Zur Tabaksteuerpflicht von Cannabis-Blüten ("Marihuana").
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1380/2022 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision eingebracht. Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2024/16/0006.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/1200005/2020-RS1 | Hanfblüten sind iSd § 3 Abs. 3 Z 1 TabakStG (Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU) „anders zerkleinert“ weil sie "ohne industrielle Fertigung zum Rauchen geeignet sind". Aus diesem Grund sind sie auch ein Steuergegenstand im Sinne des Tabaksteuergesetzes. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ECA Pfanner und Farmer Steuerberatung GmbH, Seestraße 12, 6971 Hard, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom betreffend Tabaksteuer, Einfuhrumsatzsteuer und Verzugszinsen, GZ 920000/***1***/2019 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom , Zahl: 920000/***1***/2019 wurden der Bf. bezüglich zweier Rechnungen folgende Abgaben vorgeschrieben: Tabaksteuer: € 29.853,20, EUSt: € 9.936,53 und Verzugszinsen: € 880,54. Das Zollamt sah es als erwiesen, dass die von den Rechnungen RE-00132 und RE-00255 erfassten Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht wurden. Neben der EUSt (§ 26 Abs. 1 iVm Art. 79 Abs. 1 UZK), sei auch die Tabaksteuer entstanden, weil die Produkte die Eigenschaftsmerkmale eines Steuergegenstandes nach § 3 Abs. 3 und 6 TabStG erfüllten. Sie bestünden zur Gänze aus anderen Stoffen als Tabak und seien "anders zerkleinert und ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen geeignet". Von der Vorschreibung erfasst waren folgende Produkte: "ggstl. Produkte" (im Folgenden: ggstl. Produkte).
Die belangte Behörde ging im Bescheid vom folgenden Sachverhalt aus:
"Am meldete die Spediteurin (im Folgenden: Spediteurin) für die Bf. (im Folgenden: Bf. oder Abgabenschuldnerin) getrocknete Hanfblüten zur Überlassung zum freien Verkehr an. Der Anmeldung lag die Rechnung Nr 141 vom der schweizerische_Herstellerin/Versenderin (im Folgenden: schweizerische Herstellerin/Versenderin), zugrunde. Auf Antrag der Anmelderin wurden Muster entnommen und an die Technische Untersuchungsanstalt übermittelt. Mit ETOS-Befunden Nr 2082, 2084, 2085 und 2086/2018 stellte das Zollamt Wien fest, dass die Waren in die Warenposition 1211 9086 90 einzureihen seien und der THC-Gehalt unter 0,2% liege. Die Waren wurden in der Folge nicht überlassen, sondern in die Schweiz zurückbefördert und nach Absprache mit der Abgabenschuldnerin an die Herstellerin/Versenderin ausgefolgt. Die Anmeldung wurde für ungültig erklärt.
Am meldete die Spediteurin für die Abgabenschuldnerin wiederum getrocknete Hanfblüten zur Überlassung zum freien Verkehr an. Der Anmeldung lag die Rechnung Nr 165 vom der schweizerischen Herstellerin/Versenderin zugrunde. Auf Antrag der Anmelderin wurden Muster entnommen und an die Technische Untersuchungsanstalt übermittelt. Mit ETOS-Befunden Nr 2371 bis 2374/2018 stellte das Zollamt Wien fest, dass die Waren in die Warenposition 1211 9086 90 einzureihen seien und der THC-Gehalt unter 0,2% lieg. Die Waren wurden in der Folge ebenfalls nicht überlassen, sondern in die Schweiz zurückbefördert und nach Absprache mit der Abgabenschuldnerin an die schweizerische Herstellerin/Versenderin ausgefolgt. Die Anmeldung wurde für ungültig erklärt.
Im Dezember 2018 wurde dem Zollamt bekannt, dass in der Tankstelle derPPPP Hanfblüten der schweizerischen Herstellerin/Versenderin zum Kauf angeboten werden. Daraufhin leitete das Zollamt Ermittlungen ein. Im Mai 2019 legte die Steuerberaterin der Abgabenschuldnerin Buchhaltungsunterlagen vor. Aus diesen ergibt sich, dass die Abgabenschuldnerin mit Rechnungsnummern RE-00132 vom und RE-00255 vom Hanfblüten von der schweizerischen Herstellerin/Versenderin bezogen hatte. In der Buchhaltung wurden diese Erwerbe unter Konto 5041 Wareneinkauf Drittland ohne Ausweis von Umsatzsteuer erfasst.
Daher forderte das Zollamt die Abgabenschuldnerin auf, den Nachweis der Verzollung zu führen. Mit Mail vom antwortete die Steuerberaterin, die Abgabenschuldnerin habe mitgeteilt, dass die Spediteurin mit der Verzollung beauftragt worden sei. Diese habe mitgeteilt, dass die Ware vor der Einfuhr wieder zurückgeschickt worden sei.
Diese Auskunft betrifft jedoch offensichtlich die eingangs erwähnten Einfuhrversuche mit den Rechnungen 141 und 165. Mit Schreiben vom teilte das Zollamt der Abgabenschuldnerin zur Wahrung des rechtlichen Gehörs mit, dass es davon ausgehe, dass die von den Rechnungen RE-00132 und RE-00255 der schweizerischen Herstellerin/Versenderin erfassten Waren durch die Abgabenschuldnerin oder in ihrer Verantwortung vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht wurden oder sie zumindest zum Zeitpunkt des Erwerbs oder der Inbesitznahme der Waren davon wusste oder vernünftigerweise davon hätte wissen müssen. Die Steuerberaterin antwortete mit Schreiben vom , dass die Abgabenschuldnerin keinerlei Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht oder ein vorschriftswidriges Verbringen veranlasst habe. Sie bestelle bei der schweizerischen Versenderin Waren. Es sei vereinbart, dass Transport und Verzollung durch den Lieferanten erfolge. Auf das Schreiben vom hin sei bei der schweizerischen Herstellerin/Versenderin zur Warenbewegung und zu den Vermutungen nachgefragt worden. Auf diese Nachfrage hin habe die schweizerische Versenderin vorab der Abgabenschuldnerin einen Rechnungsbeleg der Unternehmen_mit_Sitz_in_England (Unternehmen mit Sitz in England) übermittelt und telefonisch versichert, dass sämtliche abgabenrechtliche Verpflichtungen von der schweizerischen Versenderin vollständig und korrekt erledigt worden seien und keinerlei vorschriftswidriges Handeln vorliege. Dieser Beleg liegt dem Schreiben bei. Es handelt sich um die Rechnung Nr aaaa an die schweizerische Herstellerin/Versenderin vom über VAT 577,12 £ Duty 52,47 £ und Freight Switzerland to UK and Austria 900,00 £."
In der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt:
Bei den gegenständlichen Produkten handle es sich ausschließlich um Cannabisprodukte, die "in Form von getrockneten Blüten von Hanf (Cannabis) weder zerkleinert noch geschnitten angeboten wurden" ("Marihuana"). Die Behörde gehe fehl in ihrer im Bescheid nicht begründeten Einschätzung, dass es sich bei den Waren um "Erzeugnisse handelt, die gem. § 3 (6) TabStG zur Gänze aus anderen Stoffen als Tabak bestehen und nicht ausschließlich medizinischen Zwecken dienen, jedoch die sonstigen Erfordernisse des Abs. 3 Z 1 leg cit erfüllen (anders zerkleinert und ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen geeignet)."
Eine Einreihung der Produkte in die Warenposition 2403 19 "Rauchtabak, auch teilweise oder ganz aus Tabakersatzstoffen" des Kapitels "Tabak und verarbeitete Tabakersatzstoffe" erfolgte weder von der Technischen Untersuchungsanstalt, noch vom Zollamt Wien."
Die Behörde lasse in ihrer steuerlichen Würdigung die Ergebnisse der Technischen Untersuchungsanstalt (idF kurz TUA) unberücksichtigt. Diese erstellte zwecks Einreihung zur Einfuhr von Cannabisblüten die ETOS-Befunde 2082/2018, 2084/2018, 2085/2018, 2086/2018, 2371/2018, 2372/2018, 2373/2018 und 2374/2018. Das Zollamt Wien stellte daraufhin fest, dass die Waren in die " Warenposition 1211 9086 90 "andere Pflanzenteile" des Kapitels "Ölsamen und ölhaltige Früchte; verschiedene Samen und Früchte; Pflanzen zum Gewerbe- oder Heilgebrauch; Stroh und Futter" einzureihen seien (Beilage)."
Hätte die Behörde rechtskonform die für die Festsetzung einer Tabaksteuer erforderliche Differenzierung der Produkte sorgfältig und unter Beachtung der ihr vorgelegten Unterlagen vorgenommen, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass die Tabaksteuer weder nach nationalem Recht noch nach EU-Richtlinien festzusetzen ist."
Des Weiteren dürfe nicht besteuert werden, weil Cannabis nicht dem Tabakmonopolgesetz unterliege, aus diesem Grunde dürfen derartige Erzeugnisse auch nicht besteuert werden. Überdies sei die politische Willensbildung noch nicht abgeschlossen; Zitat: Zeitschrift "Profil".
Die Bf. führt weiters aus, dass auch den Erläuterungen zur Änderung der Suchtgiftverordnung vom lediglich zu entnehmen war, dass, sofern Nutzhanfprodukte als Rauchwaren angeboten werden, die Bedingungen des Bundesgesetzes über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen-bzw. Nichtraucherschutz (Tabak-und Nichtraucherinnen-bzw. TNRSG) gelte. Es war sohin nicht die Absicht der Politik, Cannabisprodukte zu besteuern, […] keine Rede von Tabaksteuer oder Tabakmonopol".
Die Behörde greife mit der Festsetzung der Tabaksteuer für die gegenständlichen Cannabisprodukte "auch der politischen Willensbildung in unrechtmäßigerweise vor". An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass in Österreich rund 300 registrierte Unternehmen solche und vergleichbare Cannabisprodukte ohne Belastung durch eine Tabaksteuer legal verkaufen. Darüber hinaus habe die Bf. von Beginn an beim zuständigen Bundesministerium schriftliche Anfragen gestellt, die schon über ein Jahr unbeantwortet sind - die Festsetzung von Verzugszinsen sei auch aus diesem Grund nicht verständlich.
Im Falle einer künftigen gesetzlichen Regelung, die eine allfällige Verbrauchsteuer für Cannabisprodukte normieren würde, wird diese schon aufgrund der großen Preisunterschiede zwischen Tabak- und Cannabisprodukten (100 g Pfeifentabak ca. EUR 10, während 100 g Cannabisblüten ca. EUR 1.000 kosten), insbesondere auch hinsichtlich der Höhe der Steuersätze und/oder der Bemessungsgrundlagen, von den für Tabakprodukte anzuwendenden Bestimmungen des § 4 TabStG abweichend gestaltet sein. Die Beschwerde richtet sich daher auch gegen die Berechnungsgrundlagen, die bei der Festsetzung der Tabaksteuer herangezogen wurden.
Die der Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer zugrundeliegenden Eingangsrechnungen RE- 00132 und RE-00255 waren in der Finanzbuchhaltung zu stornieren, da diese Lieferungen letztlich nicht stattgefunden haben. Es erfolgte keine Einfuhr von der Schweiz nach Österreich. Die von der Bf. verkauften Produkte wurden in England von der Firma HHHH geliefert.
In der Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: 920000/yyyyy/2019 betont die belangte Behörde, dass die erste verfahrensgegenständliche Rechnung vom einen Rabatthinweis von 50% beinhalte. Die Behauptung, dass keine Einfuhr stattgefunden habe, sei jedenfalls unglaubwürdig. Überdies verkaufe die Herstellerin/Versenderin Hanfblüten in der Schweiz mit einem Warnhinweis, dass sie zum Rauchen bestimmt und geeignet seien. Ob die politische Willensbildung abgeschlossen sei oder nicht, sei unerheblich, weil das Zollamt zur Vollziehung des Tabaksteuergesetzes zuständig ist (§ 42 Abs. 2 TabStG iVm § 27 Abs. 1 Z 2 AVOG.
Mit Schreiben vom bringt der Bf. einen Vorlageantrag ein. Im Wesentlichen werden zwar die bereits erfolgten Einwendungen wiederholt, aber vertiefend begründet:
Die Bf. bringt zunächst neuerlich vor, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Produkten ausschließlich um Cannabisprodukte handle, die in Form von getrockneten Blüten von Hanf (Cannabis) weder zerkleinert noch geschnitten angeboten werden". Die Produkte seien handelbar, weil sie den THC-Gehalt von 0,3% nicht überschreiten; der Wirkstoff CBD (Cannabidiol) sei nach Anlage I.1.a. Suchtgiftverordnung nicht unter das Suchtmittelgesetz zu subsumieren.
Die Bf. führt aus, dass es sich bei den Produkten, weder um Zigaretten (§ 3 Abs. 2 TabStG, nicht um Zigarren oder Zigarillos iSd § 3 Abs. 1 TabStG, nicht um Feinschnitt iSd § 3 Abs. 4 TabStG handle. Es handle sich auch um keinen Tabak zum Erhitzen iSd § 3 Abs. 7 und Abs. 8 TabStG und eine Subsumierung unter § 3 Abs. 3 Z 2 TabStG scheide ebenfalls aus, weil es sich bei Hanfblüten um keine Abfälle im Sinne des TabStG handle. Hanfblüten seien auch nicht unter Rauchtabak ISd § 3 Abs. 3 Z 1 TabStG zu subsumieren, da diese geschnitten oder anders zerkleinert, gesponnen oder in Platten gepresst sein müsste. Das "Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz - TNRSG) sei aber unzweifelhaft anwendbar und auch Warnhinweise seien anzubringen, weil es sich um pflanzliche Raucherzeugnisse handle, (Anm.: "ausgelobt sind").
Der Bescheid der Abgabenbehörde sei aber mangelhaft begründet, weil nicht ausgeführt werden, welche Eigenschaften die ggstl. Produkte iSd § 3 Abs. 3 Z 1 TabStG erfüllen würden. Es handle sich vielmehr um "ganze Blüten", die weder geschnitten, noch anders zerkleinert, noch gesponnen oder in Platten gepresst sind" Wenn § 3 Abs. 3 Z 1 TabakStG von "geschnittenen oder anders zerkleinerten Tabak spricht, dann sind die Blätter der Tabakpflanze gemeint und nicht die gesamte Pflanze". Gleiches gelte für die Blüten der Hanfgewächse, genau diese seien ungeschnitten, unzerkleinert, nicht gesponnen und auch nicht in Platten gepresst. Dies lasse sich auch den ETOS_Befunden entnehmen, die von "gelbbräunlich-grünen, getrockneten Blütenständen (Rispen) mit behaartem Stängel und süßlichem Geruch" spreche.
Zusammenfassend werde festgestellt, dass
- es sich ausschließlich um Cannabisprodukte handelt, die in Form von getrockneten Blüten von Hanf (Cannabis) weder zerkleinert noch geschnitten angeboten wurden.
- eine Einordnung dieser Produkte in die Warenposition 2403 19 "Rauchtabak, auch teilweise oder ganz aus Tabakersatzstoffen" des Kapitels "Tabak und verarbeitete Tabakersatzstoffe" weder von der Technischen Untersuchungsanstalt, noch vom Zollamt Wien Zentralstelle für Verbindliche Tolltarifauskünfte (ZVZ) erfolgte (Anm: wohl gemeint "Zolltarifauskünfte").
- Die entsprechenden ETOS-Befunde wurden beigelegt der Tabakverkauf in Österreich durch das Tabakmonopolgesetz ausschließlich über die Trafik bestimmt ist und diese Cannabisprodukte nicht dem Tabakmonopolgesetz unterliegen. Die Besteuerung mit der Tabaksteuer ist auch aus diesem Grunde nicht rechtskonform.
- eine Rechtsnorm, die Cannabisprodukte einer zusätzlichen Verbrauchsteuer - ähnlich der Tabaksteuer - unterwerfen, derzeit nicht vorliegt und die politische Willensbildung hinsichtlich einer möglichen Normierung einer solchen nicht abgeschlossen ist."
Dier Behörde greife einer politischen Willensbildung vor, eine entsprechende Anfrage beim zuständigen Bundesministerium blieb unbeantwortet; es wurde noch nie Tabaksteuer für Cannabisprodukte festgesetzt, es ist auch nie eine Einreihung in 240319 erfolgt und auch in einem E-Mail an den Geschäftsführer der Bf. sei darauf nicht hingewiesen worden.
Auch eine Einreihung in 240319 der KN sei nicht erfolgt. Eine Rechtsnorm, die Cannabisprodukte besteuere, existiere derzeit nicht. Überdies widerspreche eine Erhebung der Tabaksteuer europäischem Recht und den verfassungsrechtlichen Grundrechten, insbesondere dem Gleichheitsgrundsatz und dem Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung - Verweis auf Beilage 2 (Anm. "pauschaler Verweis auf das gesamte Dokument ohne Seitenangabe"). Auch sei die Berechnungsgrundlage falsch - Verweis ebenso auf Beilage 2 (Anm. ebenso pauschaler Verweis ohne Seitenangabe)
In dieser Beilage 2, auf die die Bf. pauschal verweist, befasst sich der Wirtschaftsverband Cannabis Austria" mit dem Themenkomplex: "Pflanzliche Raucherzeugnisse (Cannabisblüten) und Tabaksteuer- bzw. Tabakmonopolgesetz auf 21 Seiten. Im Zuge der geschichtlichen Entwicklung der Besteuerung von Tabak wird betont, dass es verschiedene Erzeugnisgruppen gäbe, die unterschiedlich steuerlich zu behandeln seien (etwa Rauchtabak und sonstiger Tabak, elektronische Zigaretten, Tabak und Cannabisprodukte). Ein eigener Steuersatz für Cannabisprodukte fehle derzeit, dieser sei gesetzlich nicht normiert, weil auch keine Erzeugnisgruppe definiert sei; ein eigenes Cannabissteuergesetz sei nicht beschlossen worden. Des Weiteren wird in der Stellungnahme die Rechtsprechung des VfGH zum Tabakmonopolgesetz sowie die Erwägungen des VfGH zu Gesundheitsschutz und Jugendschutz erläutert. Auch auf die Sicherung der Einkünfte von Tabaktrafikanten sowie das Recht auf Erwerbsausübung in Zusammenhang mit dem Tabakmonopolgesetz wird verwiesen. Zuletzt verweist die Stellungnahme auf eine parlamentarische Anfragebeantwortung, ein Informationsschreiben des BMASGK sowie diverse Beiträge in der Trafikantenzeitung. Zuletzt wird als Fazit festgehalten:
1. "In den Erzeugnisgruppen des Tabaksteuergesetzes soll Gleiches nicht ungleich und Ungleiches nicht unsachlich gleich eingestuft werden. Eine entsprechende Definition ist notwendig, um eine klare Abgrenzung zu Tabakwaren zu ermöglichen und außerdem entscheidend, um weiterhin eine detaillierte statistische Erhebung vornehmen und ein entsprechendes Konsumverhalten feststellen zu können - also die Erfassung, welche Produkte in Österreich in welcher Menge konsumiert werden.
2. Die Unterwerfung von Cannabis unter das Tabakmonopol wäre ein unverhältnismäßiger, durch die angestrebten Ziele des Gesundheits- und Jugendschutzes nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit und hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Aufhebung des gesamten Tabakmonopols durch den VfGH zur Folge.
3. Sämtliche Stellungnahmen durch die Politik bzw. die zuständigen Behörden - insbesondere das BMF - bestätigen, dass eine tabakmonopolrechtliche Einstufung von Cannabisblüten bislang NICHT vorgenommen wurde. Sollte man Cannabis in Österreich dennoch im Tabaksteuergesetz einordnen wollen, wäre dies durch die oben zitierten Aussagen und Signale an die Cannabishändler keinesfalls rückwirkend zulässig."
Zum Steuersatz wird ergänzend eingewandt (Seite 11 der Stellungnahme), dass sich Rauchtabak und Cannabisblüten durch den Preis unterscheiden. So koste 100g Pfeifentabak ca. 10 Euro, 100g Cannabisblüten hingegen 1000 Euro. Das würde zu einem Steuersatz von € 3400 je Kilogramm führen. Die Berechnung könnte jedenfalls nicht nach den Berechnungsgrundlagen folgen, die Tabakwaren zugrunde liegen.
Im Vorlageantrag selbst wird sohin weiter ausgeführt, dass der Rückschluss, dass der bloße Warnhinweis auf eine Tabaksteuerpflicht spreche, sei falsch. Die TUA Wien habe überdies festgestellt, dass es sich um keine Rauchwaren handle, sondern in die Warenposition 1211 9086 90 einzureihen sei als "andere Pflanzenteile".
Im weiteren Verfahren wurde die Bf. aufgefordert entsprechende Muster beizubringen; dies wurde mit dem Hinweis unterlassen, dass solche nicht mehr vorliegen, weil sie nicht mehr vertrieben werden. Überdies sei im laufenden Jahr 2021 laut Finanzbuchhaltung 01-06/2021 bisher lediglich EUR 7.088,33 Erlöse erwirtschaftet worden, wovon EUR 4.166,67 aus der Veräußerung von Anlagevermögens resultieren, sohin der Umsatz aus Warenverkäufen im Zeitraum 01-06/2021 lediglich netto EUR 2.921,66 beträgt. Im Vorjahr betrug der Jahresumsatz 2020 netto EUR 11.054,41. Eingekauft wurden im Jahr 2021 bisher Waren für netto EUR 1.980,10 vom Lieferanten UnternehmenZ. Im Jahr 2020 sei kein Wareneinkauf vorgenommen worden. Auf die Anforderung der Einkaufsrechnungen aus England wurde vorgebracht, dass keine Rechnung des Unternehmens "HHHH" vorliege. Beleganforderungen seien ins Leere gegangen; die damaligen Geschäftspartner seien nicht mehr erreichbar gewesen. Es wurde neuerlich ausgeführt, dass keine Einfuhr von Waren aus der Schweiz stattgefunden habe.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
1. Rechtliche Beurteilung
1.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Art. 79 UZK lautet:
(1) Für einfuhrabgabenpflichtige Waren entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn Folgendes nicht erfüllt ist:
a) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, auf das Entziehen dieser Waren aus der zollamtlichen Überwachung oder auf die Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwahrung, vorübergehende Verwendung oder Verwertung dieser Waren in diesem Gebiet …
(3) In den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben a und b ist Zollschuldner,
a) wer die betreffenden Verpflichtungen zu erfüllen hatte,
b) wer wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass eine zollrechtliche Verpflichtung nicht erfüllt war, und für Rechnung der Person handelte, die diese Verpflichtung zu erfüllen hatte, oder an der Handlung beteiligt war, die zur Nichterfüllung der Verpflichtung führte,
c) wer die betreffenden Waren erworben oder in Besitz genommen hat und zum Zeitpunkt des Erwerbs oder der Inbesitznahme der Waren wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass eine zollrechtliche Verpflichtung nicht erfüllt war.
Art. 114 Abs. 2 UZK lautet: Entsteht die Zollschuld aufgrund von Artikel 79 …, so werden ab dem Tag des Entstehens der Zollschuld bis zum Tag der Mitteilung der Zollschuld Verzugszinsen auf den Einfuhrabgabenbetrag berechnet.
Art. 14 Abs. 1 UZK lautet: Jede Person kann bei den Zollbehörden Informationen über die Anwendung der zollrechtlichen Vorschriften beantragen. Ein solcher Antrag kann abgelehnt werden, sofern er sich nicht auf eine tatsächlich beabsichtigte Tätigkeit in Zusammenhang mit dem internationalen Warenverkehr bezieht.
§ 2 Abs. 1 ZollR-DG lautet: Das Zollrecht …, soweit sie sich auf die Einfuhr oder Ausfuhr von Waren beziehen, gelten weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.
Art. 1 RL 2011/64/EU lautet:
Die vorliegende Richtlinie bestimmt allgemeine Grundsätze für die Harmonisierung der Struktur und der Sätze der Verbrauchsteuern, denen die Tabakwaren in den Mitgliedstaaten unterliegen.
Art. 2 RL 2011/64/EU lautet:
(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie umfasst der Begriff "Tabakwaren":
a) Zigaretten;
b) Zigarren und Zigarillos;
c) Rauchtabak:
i) Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten,
ii) anderen Rauchtabak.
(2) Zigaretten und Rauchtabak gleichgestellt sind Erzeugnisse, die ausschließlich oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, aber den übrigen Kriterien des Artikels 3 oder des Artikels 5 Absatz 1 entsprechen. Abweichend von Unterabsatz 1 gelten Erzeugnisse, die keinen Tabak enthalten, nicht als Tabakwaren, falls sie ausschließlich medizinischen Zwecken dienen.
Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU lautet:
Für die Zwecke dieser Richtlinie umfasst der Begriff "Rauchtabak":
a) geschnittenen oder anders zerkleinerten, gesponnenen oder in Platten gepressten Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet;
b) zum Einzelverkauf aufgemachte und zum Rauchen geeignete Tabakabfälle, die nicht unter Artikel 3 und Artikel 4 Absatz 1 fallen. Für die Zwecke dieses Artikels gelten als Tabakabfälle Überreste von Tabakblättern und bei der Verarbeitung von Tabak oder bei der Herstellung von Tabakwaren anfallende Nebenerzeugnisse.
§ 25 Abs. 3 TabStG lautet: Für die Erhebung der Tabaksteuer (z. Erg: in der Einfuhr) gelten, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß die Zollvorschriften.
§ 1 (1) TabStG lautet: Tabakwaren, die im Steuergebiet hergestellt oder in das Steuergebiet eingebracht werden, unterliegen einer Verbrauchsteuer (Tabaksteuer).
§ 2 Z 3 TabStG lautet: Tabakwaren im Sinne dieses Bundesgesetzes sind: Rauchtabak (Feinschnitt für selbstgedrehte Zigaretten und anderer Rauchtabak).
§ 3 TabStG lautet: …
(3) Rauchtabak sind
1. geschnittener oder anders zerkleinerter, gesponnener oder in Platten gepresster Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet, oder 2. zum Rauchen geeignete und für den Einzelverkauf aufgemachte Tabakabfälle, die nicht Tabakwaren nach Abs. 1 oder 2 sind. Für die Zwecke dieses Absatzes gelten als "Tabakabfälle" Überreste von Tabakblättern und bei der Verarbeitung von Tabak oder bei der Herstellung von Tabakwaren anfallende Nebenerzeugnisse.
…
(6) Als Zigaretten oder Rauchtabak gelten auch Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen und die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 2 oder 3 erfüllen. Erzeugnisse, die keinen Tabak enthalten, gelten nicht als Tabakwaren, wenn sie ausschließlich medizinischen Zwecken dienen.
§ 4 (1) TabStG lautet: Die Tabaksteuer beträgt:
… 4. für anderen Rauchtabak 34% des Kleinverkaufspreises.
§ 5 TabStG lautet:
(1) Kleinverkaufspreis ist der Preis, zu dem Tabakwaren von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr an Verbraucher abzugeben sind ... Abgaben, denen die Tabakwaren unterliegen, gehören zum Kleinverkaufspreis.
(2) Für Tabakwaren, für die ein Verkaufspreis im Sinne des Abs. 1 nicht besteht, gilt als Kleinverkaufspreis der Preis, der für diese Tabakwaren von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Abgabe an den Verbraucher erzielbar wäre.
Nach Anhang I der Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Verkehr und die Gebarung mit Suchtgiften (Suchtgiftverordnung - SV), StF: BGBl. II Nr. 374/1997 idgF gelten die Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze, ("Cannabis" oder "Marihuana"), grundsätzlich als Suchtgift, nicht aber wenn der Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3 % nicht übersteigt. Gleiches gilt für Produkte aus den Blüten- und Fruchtständen dieser Nutzhanfsorten, wenn der Gehalt an Tetrahydrocannabinol vor, während und nach dem Produktionsprozess 0,3 % nicht übersteigt.
Entsprechend den Einwendungen der Bf. wird ausgeführt:
Grundsätzliches
Außer Streit steht zunächst, wie auch die Bf. einräumt, dass es sich bei den ggstl. Produkten um "Cannabis-Blüten" ("Marihuana") handelt, die zum Rauchen geeignet sind und üblicherweise auch geraucht werden. Dies entspricht sowohl dem Wortlaut des § 1 Z 1d TNRSG (… "pflanzliches Raucherzeugnis" ein Erzeugnis auf der Grundlage von Pflanzen, Kräutern oder Früchten, das keinen Tabak enthält und mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden kann.") als auch der Judikatur des VwGH, der in E v , Ro 2020/11/0002 ausgesprochen hat, dass getrocknete Hanfblüten nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise (wenn auch nicht ausschließlich) zum Rauchen verwendet werden. Sohin ist festzuhalten, dass zumindest Marihuana (wegen seiner grundsätzlichen Eignung geraucht zu werden) der Besteuerung unterliegen kann (könnte). Sohin ist es freilich auch nicht der bloße Warnhinweis auf den Packungen selbst, der zu einer Steuerpflicht führen kann (könnte), wie die Bf. zu Recht ausführt; dieser Hinweis trägt nur dem Umstand Rechnung, dass sich Hanfblüten schon objektiv betrachtet zum Rauchen eignen, sind sohin die Folge der Raucheignung; zur Raucheignung s schon LVwG NÖ , LVwG-AV-433/001-2019; LVwG W , VGW-021/020/4055/2020-12.
Außer Streit steht auch, dass es sich bei den gegenständlichen Produkten um kein Suchtgift handelt und das Suchtmittelgesetz einem In-Verkehr-Bringen nicht entgegensteht; Schwaighofer, Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit von CBD(Cannabidiol), ZfG 2021, 4; Bicker, Cannabis: Begrifflichkeiten, Wirkstoffe und toxikologische Aspekte, Österreichische Zeitschrift für das ärztliche Gutachten (DAG) 1/2019, 3. Dies ist aber ohnehin weder von der belangten Behörde, noch von der Bf. selbst bestritten worden. Dass die Bf. solche Produkte vertreibt, ergibt sich aus einer Anfragebeantwortung sowie ETOS-Befunden, die allesamt einen sehr niedrigen THC-Gehalt von weniger als 0,3% aufwiesen. Überdies lässt sich die Produktpalette der Homepage der Bf. entnehmen.
Zustand und Beschaffenheit von Cannabisblüten als Steuergegenstand:
Die Bf. führt zunächst aus, dass es sich bei den Produkten, weder um Zigaretten (§ 3 Abs. 2 TabStG, noch um Zigarren oder Zigarillos iSd § 3 Abs. 1 TabStG und auch nicht um Feinschnitt iSd § 3 Abs. 4 TabStG handle. Es handle sich auch um keinen Tabak zum Erhitzen iSd § 3 Abs. 7 und Abs. 8 TabStG und eine Subsumierung unter § 3 Abs. 3 Z 2 TabStG scheide ebenfalls aus, weil es sich bei Hanfblüten um keine Abfälle im Sinne des TabStG handle.
Den Ausführungen der Bf. ist zuzustimmen, allerdings hat die Zollbehörde eine Steuerpflicht aufgrund dieser oa Bestimmungen ohnehin nicht angenommen, sondern nur und ausschließlich auf § 3 Abs. 3 Z 1 und Abs. 6 TabStG abgestellt, sodass nur zu prüfen ist, ob die ggstl. Waren die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Z 1 und Abs. 6 TabStG erfüllen. Auch Tabakabfälle liegen freilich nicht vor; .
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass Marihuana dh Cannabis-Blüten, in den Bestimmungen der RL 2011/64/EU und auch im österreichischen Tabaksteuergesetz in der Tat nicht ausdrücklich genannt ist, wie die Bf. zu Recht ausführt. In Art. 2 Abs. 1 RL 2011/64/EU wird jedoch der Begriff "Tabakwaren" für die Zwecke ihrer Anwendung definiert; dabei werden die Tabakwaren in mehrere Kategorien eingeteilt (Zigaretten, Zigarren und Zigarillos, Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten und anderer Rauchtabak).
Nach Art. 2 Abs. 2 RL 2011/64/EU ist es nicht zwingend, dass diese Erzeugnisse aus Tabak bestehen müssen; s. Art. 3 und Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU. Dieser unionsrechtlichen Struktur folgt auch die hier anzuwendende Bestimmung der § 3 Abs. 3 Z 1 und Abs. 6 TabStG. Im Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 RL 2011/64/EU hat der Unionsrechtsetzer die Art dieser Stoffe nicht näher bestimmt, so dass mit der Wendung "ausschließlich" oder "teilweise" aus anderen Stoffen als Tabak bestehend weder irgendein mit Tabak mischbarer Stoff ausgeschlossen noch ausdrücklich verlangt wird, dass der Tabak mit bestimmten Stoffen gemischt wird; , Skonis ir kvapas Rz 28; es geht bloß um die Verwendungseignung "Rauchen", sofern weitere Voraussetzungen (Art. 5 Abs. 1 Buchst. a RL 2011/64/EU) erfüllt sind.
Aus diesem Grund hat der Rechtsetzer auch "Erzeugnisse, die teilweise (Anm. oder zur Gänze) aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, in vollem Umfang Rauchtabak gleichgestellt"; so ist, wie der EuGH ausgesprochen hat, nicht zwischen den verschiedenen Stoffen (Tabak oder nicht Tabak) zu unterscheiden; , Skonis ir kvapas Rz 49. Art. 1 RL 2011/64/EU bestimmt deswegen allgemeine Grundsätze und die Mindestsätze der Verbrauchsteuern auf alle Tabakwaren und zwar auch für solche, die zur Gänze oder nur teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen und formt daraus die Steuergegenstände anhand der oa Kategorien; vgl (ohne ausdrücklich auf andere Stoffe abzustellen); Jatzke, Europäisches Verbrauchsteuerrecht (2016) 123 E 2. Entscheidend ist, dass es nicht auf die Austauschbarkeit des rauchbaren Stoffes mit Tabak ankommt; selbst unterschiedliche Rauchgewohnheiten schaden nicht, weil der Unionsrechtsetzer eben nicht auf "Tabakersatzprodukte" abgestellt hat. Es kann jeglicher Stoff besteuert werden, sofern er nur den weiteren Voraussetzungen der RL entspricht und geraucht werden kann; anders zB nach schweizerischem Recht (§ 3 Tabaksteuerverordnung, TStV; s BG , 2C_348/2019); s zu diesem Punkt vgl auch vZTA , DEBTI20644/19-1.
Entsprechend dem Willen des Normsetzers können als Rauchtabak nach der ständigen Rechtsprechung der Finanzgerichte de lege lata sohin auch Erzeugnisse gelten, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen; zu "Tabakersatzstoffen" s . Steuerpflichtig sind auch Kräuterzigaretten, die zB aus verschiedenen Kräutern bestehen wie etwa Zimt (Cinamomum spp.), Curcuma (Curcuma longa = Gelbwurzel), Baldrianwurzel (Valeriana officinalis), Süßholzwurzel (Glycerrhiza glabra L.) und anderen Kräutern, sofern nicht nachgewiesen werden kann, dass der Genuss dieser Zigaretten ausschließlich medizinischen Zwecken dient. Sie sind steuerpflichtig, obwohl sie weder Nikotin noch Tabak enthalten; s. . Selbst ein Melassemix aus Trockenfrüchten (Mischung aus ca. 70 % Trockenfrüchten und ca. 30 % Melassemix) kann der Tabaksteuer unterliegen, sofern diese Mischung zum Rauchen geeignet ist; FG Hamburg, , 4 V 271/17; zum Produkt Melasa-Kräuter-Hukka s EC (2014), Study on the measuring and reducing of administrative costs for economic operators and tax authorities and obtaining in parallel a higher level of compliance and security in imposing excise duties on tobacco products (Bieber/Summersberger gemeinsam mit Ramboll) 228. Es ist sohin nicht entscheidend, ob ein Erzeugnis Tabak und Nikotin enthält, sofern ob weitere normierte Eigenschaftsvoraussetzungen erfüllt sind und sich das Produkt zum Rauchen eignet; s FG Hamburg , 4 K 124/08. Diesen Grundsatz hat auch der EuGH bestätigt; s , Skonis ir kvapas UAB; vgl auch , A. C. Smits-Koolhoven zu Zigaretten ohne Tabak. Erzeugnisse, die keinen Tabak enthalten, gelten gem. § 3 Abs. 6 letzter Satz TabStG 1995 nur dann nicht als Tabakwaren, wenn sie ausschließlich medizinischen Zwecken dienen. Derartige Erzeugnisse unterliegen nicht der Tabaksteuer. Im Unterschied zur zolltariflichen Einreihung stellt § 3 Abs. 6 letzter Satz TabStG 1995 hinsichtlich der Verbrauchsteuerpflicht von Erzeugnissen, auf den Verwendungszweck ab; vgl auch die Anfrage an das Europäische Parlament E-721/02 vom .
Es ist sohin fest zu halten: Marihuana (Cannabis-Blüten) sind grundsätzlich rauchbar und deswegen sind sie grundsätzlich geeignet, den tabaksteuerlichen Vorschriften unterworfen zu werden. Sohin geht der Hinweis der Bf, dass Marihuana (Cannabis-Blüten) als eigener Steuergegenstand zu definieren sei, schon deswegen ins Leere, weil Stoffe, die keinen Tabak enthalten dem Grunde nach von den tabaksteuerlichen Vorschriften ohnehin erfasst sind. Sofern die Bf. nun davon spricht, dass die Erzeugnisgruppe "Cannabis" fehle und deswegen Cannabis schon dem Grunde nach nicht besteuert werden könne (Seite 2 ff der Beilage 2) übersieht sie, dass die Tabaksteuerrichtlinie eine Reihe von Kategorien definiert. Sohin handelt es sich bei "anderer Rauchtabak" um eine Kategorie von Waren, bei denen es sich weder um die "Zigaretten" noch um Zigarren, Zigarillos oder Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten handelt. Dass sich vor allem Zigarren und Zigarillos in der Art zu Rauchen unterscheiden, wie die Bf. ausführt, mag zwar stimmen, ist aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Gegenstand des Verfahrens ist ob "anderer Rauchtabak" iSd § 3 Abs. 3 Z 1 und Abs. 6 TabStG (s auch Art. 2 Abs. 2 iVm Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU) vorliegt. Dass Marihuana geraucht werden kann und auch geraucht wird und sich dafür eignet, darüber besteht nach Ansicht des Gerichts überhaupt kein Zweifel und wurde dies ja auch entsprechend belegt und hat auch die Bf. ja selbst darauf verwiesen, wie am Beginn der Erwägungsgründe ausgeführt wurde; zur Eignung von Stoffen s Harings/Jürgens, Eko-Tabak und kein Ende? Die (ungewollten?) Auswirkungen eines EuGH-Urteils in der Praxis, ZfZ 2021, 263 (268) mwN. Sohin kann das Fehlen einer "Erzeugnisgruppe" nicht erfolgreich eingewendet werden, weil die Kategorie "anderer Rauchtabak" existiert.
Rechtserheblich ist aber, ob die Produkte iSd § 3 Abs. 3 Z 1 und Abs. 6 TabStG "geschnitten oder anders zerkleinert, gesponnenen oder in Platten gepresst sind und ob sich diese Produkte ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignen"; s auch Art. 2 Abs. 2 iVm Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU.
Die Bf. vergleicht nun - und das ist nach Ansicht des BFG der Kern des Vorbringens - die Blüte mit einem Tabakblatt: Weil erst die entsprechende Zustandsform eines Tabakblattes einen tabaksteuerpflichtigen Gegenstand (="Rauchtabak" iSd § 3 Abs. 3 Z 1 TabStG) generiere, müsse dies gleichermaßen auch die verfahrensgegenständliche Blüte selbst gelten: Nur die Zerschneidung oder andere Zerkleinerung der Blüte generiere einen Steuergegenstand. Sohin setzt die Bf. das - noch nicht steuerbare und steuerpflichtige - ganze Tabakblatt mit der ebenfalls noch ganzen Hanfblüte gleich. Sohin sei auch die Hanfblüte weder steuerbar noch steuerpflichtig, weil sie eben in keiner Weise zerkleinert worden sei.
Der Bf. ist nun zunächst freilich Recht zu geben, dass ein ganzes Tabakblatt kein Steuergegenstand sein kann. Es muss zunächst von der Pflanze abgeschnitten und danach getrocknet werden.
Abbildung: Symbolfoto, www.piqsels.com (lizenfrei)
Erst in der Folge wird das Tabakblatt zerkleinert; erst durch diese Zerkleinerung wird es in einen Zustand gebracht, der es erlaubt, dass sich der Gegenstand - ohne weitere industrielle Bearbeitung - zum Rauchen eignet. Erst in diesem Zustand unterliegt sie der Besteuerung, wird sie zum Steuergegenstand, wobei schon eine sehr geringe Zerkleinerung ausreichend ist; Verbindliche Zolltarifauskunft , ATBTID2018000720-1; s. https://ec.europa.eu/taxation_customs/dds2/ebti/ebti_home.jsp?Lang=de.
Sohin ist in der Folge zu untersuchen, ob die ganze Hanfblüte (Marihuana) auch steuerlich einem ganzen Tabakblatt gleicht mit der Folge, dass eine Steuerpflicht für die ganze Hanfblüte zu verneinen wäre. Dazu ist vorerst näher auszuführen:
Der Hanf gehört zu der Familie der Cannabaceae (früher auch Cannabinaceae), wobei grundsätzlich zwischen Faser- und Öl sowie Rauschhanf zu unterscheiden ist; Miedaner, Genusspflanzen (2018) 87; s auch Bicker, Cannabis: Begrifflichkeiten, Wirkstoffe und toxikologische Aspekte, Österreichische Zeitschrift für das ärztliche Gutachten (DAG) 1/2019, 3.
Die häufigsten Formen von pflanzlichem Cannabis sind die getrockneten Blüten und Blätter der weiblichen Hanfpflanze (Marihuana, umgangssprachlich: "Gras"); Schneider/Hoch/ Simon/Pfeiffer-Gerschel/Kraus/Häuser/Lutz, Cannabis, Cannabinoide und das Endocannabinoidsystem in Hoch/Friemel/Schneider (Hrsg), Cannabis. Potential und Risiko. Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme (2019) 2: " Die einjährige Pflanze bildet nur einen Stiel aus, der eine Höhe von bis zu 5 m erreichen kann. Die krautige Hanfpflanze ist diözisch (zweihäusig). Die weibliche Pflanze (Hanfhenne) ist größer, dichter belaubt und später reif als die männliche Form, die als Femelhanf bezeichnet wird." Verwendet werden vor allem die "harzreichen Blütenstände der weiblichen Pflanze, in geringerem Umfang auch die der männlichen"; Geschwinde, Rauschdrogen. Marktformen und Wirkungsweisen8 (2018) Rz 50.
In der Regel bestehen Blütenstände aus zahlreichen Blütenköpfen, zumeist eng mit Blättern verbunden, wie an den folgenden zwei Abbildungen zu erkenne ist ("Inflorescences consist of numerous flower heads that can be found on long, leafy stems from each leaf axil"; Farag/Kayser (Technical University Dortmund, Technical Biochemistry Dortmund), The Cannabis Plant: Botanical Aspects in Preedy, Handbook of Cannabis (2016) 3. […] "dicht beblätterte Blütenstände"; s Bocsa/Karus, Der Hanfanbau. Botanik, Sorten. Anbau und Ernte (1997) 114.
Abbildungen: Symbolfoto, www.piqsels.com (lizenfrei)
Die Ernte der weiblichen Pflanzen erfolgt regelmäßig nach der Blüte, wobei die Pflanze in der Folge verarbeitet wird und zwar zu: Cannabis-Kraut bzw. -Blütenstände (Marihuana), Cannabis-Harz (Haschisch) und Cannabis-Konzentrat (Haschischöl). In der Folge kann das Marihuana sehr einfach geraucht werden: "Die grob zerkleinerten, gelegentlich durch kontrolliertes Schimmeln fermentierten Blätter werden mit den oberen Abschnitten der Blüten und Stängelanteilen ("flower top") unter Verwendung eines Deckblattes mit Tabak zu kegelförmigen […] "Joints" gerollt"; Geschwinde, Rauschdrogen. Marktformen und Wirkungsweisen8 (2018) Rz 52-54; zu den Gewinnungsarten s auch Köhler, Rauschdrogen und andere psychotrope Substanzen (2014) 121. Bei der Herstellung von Cannabis-Produkten werden zuweilen auch Blätter (Triebspitzen), manchmal auch Stängel; Blattmaterial hingegen wird als Verschnittstoff verwendet; Geschwinde, Rauschdrogen. Marktformen und Wirkungsweisen8 (2018) Rz 51.
Die Bf. führt nun aus, die ggstl. Produkte nicht steuerpflichtig wären, weil die Gegenstände keine Rauchwaren im Sinne des iSd § 3 Abs. 3 Z 1 und Abs. 6 TabStG sein können. Nur wenn sie gesponnen oder in Platten gepresst oder zerschnitten oder anders zerkleinert seien, wäre eine Steuerpflicht zu rechtfertigen; s auch Art. 2 Abs. 2 iVm Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU.
Die vier verfahrensgegenständlichen Produkte gleichen sich insofern, als Hanfblüten in kleinen durchsichtigen Kunststoffpäckchen verpackt sind und zu einem Preis zwischen 7 und 11/g verkauft werden (siehe Abbildung):
[...]
Da dieses Erkenntnis auch veröffentlicht wird, soll auf ein Symbolfoto verwiesen werden, die eine vergleichbare Hanfblüte (vergrößerte Darstellung) zeigt.
Abbildung: Symbolfoto (piqsels.com-lizenfrei)
Sohin kann nun - schon aufgrund der Abbildungen, weil die Bf. trotz Aufforderung keine Muster vorgelegt hat, da sie nicht mehr verfügbar waren - schon festgehalten werden, dass die ggstl. Produkte weder gesponnen, in Platten gepresst und auch nicht zerschnitten wurden. Sohin scheidet eine Steuerpflicht aufgrund dieser Zustandsformen aus. Es könnte aber allenfalls sein, dass sie "anders zerkleinert" sind. Die belangte Behörde hat einen solchen Zustand im angefochtenen Bescheid angenommen, weil ein solcher Zustand eine Steuerpflicht begründet. Wie der Generalanwalt Nils Wahl zur Auslegung des "Zerkleinerns" in der RS Eko-Tabak schon ausgeführt hat, lässt sich aus einem Vergleich der Sprachfassungen nicht gesichert folgen, was darunter zu verstehen ist, weil sogar schon ein einfacher Riss ausreichen könnte, wie der englischen, der dänischen und der schwedischen Sprachfassung zu entnehmen sei; Schlussanträge des Generalanwalts Nils vom in der Rs C-638/15, Eko-Tabak s. r. o. gegen Generální ředitelství cel Rz 22 FN 7. Nach der Rsp des EuGH ist beim Begriff "anders zerkleinert" zur Ermittlung seiner Bedeutung auf den allgemeinen, dem Ausdruck gemeinhin zuerkannten Sinn abzustellen; der EuGH spricht von einer Zerkleinerung oder Aufteilung ohne Schneidewerkzeug; , Eko-Tabak Rz 28 mwN.
Eine Besteuerung ist gerechtfertigt wenn das Produkt wegen des gesponnenen, zerschnittenen, anders zerkleinerten oder in Platten gepressten Zustands ohne industrielle Fertigung zum Rauchen geeignet ist: Wie schon der Generalanwalt Jacobs in der RS Kommission/Deutschland ausgeführt hat, umfasst diese Voraussetzung "praktisch jeden Vorgang bei dem ein Raucher seine Zigarette aus vorgefertigten Bestandteilen selbst herstellt; , Kommission/Deutschland Rz 31 mit Verweis auf Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs v. , EU:C:2005:476 Rz 25) zu "West Single Packs". Hintergrund dieses Verfahrens war der (leicht durchführbare) nicht industrielle Vorgang der darin bestand, dass der Bestandteil "West Single Packs" in seiner Aluminiumverpackung in eine Zigarettenpapierhülse eingeführt wurde. Danach wurde nur mehr die Verpackung entfernt, wobei der Tabak in der Hülse blieb; , Kommission/Deutschland Rz 31. Zwar erging diese Rechtsprechung in Zusammenhang mit einer anderen Norm, als Abgrenzung zwischen industrieller und nichtindustrieller Fertigung ist sie aber nach Ansicht des Gerichts tauglich; s auch Schlussanträge des Generalanwalt Jacobs v. , EU:C:2005:476 Rz 37-39. Der EuGH hat in Eko-Tabak diese Grundsätze wiederholt; , Eko-Tabak Rz 31 mwN.
Wie bereits ausgeführt wurde, ist die Herstellung von "Joints" besonders einfach: "Die grob zerkleinerten, gelegentlich durch kontrolliertes Schimmeln fermentierten Blätter werden mit den oberen Abschnitten der Blüten und Stängelanteilen ("flower top") unter Verwendung eines Deckblattes mit Tabak zu kegelförmigen […] "Joints" gerollt"; Geschwinde, Rauschdrogen. Marktformen und Wirkungsweisen8 (2018) Rz 52-54. Freilich können auch Hanfblüten in zigarettenähnlicher Form ("Joint") mittels "Wuzelpapier" und mit Mischung aus Tabak geraucht werden; es ist geradezu typisch, dass Marihuana mit Tabak vermischt vorwiegend in Zigarettenform geraucht wird; Köhler, Rauschdrogen und andere psychotrope Substanzen (2014) 122. Einer industriellen Fertigung bedarf es nicht; es reicht das Reiben der getrockneten Hanfblüte zwischen Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger (oder der Verwendung eines so genannten "Grinders") um eine weitere Zerkleinerung zu erreichen. So gesehen befinden sich die in Rede stehenden Hanfblüten schon in einer Form, dass sie - ohne weitere industrielle Fertigung - geraucht werden können. Sofern die Bf. aber ausführt, dass die Hanfblüten nicht "anders zerkleinert" worden sind, da sie ja unbehandelt in den Handel gelangen, weil sie im Zuge des Herstellungsvorganges von - wohl gemeint von einem Menschen/Maschine - nicht weiter zerkleinert worden wären, kann das Gericht dieser Meinung nicht folgen:
Zunächst deswegen, weil auch Hanfblüten von der Pflanze entfernt und dieser Pflanzenteil von überschüssigen Blättern befreit werden muss. Auch müssen die Blüten und Blätter ebenso getrocknet und zerteilt werden, so betrachtet ist das schon ein Zerkleinerungsvorgang, der verbrauchsteuerlich erheblich und ausreichend ist. Schon deswegen sind die Blüten iSd § 3 Abs. 3 Z 1 TabakStG (Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU) "anders zerkleinert".
Aber selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgen sollte, ändert das nichts: Nach Ansicht des Gerichts nimmt der Rechtsetzer in § 3 Abs. 3 Z 1 TabakStG (Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU) zwar als Regelfall an, dass eine Pflanze oder ein Pflanzenteil durch einen Menschen von Hand oder durch Gebrauch einer Maschine, dh durch mechanisches Einwirken, zerkleinert wird, das ist aber in Art und Ausmaß nicht zwingend und auch nicht in jedem Fall gleichbleibend. Es kommt auf die Art der Pflanze an weil es ja nicht zwingend ist, dass ein Tabakblatt verarbeitet wird, sondern es können auch Cannabis, Kräuter oder andere Stoffe verarbeitet, dh zerkleinert werden, weil sie als rauchbare Stoffe dem Tabak gleichgestellt sind. Verspinnen, Zerschneiden oder Pressen verlangen freilich ausnahmslos ein Tun eines Menschen oder das Betreiben einer Maschine, nicht aber ein "anders zerkleinern". Der Zustand des "anders zerkleinern" kann vielmehr auch ohne Zutun eines Menschen oder den Gebrauch einer Maschine erreicht werden, weil das biologische Wachstum von Wirtschaftsgütern so angelegt sein kann, dass das Endprodukt schon ("wie gewachsen") einen Zustand erreicht, der es erlaubt, das Produkt ohne weitere industrielle Fertigung zu rauchen: Kraft der Natur hat es in Gestalt der (abgeschnittenen) Blüte den Zustand eines "anders zerkleinern" bereits erreicht und gelangt in dieser Form auch in den Handel, an den Endverbraucher. Die Bf, die - offensichtlich unbeachtet der Größe des Pflanzenteils - zwingend ein menschliches Tun und damit auch ein Zerkleinern über das in § 3 Abs. 3 Z 1 TabStG (Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU) erforderliche und gebotene Maß hinaus verlangt, verengt sohin den Wortlaut der Norm des Art.5 Abs. 1 RL 2011/64/EU beträchtlich, weil der Wortlaut nicht nur Anfang sondern auch die Grenze der Interpretation bleibt; Kofler in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2. Aufl. 2020, Auslegung und Anwendung des harmonisierten Steuerrecht Rz 13.3. Überdies ist es ja das Telos der Norm (ohne an dieser Stelle schon auf Erwägungsgründe eingehen zu müssen), einen Gegenstand in einem entsprechenden Zustand, nicht aber ein menschliches Tun ("zerkleinern") zu besteuern, das nicht einmal erforderlich ist, weil der zu besteuernde Gegenstand die erforderliche Größe ("Kleinheit") ohnehin bereits erreicht hat. Sohin bleibt es aus der Sicht des BFG auch unerheblich, ob Pflanzen (hier: Cannabisblüte) handgepflückt oder mittels Geräten/Maschinen geerntet werden, sofern sie nur einen Zustand erreichen, der in Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU normiert ist.
Dass die ggstl. Produkte in diesem Sinne "anders zerkleinert" sind, ist den Abbildungen der "Homepage" zu entnehmen; kann sich darüber hinaus aber auch auf die acht ETOS-Befunde stützen, in denen ausgeführt wird: Inhalt/Aussehen: "Gelbbräunlich-grüne, getrocknete Blütenstände (Rispen) mit behaartem Stängel und süßlichem Geruch. Untersuchungsergebnis: Die Blütenstände, deren Blätter mit gelblich-weißen, mit Harz verklebten Haaren besetzt sind, erweisen sich als getrocknete Blüten von Hanf (Cannabis)."
Der Tarifierungsvorschlag lautet in jedem der acht Fälle: 1211908690. Die Technische Untersuchungsanstalt (TUA) verweist neben den Allgemeinen Vorschriften zur Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) 1 und 6 auf die Erläuterungen zum HS zu Position 1211 sowie zur Unterposition 12119086 Ziffer 1. Nach den Erläuterungen zur Position 1211 ist Cannabis eben in diese Position einzureihen ("Cannabis sativa"). Nach den Erläuterungen zur Unterposition 12119086 Ziffer 1 gehören in diese Position "Teile der Cannabis-Pflanze". Marihuana ist als Teil der Hanfpflanze, als Cannabisblüte entsprechend des Untersuchungsergebnisse und der Abbildung sohin "anders zerkleinert" iSd § 3 Abs. 3 Z 1 TabStG (Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU). Für eine andere Einreihung in eine andere Position ist sohin kein Raum und wäre dies rechtsirrig.
Überdies betont der EuGH in ständiger Rechtsprechung, dass "der Wortlaut der Bestimmung […] sowie die Ziele und das System der Richtlinie zu berücksichtigen..[..] sind"; Kofler in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2. Aufl. 2020, Rz 13.5 mwN: So wird im Erwägungsgrund 2 zur RL 2011/64/EU betont, dass die Steuervorschriften der Union für Tabakwaren das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau […] gewährleisten und berücksichtigen sollen, dass Tabakwaren schwere gesundheitliche Schäden verursachen können. Im Erwägungsgrund 4 wird betont, dass die verschiedenen Tabakwarensorten, die sich voneinander durch ihre Merkmale und durch ihren Verwendungszweck unterscheiden, definiert werden sollten. Überdies sollen die Produkte nach dem Erwägungsgrund 8 einheitlich und gerecht besteuert werden; dies orientiert sich an der Definition von Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und anderem Rauchtabak. Für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes ist es notwendig, dass die Mindestverbrauchsteuern für alle Kategorien von Tabakwaren festgelegt werden (Erwägungsgrund 13).
Es würde nach Ansicht des Gerichts dem Ziel der Richtlinie, insb den Erwägungsgründen 2, 4, 8 und 13 widersprechen, Produkte, die nach Art. 5 Abs. 1 so zerkleinert sind, dass sie ohne weitere industrielle Fertigung zum Rauchen geeignet sind und auch geraucht werden, nur deswegen nicht zu besteuern, weil nicht durch menschliches Zutun eine (über das notwendige Maß des Art. 5 Abs. 1 RL hinausgehende) weitere Zerkleinerung des Gegenstandes vorgenommen wurde, obwohl schon zuvor ein Zustand erreicht wurde, der es dem Konsumenten erlaubt, mit wenigen Handgriffen sich des Konsums von Marihuana hinzugeben, wenn auch ohne berauschende Wirkung. Das würden dem Sinn der RL 2011/64/EU zur Gänze zuwiderlaufen. Ergänzend darf nämlich bemerkt werden, dass allgemein bekannt ist, dass der Konsum von Tabak ebenso wie der Konsum von Marihuana in hohem Ausmaß gesundheitsschädlich ist; selbst ein nicht regelmäßiger und seltener Konsum ist bei niedrigem THC-Gehalt - zumindest - mit dem Rauchen von Zigaretten vergleichbar; Geschwinde, Rauschdrogen. Marktformen und Wirkungsweisen8 (2018) Rz 441; Hoch/Friemel/Schneider (Hrsg); Cannabis. Potenzial und Risiko. Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme (2019) 65 ff. In der Hanfplanze finden sich mehrere hundert Inhaltsstoffe, darunter etwa "60, die der Klasse der Cannabinoide angehören"; s Köhler, Rauschdrogen und andere psychotrope Substanzen (2014) 121. Als Ausnahme mag Medizinalhanf gelten, der aber nicht Gegenstand des Verfahrens ist und wegen § 3 Abs. 6 TabStG ohnehin nicht als Tabakware gilt; zur Hanf als Arzneiware s. Hoch/Friemel/Schneider (Hsrg); Cannabis. Potenzial und Risiko. Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme (2019) 26 und 266 ff. Auch nach der Rsp des EuGH ist hinsichtlich der Wettbewerbsbedingungen und dem hohen Schutznivau der Gesundheit von Menschen zu gewährleisten, dass alle Tabakerzeugnisse, die sich zum Rauchen eignen, Zigaretten und Rauchtabak gleichgestellt werden müssen; , Skonis ir kvapas Rz 32; das gilt sohin auch für Cannabis, sofern er als "anderer Rauchtabak" einer Besteuerung unterliegt.
So sohin die Besteuerung von Tabak mit gesundheitspolitischen Gründen zu rechtfertigen ist; s Tipke, Die Steuerrechtsordnung2 (2003) § 18 1076 (1082); muss dies freilich auch für Marihuana gelten; dies im Einklang mit dem Erwägungsgrund 2 zur RL 2011/64/EU durch die Begriffsdefinition des Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU. Die ggstl. Produkte unterliegen sohin als steuerpflichtige Gegenstände dem Tabaksteuergesetz.
Zur Kombinierten Nomenklatur:
Die Bf. führt aus, dass es keine Untersuchung gebe, die die Tarifposition 240319 "Rauchtabak, auch teilweise oder ganz aus Tabakersatzstoffen" ergeben habe. Dem ist zuzustimmen. Nach den Erläuterungen zum HS sind in die Position 2403 einzureihen zB Rauchtabak, auch mit beliebigem Gehalt an Tabakersatzstoffen, zB verarbeiteter Tabak zur Verwendung in Pfeifen oder zur Herstellung von Zigaretten, Kautabak, gewöhnlich stark fermentiert und gesoßt, Schnupftabak, mehr oder weniger aromatisiert, gepresster oder gesoßter Tabak für die Schnupftabakherstellung, Verarbeitete Tabakersatzstoffe, zB Mischungen zum Rauchen, die keinen Tabak enthalten. Ausgenommen sind Erzeugnisse wie z. B. Cannabis (Pos. 1211). Zur Position 1211 908 ua Teile der Cannabis-Pflanze, auch vermischt mit anorganischen oder organischen Stoffen, die als Streckmittel dienen.
Wie an dieser Darstellung unschwer zu erkennen ist, folgt das Tabaksteuerrecht als einziges Verbrauchsteuerrecht nicht der zollrechtlichen Kombinierten Nomenklatur, sondern ist eigenständig auszulegen; s dazu die bereits ausgeführten Urteile zu steuerpflichtigen Tabakwaren, die keinen Tabak enthalten. Im Unterschied zur zolltariflichen Einreihung stellt § 3 Abs. 6 letzter Satz TabStG 1995 hinsichtlich der Verbrauchsteuerpflicht von Erzeugnissen, die keinen Tabak enthalten, nicht auf die objektiven Merkmale und Eigenschaften, sondern allein auf den Verwendungszweck ab. Außerdem ist nach der herrschenden Lehre ohnehin unbestritten, dass der hier gegenständliche Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU sich in der Tat auf eine größere Anzahl von KN-Codes bezieht, nicht nur auf eine einzige Position: Art. 5 Abs. 1 2011/64/EU (und damit auch § 3 Abs. 3 Z 1 und Abs. 6 TabStG) erfüllt die Funktion eines tabaksteuerlichen Auffangtatbestandes; s EC (2014), Study on the measuring and reducing of administrative costs for economic operators and tax authorities and obtaining in parallel a higher level of compliance and security in imposing excise duties on tobacco products (Bieber/Summersberger und Ramboll) 69. So betrachtet gehen die Ausführungen der Bf. ins Leere. Es darf an dieser Stelle nochmal auf die Untersuchungsergebnisse der ETOS- Befunde verwiesen werden (siehe oben), die den Zustand der ggstl. Produkte abbilden; die ggstl. Produkte sind sohin iSd § 3 Abs. 3 Z 1 und Abs. 6 TabStG "anders zerkleinert"; s auch Art. 2 Abs. 2 iVm Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU. Gerade dieser Zustand wird durch die ETOS-Befunde ausdrücklich bewiesen.
Höhe der Steuer:
Die Bf. vertritt überdies die Ansicht, dass die zu erhebende Steuer nicht den Berechnungsgrundlagen für Tabakwaren folgen dürfe, weil es bedeutende Preisunterschiede zwischen Rauchtabak und Cannabisblüten gebe (Beilage 2, Seite 11). So würde 100g Pfeifentabak ca 10 Euro, 100g Cannabisblüten hingegen 1000 Euro kosten. Dies würde zu einer Ungleichbehandlung bei der zu erhebenden Steuer führen. Abgesehen davon, dass die Wahl des Begriffspaares Rauchtabak versus Cannabisblüten nicht greift, weil auch Cannabis Rauchtabak sein kann, mag das BFG diesem Einwand auch sonst nicht zu folgen: Wie die Bf. nämlich zu Recht ausführt, differenziert der Gesetzgeber zwischen den verschiedenen Kategorien von Tabakwaren (je nach Verwendungszweck) auch hinsichtlich der Höhe der Steuer; s § 4 TabStG. Nach der RL 2011/64/EU wurden Mindeststeuern normiert, die vom nationalen Gesetzgeber differenziert umgesetzt wurde. Es wurden von der Zollbehörde 34% des Kleinverkaufspreises nach § 5 Abs. 2 TabStG herangezogen. Üblicherweise ist eine Verbrauchsteuer zwar eine Mengensteuer, nur eben im Tabaksteuerrecht nicht (zur Gänze); dies ist aber unionsrechtlich ausgeformt und es wird Rauchtabak einheitlich besteuert. Der bloße Umstand, dass Cannabisblüten zu einem - sehr hohen - Preis verkauft werden führt natürlich auch zu einer höheren Steuer, weil es nicht auf Mengen ankommt. Auch eine - in ihren Auswirkungen wegen des hohen Preises - sehr belastende Steuer ( wegen der Überwälzung im Ergebnis für den Verbraucher) ist nicht rechtswidrig und liegt innerhalb der Grenzen der RL 2011/64/EU im Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers; zur Überwälzung der Steuer s Bieber, Verbrauchsteuern in Österreich (2012) 15. Überdies lässt sich nach der hL eine Verbrauchsteuer auf gesundheitsschädliche Produkte ohnehin nur rechtfertigen, wenn die Steuer entsprechend hoch angesetzt wird, weil andernfalls ein Lenkungseffekt vereitelt würde; s. Tipke, Die Steuerrechtsordnung2 (2003) § 18 1076 (1082). Zur Legitimität des gesundheitspolitischen Lenkungszwecks vgl Kempf, Die Rechtfertigung der Tabaksteuer (2005) 167 ff mwN. So betrachtet erscheint dem BFG die Art und Höhe der Besteuerung rechtskonform; die Ausführungen der Bf. haben keinen Zweifel wecken können. Dass überdies die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Verzugszinsen in keinem Zusammenhang mit Anfragen an ein Bundesministerium steht, ergibt sich schon aus Art. 114 Abs. 2 UZK.
Zur Auskunft, dass die Einfuhr tabaksteuerfrei sei:
Die Bf verweist auf Ihre Anfrage bei der zentralen Auskunftsstelle Zoll vom , welche Abgaben beim Import von Cannabis-Blüten zu entrichten seien; zu diesem Zwecke legte sie einen Untersuchungsbefund bezüglich des THC-Gehaltes bei (Bezeichnung als: Pflanzenmaterial, ausgeblüht"). Die Zollbehörde (Auskunftsstelle Zoll) erteilte die Auskunft, dass nur EUSt erhoben wird (kein Hinweis auf eine mögliche Tabaksteuer). Die Gewährung eines Vertrauensschutzes, dass die Behörde tatsächlich keine Verbrauchsteuer erheben wird, scheidet nach Ansicht des BFG aber aus: Die Bf stützte sich soweit ersichtlich auf Art 14 UZK; deswegen darf auf die grundsätzliche Unverbindlichkeit der Auskunft verwiesen werden; s. Schulte in Witte, UZK7 (2018) Art 14 Rz 23. Nur in Ausnahmefällen kann Vertrauensschutz erfolgreich eingewandt werden, etwa wegen eines aktiven Irrtums. Es wurde zwar ein Untersuchungserzeugnis vorlegelegt, die genaue Beschaffenheit der Ware war aber der Behörde unbekannt, die bloße Bezeichnung "Pflanzenmaterial, ausgeblüht", ist nicht geignet, auch eine verbrauchsteuerliche zollbehördliche und zuverlässige Auskunftserteilung auszulösen. Es durfte von der Bf nicht angenommen worden sein, dass eine kurze Anfrage ohne nähere Angaben über die Beschaffenheit von Waren an eine zentrale Auskunftsstelle, schon ein wie immer geartetes Vertrauensverhältnis begründet und ein komplexes Gerichtsverfahren vorwegzunehmen geeignet ist. Überdies ist der Import aus der Schweiz, der Gegenstand dieser Anfrage war und auf das sich die Auskunft stützte, zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht verwirklicht worden, sodass zu diesem Zeitpunkt die Auskunftserteilung ohne Bezug zu einer in der Folge beabsichtigten und verwirklichten Einfuhr stand; zur Notwendigkeit einer - zumindest - beabsichtigten Einfuhr s. Summersberger, Die Auskunft im Außenwirtschaftrecht - Teil 1: Umfang und Grenzen, UFS 2004, 316 ff. Die Bf. hat selbst ausgeführt und dies ist auch aktenkundig, dass auf einen direkten und unmittelbar auf diese Auskunft anschließenden Importvorgang aus der Schweiz verzichtet wurde. Es musste der Bf. bewusst gewesen sein, dass sowohl die Tarifierung von Waren nach den zoll- und einfuhrumsatzsteuerlichen Vorschriften als auch der Zustand von Waren für die verbrauchsteuerliche Einordnung unabdingbare Voraussetzungen dafür sind, die Höhe der Importabgaben zu bestimmen. So gesehen musste der Bf. bewusst sein, dass die Zollbehörde aufgrund der - extrem dürftigen - zu Verfügung gestellten Informationen nicht im Stande sein konnte, eine Auskunft zu erteilen, die beim Anfragenden ein berechtigtes Vertrauen erwecken durfte. So betrachtet war die Zollbehörde berechtigt, eine Tabaksteuer zu erheben, weil ein Vertrauensschutz nicht zu gewähren war.
Verfassungswidrigkeit und Tabakmonopolgesetz
Zu den Einwendungen bezüglich verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte /Tabakmonopolgesetz ist auszuführen:
Soweit die Bf. darauf verweist, dass eine Besteuerung von Cannabisblüten nicht erfolgen dürfe, weil diese Produkte nicht dem Tabakmonopolgesetz unterliegen, darf festgehalten werden, dass der Prüfvorgang geradezu umgekehrt ist: Tabakerzeugnisse im Sinne des Tabakmonopolgesetz 1996 (TabMG) sind nämlich nur Tabakwaren im Sinne des § 2 des Tabaksteuergesetzes 1995. Es verhält sich sohin nicht so, wie die Bf. offenbar vermeint, dass ein Produkt nicht steuerpflichtig sei, weil es nicht dem Tabakmonopolgesetz unterliege oder weil eine Steuerpflicht nicht im Suchtmittelrecht normiert sei, sondern es unterliegt dem Tabakmonopolgesetz, wenn es steuerpflichtig ist. Sohin prüft das BFG freilich auch nicht die Breite und den Anwendungsbereich des Tabakmonopolgesetzes auf seine Verfassungskonformität, sondern lediglich ob ein Produkt steuerpflichtig ist. Insofern sind die weiteren Ausführungen hinsichtlich der Einkünfte der Tabaktrafikanten und des Tabakmonopolgesetzes nicht Gegenstand dieses Erkenntnisses. Ebenso wenig braucht sohin auch auf politische Äußerungen in diesem Zusammenhang eingegangen zu werden. Sofern sich die Bf. dann im Fazit in der Beilage wieder auf das Tabaksteuergesetz bezieht und betont, dass in den Erzeugnisgruppen des Tabaksteuergesetzes "Gleiches nicht ungleich und Ungleiches nicht unsachlich gleich eingestuft werden dürfe" und eine entsprechende Definition fehle, darf darauf verwiesen werden, dass es solche- wie bereits ausgeführt - Erzeugnisgruppen gibt und dass BFG kein Zweifel daran hat, dass für Cannabisprodukte keine neue Erzeugnisgruppe definiert werden müsse, weil es sich um "anderer Rauchtabak" iSd § 2 Z 3 TabStG handelt; eine Verletzung des Gleichheitssatzes ist nicht erkennbar.
Fehlende Einfuhr:
Die Bf betont, dass eine EUSt nicht hätte entstehen können, weil keine Einfuhr verwirklicht worden wäre. Mit Schreiben vom wurde ein Beweismittel vorgelegt, das belegen solle, dass die Bf in Importvorgänge nicht verwickelt gewesen sein soll (Rechnung der Unternehmen_mit_Sitz_in_England/schweizerische Versenderin/Herstellerin vom ). In einem anderen Schreiben (Beschwerde vom ) ist von einem englischen Unternehmen die Rede, nämlich von der HHHH, von dem die Bf. Waren bezogen haben soll. Eine Rechnung oder vergleichbare Beweismittel (Lieferscheine etc..) konnten nicht vorgebracht werden.
Auch diesem Argument mag kein Erfolg beschieden sein: Zunächst bleibt fest zu halten, dass es zwei Einfuhrversuche an der schweizerischen/österreichischen Grenze gab. In beiden Fällen wurde aber die Einfuhr nicht verwirklicht. So wurden am getrocknete Hanfblüten zur Überlassung zum freien Verkehr angemeldet (betreffend der Rechnung Nr 141 vom , schweizerische Herstellerin/Versenderin), ebenso am (Rechnung Nr 165 v ), dieselbe Herstellerin/Versenderin). In beiden Fällen wurden Muster gezogen und in beiden Fällen wurden die Waren wieder in die Schweiz verbracht, an die Herstellerin/Versenderin ausgefolgt und die Zollanmeldungen für ungültig erklärt. In diesen Fällen wurden Einfuhren in der Tat nicht verwirklicht (sind aber ohnehin nicht Gegenstand des Verfahrens). In beiden Fällen sind die Ungültigerklärung der Zollanmeldung sowie die Rechnung des Spediteurs als geeignete Beweismittel vorgelegt worden, dass die Einfuhren nicht verwirklicht worden sind.
Als Grund für die Abgabenvorschreibung betrachtet die Zollbehörde aber zwei andere Rechnungen und zwar die RE-00132 vom und die RE-00255 vom . Diese Rechnungen betrafen wieder Hanfblüten von derselben Herstellerin/Versenderin mit Sitz in der Schweiz. Die Bf. betonte dazu, dass auch diese Einfuhren nicht verwirklicht worden wären. Sie betonte, dass sämtliche abgabenrechtlichen Verpflichtungen erfüllt worden wären und dass die Waren nicht vorschriftswidrig in die Union verbracht habe. Als Beweis würde eine Rechnung eines Unternehmens mit Sitz in UK beigebracht über die Abwicklung von Zollformalitäten. Ein Beweis über eine Ungültigerklärung der Zollanmeldung oder zumindest Frachtpapiere, eine Rechnung des Spediteurs (vergleichbar zu den ersten beiden nicht verwirklichten Einfuhren) wurde nicht erbracht. Im weiteren Verfahren betonte der Berater überdies nur sehr geringe Erlöse erwirtschaftet zu haben (Anm. dies aber für das Jahr 2020 und 2021, die nicht verfahrensgegenständlich sind). Gekauft werde nunmehr in Österreich selbst (Anm.: keine Blüten). Außerdem seien die Produkte aus England von der Firma HHHH gekauft worden. Tatsächlich hat die Bf. nach der Aktenlage regelmäßig Hanfblüten an natürliche Personen und Unternehmen weiterverkauft, sodass es einen regelmäßigen Bezug von Marihuana aus der Schweiz (direkt oder auch mittelbar über England, wie die Bf. moniert) gegeben haben muss.
Nun ist zunächst fest zu halten, dass es sich bei den ggstl. Produkten unzweifelhaft um Waren schweizerischen Ursprungs handelt (Warnhinweis; Herstellerbezeichnung). Es ist auch unbestritten, dass von der schweizerischen Herstellerin/Versenderin zumindest zweimal Waren bestellt wurden, aber danach auf eine Einfuhrverwirklichung verzichtet wurde. Es ist überdies unbestritten, dass zwei weitere Rechnungen existieren, ebenfalls von derselben Herstellerin/Versenderin und diese auch unter "Wareneinkauf Drittland" verbucht wurden (ungeachtet einer späteren "Stornierung" durch die Buchhaltung der Bf.). Aus diesen vier Rechnungen kann aber nach Ansicht des Gerichts geschlossen werden, dass der typische Vertriebsweg Schweiz-Österreich war, was aufgrund der geografischen Nähe zur Bf. auch naheliegend ist. Das mit Schreiben vom vorgelegte Beweismittel (Rechnung der Unternehmen_mit_Sitz_in_England/schweizerische Versenderin/Herstellerin vom ) ist ungeeignet, das Vorbringen der Bf zu stützen. Zum Ersten enthält es keinerlei Hinweise auf gelieferte Waren, sondern enthält nur und ausschließlich ein Entgelt in Höhe von 1.529 Pfund. Es fehlt außerdem jeglicher Bezug zur Beschwerdeführerin oder an diese gelieferten Waren. In der Beschwerde vom hingegen ist von einem (anderen) Unternehmen die Rede, von dem die Bf die Waren bezogen haben soll, nämlich von dem Unternehmen HHHH; ein Beweismittel wurde nicht vorgelegt.
Fest steht aber, dass die Bf. über die Homepage die ggstl. Produkte zum Verkauf angeboten hat. Aktenkundig sind überdies 11 Rechnungen, mit denen die ggstl. Produkte schweizerischen Ursprungs von der schweizerischen Herstellerin an natürliche Personen und Unternehmen in Österreich verkauft wurden. Sohin musste es Einfuhren aus der Schweiz gegeben haben.
Selbst wenn man der Bf. Glauben schenken möchte, dass keine direkten Einfuhren durch eine Verbringung aus der Schweiz nach Österreich verwirklicht wurden, würde dies an der tatsächlichen Verwirklichung einer Einfuhr in Österreich mit dem Ergebnis, dass eine EUSt entstanden ist, nichts ändern: Fest steht nämlich, dass nur eine Nichtunionsware in die Union eingeführt werden kann. Erst durch die Überlassung zum freien Verkehr findet der Statuswechsel statt, dh die Wandlung von der Nichtunions- zur Unionsware. Wie die Bf. nicht bestritten hat und wie es auch aktenkundig ist, handelt es sich bei den ggstl. Produkten um Blüten schweizerischen Ursprungs, dh aus einem Drittland stammend. Wenn aber nun, wie die Bf. betont, diese Waren schweizerischen Ursprungs tatsächlich aus der Schweiz nach England geliefert wurden (was aber nicht bewiesen werden konnte !) und erst danach im Wege einer ig Lieferung nach Österreich gelangten, ändert dies nichts. Zunächst deswegen, weil - soweit ersichtlich - der Import nach UK im ggstl. Jahren 2018 nicht zulässig war und deswegen nicht in den freien Verkehr überlassen werden konnte. Selbst wenn es aber doch legal gewesen sein sollte, hätte eine Zollanmeldung vorgelegt werden können, dass die Waren bereits in England in den freien Verkehr überlassen werden sollten. Dies konnte nicht belegt werden. Für die Verwirklichung einer Einfuhr kommt es nach dem EuGH aber ohnehin darauf an, wo die Ware in den Wirtschaftskreislauf eingegangen ist; , Federal Express Corporation. Eine Ware, die in der Schweiz (oder einem anderen Drittland) produziert oder gehandelt wird, die in die EU verkauft wird und nach der Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat transportiert und dort verbraucht wird, lässt die Einfuhrumsatzsteuer im Mitgliedstaat des endgültigen Eingehens in den Wirtschaftskreislauf entstehen; dies nach der Meinung des EuGH deswegen, weil der Beteiligte in Österreich seinen Wohnsitz (hier Sitz!) hat; EuGH C-7/20, Hauptzollamt Münster; s Bieber/Summersberger, Sinngemäße Anwendung des Art. 87 UZK für die Bestimmung des Einfuhrorts? SWK 2021, 748. Deswegen geht die Ware in Österreich in den Wirtschaftskreislauf ein und die steuerliche Einfuhr wird auch hier verwirklicht, weil die Waren in Österreich an die Endverbraucher verkauft wurden. Im Lichte der Rsp des EuGH gehen sohin auch die Ausführungen der Bf, dass eine Einfuhr nicht verwirklicht wurde, ins Leere.
Aus den oa Sache- und Rechtsgründen war der Beschwerde kein Erfolg beschieden; die Beschwerde war abzuweisen.
1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Revision wird zugelassen, weil bislang eine Rechtsprechung des VwGH zur Tabaksteuerpflicht von Cannabis-Blüten fehlt.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 4 TabStG 2022, Tabaksteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 704/1994 § 5 TabStG 2022, Tabaksteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 704/1994 Suchtgiftverordnung, BGBl. II Nr. 374/1997 TNRSG, Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz, BGBl. Nr. 431/1995 § 25 Abs. 3 TabStG 2022, Tabaksteuergesetz 2022, BGBl. Nr. 704/1994 § 27 Abs. 1 Z 2 AVOG, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 18/1975 SMG, Suchtmittelgesetz, BGBl. I Nr. 112/1997 § 3 Abs. 6 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 TabMG 1996, Tabakmonopolgesetz 1996, BGBl. Nr. 830/1995 Art. 1 RL 2011/64/EU, ABl. Nr. L 176 vom S. 24 Art. 2 RL 2011/64/EU, ABl. Nr. L 176 vom S. 24 Anhang I Suchtgiftverordnung, BGBl. II Nr. 374/1997 Art. 5 Abs. 1 RL 2011/64/EU, ABl. Nr. L 176 vom S. 24 § 2 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994 |
Verweise | FG Hamburg, , 4 V 271/17 EC (2014), Study on the measuring and reducing of administrative costs for economic operators and tax authorities and obtaining in parallel a higher level of compliance and security in imposing excise duties on tobacco products (Bieber/Summersberger gemeinsam mit Ramboll) , Hauptzollamt Münster Harings/Jürgens, Eko-Tabak und kein Ende? Die (ungewollten?) Auswirkungen eines EuGH-Urteils in der Praxis, ZfZ 2021, 263 (268) mwN Anfrage an das Europäische Parlament E-721/02 vom vZTA , ATBTID2018000720-1 Miedaner, Genusspflanzen (2018) Schneider/Hoch/ Simon/Pfeiffer-Gerschel/Kraus/Häuser/Lutz, Cannabis, Cannabinoide und das Endocannabinoidsystem in Hoch/Friemel/Schneider (Hrsg), Cannabis. Potential und Risiko. Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme (2019) 2 Geschwinde, Rauschdrogen. Marktformen und Wirkungsweisen8 (2018) UZK, Zollkodex Art. 79 , Skonis ir kvapas UZK, Zollkodex Art. 114 Abs. 2 UZK, Zollkodex Art. 14 Bieber/Summersberger, Sinngemäße Anwendung des Art. 87 UZK für die Bestimmung des Einfuhrorts? SWK 2021, 748 , A. C. Smits-Koolhoven Farag/Kayser (Technical University Dortmund, Technical Biochemistry Dortmund), The Cannabis Plant: Botanical Aspects in Preedy, Handbook of Cannabis (2016) 3 Bocsa/Karus, Der Hanfanbau. Botanik, Sorten. Anbau und Ernte (1997) Köhler, Rauschdrogen und andere psychotrope Substanzen (2014) Witte, UZK7 (2018) Kempf, Die Rechtfertigung der Tabaksteuer (2005) UZK, Zollkodex Art. 87 Summersberger, Die Auskunft im Außenwirtschaftrecht – Teil 1: Umfang und Grenzen, UFS 2004, 316 Hoch/Friemel/Schneider (Hrsg); Cannabis. Potenzial und Risiko. Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme (2019) Tipke, Die Steuerrechtsordnung2 (2003) Bieber, Verbrauchsteuern in Österreich (2012) , Eko-Tabak , Federal Express Corporation UZK, Zollkodex Art. 14 Abs. 1 UZK, Zollkodex Art. 79 Abs. 1 Schwaighofer, Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit von CBD(Cannabidiol), ZfG 2021, 4 Jatzke, Europäisches Verbrauchsteuerrecht (2016) Kofler in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2. Aufl. 2020, Auslegung und Anwendung des harmonisierten Steuerrecht LVwG W , VGW-021/020/4055/2020-12 Bicker, Cannabis: Begrifflichkeiten, Wirkstoffe und toxikologische Aspekte, Österreichische Zeitschrift für das ärztliche Gutachten (DAG) 1/2019, 3 vZTA , DEBTI20644/19-1 LVwG NÖ , LVwG-AV-433/001-2019 |
Zitiert/besprochen in | Summersberger in Bieber/Pichler/Summersberger in SWI 2022, 304 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.1200005.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at