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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.03.2022, RV/7100364/2022

Ausländische Einkommensteuer hat keine progressionsmindernde Wirkung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Hildegard Wanka, Josefstädter Straße 85, 1080 Wien, über die Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und vom betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.), die in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, erhielt in den Streitjahren neben einer inländischen Pension auch Pensionsbezüge aus der Bundesrepublik Deutschland. Es handelte sich dabei um Bezüge aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung.

Das Finanzamt beurteilte diese ausländischen Einkünfte im Rahmen eines Progressionsvorbehaltes als steuerbefreit und besteuerte die übrigen inländischen steuerpflichtigen Einkünfte mit jenem Durchschnittssteuersatz, der sich ergäbe, wenn auch die steuerbefreiten Einkünfte im Inland steuerpflichtig wären.

Es kam infolgedessen in den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2015 bis 2019 zu Nachforderungen in Höhe von 320 € (2015), 330 € (2016), 255 € (2017), 220 € (2018 und 2019).

Die Bf. erhob durch ihre anwaltliche Vertreterin gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2019 Beschwerden und brachte vor, dass sie nicht nur Einkünfte von der Pensionsversicherungsanstalt in Österreich, sondern auch eine Rente aus der Bundesrepublik Deutschland erhalten habe. Mit Deutschland bestehe ein Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung.

In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2015 bis 2019 wäre die Rente aus Deutschland im Betrag von EUR 1.530,72 (2015), EUR 1.579,38 (2016), EUR 1.627,56 (2017), EUR 1.669,44 (2018) und EUR 1.722,96 (2019) zum Einkommen hinzugerechnet worden, nicht jedoch wäre die in Deutschland festgesetzte und bezahlte Einkommensteuer der jeweiligen Jahre in Höhe von EUR 121, EUR 129, EUR 137, EUR 143 und EUR 152 abgezogen worden.

Die Bf. legte am die Einkommensteuerbescheide des Finanzamtes Neubrandenburg vor, aus welchen nicht nur der jeweilige Rentenbezug, sondern auch die jeweils festgesetzte Einkommensteuer zu entnehmen war. De facto habe die Bf. daher ein Einkommen verringert um die festgesetzte Einkommensteuer erhalten. Die belangte Behörde hätte daher nur die tatsächlich erhaltenen Geldbeträge aus Deutschland berücksichtigen dürfen.

Die Bf. legte eine Kopie eines Überweisungsbeleges über die bezahlte Einkommensteuer vor und beantragte die Einkommensteuer der Jahre 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 neu festzusetzen.

Die belangte Behörde wies die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet ab:

"Die für Belange des Progressionsvorbehaltes anzusetzenden ausländischen Einkünfte sind stets nach österreichischem Recht zu ermitteln. Daher war der Jahresbetrag Ihrer deutschen Rente zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen. Denn eine Anrechnung der in Deutschland abgeführten Steuer wäre nur dann zulässig, wenn die deutsche Rente in Österreich ebenfalls besteuert worden wäre. Aufgrund des DBA-Deutschland gemäß Artikel 18 Art. wurde die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt, bei der die Einkünfte nicht besteuert werden, allerdings zur Berechnung des Steuersatzes herangezogen werden, angewandt. Bei der überwiegend verwendeten Befreiungsmethode werden ausländische Einkünfte (die dem Quellenstaat zugeteilt sind) im Ansässigkeitsstaat steuerfrei gestellt. Dennoch sind die ausländischen Einkünfte auch im Ansässigkeitsstaat von Bedeutung; denn die Befreiungsmethode ist regelmäßig mit einem Progressionsvorbehalt verbunden. Der Ansässigkeitsstaat darf die ausländischen (positiven) Einkünfte zwar nicht unmittelbar in die Besteuerung einbeziehen, aber - bei progressivem Tarifverlauf - bei der Ermittlung des auf inländische Einkünfte anzuwendenden Steuersatzes berücksichtigen. Der im innerstaatlichen Recht normierten Verpflichtung, die Auslandseinkünfte für die Steuersatzermittlung heranzuziehen, wird daher durch die Abkommen nicht derogiert. Der österreichische Tarif wird auf das gesamte Welteinkommen angewandt, der sich daraus ergebende Durchschnittsteuersatz auf die Inlandseinkünfte".

Die Bf. stellte gegen die Beschwerdevorentscheidungen am Vorlageanträge.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. hat einen inländischen Wohnsitz und ist demnach mit ihrem Welteinkommen im Inland unbeschränkt steuerpflichtig (vgl. § 1 Abs. 2 EStG 1988).

Neben ihren inländischen Einkünften von der Pensionsversicherungsanstalt bezog die Bf. in den Streitjahren auch eine Rente aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung. Das Besteuerungsrecht an der ausländischen Pension stand uneingeschränkt dem Quellenstaat (Deutschland) zu. Die belangte Behörde berücksichtigte die ausländischen Einkünfte insoweit, als sie diese nicht in die inländische Besteuerung einbezog, aber bei der Ermittlung des auf die inländischen Einkünfte anzuwendenden Steuersatzes berücksichtigte, sodass die angefochtenen Einkommensteuerbescheide Nachforderungen ergeben haben. Die in Deutschland entrichtete Einkommensteuer wurde bei den ausländischen Einkünften nicht in Abzug gebracht.

Strittig ist, ob die im Ausland bezahlte Einkommensteuer progressionsmindernde Wirkung hat.

Beweiswürdigung

Der vom Bundesfinanzgericht als erwiesen angenommene Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Art 18 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl. III Nr. 182/2002 regelt:

"(1) Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden.

(2) Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß Art. 18 Abs. 2 DBA mit der Bundesrepublik Deutschland dürfen Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung nur in Deutschland besteuert werden. Bezieht daher ein in Österreich ansässiger Steuerpflichtiger Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, so sind diese Renten im Inland nur für Belange des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.

Dies geht aus Art 23 Abs. 2 lit a und lit d DBA hervor, wonach die Republik Österreich das Recht hat, die im Ausland besteuerten Pensionsbezüge bei der Festsetzung der Steuer für inländisches Einkommen von der Besteuerung auszunehmen, jedoch sich vorbehält, diese bei der Ermittlung der Höhe des Steuersatzes miteinzubeziehen (Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt). Es wird im Ergebnis ein Steuersatz angewendet, der auf das gesamte in- und ausländische Einkommen entfällt.

Bei der Berechnung des Progressionsvorbehaltes ist die ausländische Steuer nicht bei den einzelnen inländischen Einkünften in Abzug zu bringen, sie hat demzufolge keine progressionsmindernde Wirkung. Dies geht aus § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 hervor, der ein Abzugsverbot unter anderem für die Steuer vom Einkommen und sonstige Personensteuern normiert. § 20 Abs 1 Z 6 EStG 1988 erfasst sämtliche in- und ausländischen Personensteuern von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 2021, § 20 Tz 139/1).

Es wird mit dem Progressionsvorbehalt auch nicht die gesetzliche ausländische Rente ein zweites Mal besteuert, sondern die Steuerleistung von den übrigen, inländischen Einkünften dem österreichischen Besteuerungsniveau angepasst (vgl. ).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass eine Anrechnung der ausländischen Einkommensteuer im Rahmen der Anwendung der Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt nicht möglich ist, ergab sich aus der im Erkenntnis zitierten Bestimmung, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag und die Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100364.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at