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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.04.2022, RV/4100497/2020

Rechtsmittelfrist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. H.P in der Beschwerdesache Dr. A.J, vertreten durch M. P, Steuerberaterin, G 12, PLZ K, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Spittal Villach vom betreffend Einkommensteuer 2015, 2016 und 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang, Sachverhalt:

Einkommensteuerbescheide vom

Das Finanzamt erließ am gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf.) für die Jahre 2015 und 2016 im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO), neue Einkommensteuerbescheide, mit welchem die bisherigen Sachbescheide abgeändert wurden. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 erging als Erstbescheid.

Beschwerde und Antrag auf Wiedereinsetzung vom :

Mit den schriftlichen Eingaben in der Databox vom brachte der Bf. drei Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide vom ein. Er begründete die Beschwerden damit, dass er infolge seiner damaligen Arbeitsüberlastung (Studium neben gleichzeitiger Lehrtätigkeit) die Frist für die Eingabe einer Beschwerde gegen die Einkommensteuerveranlagungen der Jahre 2015, 2016 und 2017 übersehen habe. Er habe sich bei Abgabe der Erklärungen hinsichtlich der Haushaltszugehörigkeit seiner Tochter geirrt und nicht die richtige Auswahl getroffen. Tatsächlich gehöre die Tochter seinem Haushalt an und sei er demnach nicht bloß Unterhaltszahler.
Weiters wären Ausbildungskosten nicht berücksichtigt worden, die Voraussetzung für die Erlangung einer Lehrbefugnis gewesen sind. Beantragt wurde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Wiederaufnahme der Verfahren wurde angeregt.

Abweisungsbescheid (Wiedereinsetzung) vom :

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom den Antrag auf Wiedereinsetzung ab. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 308 Abs 1 BAO gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen sei, wenn die Partei glaubhaft mache, dass sie durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten.
Ein Verschulden an der Versäumung der Frist hindere die Wiedereinsetzung dann nicht, wenn es sich um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Vorliegen eines Irrtums für sich alleine ohne Hinzutreten triftiger Gründe stelle kein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar und vermag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu begründen. Der Abweisungsbescheid erwuchs in Rechtskraft.

Einkommensteuer, Beschwerdevorentscheidungen vom :

In der Folge wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidungen vom die Beschwerden vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2015, 2016 und 2017 vom als verspätet eingebracht zurück.

Fristverlängerungsansuchen:

Mit Fristverlängerungsansuchen vom und ersuchte der Bf. um Verlängerung der Beschwerdefrist um jeweils einen Monat. Ein Grund für die beantragte Fristverlängerung wurde nicht angegeben.

Am beantragte der Bf. die Fristverlängerung bis zum . Begründend wurde auf die Arbeitsbelastung und die beginnende Urlaubszeit verwiesen.

Am beantragte der Bf. neuerlich die Fristverlängerung bis infolge einer Erkrankung.

Vorlageanträge vom :

Mit dem Vorlageantrag vom , 22:00:11, beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde vom betreffend den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2015 vom (Beschwerdevorentscheidung vom ) ;
mit dem Vorlageantrag vom , 22:01:05, beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde vom betreffend den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2016 vom (Beschwerdevorentscheidung vom ) und

mit dem Vorlageantrag vom , 22:00:11, beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde vom betreffend den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2017.vom (Beschwerdevorentscheidung vom ).

Begründend führte der Bf., vertreten durch seine Steuerberaterin aus, dass die "ursprüngliche Wiederaufnahme seitens des Finanzamtes sachlich nicht gerechtfertigt war".

Vorlagebericht:

Das Finanzamt übermittelte mit Vorlagebericht vom die Akten dem BFG und beantragte die Zurückweisung der Beschwerden vom gegen die Einkommensteuerbescheide vom wegen verspäteter Einbringung.

Begründend wurde ausgeführt, dass im Hinblick auf die einmonatige Beschwerdefrist gemäß § 245 Abs. 1 BAO die Beschwerden verspätet eingebracht wurden. Die Zurückweisung der Beschwerden sei zu Recht erfolgt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Nach § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

Gemäß § 86a Abs. 1 BAO können Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (FinanzOnline-Verordnung 2006 - FOnV 2006), BGBl. II Nr. 97/2006 idF BGBl. II Nr. 114/2009, regelt diese Verordnung automationsunterstützte Datenübertragungen in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), Erledigungen (§ 97 Abs. 3 BAO) und Akteneinsicht (§ 90a BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen.

Zufolge § 1 Abs. 2 FOnV 2006 ist die automationsunterstützte Datenübertragung zulässig für die Funktionen, die dem jeweiligen Teilnehmer in Finanz-Online (https://finanzonline.bmf.gv.at) zur Verfügung stehen. Die für eine Datenstromübermittlung und für eine Übermittlung mittels eines Webservices erforderlichen organisatorischen und technischen Spezifikationen (zB XML-Struktur; WSDL) sind auf der Website des Bundesministeriums für Finanzen (https://www.bmf.gv.at) abrufbar zu halten.

§ 5 FOnV 2006 - "Unbeachtliche Anbringen" - lautet:

"Andere als die in den Funktionen gemäß § 1 Abs. 2 dem jeweiligen Teilnehmer zur Verfügung gestellten Anbringen sind, ungeachtet einer allfälligen tatsächlichen Übermittlung in FinanzOnline, unbeachtlich. Die in § 1 Abs. 2 letzter Satz angesprochenen Datenübertragungen gelten überdies als erst dann eingebracht, wenn sie in zur vollständigen Weiterbearbeitung geeigneter Form bei der Behörde einlangen. Anbringen, die technisch erfolgreich übermittelt wurden, hat die Abgabenbehörde in geeigneter Weise zu bestätigen; insbesondere sind im Sinne des vorhergehenden Satzes unbeachtliche Anbringen kenntlich zu machen."

Gemäß § 243 BAO sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden an ein Verwaltungsgericht zulässig, soweit die Abgabenvorschriften nichts anderes bestimmen.

Gemäß § 245 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Gemäß § 245 Abs. 3 BAO ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Gemäß § 245 Abs. 4 zweiter Satz BAO kann in den Fällen des § 245 Abs. 3 BAO die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.

Für die Fristberechnung gelten § 108 Abs. 2, 3 und 4 BAO, die folgendermaßen lauten:

Abs. 2: Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Abs. 3: Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Abs. 4: Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.

Eine Bescheidbeschwerde ist gemäß § 260 Abs. 1 BAO mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Unter Bedachtnahme auf die vorhin dargestellte Rechtslage war den Beschwerde aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden:

Es ist im vorliegenden Fall unbestritten, dass die Beschwerden am im Dialogverfahren in FinanzOnline mehr als ein Jahr verspätet eingebracht worden sind. Damit verbunden wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Antrag wurde damit begründet, es liege ein Versehen vor.

Das Finanzamt hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geprüft und mit Abweisungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Wiedereinsetzungsgrund Arbeitsüberlastung infolge eines Studiums neben einer Lehrtätigkeit an der Universität keinen ausreichenden Grund für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darstellt. Schließlich rechtfertige auch die Begründung, er habe versehentlich die Frist versäumt, die Wiedereinsetzung nicht.

Im vorliegenden Sachverhalt sind die Vorlageanträge am um 22:00:11 (Einkommensteuer 2015); um 22:01:05 (Einkommensteuer 2016) und um 22:02.18 (Einkommensteuer 2017) innerhalb der wiederholt verlängerten Rechtsmittelfrist erstellt worden. Nach Ansicht des erkennenden Richters sind die Vorlageanträge bis spätestens 24:00 im Zentralrechner der BRZ GmbH eingelangt.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens steht fest, dass die Beschwerden verspätet eingebracht worden sind. Nach Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung mit Bescheid vom waren die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide mit Beschwerdevorentscheidungen vom zu Recht gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO zurückzuweisen.
Schließlich gilt auch zu berücksichtigen, dass der Bf. die Rechtsmittelfrist um mehr als ein Jahr versäumt hat. Die Arbeitsüberlastung infolge der Abhaltung von Lehrveranstaltungen bei gleichzeitigem Absolvieren eines Studiums stellen kein unvorhersehbares, unabwendbares Ereignis dar. Vielmehr liegt dabei eine Kumulation von Beruf und Studium vor, welche ein geplantes Handeln, Wirken und Tun voraussetzt.

Die Zurückweisung der Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2015, 2016 und 2017 erfolgte sohin zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der vorliegenden Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Vielmehr ergibt sich die Entscheidung bezüglich der Rechtzeitigkeit der im Dialogverfahren in FinanzOnline eingebrachten Beschwerde zwingend aus der Bestimmung des § 5 FOnV 2006; die Revision ist somit nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 108 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 86a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100497.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at