Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2022, RV/2100724/2019

1.) Stundungsansuchen wird damit begründet, dass der Grundlagenbescheid, obwohl bereits rechtskräftig geworden, rechtswidrig ist. 2.) Keine Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse. 3.) Keine Darlegung der erheblichen Härte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Steiermark GmbH Wtp u Stb, Schubertstraße 62, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit elektronisch eingebrachtem Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer (Bf.) die Stundung des auf dem Abgabenkonto ausgewiesenen Abgabenrückstandes von € 56.207,41 bis .

Mit Bescheid vom wurde dieser Antrag vom Finanzamt mit der Begründung abgewiesen, dass in einem Antrag auf Zahlungserleichterung alle Umstände darzulegen seien, welche die Bewilligung von Zahlungserleichterungen rechtfertigen würden. Die Begründung des Antrages reiche für eine stattgebende Erledigung nicht aus.

Am langte eine Beschwerde vom ein, in der vorgebracht wurde:

"Wie in unserem Stundungsantrag vom bereits ausgeführt, stammt der Rückstand am Abgabenkonto aus der Verbuchung (Buchungsdatum ) von Abgaben, welche sich aus einer bereits abgeschlossenen GPLA ergeben haben. Die diesbezüglichen Bescheide wurden - wie wir erst jetzt bemerkt haben - in die Databox des persönlichen FinOn-Zuganges von Bf. zugestellt. Bf. hat diese elektronische Zustellung leider nicht bemerkt, weil er von dieser Möglichkeit einer Bescheidzustellung keine Kenntnis hatte und immer auf die Zustellung der Bescheide per Post gewartet hat.
Das Einzelunternehmen des
Bf., aus dem sich die hier gegenständlichen Nachforderungen ergeben, wurde gem. Art. III UmgrStG in die XP GmbH (St.Nr. 65-180/4668) eingebracht, sodass auch die sich aus dieser GPLA-Prüfung ergebenden Nachzahlungen uE aufgrund der Rechtsnachfolge nun auf das Steuerkonto der GmbH umzubuchen sind.
Dies ergibt sich aus den entsprechenden Regelungen im hier beiliegenden Einbringungsvertrag (Beilage 1), wobei wir insbesondere auf die Punkte 4.1.b, 4.3 und 4.4. (erg: verweisen). Damit sind unseres Erachtens sämtlich nachträglich hervorkommenden Verbindlichkeiten, die mit dem Betrieb des damaligen Einzelunternehmens zusammenhängen, als von der GmbH zu übernehmen anzusehen. Es gilt hier auch § 38 UGB. Danach gehen die zum Zeitpunkt der Unternehmensübergabe begründeten Verbindlichkeiten (auch wenn diese später erst - wie im Zuge einer nachträglichen GPLA - evident werden) auf die übernehmende GmbH über. Eine unmittelbare Inanspruchnahme des Einbringenden ist somit nicht zulässig.
Dieser (zivilrechtliche) Übergang der Verbindlichkeiten ist auch steuerlich zu beachten, und unabhängig von dem uns bekannten Grundsatz zu sehen, dass es bei Einbringungen gem. Art. Ill UmgrStG nur ertragsteuerlich eine Rückwirkung gibt.
In diesem Sinne haben wir auch bereits am einen Antrag gestellt, die hier gegenständlichen Abgaben auf das Steuerkonto der GmbH umzubuchen (Beilage 2). Dieser Antrag wurde bis dato noch nicht beantwortet.
Dass unsere Rechtsauffassung berechtigt ist, ergibt sich auch aus der Forderungsanmeldung seitens der GKK im Zuge des lnsolvenzverfahrens bei der
XP GmbH (Beilage 3). Die GKK hat bereits die sich aus der gegenständlichen GPLA ergebenden Nachforderungen an Sozialversicherungsbeiträgen auf das Beitragskonto der XP GmbH umgebucht und als Konkursforderung im Insolvenzverfahren angemeldet.
Auf Basis dieser Ausführungen ersuchen wir daher den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Ansprüche direkt bei der
XP GmbH geltend zu machen.
Ergänzend stellen wir erneut den Antrag gem. § 212 BAO auf Stundung des gesamten Abgabenrückstandes bis zur Klärung dieser Rechtsfrage, mindestens jedoch bis zum ."

In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde als Begründung angegeben, dass die beantragte Stundungsfrist bereits abgelaufen sei.

Im Vorlageantrag vom wurde dagegen ausgeführt, dass die Abweisung der Beschwerde mit der Begründung erfolgt sei, dass die begehrte Stundungsfrist abgelaufen sei.
Tatsächlich seien in der Beschwerde - die vollinhaltlich aufrecht erhalten werde - Argumente angeführt, auf Basis deren man zum Schluss komme, dass der Abgabenrückstand auf dem Steuerkonto des Bf. dem Grunde nach nicht bestehe, sondern aufgrund einer im Vorfeld erfolgten Umgründung auf das Steuerkonto der XP GmbH umzubuchen sei.
Im Zuge der Beschwerde sei auch folgenden Stundungsantrag (Zitat) eingebracht worden:
"Ergänzend stellen wir erneut den Antrag gem. § 212 BAO auf Stundung des gesamten Abgabenrückstandes bis zur Klärung dieser Rechtsfrage, mindestens jedoch bis zum ."
Über diese Sachfrage sei seitens des Finanzamtes nicht abgesprochen worden, sondern es wurde nur nach Ablauf des die Beschwerde abgewiesen. Da die von uns beantragte Stundungsfrist mangels Klärung der Rechtsfrage somit noch gar nicht abgelaufen sei, sei die Beschwerdevorentscheidung rechtswidrig.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der oben dargestellte Verfahrensgang findet im Akteninhalt Deckung, wird auch von den Parteien nicht in Abrede gestellt und wird somit zum Sachverhalt erhoben.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hie zu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Für die bescheidmäßige Bewilligung einer Zahlungserleichterung müssen sämtliche gesetzlich vorgesehenen Bedingungen erfüllt sein. Es ist daher zu prüfen, ob die sofortige (volle) Entrichtung der Abgaben eine erhebliche Härte darstellt und die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Erst bei Vorliegen all dieser Voraussetzungen steht es im Ermessen der Abgabenbehörde, die beantragte Zahlungserleichterung zu bewilligen. Fehlt hingegen auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern die Behörde hat diesfalls den Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen. Zudem stellt die Bewilligung der Zahlungserleichterung eine Begünstigung dar.

Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Der Begünstigungswerber hat daher darzulegen, dass die sofortige Entrichtung der aushaftenden Abgabenschuld mit erheblicher Härte verbunden ist, wobei deren Einbringlichkeit nicht gefährdet werde (). Erst ein konkretes Vorbringen des Bf., aus welchen Gründen die sofortige Einhebung des Rückstandes für ihn mit einer erheblichen Härte verbunden wäre, ermöglicht eine Überprüfung des Vorbringens auf seine Stichhaltigkeit.

Sind alle Voraussetzungen für Zahlungserleichterungen gegeben, so liegt die Bewilligung im Ermessen der Behörde. Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren ().

Das Vorhandensein ausreichender flüssiger Mittel oder auch nur veräußerbaren oder belastungsfähigen Vermögens kann zur Verneinung der erheblichen Härte führen, wobei lediglich eine Verschleuderung des Vermögens nicht verlangt werden darf ().

Im Stundungsansuchen hat der Bf. kein Vorbringen zu seiner Einkommens- und Vermögenssituation getätigt. Im Beschwerdeschreiben erschöpft sich das diesbezügliche Vorbringen des Bf. in dem Hinweis, dass die zur Vorschreibung gelangte Abgabennachforderung nicht dem Bf. als Einzelunternehmer, sondern nach einer Art. III - Umgründung auf die nunmehr bestehende GmbH umzubuchen sei.

Das gesamte Vorbringen im Verwaltungsverfahren zum Stundungsansuchen lässt eine Aussage zur Frage der Gefährdung der Einbringlichkeit bzw. zum Vorliegen von Vermögenswerten überhaupt vermissen.

Damit hat der Beschwerdeführer weder die Abgabenbehörde noch das Bundesfinanzgericht ausreichend in die Lage versetzt zu beurteilen, ob die Einziehung der antragsgegenständlichen Abgaben bei ihm zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten (im Sinne einer mit erheblichen Härten verbundenen Entrichtung) führt. Dass - für die Ermessensentscheidung wesentlich - die Vorschreibung der lohnabhängigen Abgaben klar und eindeutig unrichtig seien, die Bescheide also offenkundige, klare Fehler enthielten, deren Beseitigung im Rechtsweg zu gewärtigen wäre, hat der Beschwerdeführer im Übrigen weder mit seiner bloßen Behauptung im Stundungsansuchen noch mit dem für das Bundesfinanzgericht in diesem Beschwerdeverfahren sachverhaltsmäßig zu wenig konkretisierten Vorbringen im Beschwerdeschreiben ausreichend dargetan. Dass die Abgabenbescheide, auf die sich die Nachforderungen gründen, dadurch rechtskräftig wurden, dass der Bf. nicht in seine Databox bei FinOn nachgesehen hat, kann in einem ZE-Verfahren gem. § 212 BAO nicht mehr saniert werden.

Auch wenn im Innenverhältnis laut Sacheinlage- und Einbringungsvertrag die Verbindlichkeiten auf die GmbH übergehen, so ändert das nichts daran, dass die aufnehmende GmbH nicht als Gesamtrechtsnachfolgerin des Einzelunternehmens gilt. Somit wurden die Abgabenbescheide nach einer GPLA-Prüfung gesetzeskonform erlassen. Dass die sog. Rückwirkungsfiktion nur ertragsteuerlich zu beachten ist, gibt der Bf. im Beschwerdeschriftsatz selbst zu erkennen.

Die Bescheidbeschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzungen im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung nicht vorliegen, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.2100724.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at