Die Herabsetzung der Abwassergebühr ist nur bei Nachweis der Nichteinleitungsmenge des abgegebenen Wassers in den öffentlichen Kanal möglich
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. Boris Knirsch, Mag. Michael Braun, Mag. Christian Fellner, Rudolfsplatz 12, 1010 Wien, über
die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Fachgruppe Gebühren, MA 31, vom und betreffend Herabsetzung der Abwassergebühr für 2012 und 2013, GZ MA 31 - 0098230/13,
sowie
die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Fachgruppe Gebühren, MA 31, vom , und betreffend Herabsetzung der Abwassergebühr für 2014 bis 2016, GZ MA 31 - 0836118/18,
nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beisein der Schriftführerin FOIin Andrea Newrkla am zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft, die jeweils für die Jahre 2012 bis 2016 für die von ihr vermietete Liegenschaft in ***Ojektadresse***, Anträge auf Herabsetzung der Abwassergebühr stellte. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde den Anträgen stattgegeben und für die Kalenderjahre 2012 bis 2014 eine Nichteinleitungsmenge von 161 m³ pro Jahr und für die Kalenderjahre 2015 und 2016 eine Nichteinleitungsmenge von 115 m³ pro Jahr anerkannt. Begründend wurde angeführt, die anerkannte Nichteinleitungsmenge ergebe sich aus prüfungsfähigen Unterlagen.
In den dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerden wandte der Vertreter der Beschwerdeführerin zunächst ein, die belangte Behörde habe in Wahrheit gar kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, sondern Willkür geübt. Die angefochtenen Bescheide stützten sich auf ein Schreiben der MA 42, welches im Akt erliege, der Beschwerdeführerin aber nicht zur Stellungnahme übermittelt worden sei. Dies stelle eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör dar, was ausdrücklich gerügt werde. Weiters werde gerügt, dass sich die belangte Behörde nicht auf ein überprüfbares Gutachten eines Amtssachverständigen stütze.
Es werde nicht dargelegt, wie die belangte Behörde in Abwendung von dem damaligen Sachverständigengutachten vom , in welchem eine Nichteinleitungsmenge von 279 m³ festgestellt worden sei, auf die in den Bescheiden ausgewiesenen Nichteinleitungsmengen komme.
Die diesbezüglich zitierte ÖNORM L 1112 sei von der belangten Behörde falsch ausgelegt worden, bzw. seien die Berechnungen nicht korrekt. Gerügt werde außerdem, dass die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung abgehalten habe, obwohl dies im konkreten Fall unbedingt erforderlich gewesen wäre, weil die Behörde ohne ersichtlichen Grund von einem bisherigen Beweisergebnis abgegangen sei, und daher die dafür ausschlaggebenden Gründe und angeblichen Änderungen der Sachlage, die es in Wahrheit gar nicht gegeben habe, hätten erörtert werden müssen.
Soweit erkennbar wolle die belangte Behörde die Änderungen aus der am erlassenen ÖNORM L 1112 "Anforderungen an die Bewässerung von Grünflächen" ableiten. Dabei handle es sich aber um eine reine Scheinbegründung, weil diese Norm nur die Mindestanforderungen an eine Bewässerungsmenge regle, aber mit der tatsächlich zur Bewässerung verwendeten Menge lediglich betreffend die technischen Faktoren respektive die sachliche Richtigkeit Berücksichtigung zu finden habe, nicht jedoch beim absoluten Ausmaß der verwendeten Wassermenge.
In dem damaligen Sachverständigengutachten vom sei eine Nichteinleitungsmenge von 279 m³ errechnet worden. Nach nunmehr geändertem Stand der Technik respektive entsprechend der gegenständlichen ÖNORM L 1112 werde ein auf den jetzigen Stand der Technik angepasstes und unverändertes Gutachten vom übermittelt, aus welchem sich eine Nichteinleitungsmenge von 302 m³ ergebe.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und Darstellung der widersprüchlichen Berechnungen der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin zunächst darauf hingewiesen, dass nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 KKG der Abgabepflichtige für den Umfang der Nichteinleitungsmenge nachweispflichtig sei. Unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs wurde auf die Aufgabe der belangten Behörde verwiesen, anhand des Befundes die Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens zu überprüfen und im Falle widersprechender Gutachten in der Begründung des Bescheides in schlüssiger Weise darzulegen, welche Erwägungen dafür maßgebend waren, dass ein Beweismittel dem anderen vorzuziehen sei.
Aus verwaltungsökonomischen Gründen (jährlich wiederkehrende Erhebungen der rund 9000 Herabsetzungsanträge wären mit dem zur Verfügung stehenden Personal weder in der MA 31 noch in der MA 42 durchführbar) und um die finanzielle Belastung der Kunden und Kundinnen in Grenzen zu halten, sei bei Vorliegen einer prüfungsfähigen Unterlage zum Nachweis der nicht in den Kanal eingeleiteten Abwassermengen, sofern es sich um Mengen handle, die aller Voraussicht nach jedes Jahr anfielen (z.B. B Bewässerungsmengen, Haushaltsmengen, Schwimmbecken, etc.), seitens der Behörde auf eine jährliche Aufforderung zur Vorlage von prüfungsfähigen Unterlagen verzichtet worden. In der Regel sei daher eine bereits vom Amtssachverständigen der zuständigen MA 42 überprüfte Unterlage auch als Grundlage für die der erstmaligen Herabsetzung der Abwassergebühr folgenden zehn Kalenderjahre ohne neuerliche Überprüfung verwendet worden.
Im Hinblick auf den langen Geltungszeitraum der ermittelten Nichteinleitungsmenge sei für die Grünflächenbewässerungsmengen von den bisher seitens der MA 42 durchgeführten "Befunderhebungen aufgrund des vorgefundenen Vegetations-, Kultur-und Pflegezustands zum Zeitpunkt der Erhebung unter Einbeziehung der natürlichen Niederschläge und Temperaturen" abgegangen worden, und erfolge die Überprüfung und Berechnung aller in Wien beantragter und mittels Gutachten nachgewiesener Bewässerungsmengen ab dem Kalenderjahr 2012 neu unter Zugrundelegung der ÖNORM L 1112 (Anforderungen an die Bewässerung von Grünflächen; Ausgabe: ). Diese beinhaltet den Stand der Technik und des Wissens für erforderliche Bewässerungsmengen und gewährleiste daher eine fundierte, neutrale und allgemeingültige Ermittlung für den langjährig erforderlichen Bewässerungsbedarf im Sinne einer effizienten Nutzung der Wasserressourcen.
Im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes werde diese Verwaltungspraxis in der MA 31 auf alle Wasserabnehmer und Wasserabnehmerinnen für Herabsetzungsanträge ab dem Kalenderjahr 2012 angewandt. Diese Vorgehensweise gewährleiste insgesamt eine thematisch abgesicherte, objektive, allgemein gültige und - bei Betrachtung des langen Zuerkennungszeitraums - realistischere Ermittlung der Bewässerungsmenge.
Die zur Bewässerung der Vegetationsflächen ermittelte und pro Quadratmeter aufzuwendende Wassermenge ergebe sich aus der Wasserbilanz (natürlicher Pflanzen nutzbarer Niederschlag abzüglich Verdunstung), den pflanzlichen Anforderungen, dem Erhaltungsziel und einem Grundwasserstand unter Berücksichtigung der langjährigen gärtnerischen Erfahrung. Bei Pflanzengefäßen seien besondere Anforderungen zu beachten (siehe ÖNORM L 1112; Punkt 6.1). Aus Punkt 6.2.1 ergebe sich, dass die Ermittlung des Jahreswasserbedarfs auf Basis von durchschnittlichen Niederschlagswerten von mindestens zehn Jahren (zum Beispiel Klimatabelle) erfolge. Dass diese Werte jedes Jahr neu berechnet werden müssten, sei der ÖNORM nicht zu entnehmen. Die auf Basis repräsentativer Messstellen regionalisierten Niederschlagsmessdaten (Dekadenwert 2001-2010) seien der MA 42 von der Magistratsabteilung 45 - Referat Hydrologie, als hydrographischer Dienst des Landes Wien, zur Verfügung gestellt worden.
Es werde auch angemerkt, dass am beim Austrian Standards Institut (früher: Normungsinstitut) mit Herrn Ing. ***1*** (Leiter der Arbeitsgruppe zur Erstellung der ÖNORM L 1112) und Herrn Ing. ***2*** (Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe; allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger) eine Besprechung stattgefunden habe. In dieser sei die Vorgehensweise der MA 42 beim Ortsaugenschein sowie die Umsetzung nach der ÖNORM L 1112 dargestellt und von den beiden Herren als ÖNORM-konform erkannt worden.
Zur Richtigkeit und Schlüssigkeit der Gutachten der Amtssachverständigen der MA 42 sei darauf hinzuweisen, dass eine fundierte und neutrale Schätzung der Bewässerungsmengen vorgenommen werde, und gerade Amtssachverständige der für die Pflege der öffentlichen Gärten zuständigen Fachdienststelle über reichlicher Erfahrungswerte zu den jeweils notwendigen Bewässerungsmengen verfügten. Die Befunderhebung durch den Amtssachverständigen sei vor Ort erfolgt, wobei die örtlichen Gegebenheiten bei der Ermittlung der Zu- und Abschläge für die Wasserbedarfsberechnung sachlich berücksichtigt worden seien. Nach den langjährigen Erfahrungswerten der MA 42 würde jedoch gerade der Bereich des Bewässerungsbedarfs für Grünflächenbewässerung (Rasen und Sträucher) starken jährlichen Schwankungen unterliegen. Wiewohl dies - vor allem bei größeren Wohnhausanlage - auch auf die Anzahl der sich auf den Objekten befindlichen Kübel- und Balkonpflanzen, Pflanzen im Blumenkästen sowie die Haushaltsmengen zutreffe, werde die bisherige Vorgehensweise aus oben genannten Gründen beibehalten.
Zur Hilfestellung bei der Plausibilitätsprüfung werde auch festgehalten, dass nach den Erfahrungswerten der MA 31 der durchschnittliche Gesamtverbrauch pro Person und Tag bei 130 l Wasser liege. Angesichts der derzeit 52 auf der Liegenschaft gemeldeten Personen (52 x 130 l x 365 = 2.467,40 m³) und des Gesamtwasserverbrauchs im Kalenderjahr 2012 von 2.231 m³, 2013 von 2.347 m³, 2014 von 2.270 m³, 2015 von 2.109 m³ und 2016 von 2.215 m³ erscheine die Nichteinleitungsmenge von 302 m³ nicht realistisch.
Unbestritten bleibe auch weiterhin, dass eine "Schätzung" nicht der tatsächlichen Bewässerungsmenge pro Jahr entsprechen könne. Den Wasserabnehmerinnen und Wasserabnehmerin bleibe es jedoch nach wie vor unbenommen und sei es in der geltenden Fassung des Kanalräumung-und Kanalgebührengesetzes - KKG auch vorgesehen, diese durch die Angaben eines oder mehrerer geeichten/r Messgeräte/s (Subzähler) nachzuweisen.
Wie aus § 13 Abs. 1 KKG eindeutig hervorgehe, obliege es grundsätzlich dem Abgabenpflichtigen, den Nachweis zu erbringen, in welchem Umfang eine Nichteinleitung der bezogenen Wassermenge in den öffentlichen Kanal erfolgt sei. Nicht der Abgabenbehörde sondern dem Abgabepflichtigen sei die Beweislast auferlegt, weshalb es auch zum Nachteil der betreffenden Partei gereiche, wenn ihr der Gegenbeweis nicht gelinge. Den Nachweis einer höheren als der ohnehin zuerkannten Nichteinleitungsmenge habe die Beschwerdeführerin jedoch nicht erbringen können.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag brachte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin vor, die Beschwerdeführerin habe zum Nachweis der Nichteinleitungsmenge von 302 m³ entsprechend der ÖNORM L 1112 ein dem letzten Stand der Technik angepasstes Sachverständigengutachten vorgelegt (siehe E-Mail des Sachverständigenbüros ***SV***).
Mit Schreiben vom sei die Beschwerdeführerin über das Überprüfungsergebnis der MA 42 informiert worden. Hierzu habe die Beschwerdeführerin am eine Stellungnahme per E-Mail mit einem entsprechend der ÖNORM L 1112 und auf jetzigen Stand der Technik angepassten Gutachten vom zum Nachweis der Nichteinleitungsmenge von 279 m³ erstattet.
Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurde ausgeführt, die belangte Behörde habe in Wahrheit gar kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, sondern Willkür geübt. Soweit ersichtlich, stütze sich der angefochtene Bescheid auf das Schreiben der MA 42 vom , welches im Akt erliege, der Beschwerdeführerin aber nicht zur Stellungnahme übermittelt worden sei. Dies stelle eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör dar. Im Übrigen liege auch kein überprüfbares Gutachten eines Amtssachverständigen vor, weil weder eine Befundaufnahme über die nicht eingeleitete Wassermengen noch ein nachvollziehbares Gutachten erstattet worden sei.
Es werde nicht dargelegt, weshalb die im damaligen Sachverständigengutachten vom festgehaltene Nichteinleitungsmenge von 279 m³ auf eine im Bescheid vom festgestellte Nichteinleitungsmenge für die Jahre 2012-2014 von 161 m³ und für die Jahre 2015 und 2016 von 115 m³ abgeändert worden sei.
Die am erlassene ÖNORM L 1112 sei diesbezüglich falsch ausgelegt worden bzw. seien die Berechnungen nicht korrekt. Außerdem werde ausdrücklich gerügt, dass die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung abgehalten habe, obwohl dies im konkreten Fall unbedingt erforderlich gewesen wäre, weil die belangte Behörde ohne ersichtlichen Grund von einem bisherigen Beweisergebnis abgegangen sei und daher die diesbezüglichen Gründe und angeblichen Änderungen der Sachlage, die in Wahrheit gar nicht stattgefunden hätten, hätten erörtert werden müssen.
Nach Zitierung der Bestimmung des § 58 Abs. 2 AVG und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin eingewandt, soweit erkennbar wolle die belangte Behörde die vorgenommenen Änderungen aus der am erlassenen ÖNORM L 1112 "Anforderungen an die Bewässerung von Grünflächen" ableiten. Dabei handle es sich jedoch um eine reine Scheinbegründung der Behörde. Diese Norm regle nur die Mindestanforderungen an eine Bewässerungsmenge, habe aber mit der tatsächlich zur Bewässerung verwendeten Menge lediglich betreffend der technischen Faktoren respektive der fachlichen Richtigkeit Berücksichtigung zu finden, nicht jedoch hinsichtlich des absoluten Ausmaßes der verwendeten Wassermenge.
Es werde nochmals das Gutachten vom übermittelt, in welchem eine Nichteinleitungsmenge von 302 m³ bemessen werde. Damit werde ein neues Gutachten für das Jahr 2012 und sämtliche Folgejahre über die Nichteinleitungsmenge eingereicht.
Die Beschwerdeführerin hätte sich darauf verlassen dürfen, dass das von ihr vorgelegte Sachverständigengutachten zum Nachweis der Nichteinleitungsmenge ausreiche, weshalb sie von der belangten Behörde über die den abweisenden Bescheiden zugrundeliegende Rechtsmeinung in die Irre geführt worden sei. Damit habe die belangte Behörde gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen.
Die belangte Behörde habe aber auch die beschwerdeführende Partei in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie dem Grundrecht auf Eigentum und dem Grundsatz der Rechtssicherheit verletzt.
Weiters gehe mit der angeführten denkunmöglichen Gesetzesauslegung ein sekundärer Verfahrensmangel einher, weil es die belangte Behörde unterlassen habe, die notwendigen Feststellungen zutreffen, um einem positiven Bescheid zu erlassen. Konkret hätte sie feststellen müssen, dass die Nichteinleitungsmenge in den gegenständlichen Zeiträumen 5 % der für diesen Zeitraum festgestellten Wassermenge, konkret 302 m³ betragen habe und damit die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Gebührenermäßigung gegeben seien.
Im Hinblick auf den Vertrauensschutz stelle der Verfassungsgerichtshof strenge Anforderungen an rückwirkend belastende Gesetzesvorschriften. Gesetzliche Vorschriften, die an früher verwirklichte Tatbestände steuerliche Folgen knüpfen und dadurch die Rechtsposition der Abgabenschuldner mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechterten, seien zwar nicht schlechthin verfassungswidrig, führten jedoch zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis, wenn die Normunterworfenen in ihrem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht würden und nicht etwa besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangten.
Zusammenfassend führe dies zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes im Sinne des Art. 2 StGG und Art. 7 Abs. 1 erster Satz B-VG. Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin durch die verfassungswidrige Abgabenregelung in ihrem Grundrecht auf Eigentum und dem Grundsatz der Rechtssicherheit - ein Kerngehalt des Rechtsstaatsprinzips - verletzt worden, weshalb der Bescheid aufzuheben sei.
Der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin stelle daher den Antrag, die Verwaltungsakte dem Bundesfinanzgericht umgehend vorzulegen und
eine mündliche Verhandlung durchzuführen;
in der Sache selbst zu entscheiden und in Stattgebung der Beschwerde den abweisenden Bescheid zu begeben sowie zugleich den Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühren positiv/stattgebend zu erledigen;
in eventuden angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen ausreichenden Feststellung des Sachverhalts sowie zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen;
in eventuden angefochtenen Bescheid aufzuheben und in Anwendung des Prinzips von Treu und Glauben den rechtskonvexen Zustand durch Stattgebung des Antrags auf Herabsetzung der Abwassergebühren wiederherzustellen.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht vom nach Wiedergabe der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen und Wiederholung der bereits schon in der Beschwerdevorentscheidung dargelegten Rechtsansicht insbesondere zum Verwaltungsgeschehen Folgendes aus:
Im ursprünglichen Herabsetzungsverfahren (Eingabe vom ) habe die Beschwerdeführerin als prüfungsfähige Unterlage ein Gutachten des Sachverständigenbüro ***SV*** vom vorgelegt, in welchem die nicht in den öffentlichen Kanal geleiteten Wassermengen wie folgt berechnet worden seien:
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Pos. 1 | Rasen- und Strauchflächen | 951,70 m 2 | x | 225 | Liter pro m 2 | = 214.133 l |
Pos. 2 | Kübelpflanzen bis 25 l | 113 Stk. x | 200 x | 2,5 | Liter pro Stück | = 56.500 l |
Pos. 3 | Kübelpflanzen über 25 l | 41 Stk. x | 150 x | 6,0 | Liter pro Stück | = 36.900 l |
Pos. 4 | Betonpflanztröge | 9 m 2 x | 40 x | 30 | Liter pro m 2 | = 10.800 l |
Pos. 5 | Haushalt | 28 EH x | 52 x | 10 | Liter pro EH | = 14.560 l |
= 332.893 l | ||||||
= 333 m 3 |
Anhand dieser prüfungsfähigen Unterlage habe der Amtssachverständige der zuständigen Fachdienststelle, Magistratsabteilung 42 - Wiener Stadtgärten, am vor Ort eine Erhebung vorgenommen und dabei eine Gesamtgrünfläche im Ausmaß von ca. 952 m2 vorgefunden. Weiters sei folgende Feststellung getroffen worden: "Die in Position 1 angeführte Rosen- und Strauchfläche konnte nicht im beschriebenen Pflege- und Kulturzustand vorgefunden werden und wird mit 200 I/m2 geschätzt. Die in der Position 2 und 3 angeführte Stückzahl on Topf- und Kübelpflanzen konnte nicht in vollem Umfang vorgefunden werden." Es sei daher eine Nichteinleitungsmenge von 279 m3 wie folgt ermittelt worden:
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Pos. 1 | Rasen- und Strauchflächen | 951,70 m 2 x | 200 | Liter pro m 2 | = 190.340 l |
Pos. 2 | Kübelpflanzen bis 25 l | 78 Stk. x | 500 | Liter pro Stück | = 39.000 l |
Pos. 3 | Kübelpflanzen über 25 l | 27 Stk. x | 900 | Liter pro Stück | = 24.300 l |
Pos. 4 | Betonpflanztröge | 360 m 2 x | 30 | Liter pro m 2 | = 10.800 l |
Pos. 5 | Haushalt | 28 EH x | 520 | Liter pro EH | = 14.560 l |
= 279.000 l | |||||
= 279 m 3 |
Diese zuerkannte Nichteinleitungsmenge von 279 m3 sei in der Folge den Herabsetzungsbescheiden für die Kalenderjahre 2006 bis 2011 zugrunde gelegt worden.
Am habe der Amtssachverständige der MA 42 vor Ort eine neuerliche Erhebung vorgenommen und die bisher zuerkannte Nichteinleitunqsmenge der Grünflächen unter Zugrundelegung der ÖNORM L 1112 (Ausgabe: ) einer Prüfung unterzogen. Dabei sei eine Nichteinleitungsmenge pro Kalenderjahr von insgesamt 161 m3 wie folgt ermittelt worden:
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Pos. | Bezeichnung der Anlage im Detail | A | B | C | D | E | F |
1 | Rasenfläche | 952 m 2 | 0% | 68,7 l | 65,38 m 3 | 0% | 65,38 m 3 |
2 | Topfpflanzen < 25 l | 78 Stk. | 0% | 500 l | 39,00 m 3 | 0% | 39,00 m 3 |
3 | Topfpflanzen > 25 l | 27 Stk. | 0% | 900 l | 24,30 m 3 | 0% | 24,30 m3 |
4 | Trogbepflanzungen | 11 m 2 | 0% | 1.600 l | 17,28 m 3 | 0% | 17,28 m3 |
5 | Wohnungseinheiten | 28 | 14,56 m 3 | 14,56 m3 | |||
161 m 3 | 161 m 3 |
Beschreibung:
A = Flächenausmaße oder Anzahl
B = Bewertung des Erhaltungszieles, Zu- und Abschläge
C = Bewässerungsbedarf (Liter je m2 oder Stück)
D = Wert In. ÖNORM L 1112
E = Sonstige Zu- und Abschläge
F = Jahreswasserbedarf (unter Berücksichtigung der tatsächlichen Situation inkl. Zu- und Abschläge)
Über dieses Ermittlungsergebnis sei die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom , nachweislich zugestellt am , informiert worden. Diese zuerkannte Nichteinleitungsmenge von 161 m3 sei den Herabsetzungsbescheiden für die Kalenderjahre 2012 und 2013 zugrunde gelegt worden. In dem in der Beschwerde vom vorgelegten Gutachten vom Sachverständigenbüro ***SV*** vom werde der Jahreswasserbedarf, basierend auf den Vorgaben der ÖNORM L 1112, für die Bewässerung der allgemeinen und privaten Grünflächen von 951,70 m2 mit 209,49 m3 ermittelt. Die weiteren nicht in den öffentlichen Kanal geleiteten Wassermengen seien wie folgt berechnet worden:
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Pos. 1 | Grünflächen | 951,70 m 2 x | = 209,49 m 3 | ||
Pos. 2 | Kübelpflanzen bis 25 l | 78 Stk. x | 200 Wassergaben x | 2,5 dm 3 | = 39,00 m 3 |
Pos. 3 | Kübelpflanzen über 25 l | 27 Stk. x | 150 Wassergaben x | 6 dm 3 | = 24,30 m 3 |
Pos. 4 | Pflanzentröge | 9m 2 x | 40 Wassergaben x | 40 dm 2 | = 14,40 m 3 |
Pos. 5 | Wohnungseinheiten | 28 x | 52 Wochen x | 10 dm 3 | = 14,56 m 3 |
= 301,75 m 3 | |||||
= 302 m 3 |
Anhand dieser prüfungsfähigen Unterlage habe der Amtssachverständige der zuständigen Fachdienststelle, Magistratsabteilung 42 - Wiener Stadtgärten, am vor Ort wiederum eine Erhebung vorgenommen und die Nichteinleitungsmenge einer Prüfung unterzogen. Dabei sei eine Nichteinleitungsmenge pro Kalenderjahr von insgesamt 115 m3 wie folgt ermittelt worden:
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Pos. | Bezeichnung der Anlage im Detail | A | B | C | D | E | F |
1 | Rasenfläche | 952 m 2 | 0% | 68,7 l | 65,40 m 3 | 0% | 65,40 m 3 |
2 | Topfpflanzen < 25 l | 10 Stk. | 0% | 500 l | 5,00 m 3 | 0% | 5,00 m 3 |
3 | Topfpflanzen > 25 l | 30 Stk. | 0% | 900 l | 27,00 m 3 | 0% | 27,00 m3 |
4 | Trogbepflanzungen | 2 m 2 | 0% | 1.600 l | 3,20 m 3 | 0% | 3,20 m3 |
5 | Wohnungseinheiten | 28 | 14,56 m 3 | 14,56 m3 | |||
115 m 3 | 115 m 3 |
Beschreibung:
A = Flächenausmaße oder Anzahl
B = Bewertung des Erhaltungszieles, Zu- und Abschläge
C = Bewässerungsbedarf (Liter je m2 oder Stück)
D = Wert In. ÖNORM L 1112
E = Sonstige Zu- und Abschläge
F = Jahreswasserbedarf (unter Berücksichtigung der tatsächlichen Situation inkl. Zu- und Abschläge)
Das Ermittlungsergebnis sei dem Vertreter der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom , nachweislich zugestellt am , zur Kenntnis gebracht und ihm auch die Möglichkeit geboten worden, dazu innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. In der dazu mit Eingabe vom abgegebenen Stellungnahme sei jedoch lediglich das Gutachten vom neuerlich übermittelt worden. Da somit keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht worden seien, die nicht bereits anlässlich der Erhebung des Amtssachverständigen der MA 42 vor Ort Berücksichtigung gefunden hätten, sei die am ermittelte Nichteinleitungsmenge von 161 m3 dem Herabsetzungsbescheid für das Kalenderjahr 2014 und die am ermittelte Nichteinleitungsmenge von 115 m3 den Herabsetzungsbescheiden für die Kalenderjahre 2015 und 2016 zugrunde gelegt worden.
In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung brachte die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin bezugnehmend auf die Aussagen der belangten Behörde, wonach pro Person pro Tag rd. 130 Liter Wasser verbraucht würden, vor, dass in diese Berechnung die Benutzung eines Pools und auch die Rasenbewässerung einbezogen seien. Gehe man davon aus, dass die Bewohner der Wohnhausanlage nicht ganzjährig an ihrem Wohnsitz aufhältig seien (bspw. wegen Urlaubs), bleibe eine Differenz von 300m3 bis 400 m3 pro Jahr. Außerdem mache die täglich verbrauchte Wassermenge pro Kopf ohne Pool nur 112 Liter aus. In anderen Wohnhausanlagen seien Subzähler angebracht worden seien, die ebenfalls zu dem von der Beschwerdeführerin berechneten Ergebnis führen würden.
Dies wurde auch vom Sachverständigen Dipl. Ing. ***SVX***, bestätigt, der erklärte, die diesbezüglichen Unterlagen innerhalb von 2 Wochen dem BFG vorlegen zu wollen.
Die Vertreterin der belangten Behörde wandte dazu ein, dass sich auch unter Berücksichtigung eines Wasserbedarfs von 112 Litern pro Person jährlich (ohne Berücksichtigung des Außenbereiches) die von der Beschwerdeführerin errechnete Differenz nicht ausgehen würde, da dies beispielsweise im Jahr 2012 einen Verbrauch von 2125 m3 insgesamt ergeben würde und die Differenz zum gemessenen Jahresverbrauch von 2231 m3 nicht jenen von der Bf. errechneten Betrag ergeben würde. Zu den Aussagen von Herrn Dipl. Ing. ***SVX*** werde angemerkt, dass die Verhältnisse jeweils individuell unterschiedlich sein könnten.
Über Befragen durch die Richterin gab Herr Dipl. Ing. ***SVX*** an, in den Streitjahren sei der Rasen von einem Hausbesorger gegossen worden.
Die Vertreterin der belangten Behörde gab an, dass sich auf der Liegenschaft nicht nur Rasenflächen, sondern auch Bäume befänden.
In der Folge legte das Sachverständigenbüro Vergleichswerte sowie ein Gutachten für eine Referenzliegenschaft vor, aus der sich nach Ansicht des Sachverständigenbüros ersehen lasse, dass der Gesamtwasserverbrauch für die Bewässerung (entspricht der Nichteinleitungsmenge, welche nicht in den Kanal eingeleitet wird) laut ÖNORM Gutachten um 20% unter dem tatsächlich abgelesenen liege.
Während der Gesamtwasserverbrauch für die Bewässerung dieser Referenzliegenschaft laut ÖNORM Gutachten 2.015 m³ betrage, habe der mittels Subzähler festgestellte Wasserbedarf für die Bewässerung für das Kalenderjahr 2018 2.423 m³ ergeben (laut Ablesung vom und : 7.906 m³ Wasserverbrauch abzüglich 5483 m³ Abwasser ergebe 2.423 m³ Wasserverbrauch für die Bewässerung). Für das Kalenderjahr 2017 seien mittels Subzähler 2.476 m³ an Wasserbedarf für die Bewässerung abgelesen worden (laut Bescheid vom im Anhang und die Ablesung vom November 2016 und Oktober 2017 im Anhang, 5.303 m³ Wasserverbrauch abzüglich 2.827 m³ Abwasser ergebe 2.476 m³ Wasserverbrauch für die Bewässerung).
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft in ***Ojektadresse***, und vermietet die dort in der Wohnhausanlage befindlichen Wohnungen. Aufgrund ihres Antrages auf Herabsetzung der Kanalbenützungsgebühr um die nicht in den Kanal eingeleitete Abwassermenge wurden vom Amtssachversständigen nach einer Besichtigung der Wohnhausanlage und der darauf befindlichen Grünflächen und Grünpflanzen unter Berücksichtigung der ÖNORM L 1112 die nachfolgend dargestellten Nichteinleitungsmengen erhoben.
In den Jahren 2012 bis 2016 wurden folgende Wasserverbrauchsmengen gemessen, wovon sich abzüglich der vom Amtssachverständigen festgestellten Nichteinleitungsmenge die in den Kanal eingeleitete Abwassermenge ergibt:
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Jahr | Wasserverbrauch | Nichteinleitungsmenge | In den Kanal gelangte Abwassermenge |
2012 | 2.231 m3 | 161 m3 | 2.070 m3 |
2013 | 2.347 m3 | 161 m3 |
|
2014 | 2.270 m3 | 161 m3 | 2.109 m3 |
2015 | 2.109 m3 | 115 m3 | 1.994 m3 |
2016 | 2.215 m3 | 115 m3 | 2.100 m3 |
Die vom Amtssachverständigen erhobenen Nichteinleitungsmengen erscheinen durchaus plausibel. Mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten konnte nicht der Nachweis für deren Unrichtigkeit erbracht werden.
Beweiswürdigung
Im gegenständlichen Fall wurden von der belangten Behörde im Verwaltungsverfahren Amtssachverständigengutachten eingeholt, welche sich auf eine Berechnung nach der ÖNORM L 1112 stützen.
Bei einer ÖNORM handelt es sich um eine unverbindliche Empfehlung des Normungsinstitutes, der nur dann normative Wirkung zukommt, wenn sie der Gesetzgeber (unter Umständen mittels Verordnungserlassung) als verbindlich erklärt. Das Fehlen einer solchen normativen Wirkung einer ÖNORM hindert jedoch nicht, dass diese als einschlägiges Regelwerk und objektiviertes, generelles Gutachten von einem Sachverständigen als Grundlage in seinem Gutachten etwa für die Beurteilung des Standes der Technik herangezogen werden kann (vgl. dazu mwN). Damit entsprachen die eingeholten Gutachten auch dem Stand der Technik. Die Beschwerdeführerin vermochte auch keine Unschlüssigkeit der Gutachten aufzuzeigen.
Die vom Amtssachverständigen erstellten Gutachten erfassen penibel die tatsächlich auf der Liegenschaft vorherrschenden Bedingungen (wie bspw. Anzahl der Grünpflanzen, Trogpflanzen etc. und Erscheinungsbild der bewässerten Grünflächen) und beziehen auch die vom Hydrologischen Dienst der Stadt Wien zur Verfügung gestellten regionalisierten Niederschlagsmessdaten mit ein, während in dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten schon die Anzahl der Kübel-, Topf und Trogpflanzen unrichtig erfasst werden. Im Übrigen ist aus dem Gutachten auch nicht ersichtlich, von welchen Annahmen der Sachverständige hinsichtlich der Bewässerung der Grünflächen ausgeht. Soweit anhand eines weiteren Sachverständigengutachtens für eine sogenannte Referenzliegenschaft die Richtigkeit des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Sachverständigengutachtens belegt werden soll, ist schon aufgrund des Umstandes, dass die Rasenflächen des sogenannten Referenzgrundstückes um ein Vielfaches größer sind und es sich offenbar um eine gepflegte Rasenanlage handelt, eine Vergleichbarkeit nicht erkennbar. Darüber hinaus ist auch festzuhalten, dass die Rasenbewässerung stets von individuellen Bedingungen, wie einerseits des sich aus der Beschaffenheit des Bodens und der Niederschlagsmenge ergebenden Wasserbedarfs und andererseits der tatsächlich individuell vorgenommenen Bewässerung, abhängig ist.
Damit ist aus einem für eine nicht näher definierte Liegenschaft erstellten Gutachten nichts für die beschwerdegegenständliche Liegenschaft zu gewinnen, wobei auch der Umstand, dass das vorgelegte Gutachten um 20% die tatsächlich gemessene Nichteinleitungsmenge unterschreitet, ebenfalls nichts dazu beiträgt, die Richtigkeit des vorgelegten Gutachtens zu untermauern.
Auch eine Berechnung des durchschnittlichen Wasserverbrauchs der Bewohner der Liegenschaft laut Statistik (112 m3 pro Person) führt im Ergebnis dazu, dass die im vorgelegten Gutachten ermittelten Nichteinleitungsmengen nicht der Realität entsprechen können.
Es ist daher vielmehr der Einschätzung des Amtssachverständigen, einem Bediensteten der für die Pflege der öffentlichen Gärten zuständigen Fachstelle der Gemeinde, die dieser nach Begehung der Liegenschaft mithilfe der ÖNORM L 1112 unter Berücksichtigung der vom Hydrologischen Dienst der Stadt Wien erhobenen Niederschlagsmengen getroffen hat, zu folgen.
Der Beschwerdeführerin ist es nicht gelungen, Zweifel an diesen Gutachten zu wecken, zumal auch das von ihr vorgelegte Gutachten unter Bezugnahme auf die ÖNORM L 1112 erstellt wurde, und lediglich die Bewässerungsmenge für die Rasenfläche unterschiedlich bewertet wurde. Dabei blieb die Beschwerdeführerin aber die Vorlage von tragfähigen Unterlagen für die ihrer Ansicht nach maßgeblichen Bewässerungsmengen schuldig.
Auch der Verweis darauf, dass früher wesentlich höhere Bewässerungsmengen anerkannt wurden, lässt keinen Schluss auf die Unrichtigkeit der nunmehr erstellten Gutachten zu, da sich einerseits die Verhältnisse geändert haben können oder aber auch möglicherweise die notwendige Bewässerungsmenge im Vorzeitraum unrichtig ermittelt worden war.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Das Gesetz über den Betrieb und die Räumung von Kanalanlagen und über die Einhebung von Gebühren für die Benützung und Räumung von Unratsanlagen (Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG), LGBl. Nr. 02/1978 in der geltenden Fassung, regelt in seinem Abschnitt II die Abwassergebühr.
Nach § 11 Abs. 1 KKG unterliegt der Gebührenpflicht die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149) in einen öffentlichen Straßenkanal.
Die Abwassergebühr ist gemäß § 11 Abs. 2 leg. cit. nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.
Die Abwassermenge wird gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 KKG derart ermittelt, dass die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 des Wasserversorgungsgesetzes 1960, LGBl. für Wien Nr. 10, ermittelte Wassermenge in den öffentlichen Kanal als abgegeben gilt.
§ 13 KKG regelt die Herabsetzung der Abwassergebühr, Sein Abs. 1 lautet in der jeweils geltenden Fassung wie folgt:
Für nach § 12 Abs. 1 KKG festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist gemäß § 13 Abs. 1 KKG idF LGBl. Nr. 02/1978, über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen.
Gemäß § 13 Abs. 1 KKG, idF LGBl. Nr. 39/2016 (in Kraft getreten mit ), ist für nach § 12 Abs. 1 KKG festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und
1. der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen (zB für die Bewässerung von Grünflächen, für Produktionszwecke) durch den Einbau geeichter Wasserzähler (Subzähler) erbracht wird. Diese Subzähler sind vom Gebührenschuldner bzw. von der Gebührenschuldnerin auf seine bzw. ihre Kosten durch einen dazu befugten Gewerbetreibenden bzw. eine dazu befugte Gewerbetreibende einbauen zu lassen, zu warten und instand zu halten.
2. der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen bei Schäden an der Verbrauchsanlage durch prüfungsfähige Unterlagen (zB Arbeitsbestätigung oder Rechnung einer Installationsfirma) vom Gebührenschuldner bzw. der Gebührenschuldnerin erbracht wird.
Gebührenschuldner ist gemäß § 14 Abs. 1 KKG in den Fällen des § 12 Abs. 1 Z. 1 KKG dieses Gesetzes der Wasserabnehmer (§ 7 Wasserversorgungsgesetz 1960).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass der Gebührenpflicht gemäß § 11 Abs. 1 KKG, LGBl. für Wien Nr. 2/1978 idgF, die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149) in einen öffentlichen Kanal (Straßenkanal) unterliegt (vgl. , und die dort zusammengefasst wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs).
Die Abwassergebühr ist jedoch gemäß § 11 Abs. 2 KKG nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 85/17/0008, festgestellt hat, handelt es sich bei der Berechnungsvorschrift des § 12 Abs. 1 KKG (arg.: 'gelten' ... 'gilt') dem Anschein nach um eine der Vereinfachung der Ermittlung der Gebührenhöhe dienende Fiktion. Zu ihrer Korrektur im Sinne des Gebührentatbestandes und zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses seien ihr Regeln an die Seite gestellt, die es erlaubten, auf Fälle Rücksicht zu nehmen, in denen die in die öffentlichen Kanäle abgeleiteten Abwassermengen geringer seien als die der öffentlichen Wasserversorgung oder einer Eigenwasserversorgung entnommenen Wassermengen. Der Nachweis hiefür werde in diesen Regeln dem Gebührenpflichtigen auferlegt, womit sich die Fiktion in Wahrheit als widerlegbare Rechtsvermutung erweise (vgl. ; sowie )
Die Beschwerdeführerin irrt daher, soweit sie in der Beschwerde (so wie bereits im Verwaltungsverfahren) dahin argumentiert, die Behörde hätte "zur Ermittlung der richtigen Nichteinleitungsmenge" einen gerichtlich beeideten Sachverständigen beizuziehen gehabt. Dieses Vorbringen zielt im Ergebnis darauf ab, dass die Abgabenbehörde zur Widerlegung der Vermutung nach § 12 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 und 4 KKG den Nachweis (durch "prüfungsfähige Unterlagen") zu erbringen hätte.
Stellt das Gesetz für eine Tatsache eine Vermutung auf, so bedarf diese gemäß § 167 Abs. 1 BAO keines Beweises. Die Führung des Gegenbeweises liegt jedoch nach der Anordnung des Gesetzes (vgl. § 13 Abs. 1 erster Satz KKG: "... über Antrag... herabzusetzen, wenn... die Nichteinhaltung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird.") beim Abgabepflichtigen. Nicht der Abgabenbehörde, sondern dem Abgabepflichtigen ist die Beweislast auferlegt und es schlägt auch zum Nachteil der betreffenden Partei aus, wenn der Gegenbeweis nicht zu erbringen ist (vgl. ).
Ob dieser Nachweis erbracht ist oder nicht, unterliegt gemäß § 168 Abs. 2 BAO der freien Beweiswürdigung; danach hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, erscheinen die vom Amtssachverständigen erstellten Gutachten, in welchem im Rahmen eines Lokalaugenscheines die Anzahl der Topfpflanzen ermittelt und die Beschaffenheit der Rasenfläche begutachtet wurde, und die Berechnung der Nichteinleitungsmenge unter Berücksichtigung dieser Umstände in Verbindung mit den vom hydrologischen Institut der Stadt Wien aufgezeichneten Niederschlagsmengen erfolgte, der Realität durchaus zu entsprechen, weshalb auch das von der Beschwerdeführerin eingebrachte Sachverständigengutachten aus den bereits dargestellten Gründen nicht dazu geeignet ist, diese zu widerlegen.
Im Übrigen ist seit der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen durch den Einbau geeichter Wasserzähler (Subzähler) zu erbringen, womit ab diesem Zeitpunkt dem vorgelegten Sachverständigengutachten auch deshalb keine Beweiskraft mehr zukommt.
Hinsichtlich des Einwandes, die belangte Behörde sei auf das Erfordernis der 5%igen Abweichung nicht eingegangen, ist darauf hinzuweisen, dass diese auch bei den von der belangten Behörde im Abzug gebrachten Nichteinleitungsmengen jedenfalls gegeben war.
Auch mit dem Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben vermag die Beschwerdeführerin nicht eine Rechtswidrigkeit der bekämpften Bescheide aufzuzeigen; denn nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines Verhaltens der Behörde als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben einerseits voraus, dass ein Verhalten der Behörde, auf das der Abgabepflichtige vertraut hat, eindeutig und unzweifelhaft für ihn zum Ausdruck gekommen ist, und andererseits, dass der Abgabepflichtige seine Dispositionen danach eingerichtet und er als Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten hat (vgl. ; ).
Bezüglich des Argumentes, aufgrund der gelebten Praxis habe die Beschwerdeführerin davon ausgehen dürfen, dass das von ihr vorgelegte Sachverständigengutachten zum Nachweis der Nichteinleitungsmenge von 302 m3 ausreiche, weshalb die gegenständliche Abgabenfestsetzung eine Verletzung des Vertrauensschutzes darstelle, ist festzuhalten, dass laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer allenfalls auch unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit schützt. Die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zeitigt der Grundsatz von Treu und Glauben nur insoweit Auswirkungen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. Zorn, Schutz des Abgabepflichtigen durch den Grundsatz von Treu und Glauben, in Lang/Schuch/Staringer, Soft Law in der Praxis, Wien 2005, Seite 89, sowie ; , VwSlg. 8528/F, mit weiteren Nachweisen). Der Umstand, dass in der Vergangenheit die Sachverständigengutachten ungeprüft übernommen wurden, hindert die Behörde nicht, diese Vorgangsweise als rechtswidrig zu beurteilen und davon abzugehen (vgl. ; , mwN). Vielmehr müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Vorgangsweise durch die belangte Behörde unbillig erscheinen ließen, wie dies z.B. der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist vor allem bei unrichtigen Rechtsauskünften der zuständigen Abgabenbehörde zu berücksichtigen (vgl. bspw. ; ). Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben kann jedoch kein grundsätzliches Recht auf Beibehaltung einer als unrichtig erkannten Vorgangsweise abgeleitet werden.
Wenn die Vertreter der Beschwerdeführerin vermeinen, der Umstand, dass bislang die vorgelegten Sachverständigengutachten ungeprüft übernommen worden seien, so sei darauf hingewiesen, dass auch schon in der Vergangenheit Abänderungen aufgrund eines Lokalaugenscheines vorgenommen wurden. Damit ist aber nicht erkennbar, aufgrund welchen von der belangten Behörde gesetzten Verhaltens Dispositionen im Vertrauen darauf getroffen worden sein sollen. Es ist aber auch nicht möglich, einen daraus konkret erlittenen abgabenrechtlichen Nachteil darzustellen, zumal es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, den Nachweis für eine tatsächlich höhere Nichteinleitungsmenge an Abwasser zu erbringen.
Im Hinblick darauf, dass die Vorgangsweise der belangten Behörde bis zur Gesetzesänderung im Jahr 2016 als gesetzeskonform anzusehen ist, und gegenüber allen Wasserabnehmern in gleicher Weise vorgegangen wurde, kann darin keine Verletzung des Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz erkannt werden.
Hinsichtlich der darüber hinaus ohne begründende Ausführungen geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken wird auf die Aussagen des Verfassungsgerichtshofs im Erkenntnis vom , B 13/80, verwiesen.
Entsprechend den obigen Ausführungen musste daher den Beschwerden der Erfolg versagt bleiben.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da über die zu beurteilende Rechtsfrage der Nachweispflicht für die nicht in den öffentlichen Kanal eingeleiteten Abwassermenge im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entschieden wurde, und da es sich bei der Frage, ob dieser Beweis gelungen ist, um eine Frage der Beweiswürdigung handelt, hängt das gegenständliche Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ab.
Es war daher die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 11 Abs. 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978 § 12 Abs. 1 Z 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978 § 13 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978 § 13 Abs. 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978 § 12 Abs. 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7400104.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at