Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.02.2022, RV/7105528/2017

Mietvertrag: Bestimmte oder unbestimmte Vertragsdauer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache der ***Bf2***, ***Bf2-Adr***, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH, Kohlmarkt 5, 1010 Wien, die der Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Gebührenbescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgeschäftsgebühr, Steuernummer ***Bf1-StN***, ErfNr. ***1***, mit Schreiben vom beigetreten ist, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die ***Bf2*** schloss als Vermieterin mit der ***Bf1*** als Mieterin am einen Mietvertrag über ein Geschäftslokal ab.

Mit Bescheid vom wurde die Rechtsgeschäftsgebühr für den Mietvertrag unter Berücksichtigung einer bestimmten Dauer von 10 Jahren festgesetzt. Die Festsetzung erfolgte im Hinblick auf die vereinbarte umsatzabhängige Miete gemäß § 200 BAO vorläufig.

Gegen den an die Mieterin gerichteten Bescheid wurde von ihr mit Schreiben vom Beschwerde mit der Begründung erhoben, im Vertragspunkt XXIII Abs. 4 des Mietvertrages sei eine Befristung gemäß Rz 705 der Gebührenrichtlinien vereinbart und erweise sich der Bescheid als nicht richtig.

Mit Schreiben vom trat die Vermieterin, im Folgenden kurz Bf2 genannt, der Beschwerde gemäß § 257 BAO im Wesentlichen mit der Begründung bei, dass der angefochtene Gebührenbescheid in Widerspruch zur Rechtsprechung des VwGH, zu den Gebührenrichtlinien und zur Literatur stehe. Aufgrund der vertraglich vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten (= alle erdenklichen Kündigungsgründe des § 30 MRG, sonstige im Vertrag genannte Gründe, gesetzliche Auflösungsgründe des § 1118 ABGB) liege ein Vertrag von unbestimmter Dauer vor.

Mit Beschwerdevorentscheidungen an beide Parteien wurde die Beschwerde am vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Ohne weiteres Vorbringen stellte die Bf2 mit Schreiben vom den Antrag, das Bundesfinanzgericht möge über die Bescheidbeschwerde bzw. über den Beitritt zu dieser Bescheidbeschwerde entscheiden. Die Beschwerdeführerin, die ***Bf1*** stellte keinen Vorlageantrag.

Aus einer Anfragebeantwortung des Finanzamtes vom ergibt sich Folgendes: Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde die Rechtsgeschäftsgebühr gegenüber der ***Bf1*** nach Ermittlungen über die Höhe der Miet- und Betriebskosten endgültig mit einer verminderten Bemessungsgrundlage festgesetzt. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde nicht eingelegt und ist die Abgabe entrichtet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Am kam durch Unterzeichnung ein Vertrag zwischen der ***Bf2*** als Vermieterin und der ***Bf1*** als Mieterin zustande, wonach ein Geschäftslokal mit einer Nutzfläche von ca. 724 m² in Bestand gegeben wurde.

Der Text des Mietvertrages vom lautet auszugsweise:

"IV:

1. Das Mietverhältnis beginnt am 15.04. (April) 2016 und endet am 14.04. (April) 2026, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Unberührt davon finden die Kündigungsbeschränkungen nach § 30 MRG in der jeweils gültigen Fassung und die Auflösungstatbestände gemäß § 1118 ABGB Anwendung.

2. Der Mieter verzichtet auf jede Aufkündigung oder vorzeitige Auflösung dieses Vertrages. Das Recht des Mieters vom Mietverhältnis gemäß § 1117 ABGB abzustehen, bleibt hievon unberührt. Der Schlusssatz des § 1117 ABGB findet jedoch keine Anwendung.

5. Im Falle einer vom Mieter zu vertretenden vorzeitigen Beendigung dieses Vertrages, ersetzt der Mieter dem Vermieter alle dadurch entstehenden Nachteile und zwar unabhängig von einem Verschulden.

6. Klarstellend wird festgehalten, dass der Vermieter jederzeit unter Beachtung der gesetzlichen Fristen das Mietverhältnis aus allen erdenklichen Kündigungsgründen des § 30 MRG bzw. den sonstigen in diesem Vertrag genannten Gründen bzw. gesetzlichen Auflösungsgründen (§ 1118 ABGB)" (Anm.: Satz wird nicht zu Ende geführt)

"VI.

1.5. i) Für den Vermieter ist die Möglichkeit eine Umsatzsteuer zu verlangen und daher einen Vorsteuerabzug geltend machen zu können, wichtig und bedeutsam. Der Vermieter ist daher zur Aufkündigung des Bestandverhältnisses berechtigt (§ 30 Abs. 2 Ziff. 13 MRG), wenn ihm durch eine Änderung der Nutzung durch den Mieter und dem damit verbundenen Verlust der Möglichkeit der Option zur Regelbesteuerung finanzielle Nachteile entstehen."

"XI.

1. …

2. Der Mieter nimmt zur Kenntnis, dass für den Vermieter der Betrieb eines gehobenen Restaurants unter der Marke "***Name***" im Mietgegenstand wichtig und bedeutsam ist. Jede ohne schriftliche Zustimmung des Vermieters erfolgte Änderung oder Erweiterung der Geschäftsbranche oder Änderung des Markenauftritts im Mietobjekt stellt daher einen wichtigen und bedeutsamen Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs. 2 Ziff. 13 MRG dar. …."

"XIII.

1. Im Falle einer Unternehmensveräußerung, Verpachtung und gesellschaftsrechtlicher Veränderungen gelangt § 12a MRG oder eine vergleichbare zukünftige gesetzliche Bestimmung zur Anwendung.

2. Der Mieter ist jedoch berechtigt, sämtliche Rechte und Pflichten aus diesem Mietvertrag an die ***Name*** Franchise GmbH, ……, zu übertragen, soweit diese sicherstellen kann, dass der Betrieb in unveränderter Form gemäß Punkt XI. unter der Marke "***Name***" (oder zukünftiger vergleichbarer vom Vermieter genehmigter Marken) zu überlassen. Es besteht keine Verpflichtung des Vermieters mit einem von der vorgenannten Gesellschaft vorgeschlagenen (neuen) Mieter einen Mietvertrag abzuschließen.

3. Ist die ***Name*** Franchise GmbH, …, in das Mietverhältnis eingetreten, so ist die vorgenannte Gesellschaft berechtigt, den Mietgegenstand an einen ihrer Franchisenehmer auf Dauer des Bestehens des Franchisevertrages betreffend die Marke "***Name***" (oder zukünftiger vergleichbarer vom Vermieter genehmigter Marken) zu überlassen. Es besteht keine Verpflichtung des Vermieters mit einem von der vorgenannten Gesellschaft vorgeschlagenen (neuen) Mieter einen Mietvertrag abzuschließen.

4. Jegliche (sonstige) Untervermietung, Verpachtung oder Überlassung der Bestandsräume, sei es ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich, ist im Hinblick auf Punkt XI Abs. 2 nicht gestattet und wird hiermit ausdrücklich als wichtiger Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs. 2 Z 13 MRG 1981 vereinbart.

5. …"

"XIV.

1. …

2. …

3. Der Mieter verpflichtet sich zur Einhaltung der Hausordnung, die ihm übergeben und zur Kenntnis gebracht wurde. Fortgesetztes oder wiederholtes Zuwiderhandlungen gegen die Hausordnung oder die vorstehenden Absätze stellen einen für den Vermieter wichtigen und bedeutsamen Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs. 2 Ziff. 13 MRG dar.

…"

"XXI.

Besondere Vereinbarungen:

4. Im Falle der Veräußerung der Bestandsache steht dem Mieter gegenüber dem jeweiligen Rechtsnachfolger des Vermieters kein Kündigungsrecht gemäß § 1120 ABGB zu.

…"

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der vorgelegten Urkunde, deren Inhalt unstrittig ist.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Im gegenständlichen Fall ist es unstrittig, dass es sich beim Mietvertrag vom um einen Bestandvertrag iSd § 33 TP 5 Abs. 1 GebG 1957 handelt. Strittig ist lediglich, ob eine bestimmte oder eine unbestimmte Vertragsdauer vorliegt.

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Wert.

Abs. 3 leg. cit. in der gegenständlich anzuwendenden Fassung besagt: "Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen."

§ 30 Mietrechtsgesetz (MRG) bestimmt unter dem Titel "Kündigungsbeschränkungen" Folgendes:

"(1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird."

§ 1117 ABGB lautet: "Der Bestandnehmer ist berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück in einem Zustand übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein beträchtlicher Teil durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der Gesundheitsschädlichkeit gemieteter Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter auch dann zu, wenn er im Vertrage darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der Räume beim Vertragsabschluss gekannt hat."

§ 1118 ABGB lautet: "Der Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer der Sache einen erheblich nachteiligen Gebrauch davon macht; wenn er nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termines den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat; oder, wenn ein vermietetes Gebäude neu aufgeführt werden muss. Eine nützlichere Bauführung ist der Mieter zu seinem Nachteile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber notwendige Ausbesserungen."

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht (vgl. ).

Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss. Während die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 19 Abs. 2 MG (jetzt § 30 MRG) keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit darstellt, vermögen ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf eine bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben ().

Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. ; ; bis 0112; ).

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann ().

Der gesamte Vertragsinhalt ist einer Einzelfallprüfung zu unterziehen, die ergeben kann, dass von den Vertragsparteien eine zeitlich konkret begrenzte Bestanddauer gewollt ist, die bei vertragsgetreuem Verhalten aller Wahrscheinlichkeit nach auch erreicht wird.

Im gegenständlichen Fall wird eine Geschäftsfläche samt Gastgarten in Bestand gegeben und ein Endtermin () vereinbart, zu dem das Mietverhältnis abläuft, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die Vermieterin ist berechtigt, den Mietvertrag aus allen erdenklichen Gründen des § 30 MRG bzw. den sonstigen im Vertrag genannten Gründen bzw. den gesetzlichen Auflösungsgründen des § 1118 ABGB aufzulösen. Die Mieterin verzichtet auf jede Aufkündigung oder vorzeitige Auflösung des Vertrages, wobei die Bestimmung des § 1117 ABGB davon ausgenommen bleibt.

§ 30 MRG enthält die Beschränkung, dass der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen kann, wobei in Abs. 2 wichtige Gründe demonstrativ als Spezialtatbestände aufgezählt werden.

Ist bei den Kündigungsgründen des Abs. 2 davon auszugehen, dass ohne weitere Prüfung und Wertung das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes zu bejahen ist, so hat die Rechtsprechung im Wesentlichen folgende Kündigungsgründe als wichtig im Sinne des Abs. 1 anerkannt: Existenzgefährdung, Bedarf nach einer Hausbesorgerdienstwohnung, öffentliches Interesse, Verstöße des Mieters gegen vertragliche Verpflichtungen, die wichtige Interessen des Vermieters in einer Weise verletzen, dass sie einer Gefährdung der (wirtschaftlichen) Existenz des Vermieters gleichkommen und spezielle Fälle einer Änderungskündigung (vgl. Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 MRG § 30 (Stand: , rdb.at) Tz 7ff).

Betrachtet man die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG, so ergibt sich, dass die in Z 5, 6, 8 und 16 aufgezählten Kündigungsgründe im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangen können, da diese Ziffern auf die Vermietung von Wohnraum abstellen. Z 2 kommt nicht in Betracht, weil der vereinbarte Mietzins nicht in einer Dienstleistung besteht. Wie die Bf2 auch selbst ausführt, kommen die Z 10, 11, 12 und 15 aufgrund des abweichenden Sachverhaltes ebenfalls nicht in Betracht.

Damit können nur die Kündigungsmöglichkeiten der Ziffern 1 (Mietzinsrückstand), 3 (nachteiliger Gebrauch), 4 (Weitergabe), 7 (keine regelmäßige Verwendung zur vereinbarten geschäftlichen Betätigung), 9 (Eigenbedarf), 13 (weitere vertraglich vereinbarte Kündigungsgründe) und 14 (Abbruchreife) von Bedeutung sein. Die Ziffern 1 und 3 betreffen Vertragsverletzungen der Mieterin, 4 und 7 setzen einen mangelnden Bedarf der Mieterin voraus und die nach Z 13 vereinbarten Kündigungsgründe (VI. 1.5i = bestimmte Nutzungsänderung; XI 2. = Betriebsänderung; XIII 4. = Verbot der Untervermietung; XIV 3. = Verstöße gegen die Hausordnung) kommen ebenfalls nur bei Vertragsverletzungen der Mieterin zum Tragen. Die Bestandgeberin kann diese Kündigungsgründe nicht beeinflussen und steht ihr bei vertragskonformen Verhalten der Bf2 kein Kündigungsrecht zu. Dadurch, dass im Vertrag unter IV. 5. die Mieterin - unabhängig von einem Verschulden - der Vermieterin gegenüber zum Ersatz aller Nachteile verpflichtet wurde, die durch eine von ihr zu vertretende vorzeitige Beendigung des Mietvertrages entstehen würden, wurde die Vertragstreue abgesichert.

Als einziger Kündigungsgrund, der in der Sphäre der Vermieterin liegt und somit die frühzeitige Beendigung des Mietverhältnisses durch die Vermieterin ermöglichen könnte, ist § 30 Abs. 2 Z 9 MRG (Eigenbedarf) anzusehen. Eine Kündigung wegen Eigenbedarf würde nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes voraussetzen, dass die Bestandgeberin die von ihr vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zweckes, also für ihren Betrieb, dringend benötigt (vgl. mit Judikaturhinweisen). Es muss hiebei die unabweisliche Notwendigkeit bestehen, den derzeitigen Zustand sobald als möglich zu beheben und muss dies nur durch Aufkündigung des Bestandverhältnisses möglich sein (MietSlg 34.434, SZ 23/127, 1 Ob 566/87). Bei der Bestandgeberin, der Bf2, handelt es sich um eine juristische Person, deren Geschäftszweig die Vermittlung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen für Dritte ist. Durch die Vermietung wurde der Geschäftszweck der Bf2 bereits erfüllt und ist eine Aufkündigung wegen Eigenbedarf schwer vorstellbar. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des Kündigungsgrundes der Z 14 (Abbruchsreife) besteht kein Hinweis.

Zum Einwand der Bf2, durch die Bestimmung der Generalklausel des § 30 Abs. 1 MRG seien noch weitere Kündigungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen, ist zu sagen: Die Generalklausel des § 30 Abs. 1 MRG hat nicht die Aufgabe, fehlende Merkmale der Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG zu ersetzen, sondern dient dazu, vom Gesetz sonst nicht erfasste, aber an Gewicht den Kündigungsgründen des § 30 Abs. 2 MRG gleichwertige Sachverhalte diesen gleichzusetzen (RIS-Justiz RS0070192). Die Rechtsprechung legt dabei einen strengen Maßstab an. So führen zB Verstöße des Mieters gegen vertragliche Verpflichtungen, die wichtige Interessen des Vermieters in einer Weise verletzen, dann zu einem Kündigungsgrund, wenn sie einer Gefährdung der (wirtschaftlichen) Existenz des Vermieters gleichkommen. Kündigungsgründe, die über die ausdrücklich in Abs. 2 leg. cit. genannten hinausgehen, sind gänzlich ungewiss und ist deren Eintritt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als unwahrscheinlich anzusehen.

Insgesamt gesehen, lassen die vereinbarten Kündigungsgründe nur sehr eingeschränkt eine vorzeitige Kündigung zu und ist eine frühzeitige Auflösung des nach dem Willen der Vertragsparteien auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrages als nicht wahrscheinlich einzustufen.

Die Tatbestände der §§ 1117 und 1118 ABGB sind solche, die es dem einen oder anderen Teile gestatten, das Vertragsverhältnis ohne Kündigung vorzeitig zu beenden. Es handelt sich hier um Fälle von Vertragsverletzungen oder von zufälligen Ereignissen, die von außen her den Gegenstand des Bestandvertrags treffen (). Dem Umstand, dass die Auflösung des Mietvertrages wegen der in den §§ 1117 und 1118 ABGB normierten Gründen nicht ausgeschlossen wurde, kommt kein Gewicht in der Frage der Bindung der Vertragsparteien auf bestimmte Zeit zu (vgl. ).

Nach dem Vertragsinhalt ist daher davon auszugehen, dass bei beiden Vertragsparteien der Wille bestand, das Vertragsverhältnis bis zum , also 10 Jahre lang, aufrechtzuerhalten. Da einzelne Kündigungsrechte nach § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG 1957 nicht dazu führen, dass ein ausdrücklich auf eine bestimmte Zeit eingegangenes Bestandverhältnis gebührenrechtlich als eines von unbestimmter Dauer zu qualifizieren ist, ist der Beschwerde nicht zu folgen.

Das Bundesfinanzgericht hat sich in den letzten Jahren mehrfach mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen die Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben, sich aus dem Inhalt des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können und wurden Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe anwendbar blieben, als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach eingebrachte außerordentliche Revisionen mit Beschluss zurückgewiesen (siehe ; ; und ) wie auch die gegen eingebrachte ordentliche Revision (siehe ).

Exemplarisch wird auch auf , verwiesen. Der dort beurteilte Sachverhalt enthält ebenfalls eine bestimmte Vertragsdauer und eine Vereinbarung der Kündigungsgründe nach § 30 MRG (Teil A 4.3.) mit weiteren im Teil B 4.2. ausdrücklich vereinbarten Kündigungsgründen. Der Verwaltungsgerichtshof wies die außerordentliche Revision am , Ra 2020/16/0115, zurück.

Wenn sich die Bf2 auf die Gebührenrichtlinien beruft, ist auszuführen: Bei den Gebührenrichtlinien handelt es sich mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt um keine für das Bundesfinanzgericht beachtliche Rechtsquelle. Die Richtlinien verstehen sich selbst nur als Auslegungsbehelf zum Gebührengesetz, aus denen über gesetzliche Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten nicht abgeleitet werden können. Allerdings ist auch in den Gebührenrichtlinien (Rz 690) mit Verweis auf Folgendes festgehalten: "Ob eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einige im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle vorliegt, ist eine Frage, die nach Gewicht und der Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss."

Zum Hinweis auf eine schriftliche Auskunft der Finanzverwaltung vom wird auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Zum Einwand, die im Punkt XIII. Abs. 4 des Mietvertrages gegebene Kündigungsmöglichkeit entspräche inhaltlich dem im Erkenntnis des , entschiedenen Fall einer Auflösungsmöglichkeit bei Inanspruchnahme eines Präsentationsrechtes durch den Mieter ist noch auszuführen:

Der Verwaltungsgerichtshof unterscheidet zwischen einem Präsentationsrecht und einem Weitergaberecht (). In diesem Erkenntnis hat der VwGH auch klargestellt, dass die im Erkenntnis des , vertretene Ansicht, wonach durch das Ausüben eines Weitergaberechtes die Bestandnehmerin einen Bestandvertrag auflösen könne, nicht aufrecht erhalten wird.

Ein Weitergaberecht liegt demnach vor, wenn eine Vertragspartei von vornherein der anderen Vertragspartei das Recht einräumt, durch bloße Erklärung alle Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis auf einen Dritten mit der Wirkung zu übertragen, dass dieser an ihrer Stelle in den Vertrag eintritt, ohne dass es einer weiteren Erklärung der verbleibenden Vertragspartei bedarf (vgl. ; ).

Ein Präsentationsrecht enthält nur die Verpflichtung des Vermieters gegenüber dem Mieter unter gewissen Bedingungen mit einem vom Mieter vorgeschlagenen geeigneten Dritten einen Vertrag gleichen oder bestimmten anderen Inhaltes abzuschließen (). Ein solches in einem Bestandvertrag eingeräumtes Präsentationsrecht bewirkt in der Regel, dass von einer unbestimmten Vertragsdauer im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG auszugehen ist ().

Der gegenständliche Bestandvertrag beinhaltet in XIII. lediglich ein Weitergaberecht an eine bestimmte Unternehmung (***Name*** Franchise GmbH); ein Präsentationsrecht wurde nicht vereinbart. Eine Auflösung des Vertrages durch das vereinbarte Weitergaberecht kann nicht erreicht werden.

Das von der Bf2 zitierte Erkenntnis des , sieht in dem vereinbarten Präsentationsrecht (Vertragstext: "Die Vermieterin räumt der Mieterin das Recht ein, auch während der vereinbarten Mietdauer einen Nachfolgemieter namhaft zu machen. Sofern gegen diese Person des Nachfolgemieters keine willkürlichen Gründe entstehen und insbesondere die Bonität dieses Nachfolgemieters ausreichend gesichert ist, verpflichtet sich die Vermieterin mit diesem von der Mieterin genannten Nachfolgemieter einen Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen dieses Vertrages abzuschließen und endet in diesem Fall das gegenständliche Mietverhältnis durch einvernehmliche Auflösung.") den wesentlichen Umstand für die Beurteilung des Bestandvertrages als eine Vereinbarung mit unbestimmter Dauer und wurde deshalb der Revision Folge gegeben. Der Sachverhalt ist ein gänzlich anderer als der hier vorliegende und kann diese Entscheidung die Argumentation der Bf2 nicht stützen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Frage, ob der gegenständliche Mietvertrag nach seinem Gesamtinhalt als Vertrag auf bestimmte Dauer oder auf unbestimmte Dauer zu beurteilen ist, kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weshalb eine Revision nicht zugelassen wurde. Auf die Zurückweisung von Revisionen durch den Verwaltungsgerichtshof in ähnlichen Fällen wird verwiesen (zB ; , Ro 2018/16/0004).

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 30 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7105528.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at