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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.04.2022, RV/6100127/2022

Legitimation zur Einbringung eines Wiederaufnahmeantrages?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinIBV über die Beschwerde des Bf, Adr, vom , eingebracht im Namen der GmbH, StrNr 123, gegen den Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatz- und Körperschaftsteuer 2013 vom zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schriftsatz vom wurde zur Steuernummer 123 der GmbH ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt. Dieser Wiederaufnahmeantrag trägt zu Beginn den Firmenstempel der GmbH und wurde an seinem Ende durch Bf unter Verwendung des Firmenstempels der GmbH unterschrieben.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt (kurz: FA) den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens "für die GmbH" vom als unzulässig zurück, da Bf nicht legitimiert gewesen sei, die GmbH zu vertreten und im Abgabenverfahren der GmbH Anträge zu stellen. In dem am Kopf des Bescheides platzierten Adressfeld wird Bf mit der Adresse Adr2 Ort, genannt. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte entsprechend der Zustellverfügung nachweislich an Bf, Adr2 Ort.

Mit Schriftsatz vom wurde Beschwerde gegen diesen Zurückweisungsbescheid eingebracht. Die Beschwerdeschrift enthält als Kopf den Firmenstempel der GmbH und wurde durch Bf unter Hinzufügung des Firmenstempels der GmbH unterzeichnet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom erfolgte eine Zurückweisung der Beschwerde wegen Unzulässigkeit, wobei im Spruch von einer Beschwerde der GmbH gesprochen wurde und Bf als "(unberechtigter) Einschreiter" angeführt wurde. In dem am Kopf des Bescheides platzierten Adressfeld wird ebenfalls Bf als Einschreiter mit der Adresse Adr2 Ort genannt. In der Begründung wurde im Wesentlichen festgehalten, dass es aufgrund des Wegfalls der organschaftlichen Vertretung infolge der Vollbeendigung des gelöschten Rechtsträgers im gegenständlichen Beschwerdeverfahren an der Möglichkeit fehle, der GmbH eine Erledigung zuzustellen. Es gebe keine organschaftliche Vertretung dieser im Firmenbuch gelöschten GmbH mehr, welche in einem abgabenrechtlichen Verfahren einschreiten könnte. Jedwede (auch künftige) Eingabe in dieser Sache sei daher - wer auch immer sie einbringe - als unzulässig zurückzuweisen. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erfolgte (entsprechend der Zustellverfügung) nachweislich an Bf.

Mit Schriftsatz vom brachte Bf unter Hinweis auf die an die GmbH vergebene Steuernummer 123 und einen eingebrachten Wiederaufnahmeantrag einen Vorlageantrag zur Beschwerdevorentscheidung vom ein.

Mit Bericht vom erfolgte die Vorlage der gegenständlichen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (kurz: BFG). Laut dem Vorlagebericht betrifft der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens die Umsatzsteuer 2013 sowie die Körperschaftsteuer 2013.

Dazu wird erwogen:

1 Sachverhalt und Beweiswürdigung

Die GmbH mit ihrem Sitz in Ort (Geschäftsanschrift: Adr1) wurde laut einem Auszug aus dem Firmenbuch, FN 456, am gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit amtswegig im Firmenbuch gelöscht. Als letzte Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin scheint seit G1 auf, davor war G Geschäftsführer der GmbH.

Bf brachte folgende Anbringen für die GmbH beim FA ein: den Wiederaufnahmeantrag vom , die Beschwerde vom und den Vorlageantrag vom .(Vgl Verfahrensgang)

Da der Vorlageantrag vom zweifellos die Unterschrift des Bf trägt, lassen sich die Unterschriften auf dem Wiederaufnahmeantrag und der Beschwerde durch Vergleich der Schriftzüge ebenfalls eindeutig Bf zuordnen. Auch das FA sah es als Tatsache an, dass sowohl der Wiederaufnahmeantrag als auch die Beschwerde von Bf unterzeichnet wurden. (Vgl Verfahrensgang)

Laut Auszug aus dem Zentralen Melderegister befindet sich der Hauptwohnsitz von Bf in der Adr2 Ort.

2 gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung

2.1 Befugnis zur Erhebung der Beschwerde und des Vorlageantrages

Zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde ist gemäß § 246 Abs 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist gemäß § 264 Abs 2 BAO befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

Ein Bescheid ergeht an die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft), die gemäß § 93 Abs 2 BAO im Spruch des Bescheides genannt ist. Die Rechtsmittellegitimation setzt überdies voraus, dass der Bescheid dem Betreffenden gegenüber wirksam bekanntgegeben ist (97 BAO). (Vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 246 Rz 2).

Gemäß § 93 Abs 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Der Bescheidadressat ist demnach im Spruch namentlich zu nennen. Bei einer physischen Person ist in der Regel der Vor- und Zuname anzuführen. Wenn der Bescheidadressat nicht im normativen Text des Spruches selbst, sondern im Kopf des Bescheides genannt ist, schadet dies nicht. Das Adressfeld gehört zum Bescheidspruch. (Vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 93 Rz 6 mit der dort zitierten Judikatur, zB , , VwGH26.07.2007, 2004/15/0137).

Da Bf sowohl im Adressfeld des Zurückweisungsbescheides vom als auch im Adressfeld der Beschwerdevorentscheidung vom mit Vor- und Zuname genannt wird und ihm beide Bescheide nachweislich zugestellt wurden (vgl Verfahrensgang), ist er zur Einbringung der gegenständlichen Beschwerde sowie des Vorlageantrages befugt.

2.2 Befugnis zur Einbringung eines Wiederaufnahmeantrages für die GmbH

Streitgegenstand bildet die Frage, ob Bf zur Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom für die GmbH befugt war.

Einleitend ist dazu festzuhalten, dass Partei im Abgabeverfahren (§ 78 BA) der Abgabepflichtige ist, also wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt (§ 77 BAO). Partei im Abgabenverfahren der GmbH ist bzw war die GmbH selbst. Bei dieser handelt(e) es sich um eine juristische Person.

Gemäß § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Eine GmbH wird gemäß § 18 GmbHG durch ihren Geschäftsführer vertreten.

Da laut Auszug aus dem Firmenbuch im Firmenbuch G und danach G1 als Geschäftsführer der GmbH eingetragen sind, ist Bf nicht Vertreter im Sinne des § 80 BAO der GmbH gewesen und ohne Nachweis einer Bevollmächtigung (§ 83 Abs 1 BAO) nicht legitimiert gewesen, die GmbH zu vertreten und im Abgabenverfahren dieser GmbH Anträge zu stellen. (Vgl Pkt 1 Sachverhalt).

Zur Frage des Vorliegens einer rechtsgültigen Beauftragung des Bf zur Einbringung eines Wiederaufnahmeantrages im Jahr 2021 durch die Geschäftsführer der GmbH ist in einem weiteren Schritt auf die Tatsache, dass die GmbH am gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit amtswegig im Firmenbuch gelöscht wurde (vgl Sachverhalt Pkt 1), näher einzugehen:

Mit der Löschung nach § 40 FBG gilt eine Kapitalgesellschaft als aufgelöst, eine Abwicklung findet nicht statt. Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist und Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählt auch der Bund als Abgabengläubiger - nicht vollständig abgewickelt sind. (Vgl , , ).

Die Löschung gemäß § 40 Abs 1 FBG gilt zwar nur als deklarativ und führt grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft. Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden, sodass die Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft eintritt. (Vgl z, t)

§ 80 Abs 3 BAO regelt die Vertretung einer aufgelösten GmbH. Diese Vertretungsregelung erfasst allerdings nur jene Fälle, in denen zuvor eine Liquidation (Auflösung und Abwicklung) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird. (Vgl Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 80 Rz 15, , )

Daraus ergibt sich, dass die GmbH im Jahr 2021 nicht mehr befähigt war, dem einschreitenden Bf rechtswirksam eine Vollmacht zu erteilen. Die ehemaligen Geschäftsführer sind keine Organe der GmbH mehr und nicht (mehr) zur Vertretung der gelöschten GmbH befugt. Sie konnten daher Bf nicht mit der steuerlichen Vertretung der bereits seit gelöschten GmbH bevollmächtigen. Damit fehlt dem einschreitenden Bf jedenfalls die Aktivlegitimation zur Einbringung des gegenständlichen Wiederaufnahmeantrages vom .

2.3 Zurückweisung des Antrages durch das FA

Ein Wiederaufnahmeantrag gemäß § 303 Abs 1 BAO einer hierzu nicht legitimierten Person ist als unzulässig zurückzuweisen.

Es war auch kein Mängelbehebungsverfahren gemäß § 85 Abs 2 BAO zu initieren, da sich der Anwendungsbereich des § 85 Abs 2 BAO nur auf zulässige Anbringen beschränkt. Unzulässig, sprich nicht von einer legitimierten Person eingebrachte Anbringen sind ohne einen vorhergehenden Auftrag zur Mängelbehebung zurückzuweisen. (Vgl Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021, § 85 Rz 15).

Der Zurückweisungsbescheid vom ist somit zu Recht ergangen.

Die Beschwerde des Bf ist daher durch das BFG abzuweisen.

3 Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art 133 Abs 4 B-VG).

Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100127.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at