/0112, vom , 90/16/0103-0128, vom , 90/16/0169, vom , 92/16/0010, 92/16/0036, vom , 88/16/0241, , 93/16/0002 bis 0009, 0039 bis 0043, je vom , 93/16/0095, und 93/16/0096, je vom , 89/16/0156, und 90/16/0093, vom , 94/16/0159, 0160, vom , 96/16/0142, vom , 96/16/0213, 0214, vom , 99/15/0238, vom , 2004/16/0053, und vom , 2013/16/0078; , AnwBl 1995, 673; siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 90 zu § 5 GrEStG).
Die von der Judikatur erarbeiteten Kriterien für das Vorliegen der Bauherreneigenschaft müssen dabei KUMULATIV vorliegen (, vom , 95/16/0176, und vom , 2004/16/0053).
Die Käufer sind nur dann als Bauherren anzusehen, wenn sie auf die bauliche Gestaltung des Hauses, und zwar auf die Gestaltung der Gesamtkonstruktion Einfluss nehmen können (vgl. -0105, 0108, vom , 88/16/0218, 0224, vom , 90/16/0160, 0161, vom , 90/16/0211, 0212, vom , 92/16/0196, 0202, 92/16/0195, 0201, vom , 95/16/0176, vom , 97/16/0203, und vom , 2001/16/0230, 0231).
Dass der Beschwerdeführer noch geringfügige Änderungen in der Planung bestimmen kann, ist keinesfalls entscheidend (, und vom , 2000/16/0082).
Beim Erwerb von Liegenschaftsanteilen, mit denen Wohnungseigentum verbunden werden soll, ist der Auftrag zur Errichtung eines Doppelhauses nicht anders als der zur Errichtung eines Wohnhauses, einer Reihenhausanlage oder von Zweifamilienhäusern zu erteilende von der Eigentümergemeinschaft zu erteilen, wofür die Fassung eines gemeinsam darauf abzielenden Beschlusses erforderlich ist (, 0212, und vom , 93/16/0052, 0053).
Inhaltsgleiche Einzelerklärungen von Miteigentümern können den erforderlichen gemeinsamen, auf Errichtung des gesamten Bauwerkes gehenden Beschluss der Eigentümergemeinschaft nicht ersetzen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 94 zu § 5 GrEStG, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Nach Ansicht des Gerichtes ist der Bf und ihrem Gatten die Bauherreneigenschaft schon aus diesem Grund nicht zugekommen, denn im Zeitpunkt des Grundstückerwerbes und des Abschlusses des Werkvertrages durch die Käufer war die Planung soweit gediehen und faktisch abgeschlossen, dass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Erwerbswille nicht mehr bloß auf das unbebaute Grundstück, sondern vielmehr auf die Hälfte des fertig geplanten Doppelhauses gerichtet war.
Die Käufer waren - abgesehen von der Vorausplanung und dem Gesamtkonzept der zu errichtenden Doppelhausanlage - gar nicht in der Lage alleine auf die Hälfte der Gesamtkonstruktion des Doppelhauses Einfluss zu nehmen. Der von der Bauführerin der MH-Bau GmbH für die Käufer am erstellte Austauschplan - und zwar nur für die Wohneinheit TOP 16, also die Hälfte des Doppelhauses - kann daher nur geringfügige Änderungen im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung betroffen haben, da die Gesamtkonstruktion des Doppelhauses unverändert übernommen wurde.
Das preisliche Risiko der Bauherstellung wird nicht vom Erwerber eines mit einem ideellen Grundstücksanteil verbundenen Gebäudeanteiles zu einem "Fixpreis" getragen. Das Risiko, dass die Miteigentümer infolge einer Insolvenz während der Bauführung den Bau durch Aufbringung eigener Mittel fortsetzen müssen, ist kein typisches Baurisiko, welches über die Frage, wer als Bauherr anzusehen ist, Aufschluss geben könnte.
Entscheidend ist für die Bauherrenfrage vielmehr, mit wem eine solche Fixpreisvereinbarung getroffen wird: Ist der Vertragspartner der Verkäufer oder ein Organisator und wird an diese Personen das Risiko der planmäßigen Ausführung überwälzt, dann spricht das gegen die Bauherreneigenschaft des Erwerbers (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 91 zu § 5 GrEStG, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Im konkreten Fall wurde mit dem Organisator, die MH-Bau GmbH, im Werkvertrag für die Doppelhaushälfte ausdrücklich ein Fixpreis vereinbart, welcher laut VwGH-Judikatur gegen die Tragung des finanziellen Risikos und damit gegen das Vorliegen der Bauherreneigenschaft spricht (vgl. etwa für viele , und vom , 2004/16/0053).
Unter Zugrundelegung der Tatsachenfeststellungen ist ein unabdingbarer Zusammenhang zwischen den Verträgen anzunehmen. Die Käufer wollten daher keinen nackten Grund und Boden, sondern ein bebautes Grundstück mit einer geplanten Doppelhaushälfte, auch wenn es noch nicht gebaut war, erwerben.
Die belangte Behörde konnte sohin rechtlich unbedenklich von der besagten finalen Verknüpfung der Errichtung der Doppelhaushälfte mit dem Grundstückserwerb ausgehen.
In Anbetracht dieser eindeutigen Feststellungen konnte der Beschwerdeargumentation, wonach die Verträge über das Haus einerseits und das Grundstück andererseits in keinem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stünden, nicht gefolgt werden.
Die anteiligen Baukosten in Höhe von € 57.500,00 sind daher Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.
Der angefochtene Bescheid entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der Schwerpunkt des Verfahrens lag auf der Sachverhaltsebene (Bauherreneigenschaft der Käufer), die einer Revision nicht zugänglich ist (vgl. etwa , unter Hinweis auf den Beschluss vom , Ra 2016/16/0006, mwN).
Im Übrigen konnte sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfrage (Bauherreneigenschaft) auf die im Erkenntnis zitierte (umfangreiche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.
Eine ordentliche Revision ist daher gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100644.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at