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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 06.04.2022, RV/6100134/2022

Zurücknahmeerklärung bei unzureichender Mängelbehebung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg - Land (nunmehr FA Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2016 bis 2018 und Umsatzsteuer 2017 beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 85 Abs 2 BAO als zurückgenommen erklärt.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Begründung

A. Sachverhalt

A/1. Als Folge einer Außenprüfung beim Beschwerdeführer (Bf.) erließ das Finanzamt am neue Bescheide u.a. betreffend die Einkommensteuer 2016 bis 2018 und die Umsatzsteuer 2017.

Am brachte die steuerliche Vertretung des Bf. hinsichtlich dieser Bescheide per FinanzOnline Anträge auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum ein. Mit Bescheid vom gab das Finanzamt dem Antrag statt und verlängerte die Beschwerdefrist spruchgemäß "einmalig bis zum ".

Am brachte die steuerliche Vertretung des Bf. einen neuerlichen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist ein. Dieser neuerliche Fristverlängerungsantrag wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom abgewiesen mit der Begründung, dass die Beschwerdefrist bereits einmalig verlängert wurde. Dieser Bescheid wurde am nachweislich an die Adresse des Bf. zugestellt und von der Tochter des Bf. übernommen.

A/2. Am brachte der Bf. eine Beschwerde (auch) betreffend die im Spruch genannten Bescheide ein. Die Beschwerde wurde mit (Freitag) datiert und am (Montag) direkt beim Finanzamt eingebracht. Die Beschwerde führt sämtliche Bescheide an, gegen die sie sich richtet, enthält jedoch weder eine ausreichende Begründung noch Ausführungen dazu, welche Änderungen beantragt werden.

Hinsichtlich der Verlängerung der Beschwerdefrist merkte der Bf. an, dass der Abweisungsbescheid vom am zugestellt und von seinen Kindern übernommen worden sei. Ihm persönlich sei der Bescheid "mit heutigem Tag" ausgehändigt worden. Über Nachfrage des Finanzamtes, warum ihm der Bescheid erst am ausgehändigt worden sei, antwortete der Bf., er habe sich beruflich längere Zeit außerhalb seiner Wohnadresse aufgehalten und sei erst am wieder nach Hause gekommen.

A/3. In der Folge erließ das Finanzamt hinsichtlich der Beschwerde einen Mängelbehebungsauftrag, führte darin aus, dass der genannten Beschwerde die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, fehle und trug dem Bf. auf, diese Mängel bis zum zu beheben. Das Finanzamt wies auch darauf hin, dass bei Versäumung dieser Frist das Anbringen als zurückgenommen gelte. Der Mängelbehebungsauftrag wurde dem Bf. nachweislich am zugestellt.

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt per Telefax am eingebracht, beantragte der Bf. betreffend den Mängelbehebungsauftrag mit Hinweis auf die Coronakrise wiederum eine Fristverlängerung. Er werde, sobald er die erforderlichen Unterlagen in Händen halte, seine Beschwerde konkretisieren und ersuche bereits jetzt, seinen Steuerakt gemäß den abgegebenen Erklärungen zu beurteilen. Das Finanzamt gewährte mit nachweislich zugestelltem Bescheid vom eine Fristverlängerung zur Mängelbehebung bis zum .

A/4. Am langte beim Finanzamt ein mit datiertes Schreiben des Bf. mit folgendem Inhalt ein:

"Ergänzend zu meinem Bescheid erbitte ich um Festsetzung gemäß meinen eingereichten Unterlagen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkommenssteuer 2016
0,00 EUR
Umsatzsteuer 2016
2.295,49 EUR
Einkommenssteuer 2017
14.343,00 EUR
Umsatzsteuer 2017
10.546,54 EUR
Einkommenssteuer 2018
13.200,- EUR
Umsatzsteuer 2018
7.535,02 EUR
Einkommenssteuer 2019
0,00 EUR vorläufig
Umsatzsteuer 2019
0,00 EUR vorläufig
Vorauszahlung 2020
0,00 EUR Corona bedingt

Ich hoffe mit diesen Ergänzungen gedient zu haben und stehe für Rückfragen gerne zur Verfügung."

Dem Schreiben waren keine Unterlagen oder sonstige Nachweise beigelegt, auch erfolgten innerhalb der verlängerten Frist zur Mängelbehebung keine weiteren Erläuterungen bzw. Ausführungen.

A/5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom erklärte das Finanzamt die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 bis 2018 sowie Umsatzsteuer 2017 als zurückgenommen. Am fertigte das Finanzamt dazu eine gesonderte Begründung aus.

Dagegen richtet sich der Antrag des Bf. auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, verbunden mit dem Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, jedoch ohne weitere Begründungen.

Das Bundesfinanzgericht hat hierüber erwogen:

Der vorstehend geschilderte Sachverhalt ist in dem vom Finanzamt vorgelegten Akt abgebildet und unstrittig.

B. Rechtliche Würdigung

B/1. Gemäß § 250 BAO hat eine Bescheidbeschwerde Folgendes zu enthalten:
- die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
- die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird,
- die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
- eine Begründung.

Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht (§ 85 Abs 2 BAO).

B/2. Das Erlassen eines Mängelbehebungsauftrages liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde. Entspricht eine Bescheidbeschwerde nicht den Vorgaben des § 250 Abs. 1 BAO, ist die Behörde verpflichtet, einen derartigen Auftrag zu erlassen. Ebenso gilt die Bescheidbeschwerde zwingend als zurückgenommen, wenn einem gesetzeskonform ergangenen Mängelbehebungsauftrag nicht ordnungsgemäß entsprochen wurde. Diese Rechtsfolge tritt ex lege ein, ohne dass es dazu eines Zurücknahmebescheides bedarf.

§ 263 Abs. 1 lit. b BAO verpflichtet die Abgabenbehörde allerdings, eine Beschwerde in einer (deklarativ wirkenden) Beschwerdevorentscheidung als zurückgenommen zu erklären, sofern Mängel trotz eines gesetzeskonform ergangenen Mängelbehebungsauftrages nicht, nicht fristgerecht oder unzureichend behoben wurden (; , 92/16/0116).

B/3. Im vorliegenden Fall enthält die Beschwerde des Bf. weder eine Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden noch welche Änderungen beantragt werden, und auch eine Begründung ist nur ansatzweise erkennbar.

Der Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes erging daher zu Recht und enthält auch den Hinweis, dass bei Versäumung der Mängelbehebungsfrist das Anbringen als zurückgenommen gilt.

Als einzige Reaktion brachte der Bf. innerhalb offener Mängelbehebungsfrist das oben erwähnte Schreiben ein, in dem lediglich die von ihm beantragte Höhe der angefochtenen Abgaben angeführt wird. Weitere verbale Erklärungen enthält dieses Schreiben nicht. Das Schreiben nimmt auch nicht Bezug auf den Mängelbehebungsauftrag und enthält nicht die vom Finanzamt geforderte Erklärung, in welchen Punkten sich der Bf. beschwert fühlt und welche Änderungen er anstrebt.

B/4. Ziel des Mängelbehebungsverfahrens im abgabenbehördlichen Rechtsmittelverfahren ist es, Gegenstand und Umfang einer Beschwerde und damit die Grenze der (behördlichen/gerichtlichen) Entscheidungspflicht, somit jenen Bereich zu klären, über den in der Beschwerdeerledigung jedenfalls abzusprechen ist.

Dazu genügt es nicht, dem Finanzamt einfach nur die Höhe der Abgaben mitzuteilen, die der Bf. beantragt. Vielmehr muss die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt haben (etwa ). Erforderlich ist daher bei teilweiser Anfechtung eines Bescheides die Erklärung, wie weit diese Anfechtung reicht (). Nicht ausreichend ist nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung der Antrag, erklärungsgemäß zu veranlagen, wenn die betreffenden angekündigten Steuererklärungen und die Darstellung der angestrebten Besteuerungsgrundlagen nicht vorgelegt werden (; , 93/13/0312).

B/5. Wie bereits vom Finanzamt in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, ist es nicht ausreichend, auf "eingereichte Unterlagen" zu verweisen, wenn diese Unterlagen nicht gleichzeitig vorgelegt werden, somit nicht klar ist, welche Unterlagen konkret gemeint sind und zudem die vom Bf. beantragten Steuerbeträge nicht mit den eingereichten Abgabenerklärungen übereinstimmen. Hier wären Erläuterungen notwendig gewesen, die das Finanzamt in die Lage versetzen, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeiten der Bf. den Bescheiden anlastet und welche Änderungen er begehrt (vgl. ).

Da der Bf. somit die Mängel seiner Beschwerde nicht behoben hat, ist die Beschwerde zwingend als zurückgenommen zu erklären.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 274 Abs 3 iVm Abs 5 BAO abgesehen werden.

C. Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und stellt daher keine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 250 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 263 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100134.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at