Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2022, RV/7102058/2019

Haftung bei (teilweise) erbrachtem Gleichbehandlungsnachweis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***10***, ***11***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
    Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von 39.840,40 Euro herabgesetzt:


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Abgabenart
Zeitraum
Haftungsbetrag in Euro
Umsatzsteuer
08-10/11
10.565,11
Umsatzsteuer
11/11
5.798,44
Dienstgeberbeitrag
2014
13,22
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2014
0,00
Umsatzsteuer
02/15
1.929,81
Umsatzsteuer
03/15
3.282,11
Lohnsteuer
04/15
1.259,06
Körperschaftsteuer
04-06/15
140,10
Dienstgeberbeitrag
04/15
289,14
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
04/15
25,70
Umsatzsteuer
04/15
2.424,77
Lohnsteuer
05/15
1.593,69
Dienstgeberbeitrag
05/15
225,87
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
05/15
20,08
Umsatzsteuer
05/15
1.708,26
Lohnsteuer
06/15
1.862,91
Dienstgeberbeitrag
06/15
276,88
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/15
24,61
Lohnsteuer
07/15
1.651,31
Körperschaftsteuer
07-09/15
35,67
Kammerumlage 1
04-06/15
25,98
Dienstgeberbeitrag
07/15
82,08
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
07/15
0,00
Umsatzsteuer
07/15
241,87
Lohnsteuer
08/15
1.175,28
Dienstgeberbeitrag
08/15
37,39
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
08/15
0,00
Umsatzsteuer
08/15
44,06
Lohnsteuer
09/15
1.235,83
Dienstgeberbeitrag
09/15
12,99
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
09/15
0,00
Umsatzsteuer
09/15
0,00
Lohnsteuer
10/15
1.259,10
Körperschaftsteuer
10-12/15
0,00
Kammerumlage 1
07-09/15
0,00
Dienstgeberbeitrag
10/15
0,00
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
10/15
0,00
Umsatzsteuer
10/15
12,21
Umsatzsteuer
11/15
0,00
Lohnsteuer
2015
2.574,27
Dienstgeberbeitrag
2015
0,00
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2015
0,00
Umsatzsteuer
2015
0,00
Umsatzsteuer
12/15
0,00
Körperschaftsteuer
01-03/16
0,00
Kammerumlage 1
10-12/15
0,00
Körperschaftsteuer
2014
12,59
Körperschaftsteuer
04-06/16
0,00
Körperschaftsteuer
10-12/16
0,00
Körperschaftsteuer
2015
0,00
39.840,40

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Haftungsbescheid vom

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer auf Grund seiner Geschäftsführerstellung gemäß §§ 9 iVm 80 BAO zur Haftung für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***GmbH*** ***1*** GmbH, Firmenbuchnummer FN ***Nr***, Steuernummer ***StNr***, im Ausmaß von 153.584,85 Euro als Haftungspflichtiger Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Die Zustellung erfolgte ausweislich des Rückscheines durch Hinterlegung am
(Beginn der Abholfrist: ).

"Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, haftet für diese Abgaben, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Sie sind seit Geschäftsführer der Firma ***GmbH******1*** GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für Umsatzsteuer ist festzuhalten:

Die Umsatzsteuer wurde nicht oder unzureichend gemeldet und entrichtet. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers ist, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegende abgaben rechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (,0038).

Danach haftet der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer ist festzuhalten:

Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Sie hingegen haben die Abfuhr der angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es wird in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 leg. cit. für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen, verpflichtet ist, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden, niedrigeren Betrag, zu berechnen, einzubehalten und abzuführen.

In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung ist jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken. (vgl. Erkenntnis. des . Zl. 84/13/0085).

Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für andere Abgaben ist festzuhalten:

Hinsichtlich anderer Abgaben, die für das Geschäftsergebnis einer juristischen Person nicht erfolgsneutral sind, ist es Sache des gemäß § 80 BAO befugten Vertreters, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf.

In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der Gesellschaft haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht. Außerdem trifft den Haftenden (§ 77 Abs. 2 BAO), die gleiche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 leg. cit.) wie den Abgabenpflichtigen, sodass er zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen hat.

Der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer hat daher das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen. Außerdem hat er darzutun, dass er die Abgabenforderungen bei der Verwendung der vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat (vgl. Erk. des Zl. 84/13/0198; vom , ZI. 85/17/0035 und vom , ZI. 87/14/0148).

Da Sie ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen im angeführten Umfang nicht nachgekommen sind und die Abgaben bei der o. a. Gesellschaft uneinbringlich sind, war wie im Spruch zu entscheiden."

Beschwerde vom

Mit Schreiben vom bekämpfte der Beschwerdeführer den Haftungsbescheid.

"Begründung:
Die Begründung wird bis nachgereicht werden, da uns noch nicht alle Unterlagen vorliegen.
"

Mit Bescheid vom trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Mängelbehebung auf:

"Ihre Beschwerde vom gegen Haftungsbescheid vom weist durch das Fehlen eines Inhaltserfordernisses (§ 250 ff BAO) die nachfolgenden Mängel auf:

Die Erklärungen welchen Punkten der Bescheid angefochten wird.

Die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und eine Begründung.

Die angeführten Mängel sind beim ***FA*** gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben.

Bei Versäumung dieser Frist gilt die Beschwerde als zurückgenommen."

Mit Schreiben vom nahm der Beschwerdeführer eine Mängelbehebung vor.

"Begründung:

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde.

Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH hat die Begründung von Haftungsbescheiden nicht nur das Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen darzulegen, sondern auch die Ermessensübung zu begründen, (vgl. zB , AW 96/17/0316). Dies fehlt hiermit im Haftungsbescheid, was diesen unseres Erachtens schon aus diesem Grund rechtswidrig macht.

Beantragte Änderungen:

Aufhebung des Haftungsbescheides vom wegen Rechtswidrigkeit."

Beschwerdevorentscheidung vom

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

"Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, haftet für diese Abgaben, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Sie sind seit Geschäftsführer der Firma ***GmbH******1*** GmbH, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Lt. Insolvenzedikt ***6*** des Handelsgerichtes Wien wurde am ***5*** über das Vermögen der Primärschuldnerin ***GmbH******1*** GmbH ein Konkursverfahren eröffnet, die Abgabenschulden sind bei der Gemeinschuldnerin uneinbringlich.

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, die sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeichneten Grenzen (§20 BAO) zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. In die Entscheidung der Haftungsinanspruchnahme wurden alle aktenkundigen Umstände eingebunden.

Ihrer Beschwerde ist daher der Erfolg zu versagen.

Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung vom über € 153.584,85 wird aufgrund der Beschwerdeerledigung abgewiesen."

Laut Rückschein erfolgte die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung durch Übernahme am .

Vorlageantrag vom

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

"Sachverhalt:

Es gibt 3 Aspekte, die gegen eine Haftung sprechen:

1. Konkurs der ***2******3*** GmbH

Der Konkurs führt zur Uneinbringlichkeit der Forderungen iSd § 16 UStG. Sind die Forderungen uneinbringlich, sind auch die geschuldeten Umsatzsteuern nach § 16 UStG zu korrigieren. Im konkreten Fall sind das EUR 26.653,26.

Für diese Umsatzsteuern kann es unserer Erfahrung nach auch keine Haftung geben.

Diese Beträge würden jedenfalls die Haftung verkürzen.

Die daraus resultierenden Verkürzungsbeträge sind dann auch für Punkt 2.von Bedeutung.

In den einzelnen Monaten verringern sich die Verbindlichkeiten gegenüber der Finanzverwaltung.

Details It. Beilage UVA

2. nicht bezahlte Teil-/Akontorechnungen

In den UVA's wurden fälschlicherweise nicht bezahlte Teil- bzw. Akontorechnungen in die Bemessungsgrundlage aufgenommen. Die Umsatzsteuerzahllasten sind daher um EUR 9.569,40 zu kürzen

Details It. Beilage UVA

3. Abgabenrechtliche Pflichtverletzung

Eine Haftung kann es nur geben, wenn Herrn Dl ***Bf1*** eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, wonach

a) die Pflicht von Herrn Dl ***Bf***, die Abgaben zu entrichten, nur insoweit bestand, als liquide Mittel vorhanden waren (vgl. zB ; ). Dabei ist entscheidend, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (zB ; ; ).

b) der Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten wurde, dh die vorhandenen liquiden Mittel nicht ausreichten, um die offenen Schuldigkeiten bei der Finanz (zur Gänze) zu entrichten, so ist der Vertreter grundsätzlich zur Befriedigung der Schulden im gleichen Verhältnis (anteilig) verpflichtet. Der Vertreter darf Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden (zB ; ; ). Auch eine vorrangige Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen verletzt die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger (vgl zB ; , 0035, AW 2005/17/0013, 0014). Der Vertreter ist jedoch nicht verpflichtet, den Abgabengläubiger besser als die übrigen Gläubiger zu behandeln (zB ).

Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz gibt es etwa bei der KESt, aber - auch im konkreten Fall von Bedeutung - bei der Lohnsteuer: Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (§ 78 Abs. 3 EStG 1988). In solchen Fällen dürfen Löhne somit nicht in voller Höhe ausgezahlt werden und sind sie (wie auch andere Schuldigkeiten) anteilig zu kürzen; die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten (vgl. zB ).

Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erstreckt sich die Haftung des Vertreters nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen hat (zB ; ; ; ).

Im Ergebnis war Herr Dl ***Bf*** daher nur zur Befriedigung der Schulden im gleichen Verhältnis (anteilig) verpflichtet, durfte also Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden. Herr Dl ***Bf*** war jedoch nicht verpflichtet und auch nicht berechtigt, die Finanz besser als die übrigen Gläubiger zu behandeln.

Dem Vertreter obliegt der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (zB ; ). Die pauschale Behauptung einer Gleichbehandlung aller Gläubiger reicht nicht ().

Anhand der heiligenden Aufstellung ist ersichtlich, dass die Finanz nicht benachteiligt wurde.

Aufgrund der Tabelle ist ersichtlich, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre.

Weiters möchten wir noch auf die Antwort vom auf den Bescheid Mängelbehebungsauftraq vom hinweisen:

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde.

Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH hat die Begründung von Haftungsbescheiden nicht nur das Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen darzulegen, sondern auch die Ermessensübung zu begründen, (vgl. zB , AW 96/17/0316).

Dies fehlt hiermit im Haftungsbescheid, was diesen unseres Erachtens schon aus diesem Grund rechtswidrig macht.

Beantragte Änderungen:

Aufhebung des Haftungsbescheides vom wegen Rechtswidrigkeit."

Dem Vorlageantrag angeschlossen war eine Berechnung sowie eine Tabelle mit UVA-Daten.

Vorlagebericht vom

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

[...]

Ermittlungsverfahren vor dem Bundesfinanzgericht (auszugsweise)

Mit E-Mail vom übermittelte der Beschwerdeführer eine Exceltabelle mit der Berechnung eines Gleichbehandlungsnachweises für einen Monat.

Mit E-Mail vom teilte das Bundesfinanzgericht - nachdem auch der belangten Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde - dem Beschwerdeführer seine Anmerkungen zur vorgelegten - "probeweisen" - Berechnung eines Gleichbehandlungsnachweises für einen Monat mit.

Mit Beschluss vom wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ein Nachweis der Gläubigergleichbehandlung bisher nicht erbracht worden sei, und dem Beschwerdeführer wurde nochmals die Möglichkeit eingeräumt, binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses einen - tauglichen und nachvollziehbaren - Nachweis einer solchen Gleichbehandlung der Gläubiger zu erbringen.

Mit E-Mail vom übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesfinanzgericht die Berechnung eines Gleichbehandlungsnachweises für die Monate Jänner 2015 bis Juni 2016.

Mit Beschluss vom wurde der belangten Behörde die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom (Berechnung eines Gleichbehandlungsnachweises) sowie die Adaptierung durch das Bundesfinanzgericht - in gesonderter Form elektronisch - zur Kenntnis und Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses übermittelt. Auch dem Beschwerdeführer wurde die Adaptierung seiner Berechnung eines Gleichbehandlungsmachweises durch das Bundesfinanzgericht - in gesonderter Form elektronisch - übermittelt.

Die Übermittlung einer Kopie des Beschlusses sowie des Gleichbehandlungsnachweises und seiner Adaptierung durch das Bundesfinanzgericht erfolgte in elektronischer Form am .

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde mit, dass sie gegen die Ausführungen im Beschluss vom und die per E-Mail vom übermittelten Berechnungstabellen keine Einwendungen habe.

Verzicht auf mündliche Verhandlung

Mit Schreiben vom hat der Beschwerdeführer auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Streitgegenstand ist die Geltendmachung der Haftung des Beschwerdeführers für die nicht beglichenen Abgabenschulden der ***GmbH*** ***1*** GmbH, Firmenbuchnummer FN ***Nr***, Steuernummer ***StNr*** (Primärschuldnerin), im Ausmaß von 153.584,85 Euro.

Die Primärschuldnerin wurde mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom ***4*** gegründet.

Das Stammkapital der Primärschuldnerin beträgt 35.000,00 Euro.

Seit Errichtung der Primärschuldnerin ist der Beschwerdeführer deren alleiniger Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***5***, GZ ***6***, wurde über die Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet und ein Masseverwalter bestellt.

In der Folge wurde der Konkurs mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***7***, GZ ***8***, nach Schlussverteilung aufgehoben (Quote ***9***%). Aus der Schlussverteilung gingen Zahlungen in der Höhe von 1.309,98 auf dem Konto der Primärschuldnerin ein (Buchungstag ).

Der ausgeschüttete Betrag in Höhe von 1.309,98 Euro wurde von der belangten Behörde wie folgt verbucht: 439,00 Euro auf K 01-03/19, 439,00 Euro auf K 04-06/19 und 435,98 Euro auf K 07-09/19. Eine Anrechnung auf den Haftungsbetrag erfolgte somit bisher nicht.

Die Primärschuldnerin hat nur für die Wirtschaftsjahre bis 2014 Jahresabschlüsse beim Firmenbuchgericht eingereicht.

Der Beschwerdeführer war ab als Geschäftsführer der Primärschuldnerin bestellt.

Die Primärschuldnerin befindet sich im Liquidationsstadium, wobei der Beschwerdeführer im Firmenbuch als Liquidator eingetragen ist.

Auf dem Abgabenkonto der Primärschuldnerin haften die beschwerdegegenständlichen und in Haftung gezogenen Beträge - abzüglich der im Rahmen der Schlussverteilung geleisteten Zahlung - nach wie vor aus und sind auf Grund der Verteilung des gesamten Vermögens der Primärschuldnerin, die sich im Stadium der Liquidation befindet, uneinbringlich.

Im Einzelnen handelt es um folgende in Haftung gezogene Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Fälligkeit
Umsatzsteuer
08-10/11
11.840,00
Umsatzsteuer
11/11
6.498,14
Umsatzsteuer
2015
1.675,82
Umsatzsteuer
02/15
4.869,89
Umsatzsteuer
03/15
10.237,48
Umsatzsteuer
04/15
10.690,08
Umsatzsteuer
05/15
8.188,47
Umsatzsteuer
07/15
8.258,12
Umsatzsteuer
08/15
2.490,39
Umsatzsteuer
09/15
6.795,09
Umsatzsteuer
10/15
167,82
Umsatzsteuer
11/15
12.198,53
Umsatzsteuer
12/15
26.237,06
Lohnsteuer
2015
2.884,91
Lohnsteuer
04/15
1.410,99
Lohnsteuer
05/15
1.786,00
Lohnsteuer
06/15
2.087,71
Lohnsteuer
07/15
1.850,57
Lohnsteuer
08/15
1.317,10
Lohnsteuer
09/15
1.384,96
Lohnsteuer
10/15
1.411,04
Körperschaftsteuer
2014
4.702,00
Körperschaftsteuer
2015
10.750,00
Körperschaftsteuer
04-06/15
437,00
Körperschaftsteuer
07-09/15
437,00
Körperschaftsteuer
10-12/15
439,00
Körperschaftsteuer
01-03/16
437,00
Körperschaftsteuer
04-06/16
874,00
Körperschaftsteuer
10-12/16
439,00
Kammerumlage 1
04-06/15
318,22
Kammerumlage 1
07-09/15
98,35
Kammerumlage 1
10-12/15
70,66
Dienstgeberbeitrag
2014
91,90
Dienstgeberbeitrag
2015
2.396,77
Dienstgeberbeitrag
04/15
901,87
Dienstgeberbeitrag
05/15
995,79
Dienstgeberbeitrag
06/15
1.327,20
Dienstgeberbeitrag
07/15
1.005,60
Dienstgeberbeitrag
08/15
1.276,59
Dienstgeberbeitrag
09/15
734,40
Dienstgeberbeitrag
10/15
731,31
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2014
8,18
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2015
213,05
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
04/15
80,17
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
05/15
88,51
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/15
117,97
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
07/15
89,39
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
08/15
113,47
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
09/15
65,28
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
10/15
65,00
153.584,85

Die Vorschreibung von Körperschaftsteuer 2015 im Betrag von 10.750,00 Euro mit Bescheid vom wurde wie folgt begründet: "Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen wurden die Besteuerungsgrundlagen gem. § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt."

Ebenso wurde die Vorschreibung von Umsatzsteuer 2015 im Betrag von 1.675,82 Euro begründet ("Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen wurden die Besteuerungsgrundlagen gem. § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt").

Andere Gründe für diese Schätzung und die daraus resultierende Abgabenfestsetzung gegenüber der Primärschuldnerin als der Umstand der Nichtabgabe der Abgabenerklärungen lagen nicht vor.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den seitens der belangten Behörde im Zuge der Vorlage übermittelten Unterlagen, dem Firmenbuch, dem elektronischen Akt der Primärschuldnerin sowie den seitens der Streitparteien im Zuge des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht abgegebenen Stellungnahmen und vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellung der Uneinbringlichkeit der in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin ergibt sich insbesondere aus den Unterlagen über den Ablauf des Insolvenzverfahrens. Nach der Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, dass nach der Aufhebung des Konkursverfahrens über eine Kapitalgesellschaft und vorgenommener Schlussverteilung des vorhandenen Vermögens der Gemeinschuldnerin, noch offene Abgabenforderungen gegenüber dieser Gesellschaft nicht mehr einbringlich sind. Die Höhe der von der Primärschuldnerin im Rahmen der Schlussverteilung auf diese offenen Abgabenschuldigkeiten geleisteten Zahlungen ergibt sich aus der Mitteilung der belangten Behörde sowie aus dem Abgabenkonto der Primärschuldnerin.

Der Umstand, dass die Vorschreibung von Körperschaftsteuer 2015 im Betrag von 10.750,00 Euro mit Bescheid vom sowie wurde wie die Vorschreibung von Umsatzsteuer 2015 im Betrag von 1.675,82 Euro ebenfalls mit Bescheid vom gegenüber der Beschwerdeführerin alleinig wegen Nichtabgabe der entsprechenden Abgabenerklärungen erfolgte, ergibt sich aus den seitens der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen. Unter anderem mit Beschluss vom wurde dies der belangten Behörde auch zur Kenntnis gebracht. Gleichzeitig wurde die belangte Behörde auch aufgefordert mitzuteilen, von welcher von welcher schuldhaften Pflichtverletzung des diesbezüglich in Haftung gezogenen Beschwerdeführers sie ausgehe. Dazu hat die belangte Behörde keine Stellungnahme hinsichtlich einer aus ihrer Sicht dem Beschwerdeführer zuzurechnenden schuldhaften Pflichtverletzung abgegeben.

Die Ermittlung der Quotendifferenz erfolgte auf Basis des vom Beschwerdeführer erstellten und durch das Bundesfinanzgericht adaptierten Nachweises der Gläubigergleichbehandlung, gegen den die belangte Behörde keine Einwände erhoben hat.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Allgemeines

Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender nach § 9 BAO und § 80 BAO ist eine Abgabenforderung, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, ein Verschulden des Vertreters an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ().

Die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen gegen die Primärschuldnerin bestehen.
Sie sind teilweise bescheidmäßig festgesetzt, teilweise ergeben sie sich aus erklärten Selbstbemessungen der Primärschuldnerin.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voraus, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung an den Abgabenbescheid zu halten (zB ).

Die Frage, ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nur dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid vorangegangen ist ().

Soweit der Einwände des Beschwerdeführers die Richtigkeit bereits bescheidmäßig festgesetzter Abgaben betrafen ("***2***", nicht bezahlte Teilrechnungen), konnte diese somit auf Grund der Bindungswirkung der zu Grunde liegenden Bescheide für das Haftungsverfahren nicht berücksichtigt werden.

Die Zahlungstermine der beschwerdegegenständlichen Abgabenschuldigkeiten gegen die Primärschuldnerin fallen in den Vertretungszeitraum des Beschwerdeführers (bis ) mit Ausnahme folgender Beträge:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Körperschaftsteuer
10-12/16
439,00
Körperschaftsteuer
2015
10.750,00

Die Stellung des Beschwerdeführers als Vertreter ist jedenfalls gegeben, wie sich aus den aktenkundigen Unterlagen klar ergibt.

§ 136 Abs 1 IO sieht vor, dass wenn die Masse vollständig verwertet und über sämtliche bestrittenen Forderungen endgültig entschieden wurde, nach Feststellung der Ansprüche des Insolvenzverwalters und Genehmigung der Schlussrechnung die Schlussverteilung vorzunehmen ist.

Eine bei der Schlussverteilung zu berücksichtigende Konkursquote ist auf den Haftungsbetrag anzurechnen ( mVa ).

Im Haftungsverfahren ist die ausgeschüttete Konkursquote nicht nach § 214 Abs 1 BAO auf die ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten anzurechnen, sondern anteilig auf die vom Haftungsverfahren betroffenen Abgabenschuldigkeiten ().

Somit war die Quotenzahlung von 1.309,98 Euro aliquot in Abzug zu bringen.

Die Uneinbringlichkeit der - nach Abzug der Quote verbleibenden - beschwerdegegenständlichen Abgabenforderungen bei der Primärschuldnerin ist auf Grund der Schlussverteilung im Konkursverfahren jedenfalls gegeben.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, dafür zu sorgen, dass die Abgaben pünktlich entrichtet werden, wobei sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter diese Pflicht getroffen hat, danach bestimmt, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre (zB ). Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

Nach stRsp des VwGH ist es Aufgabe des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge habe tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf ().

Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Pflichtverletzung kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde mangels dagegensprechender Umstände davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (zB ; ; ). Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (zB ). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit aus (zB ; ).

Die Geschäftsführerfunktion des Beschwerdeführers endete dagegen bereits am . Hinsichtlich der Umsatzsteuer 2015 mangelt es an einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers, da deren Vorschreibung im Schätzungswege wegen Nichtabgabe der Steuererklärung erfolgte. Gleiches gilt für die Körperschaftsteuer 2015.

Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, hat der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen ().

Die Beschränkung einer allfälligen Haftung des Vertreters auf die Höhe des Quotenschadens setzt den Nachweis voraus, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre ().

Hinsichtlich eines Teils der in Haftung gezogenen und vom Gleichbehandlungsgrundsatz Abgabenschulden ist es dem Beschwerdeführer gelungen, mittels Gleichbehandlungsrechnung plausibel darzustellen, mit welcher Quote die Forderungen der belangten Behörde und mit welcher Quote die Forderungen anderer Gläubiger befriedigt wurden. Soweit von der Primärschuldnerin eine quotenmäßige Benachteiligung der belangten Behörde erfolgte, ist darin eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers zu sehen. Diesbezüglich kann auch von einer Ursächlichkeit dieser schuldhaften Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgabenforderungen ausgegangen werden. Soweit eine solche Benachteiligung nicht erfolgte, fehlt es beim Beschwerdeführer an einer schuldhaften Pflichtverletzung, und somit auch an einer unabdingbaren Voraussetzung für seine Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger.

Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gleichbehandlungsnachweis ergibt sich rechnerisch eine Kürzung der im Zeitraum 1/2015 bis 6/2016 zu den einzelnen Stichtagen fälligen und unter den Gleichbehandlungsgrundsatz fallenden Abgabenschuldigkeiten - also exklusive der Lohnsteuerbeträge - im Ausmaß von 95.309,15 Euro.

Hinsichtlich der im Schätzungswege ermittelten Umsatzsteuer 2015 in Höhe von 1.675,82 Euro geht das Bundesfinanzgericht nicht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers aus, da Schätzungen wegen Nichtabgabe von Erklärungen zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Erklärungspflicht nicht mehr den Beschwerdeführer traf (siehe dazu auch die entsprechenden Beschlüsse). Dasselbe trifft auch auf die Körperschaftsteuer 2015 in der Höhe von 10.750,00 Euro zu, die allerdings bereits wegen des Fälligkeitstermins nach Konkurseröffnung aus der Haftung auszuscheiden war.

Ermessen

Die Haftungsinanspruchnahme liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, wobei dieses Ermessen auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung umfasst ().

Der Grad des Verschuldens des Vertreters ist eines der Kriterien, die bei Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden können ().

Die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ().

Ermessensentscheidungen haben sich innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht und sind innerhalb dieser Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen, wobei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgabe" beizumessen ist ().

Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist nach , ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf. Ein solcher Umstand kann aber auch lediglich einer von mehreren Gesichtspunkten sein, die im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sind.

Im Beschwerdefall wurde mit Beschluss Insolvenzgerichtes vom ***5*** über die Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet und ein Masseverwalter bestellt. In der Folge wurde der Konkurs mit Beschluss des Insolvenzgerichtes vom ***7***, GZ ***8***, nach Schlussverteilung aufgehoben. Erst mit dem mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom übermittelten Verteilungsentwurf war aber die Höhe des uneinbringlichen Teils - und nur hierauf kann sich die Haftung erstrecken - der Abgabenschuld endgültig ermittelbar. Die belangte Behörde hat die Haftung bereits mit Bescheid vom geltend gemacht. Auf Grund dieser Umstände kann vom Bundesfinanzgericht keine Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit erblickt werden.

Vermögenslosigkeit und/oder Arbeitslosigkeit des Haftenden stehen jedenfalls in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, denn eine allfällige, derzeitige Uneinbringlichkeit schließt es nämlich nicht aus, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen und künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ( mHa zB , , und , und ).

Soweit ein zur Haftung Herangezogener mit seinem Vorbringen eine persönliche Unbilligkeit in der Einhebung der Abgaben aufzeigen will, ist darauf zu verweisen, dass ein solcher Umstand im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht zu berücksichtigen ist ().

Bei der Bestimmung des Ausmaßes der Haftung war somit im Beschwerdefall nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers einzugehen.

Zu Gunsten des Beschwerdeführers ist zu berücksichtigen, dass er - wie aus dem von ihm vorgelegten Aufzeichnungen ersichtlich ist - als Geschäftsführer bemüht war, seinen abgaberechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, und auch eine entsprechende Beweisvorsorge zu treffen. Überdies ist aus dem Gleichbehandlungsnachweis auch erkennbar, dass die Finanzverwaltung zumindest in manchen Zeiträumen auch eine bessere Behandlung hinsichtlich der Tilgungsquote erfuhr, als andere Gläubiger. Angesichts dieser Umstände erachtet es das Bundesfinanzgericht als billig, im Ermessensweg eine Kürzung der nach Berücksichtigung der oben genannten Positionen verbleibenden Haftungsbeträge im Ausmaß von 10%, das sind 4.018,54 Euro, vorzunehmen. Auf Grund der vorerwähnten Überlegungen, der Geringfügigkeit der Beträge und im Interesse der Zweckmäßigkeit wurden alle Haftungsbeträge unter 10,00 Euro aus der Haftung ausgeschieden.

Zusammenfassung

Auf den in Haftung gezogenen Betrag waren zunächst die Zahlungen aus der Schlussverteilung 1.309,98 anzurechnen. Dann waren die Abgabenschuldigkeiten auszuscheiden, bei denen es an Fälligkeit im Vertretungszeitraum des Beschwerdeführers bzw. an einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers mangelte, nämlich die Körperschaftsteuer 2015 in Höhe von 10.750,00 Euro, die Körperschaftsteuervorauszahlung 10-12/2016 in Höhe von 439,00 Euro sowie die Umsatzsteuer 2015 in Höhe von 1.675,82 Euro. Anschließend waren bei den verbleibenden Abgabenschuldigkeiten die Ergebnisse des Gleichbehandlungsnachweises zu berücksichtigen, was eine effektive Kürzung um 95.234,69 Euro ergab. Schließlich waren die Ergebnisse der Ermessensübung zu berücksichtigen.

Es ergeben sich somit folgende Haftungsbeträge in Euro:


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Betrag nach
Betrag nach
Betrag
Abgabenart
Zeitraum
Konkursquote
Quotendifferenz
Haftung
Umsatzsteuer
08-10/11
11.739,01
11.739,01
10.565,11
Umsatzsteuer
11/11
6.442,72
6.442,72
5.798,44
Dienstgeberbeitrag
2014
91,12
14,69
13,22
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2014
8,11
1,31
0,00
Umsatzsteuer
02/15
4.828,35
2.144,23
1.929,81
Umsatzsteuer
03/15
10.150,16
3.646,79
3.282,11
Lohnsteuer
04/15
1.398,96
1.398,96
1.259,06
Körperschaftsteuer
04-06/15
433,27
155,67
140,10
Dienstgeberbeitrag
04/15
894,18
321,26
289,14
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
04/15
79,49
28,56
25,70
Umsatzsteuer
04/15
10.598,90
2.694,19
2.424,77
Lohnsteuer
05/15
1.770,77
1.770,77
1.593,69
Dienstgeberbeitrag
05/15
987,30
250,97
225,87
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
05/15
87,76
22,31
20,08
Umsatzsteuer
05/15
8.118,63
1.898,07
1.708,26
Lohnsteuer
06/15
2.069,90
2.069,90
1.862,91
Dienstgeberbeitrag
06/15
1.315,88
307,64
276,88
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/15
116,96
27,35
24,61
Lohnsteuer
07/15
1.834,79
1.834,79
1.651,31
Körperschaftsteuer
07-09/15
433,27
39,63
35,67
Kammerumlage 1
04-06/15
315,51
28,86
25,98
Dienstgeberbeitrag
07/15
997,02
91,20
82,08
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
07/15
88,63
8,11
0,00
Umsatzsteuer
07/15
8.187,68
268,74
241,87
Lohnsteuer
08/15
1.305,87
1.305,87
1.175,28
Dienstgeberbeitrag
08/15
1.265,70
41,54
37,39
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
08/15
112,50
3,69
0,00
Umsatzsteuer
08/15
2.469,15
48,95
44,06
Lohnsteuer
09/15
1.373,15
1.373,15
1.235,83
Dienstgeberbeitrag
09/15
728,14
14,44
12,99
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
09/15
64,72
1,28
0,00
Umsatzsteuer
09/15
6.737,13
3,01
0,00
Lohnsteuer
10/15
1.399,00
1.399,00
1.259,10
Körperschaftsteuer
10-12/15
435,26
0,19
0,00
Kammerumlage 1
07-09/15
97,51
0,04
0,00
Dienstgeberbeitrag
10/15
725,07
0,32
0,00
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
10/15
64,45
0,03
0,00
Umsatzsteuer
10/15
166,39
13,56
12,21
Umsatzsteuer
11/15
12.094,48
0,00
0,00
Lohnsteuer
2015
2.860,30
2.860,30
2.574,27
Dienstgeberbeitrag
2015
2.376,33
0,00
0,00
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2015
211,23
0,00
0,00
Umsatzsteuer
2015
1.661,53
0,00
0,00
Umsatzsteuer
12/15
26.013,27
0,00
0,00
Körperschaftsteuer
01-03/16
433,27
0,00
0,00
Kammerumlage 1
10-12/15
70,06
0,00
0,00
Körperschaftsteuer
2014
4.661,89
13,99
12,59
Körperschaftsteuer
04-06/16
866,55
0,00
0,00
Körperschaftsteuer
10-12/16
435,26
0,00
0,00
Körperschaftsteuer
2015
10.658,31
0,00
0,00
152.274,87
44.285,10
39.840,40

Im Ergebnis war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Ausschluss der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall hat das Bundesfinanzgericht seine Entscheidung auf Grund der angeführten Rechtsprechung des VwGH getroffen, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Wien, am

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