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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 08.03.2022, RV/7300036/2021

Abgabenhinterziehungen an Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer - Schätzung der Besteuerungsgrundlagen - finanzstrafrechtlicher Nachweis - Rücktritt vom Versuch.

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1087/2022 anhängig. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch den Vorsitzenden***Ri***, den Richter ***5*** und die fachkundigen Laienrichter ***6*** und ***7*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch MMag. Oliver Carl Christian Ginthör, Bösendorferstraße 9/5, 1010 Wien, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) i.V.m. § 13 FinStrG und § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim ***FA*** als Organ des ***FA*** vom , SpS ***4***, in Abwesenheit des Beschuldigten und in Anwesenheit seines Verteidigers MMag. Oliver Carl Christian Ginthör, des Amtsbeauftragten ***8***, sowie der Schriftführerin ***9*** zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Schuldspruch a) des angefochtenen Erkenntnisses hinsichtlich der Verkürzungsbeträge dahingehend abgeändert, dass der Beschuldigte schuldig ist, eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 3 lit. b FinStrG an Kapitalertragsteuer 2016 i.H.v. € 1.841,39 und
Kapitalertragsteuer 2017 i.H.v. € 3.279,72
begangen zu haben.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG, unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG, wird über den Beschuldigten dafür und für den unverändert aufrecht bleibenden Schuldspruch zu c) des angefochtenen Erkenntnisses wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG an Umsatzsteuervorauszahlungen 10/2017-3/2018 in Höhe von insgesamt € 4.819,11 eine Geldstrafe i.H.v. € 3.200,00 sowie eine gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 8 Tagen verhängt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG hat der Beschuldigte die Kosten des verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Finanzstrafverfahrens i.H.v. € 320,00 zu tragen.

Gemäß §§ 136, 157 FinStrG wird das gegen den Beschuldigten geführte Finanzstrafverfahren zu Schuldspruch a) des angefochtenen Erkenntnisses hinsichtlich folgender Differenzbeträge eingestellt:
Kapitalertragsteuer 2016 i.H.v. € 15.446,14 und
Kapitalertragsteuer 2017 i.H.v. € 498,53.
Weiters wird das gegen den Beschuldigten anhängige Finanzstrafverfahren zu Schuldspruch b) des angefochtenen Erkenntnisses betreffend die Anschuldigung, er habe unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht - nämlich durch Nichtabgabe der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2016 - zu bewirken versucht, dass Körperschaftsteuer 2016 in der Höhe von € 15.251 verkürzt werde, gemäß §§ 136, 157 FinStrG eingestellt.

II.) Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim ***FA*** als Organ des ***FA*** vom , SpS ***4***, wurde der nunmehrige Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf. genannt) der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß §§ 33 Abs. 1, 33 Abs. 1 iVm. § 13 FinStrG und 33 Abs. 2 lit. a FinStrG für schuldig erkannt, er habe im Amtsbereich des Finanzamtes Wien 8/16/17 als Geschäftsführer der "X-GmbH" vorsätzlich

a) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht - nämlich durch Abgabe falscher Anmeldungen gemäß § 96 Abs. 3 EStG für die Jahre 2016 bis 2017 - bewirkt, dass bescheidmäßig festzusetzende Abgaben in folgender Höhe zu niedrig festgesetzt worden seien:
KESt 2016 in der Höhe von € 17.287,53
KESt 2017 in der Höhe von € 3.778.15
insgesamt somit € 21.065,68

b) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht - nämlich durch Nichtabgabe der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2016 - zu bewirken versucht, dass bescheidmäßig festzusetzende Abgaben in folgender Höhe zu niedrig festgesetzt worden seien:
KöSt 2016 in der Höhe von € 15.251,00

c) unter Verletzung der Verpflichtung zu Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von
Umsatzsteuervorauszahlungen 10-12/2017 in der Höhe von € 2.739,58
Umsatzsteuervorauszahlungen 1-3/2018 in der Höhe von € 2.079.53
insgesamt somit € 4.819,11
bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Der strafbestimmende Wertbetrag belaufe sich auf 41.135,79.

Der Bf. habe hiedurch
zu a) und b) das Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1 teilweise i.V.m § 13 FinStrG
zu c) das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG
begangen und werde hiefür nach § 33 Abs. 5 FinStrG zur Bezahlung einer Geldstrafe in der Höhe von € 14.000,00 (in Worten: Vierzehntausend Euro), im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen, verurteilt.

Gemäß dem § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG habe der Bf. die Kosten des Finanzstrafverfahrens sowie des allfälligen Vollzuges in der Höhe von € 500,00 zu ersetzen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bf. beziehe € 900,00 Arbeitslosenunterstützung, sei sorgepflichtig für zwei Kinder im Alter von 17 und 19 Jahren und habe eine finanzstrafbehördliche Vorstrafe. Der Bf. habe einen BMI von rund 65 samt den entsprechenden Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes Typ 2, etc., sodass eine Verhandlungsfähigkeit zuletzt nur für zwei Stunden gegeben gewesen sei.

Er sei seit September 2015 Geschäftsführer der "X-GmbH", gewesen, die ein Mietwagengewerbe und Taxiunternehmen betrieben habe. Im Juli 2018 habe die GmbH Konkurs anmelden müssen.

Anlässlich einer Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass keine Fahrtenbücher geführt worden seien, keine Aufzeichnungen der Fahrer über ihre Arbeit, sowie keine Aufzeichnung über gefahrene Kilometer bzw. Kilometerstände, keine Aufzeichnungen über Abfahrts- und Zielorte der Auftraggeber und keine chronologische Verbuchung der Ausgaben, sodass eine Zuordnung zu den einzelnen KFZ nicht möglich gewesen sei. Da keine hinreichenden Aufzeichnungen geführt worden seien, hätten Umsatz, Gewinn, daraus resultierend die Gewinnausschüttung an den Beschuldigten geschätzt werden müssen.

Die Betriebsprüferin sei bei dieser Prüfung "sehr konservativ" vorgegangen, wobei sie den Umsatz auf Basis der von der Firma "***1***" gelieferten Zahlen geschätzt habe. Dabei habe sie den gefahrenen Kilometer mit 50 Cent angesetzt und die Ausgaben berücksichtigt, soweit dafür Belege vorhanden gewesen seien. Ebenso seien die Personalkosten, soweit sie nicht "schwarz" ausbezahlt worden seien, berücksichtigt worden.

Der Beschuldigte habe seinem Steuerberater N.N. mitgeteilt, dass er seine Wohnung gänzlich als Büro benütze, sodass dieser die auf die GmbH lautende Mietrechnung auch voll in die Buchhaltung aufgenommen habe. Dabei war bei der bereits vorangegangen USO-Prüfung festgestellt worden, dass lediglich ein Zimmer im Wohnungsverband betrieblich, der Rest privat genutzt werde, sodass nur 10 % des Aufwandes für die Wohnung als Betriebsausgaben für die GmbH anerkannt worden seien.

Der Beschuldigte habe es in Anbetracht der unterbliebenen Aufzeichnungen zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass in der Jahressteuererklärung der KöSt 2016 tatsächlich gemachte Gewinne nicht erklärt würden und so eine Abgabenverkürzung in der im Spruch genannten Umfang entstehen würde. Desgleichen habe er es zumindest ernstlich für möglich und gehalten sich damit abgefunden, dass in dem er sich Auszahlungen zuführte, diese aber nicht der KESt für den Zeitraum 2016 und 2017 unterzog, dass diesbezüglich eine Abgabenverkürzung eintrete. Hinsichtlich der UVA in den im Spruch genannten Zeiträumen habe er eine Abgabenverkürzung nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, dies insbesondere aufgrund des Umstandes, dass er trotz einer vorangegangenen Betriebsprüfung neuerlich seine Wohnungskosten zur Gänze der GmbH zurechnete, obwohl die Wohnung nur zu 10 % für die Arbeit und zu 90 % privat genutzt worden sei.

Diese Feststellungen gründeten sich auf die Erhebungen der Finanzstrafbehörden, die Einvernahme der Zeugen N.N. und A.B., sowie die Verantwortung des Beschuldigten.

Soweit durch seine Verteidigung vorgebracht worden sei, dass der Gewinn aus den ermittelnden Umsätzen zu hoch geschätzt worden wäre und sich der strafbestimmende Wertbetrag insgesamt auf € 11.614,12 reduziere, sei ihm nicht zu folgen. Diesbezüglich sei lediglich von einer Statistik der KMU/Austria ausgegangen, wonach ca. 3,9 % des Umsatzes bei Taxi/***1*** als Gewinn verblieben. Dies habe aber zum gegenständlichen Fall keinen konkreten Bezug, vielmehr habe die Betriebsprüferin als Zeugin vernommen angegeben, im Vergleich zu anderen Taxiunternehmen ohnedies äußerst konservativ zurückhaltend geschätzt zu haben, sodass die Vorlage einer allgemeinen Statistik kein Zweifel an den von der Betriebsprüferin ermittelten Umsätze und Gewinnen aufkommen lasse.

Bei der Strafzumessung wertete der Spruchsenat mildernd das teilweise Geständnis, dem gegenüber erschwerend die einschlägige Vorstrafe, sodass bei einem Strafrahmen von über € 82.200,00 die verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen sei, wobei auch gemäß § 23 FinStrG die wirtschaftlichen Verhältnisse, die sich insbesondere aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes des Beschuldigten ergeben, Berücksichtigung gefunden habe.

Die übrigen Entscheidungen gründeten sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

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In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde des Beschuldigten wird wie folgt ausgeführt:

"Namens und in Vertretung meines Mandanten Herrn ***Bf1*** erhebe ich binnen offener Frist gegen dieses Erkenntnis das Rechtsmittel der Beschwerde und fechte das Erkenntnis in vollem Umfang an.

Ausgangslage

Am wurde das Finanzstrafverfahren gegen unseren Mandanten ***Bf1*** eingeleitet. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom vor dem Spruchsenat des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde wurde Herr ***Bf1*** als Beschuldigter vernommen, bekannte sich als nicht schuldig, und ersuchte um Einvernahme des Buchhalters N.N.. Am wurde dieser folglich als informierter Vertreter der Y-GmbH vernommen. Der Geschäftszweig und die gewerberechtliche Funktion der Y-GmbH sind laut Firmenbuch EDV-Dienstleistungen und Bilanzbuchhaltung.

Erst während bereits laufendem Verfahren wurde ich am bescheidmäßig als Verfahrenshilfeverteidiger für das Finanzstrafverfahren bestellt. In Erstgesprächen gelangte mir dabei zur Kenntnis, dass die 2015 gegründete "X-GmbH" bereits den zweiten unternehmerischen Versuch meines Mandanten darstellte, und die Gesellschaft infolge des Konkursverfahrens aufgelöst wurde. Es ist somit offensichtlich, dass Herr ***Bf1*** nicht über ausreichende Fähigkeiten verfügt ein Unternehmen erfolgreich zu leiten, weshalb er auch eidesstattlich erklärte, künftig nicht mehr unternehmerisch tätig zu sein. Diese Erklärung wurde dem Vorsitzenden auch in der Verhandlung vom übergeben.

In Vorbereitung für die mündliche Verhandlung habe ich am und am Herrn ***2*** gebeten "alte nötigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen". Bei der am gewährten Akteneinsicht wurde scheinbar nicht der vollständige Strafakt vorgelegt, wie mir später zu meinem Erstaunen auffiel. Erst am (sechs Tage vor der mündlichen Verhandlung) hat mir Frau ***3*** schließlich die fehlenden Auszüge (Niederschriften aus dem Spruchsenatsakt über die Einvernahme des Steuerberaters am ) zukommen lassen.

Am und am fanden die mündlichen Verhandlungen statt. Es ergeben sich nunmehr folgende Beschwerdepunkte:

1.) Fehlerhaftes Verhalten seiner steuerlichen Vertretung

In den Feststellungen im Zusammenhang mit der Vorsteuerkürzung wurde festgehalten, dass der Aufwand für Miete und Energie in voller Höhe in Ansatz gebracht wurde, obwohl es sich hierbei um ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer handelt. Es wurde daher im Schätzungswege der betrieblich veranlasste Aufwand mit 10% festgesetzt und 90% des beantragten Aufwands ausgeschieden.

In der mündlichen Verhandlung am wurde der pers. informierte Vertreter (bzw. der für das Rechnungswesen verantwortliche Bilanzbuchhalter) N.N. als Zeuge einvernommen. Dabei gab er bekannt, dass es von unserem Mandanten "keine Vorgaben" insb bzgl. der Absetzung des Mietaufwands oder dem Ausweis der Umsatzsteuer auf den Rechnungen gab. Wie bereits in der Verhandlung aufgezeigt, ist die steuerliche Vertretung verpflichtet sich über die Identität des Steuerpflichtigen Erkundigungen einzuholen. Wie öffentlich bekannt und im Firmenbuch einsichtig war unser Mandant auf seiner Wohnadresse beruflich tätig. Dies muss der steuerlichen Vertretung offensichtlich bekannt gewesen sein. Im Rahmen ihrer dienstlichen Wahrnehmungen hätte dies von der Betriebsprüferin A.B. berücksichtigt werden müssen, und nicht wie in der mündlichen Verhandlung vom , SpS-Nr.: ***4***, erklärt; "Bei der BP wurde dies dann gar nicht mehr besprochen".

Die vollständige Abschreibung der Privatwohnung von Herrn ***Bf1*** als Betriebsausgabe, ist daher finanzstrafrechtlich aus unserer Sicht von der steuerlichen Vertretung zu verantworten.

2.) Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer

In den Feststellungen wurde behauptet, dass es zu verdeckten Ausschüttungen an den Gesellschafter der"X-GmbH" in den Jahren 2016 und 2017 gekommen ist. Diese Berechnungen waren maßgebend für die Festsetzung des strafbestimmenden Wertbetrags.

In den Schätzungen zum Umsatz wurden als Betriebsausgaben lediglich die ***1***-Provisionen berücksichtigt, wodurch es beinahe zu einer Gleichsetzung von Umsatz = Gewinn kam. Die Betriebsprüferin A.B. entgegnete in der mündlichen Verhandlung vom , SpS-Nr.: ***4***, dass sie in den Berechnungen zum Umsatz "ohnedies sehr konservativ vorgegangen" sei, womit sie offensichtlich die Zuschätzung der Umsätze meinte.

Dem Wesen nach dient eine Schätzung gem. § 184 BAO der Feststellung tatsächlicher Gegebenheiten und Verhältnisse. Die Befugnis der Behörde, den Gewinn aus Gewerbebetrieb wegen Mangelhaftigkeit der Buchführung zu schätzen, ist nicht durch ein Verschulden des Steuerpflichtigen bedingt (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO³ § 184 E 3 f. (Stand , rdb.at)). In der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen ist nämlich keineswegs eine Strafe zu erblicken ( 1653/48 = Slg 440 F). Eine ordnungsgemäße Schätzung verpflichtet die Behörde daher auch die Kosten bei der Bemessung der Kapitalertragsteuer und der Körperschaftsteuer "ziffernmäßig herauszuschälen" (Vgl. 3244/53, ÖStZB 1955, 47 = Slg 1081 F) und daher keinesfalls zu einer Vernachlässigung der Kostenschätzung führen. Die Vorgangsweise der Betriebsprüferin einfach den Umsatz konservativer zu schätzen, anstatt Aufwendungen anzusetzen, entspricht daher keiner ordnungsgemäßen Schätzung.

Eine sinnvollere Möglichkeit zur Feststellung eines realistischen Abbildes über den Gewinn eines Unternehmens ist über die Umsatzrentabilität. Die Form der Schätzungsmethode erfolgt hier also über einen äußeren Betriebsvergleich, bei dem Ergebnisse anderer vergleichbarer Betriebe übernommen werden, in der Praxis der Betriebsprüfung werden nur Durchschnittswerte branchengleicher oder -ähnlicher Betriebe zum Vergleich herangezogen, was auch die wohl einzig zulässige Methode ist (Ritz, BAO6 § 184 Rz 13). Hinsichtlich der Ertragslage des Taxi- und Mietwagengewerbes im Spartendurchschnitt wird von 2010 bis 2016 mit einer durchschnittlichen Umsatzrentabilität der Betriebe im Sample der KMU Forschung Austria von durchschnittlich 3,9 % gerechnet (Bank Austria Economics & Market Analysis Austria, Branchenbericht Personentranspart Juli 2018,13). Auf Basis des Umsatzes, der im Rahmen der Betriebsprüfung geschätzt wurde, ergibt sich daher unseren Berechnungen nachfolgendes Bild:

2016:
Umsatz nach BP
€ 171.681,96
Gewinn (bei 3,9% durchschnittlicher Umsatzrentabilität)
€ 6.695,59
KESt (27,5 %)
€ 1.841,39
KöSt (25%)
€ 1.673,89
2017:
Umsatz nach BP
€ 305.801,10
Gewinn (bei 3,9% durchschnittlicher Umsatzrentabilität)
€ 11.926,24
KESt (27,5%)
3.279,72

In Summe beläuft sich der Betrag unseren Berechnungen nach somit auf € 6.795 und nicht wie von der Behörde behauptet auf € 36.316,68 (USt ausgenommen).

Überprüfbare Unterlagen, wie in der Außenprüfung auf eine Umsatzrentabilität von 38,46 % im Jahr 2016 (siehe Zusammenstellung der rechnerischen Darstellung der Betriebsprüfung) gekommen wird, wurden nicht vorgelegt. Insbesondere wurde kein Nachweis erbracht, wieso es zu kaum einer Berücksichtigung eines Personal-, Treibstoff-, Reparatur- und Serviceaufwandes kam bei einem Taxi- und Mietwagengewerbe mit sechs zugelassenen Personenfahrzeugen. Die Aussage der Betriebsprüferin A.B. in der mündlichen Verhandlung vom , SpS-Nr.: ***4*** "An Ausgaben habe ich alles berücksichtigt, was mir vorgelegt wurde, wobei darin insbesondere die Ausgaben für Fahrzeuge waren", lassen darauf schließen, dass es hinsichtlich der Ausgaben zu keiner Schätzung kam, sondern nur tatsächlich Vorgelegtes berücksichtigt wurde. Unterlagen über eine Aufstellung der Aufwendungen, sind dem in der uns vorliegenden Form des - aufgrund Unvollständigkeit mehrmals angeforderten - Strafaktes nicht zu entnehmen. Die geschätzten Umsätze 2016 und 2017 sind daher um realistische Aufwendungen zu verringern, und der Gewinn auf dieser Basis neu zu berechnen.

Die konkrete Ermittlung der Schätzungsgrundlagen ist daher aus unserer Sicht höchst zweifelhaft, denn eine Zuschätzung des Umsatzes ohne eine Zuschätzung der Kosten ist problematisch. Zur Plausibilisierung unserer Annahmen haben wir die Bilanzauswertungen der KMU Forschung Austria-Studie verwendet, die unsere Aussage bestätigen.

Es zeigt sich nämlich, dass keine substanziellen Gewinne im Unternehmen angefallen sind, sogar wenn man dabei nicht in Rechnung zieht, dass es sich bei Herrn ***Bf1*** um einen deutlich unterdurchschnittlich erfolgreichen Unternehmer handelt. Es widersprichtjeglichen Grundsätzen des Strafverfahrens, dass ein Mandant für die Hinterziehung von Steuern verurteilt wird, die er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht hinterzogen hat, weil diese Gewinnsteuern gar nicht angefallen sind.

Die geltend gemachte Berücksichtigung der Kosten des Betriebes wurde von der Behörde, die sich damit garnicht auseinandergesetzt hat, mit dem Hinweis, es sei ohnedies eine konservative Schätzung des Umsatzes erfolgt, abgetan. Im angefochtenen Erkenntnis erfolgt überhaupt keine Auseinandersetzung mit diesen Fakten, obwohl seitens der Verteidigung klar dargetan wurde, dass die resultierenden KöSt und KESt-Beträge 88% des von der Abgabenbehörde festgesetzten strafbestimmenden Wertbetrages ausmachen.

3.) Verkürzungszuschlag des § 30a FinStrG

Jeder Rechtsstaat wird nach seinen Gesetzen beurteilt. Seit ist im § 30a FinStrG die Strafaufhebung in besonderen Fällen vorgesehen (Binder in Koller/Schuh/Woischitzschläger (Hrsg), Handbuch zur Praxis der steuerlichen Betriebsprüfung (32. Lfg 2017) Verkürzungszuschlag-Strafaufhebung in besonderen Fällen -§ 30a FinStrG). Der Verkürzungszuschlag wurde durch die FinStrG-Nov 2010 (BGBl I 2010/104) mit dem Ziel geschaffen, Bagatelldelikte aus dem Finanzstrafrecht auszuklammern, um damit sowohl eine Entkriminalisierung niederschwelliger Delikte, als auch eine Bündelung der Ressourcen der Finanzstrafbehörden zur Verfolgung schwer wiegender Delikte zu erreichen (Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz (23. Lfg 2017) Kommentierung zu § 30a FinStrG Rz 5; Groschedl/Trubrig in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 30a Rz1 (Stand , rdb.at); vgl auch ErlRV 874 BlgNR 24. GP8). Seine Entrichtung stellt einen Strafaufhebungsgrund dar, ohne dass die Erfüllung des objektiven, geschweige denn des subjektiven Straftatbestands, erwiesen sein muss (Ehrke-Rabel, Materielles Finanzstrafrecht, in Doralt/Ruppe (Hrsg) Steuerrecht II8 (2019) 770).

Allerdings ist eine Einschränkung im Gesetz vorgesehen, dass dieser Verkürzungszuschlag nur vor Abgabenbehörden, nicht aber vor Finanzstrafbehörden zur Anwendung gelangt. Um diesen Paragraphen sinnvoll mit Leben zu versehen, ist es aus unserer Sicht vollkommen klar, dass die Finanzbehörden vor Einleitung eines Finanzstrafverfahrens sichergehen müssen, dass der Steuerpflichtige ausreichend informiert und belehrt worden ist. Wie in Punkt 1.) und 2.) offensichtlich ist, wurde unser Mandant bei Eröffnung des Verfahrens von einem nicht zur steuerlichen Vertretung befugten Buchhalter vertreten. Es ist uns aus dem Akt in keiner Weise erkennbar, dass der Steuerpflichtige von seinen Rechten informiert wurde. Darüber hinaus weisen wir darauf hin, dass Deutsch nicht die Muttersprache des Steuerpflichtigen ist. Für uns scheint es aufgrund der Sachlage klar zu sein, dass von den Abgabenbehörden keinerlei Aufklärung über die Strafaufhebung in besonderen Fällen gern § 30a FinStrG getätigt wurde.

Der Rechtsansicht von Seiler/Seiler (Seiler/Seiler, FinStrG4 § 30a Rz 5) folgend ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 30a von Amtswegen von den Abgabenbehörden nach §30a FinStrG vorzugehen (kein Ermessen). Sofern die Behörde davon vorausgegangen wäre, dass die Voraussetzungen für die Verhängung des Verkürzungszuschlags nicht vorliegen, wäre der Antrag - wie von uns beantragt - mit Bescheid abzuweisen gewesen, was ebenfalls nicht erfolgt ist. Das Strafverfahren war daher aus diesem Grund von Anfang an mangelhaft.

Aus unserer Sicht widerspricht es dem Geist des Gesetzes, wenn die Abgabenbehörde willkürlich und einseitigdurch Einleitungeines Finanzstrafverfahrens und ohne Aufklärungdes Steuerpflichtigen den Zweck des § 30a FinStrG unterlaufen kann. Es ist nicht sachgerecht, wenn der Steuerpflichtige bloß deshalb von der Anwendung des § 30a FinStrG und der damit einhergehenden Strafaufhebung ausgeschlossen bleibt, weil die Behörde den Verkürzungsbetrag (wie unter Punkt 2.) dargelegt) zunächst unrichtig ermittelt hat (Doralt, VwGH: Verkürzungszuschlag (§ 30a FinStrG) nach "erstmöglich" festgestellter Nachforderung - verfassungswidrig?, Rdw 2013/737 (749)). Dies würde vielmehr zu unüberwindlichen verfassungsrechtlichen Problemen führen, da schon der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art 7 B-VG gebietet, dass es keinen Unterschied machen darf, ob die Behörde den Verkürzungsbetrag von vornherein richtig ermittelt, oder ob dieser erst im späteren Verfahrensablauf richtig ermittelt wird. Ansonsten würde der Steuerpflichtige die Möglichkeit der Strafaufhebung sogar verlieren, wenn die Behörde einen Verfahrensfehler begeht, der erst im Berufungsverfahren saniert wird.

Darüber hinaus ermächtigt die derzeitige Rechtslage die Finanzstrafbehörden, jederzeit und ohne Rücksicht auf unerledigte Anträge im Sinne des § 30a FinStrG oder diesbezüglich anhängige Rechtsmittel, die Festsetzung von Verkürzungszuschlägen durch (nachträgliche) Einleitung eines Finanzstrafverfahrens zu verhindern (BFG RV 5101782/2018; Binder in Koller/Schuh/Woischitzschläger (Hrsg), Handbuch zur Praxis der steuerlichen Betriebsprüfung (32. Lfg 2017) Verkürzungszuschlag -Strafaufhebung In besonderen Fällen -§ 30a FinStrG, S.7). Dies ist unseres Erachtens nicht nur im Hinblick auf die verfahrensrechtlichen Garantien des Art 6 EMRK (insbesondere bezüglich des Gebots der Waffengleichheit), sondern auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten höchst problematisch, da der/die Rechtsunterworfene der Willkür der Behörden ausgeliefert ist und in diesem Zusammenhang über keine effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten verfügt. Wir haben auf diese Punkte bereits in der mündlichen Verhandlung vom hingewiesen und ersuchen in Rücksicht darauf einen Verkürzungszuschlag gem. § 30a FinStrG in Erwägung zu ziehen. Dies wurde uns durch die beisitzende Richterin jedoch nicht gewährt.

Fazit

Aufgrund der dargelegten Gründe kann unserer Ansicht nach die dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat nicht zweifelsfrei erwiesen werden, da Gewinne besteuert wurden, die in dieser Höhe nie erwirtschaftet wurden. Aufgrund einer höchst mangelhaften Schätzung, in welcher wesentliche Kriterien nicht berücksichtigt wurden, wurde eine Abgabenhinterziehung in einem Ausmaß konstruiert, die nicht stattgefunden hat. Da also bereits der objektive Tatbestand der Abgabenhinterziehung nicht erfüllt ist, kann er auf subjektiver Seite auch nicht persönlich vorgeworfen werden.

Unter Berücksichtigung unserer eigenen Berechnung bleibt im Zusammenhang mit der KöSt und KESt ein vergleichsweise überschaubarer Betrag von € 6.795 übrig (im Gegensatz zu dem von der Abgabenbehörde geforderten € 36.316,68). Im Zusammenhang mit dem Umsatzsteuerbetragvon C 4.819,11 verweisen wir nochmals auf die Tätigkeit der steuerlichen Vertretung, die laut Zeugenaussage in ihrer Arbeit nicht vom Beklagten beeinflusst wurde. Wir erachten die Schuld des Beklagten in diesem Fall daher als geringfügig.

Für den gesamten Restbetrag von € 11.614,12 sind wir der Ansicht, dass der Verkürzungszuschlag des § 30a FinStrG greift. Anders als vor dem Verfahren vor dem 2012/16/0059 hat in unserem konkreten Fall die Abgabenbehörde durch eineunserer Ansicht nach unsachgemäße Schätzung den strafbestimmenden Wertbetrag ursächlich über die Grenzen § 30a FinStrG gehoben. Durch dieses Verhalten ist dem Beklagten der Zugang zum Verkürzungszuschlag unserer Ansicht nach widerrechtlich verwehrt worden.

Ich ersuche daher der gegenständlichen Beschwerde stattzugeben und das angefochtene Erkenntnis ersatzlos aufzuheben."

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In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat des Bundesfinanzgerichtes am brachte der Bf. durch seinen Verteidiger ergänzend vor, es entspreche den Tatsachen, dass ***1***-Umsätze nicht in den Steuererklärungen erfasst worden seien. Es sei jedoch einzuwenden, dass auch entsprechende Aufwendungen nicht berücksichtigt worden seien. Die Vertretung des Verteidigers habe erst im Zuge des Finanzstrafverfahrens begonnen. Zuvor sei der Bf. durch einen Bilanzbuchhalter vertreten gewesen, der auch Kenntnis vom Umstand gehabt habe, dass sich der Wohnort und der Firmensitz des Bf. gleichen. Über das Vermögen des Bf. sei mittlerweile das Konkursverfahren eröffnet worden und er werde zukünftig keine unternehmerische Tätigkeit mehr ausüben. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf. seien denkbar eingeschränkt, sodass der Verteidiger als Verfahrenshelfer bestellt habe werden müssen. Auch die gesundheitliche Situation des Bf. könne als schlecht bezeichnet werden. Sorgepflichten habe er für 2 Kinder. Die Lebenshaltungskosten würden hauptsächlich von der Ehegattin bestritten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 bewirkt mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

§ 161 Abs. 3 FinStrG: Eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.

Gemäß § 14 Abs. 1 FinStrG wird der Täter wegen des Versuches oder der Beteiligung daran nicht bestraft, wenn er die Ausführung aufgibt oder, falls mehrere daran beteiligt sind, verhindert oder wenn er den Erfolg abwendet. Ein Rücktritt vom Versuch ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.
Gemäß
§ 14 Abs. 2 FinStrG tritt Straffreiheit nicht ein, wenn zum Zeitpunkt des Rücktritts vom Versuch
a) Verfolgungshandlungen (Abs. 3) gesetzt waren und dies dem Täter, einem anderen an der Tat Beteiligten oder einem Hehler bekannt war oder
b) anläßlich der Durchführung eines Zollverfahrens bereits eine Erklärung über ein- oder auszuführende Waren abgegeben wurde.
Gemäß § 14 Abs. 3 FinStrG ist eine Verfolgungshandlung jede nach außen erkennbare Amtshandlung eines Gerichtes, einer Staatsanwaltschaft, einer Finanzstrafbehörde, des Bundesfinanzgerichtes oder eines im § 89 Abs. 2 genannten Organs, die sich gegen eine bestimmte Person als den eines Finanzvergehens Verdächtigen, Beschuldigten oder Angeklagten richtet, und zwar auch dann, wenn das Gericht, die Staatsanwaltschaft, die Finanzstrafbehörde, das Bundesfinanzgericht oder das Organ zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder die Person, gegen die sie gerichtet war, davon keine Kenntnis erlangt hat.

Zu Schuldspruch a) des angefochtenen Erkenntnisses - Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 3 lit. b FinStrG an Kapitalertragsteuer 2016 i.H.v. € 17.287,53 und Kapitalertragsteuer 2017 i.H.v. € 3.778,15

Sachverhalt und objektive Tatseite

Im zugrundeliegenden Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom wird - soweit für die Verkürzung an Kapitalertragsteuer 2016 und 2017 relevant - wie folgt ausgeführt:

"Tz. 3 Mängel in der Buchhaltung
- keine chronologische Verbuchung der Ausgaben (Tankbelege, Waschbelege,...) Diese Belege wurden in einem Kuvert gesammelt und monatsweise verbucht. Eine Zuordnung zu den einzelnen KFZ war nicht möglich.
- Es wurden keine Fahrtenbücher geführt.
- Es gibt keine Arbeitsaufzeichnungen der Fahrer.
Weder Aufzeichnungen der gefahrenen Kilometer bzw. der KM-Stände noch Abfahrts- und Zielort der für sonstige Auftraggeber getätigten Fahrten waren vorhanden."

"Tz. 8 verdeckte Ausschüttung

Verdeckte Ausschüttungen sind immer dann anzunehmen, wenn Personen, die rechtlich oder wirtschaftlich Eigentümer oder Miteigentümer des Betriebsvermögens oder sonst an der steuerpflichtigen Körperschaft beteiligt sind, Vermögensvorteile zugewendet erhalten, deren Zuwendung ihren Grund lediglich in der beherrschenden Stellung des Empfängers gegenüber dem Unternehmen oder in seiner Beteiligung an der Körperschaft hat und sich in einer Form vollzieht, die nicht ohne weiteres erkennen lässt, dass Einkommensteile oder Gewinnanteileausgeschüttet werden.

Im Zuge der Außenprüfung bei der Firma "X-GmbH" wurde festgestellt, dass lediglich die von ***1*** übermittelten Zahlungen der Versteuerung unterzogen wurden. Dabei übersehen wurde, dass von ***1*** bereits vor der Überweisung die ihm zustehende 25%ige Servicepauschale einbehalten wurde.

Der gesamte von ***1*** laut Steuerzusammenfassung gemeldete Umsatz inkl. Servicepauschale unterliegt dem österreichischen Steuerrecht und war daher mit dem ermäßigten Steuersatz von 10% zu versteuern.

Diese Feststellungen führen zu verdeckten Ausschüttungen an den Gesellschafter der "X-GmbH".

Im Hinblick darauf, dass die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst und zahlungsunfähig ist, werden die Bescheide über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer direkt dem Gesellschafter, Herrn ***Bf1*** zugestellt.

Berechnung verdeckte Gewinnausschüttung 2016
171.681,96 Umsatz nach BP
- 77.832,27 Umsatz vor BP
93.849,69 nicht erklärter Umsatz
***1*** netto
103.234,66 nicht erklärter Umsatz
***1*** brutto

103.234,66 nicht erklärter Umsatz ***1*** brutto
- 40.370,92 abzügl.
***1*** Provision
62.863,74 verdeckte Gewinnausschüttung
17.287,53 KESt 27,5%

Berechnung verdeckte Gewinnausschüttung 2017
305.801,10 Umsatz nach BP
- 224.974,86 Umsatz vor BP
80.826,24 nicht erklärter Umsatz
***1*** netto
88.908,86 nicht erklärter Umsatz
***1*** brutto

88.908,86 nicht erklärter Umsatz ***1*** brutto
- 75.170,12 abzügl.
***1*** Provision
13.738,74 verdeckte Gewinnausschüttung
3.778,15 KESt 27,5%"

Unbestritten ist im Rahmen des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens die Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörde aufgrund der aufgezeigten Mängel der Buchhaltung.

Im angefochtenen Erkenntnis wird festgestellt, die Betriebsprüferin sei bei dieser Prüfung "sehr konservativ" vorgegangen, wobei sie den Umsatz auf Basis der von der Firma "***1***" gelieferten Zahlen geschätzt habe. Dabei habe sie den gefahrenen Kilometer mit 50 Cent angesetzt und die Ausgaben berücksichtigt, soweit dafür Belege vorhanden gewesen seien. Ebenso seien die Personalkosten, soweit sie nicht "schwarz" ausbezahlt worden seien, berücksichtigt worden.

Gegen die Schätzung der Gewinne 2016 und 2017 und gegen die Höhe der darauf beruhenden geschätzten verdeckten Gewinnausschüttungen bringt der Bf. durch seinen Verteidiger vor, überprüfbare Unterlagen, wie die Prüferin auf eine Umsatzrentabilität von 38,46 % im Jahr 2016 (siehe Zusammenstellung der rechnerischen Darstellung der Betriebsprüfung) komme, seien nicht vorgelegt worden. Insbesondere sei kein Nachweis erbracht, wieso es zu kaum einer Berücksichtigung eines Personal-, Treibstoff-, Reparatur- und Serviceaufwandes bei einem Taxi- und Mietwagengewerbe mit sechs zugelassenen Personenfahrzeugen gekommen sei. Die Aussage der Betriebsprüferin A.B. in der mündlichen Verhandlung vom , SpS-Nr.: ***4*** "An Ausgaben habe ich alles berücksichtigt, was mir vorgelegt wurde, wobei darin insbesondere die Ausgaben für Fahrzeuge waren", lasse darauf schließen, dass es hinsichtlich der Ausgaben zu keiner Schätzung gekommen, sondern nur tatsächlich Vorgelegtes berücksichtigt worden sei. Die geschätzten Umsätze 2016 und 2017 seien daher um realistische Aufwendungen zu verringern, und der Gewinn auf dieser Basis neu zu berechnen. Die konkrete Ermittlung der Schätzungsgrundlagen sei höchst zweifelhaft, denn eine Zuschätzung des Umsatzes ohne eine Zuschätzung der Kosten sei problematisch. Zur Plausibilisierung unserer Annahmen haben der Verteidiger die Bilanzauswertungen der KMU Forschung Austria-Studie verwendet, die diesen Beschwerdeeinwand bestätigen würden.

Die Finanzstrafbehörde trägt - anders als im Abgabenverfahren - die Beweislast für die Richtigkeit der Schätzung, sodass eine Abgabenhinterziehung nur dann angenommen werden kann, wenn sich auf Grund entsprechender Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschuldigten sagen lässt, dass seine Verantwortung nach menschlichem Ermessen nicht richtig sein kann. Die Tatsache, dass Geschäftsvorgänge nicht in die Buchhaltung aufgenommen wurden oder Mängel der Aufzeichnungen festzustellen waren, reicht für sich allein noch nicht, um einen Verkürzungsvorsatz anzunehmen, weil es vielmehr der Feststellung bedarf, welche finanzstrafrechtlich zu verantwortenden Vorgänge zu den festgestellten Abgabenverkürzungen geführt haben (vgl. ; , mwN).

Im Finanzstrafverfahren trifft die Finanzstrafbehörde die Beweislast für die Richtigkeit der Schätzung in dem Sinn, dass der geschätzte Betrag mit der Wirklichkeit solcherart übereinstimmt, dass die Verantwortung der Beschuldigten (auch hinsichtlich der Höhe der Verkürzung) so unwahrscheinlich ist, dass sie nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen werden kann (vgl. ; ).

Bedenkt man, dass die von der Abgabenbehörde der Besteuerung zugrunde gelegten Gewinne für das Jahr 2016 € 66.022,47 und für das Jahr 2017 € 100.000,00 (Schätzung) betragen haben, dies bei Umsätzen 2016 in Höhe von € 182.306,96 und 2017 in Höhe von € 305.801,10, so erscheint zunächst einmal fraglich, warum bei derart hohen Gewinnen das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fa. "X-GmbH" eröffnet werden musste. Zudem treffen auch die Beschwerdeeinwendungen, dass eine derart hohe Umsatzrentabilität bei einem Taxiunternehmen keinesfalls der Erfahrung des täglichen Lebens entspricht, zu und erwecken berechtigte Zweifel an der Richtigkeit und Nachweisbarkeit der Gewinnschätzungen im Rahmen der Außenprüfung.

Der erkennende Senat des Bundesfinanzgerichtes schließt sich aus diesen Erwägungen dem Beschwerdevorbringen, dass als eine realistische und der Anforderung der Nachweisbarkeit in einem Finanzstrafverfahren standhaltende Schätzung im Wege der Schätzungsmethode des äußeren Betriebsvergleiches die vom Bf. ins Treffen geführte Methode der Gewinnschätzung nach der durchschnittlichen Umsatzrentabilität im Personentransportgewerbe angesehen werden kann. Das diesbezügliche Vorbringen hinsichtlich der Ertragslage des Taxi- und Mietwagengewerbes, die durchschnittliche Umsatzrentabilität betrage von 2010 bis 2016 laut KMU Forschung Austria 3,9 % (Bank Austria Economics & Market Analysis Austria, Branchenbericht Personentranspart Juli 2018,13), ist plausibel und entspricht auch dem Bericht der Wirtschaftskammer Österreich, Sparte Transport und Verkehr, Daten und Fakten 2017, der für die Jahre 2014/2015 von einer durchschnittlichen Umsatzrentabilität von 3,1% ausgeht.

Entsprechend Beschwerdevorbringen kann daher in objektiver Hinsicht von einer Verkürzung von Kapitalertragsteuer 2016 i.H.v. € 1.841,39 und Kapitalertragsteuer 2017 i.H.v. € 3.279,72 ausgegangen werden.

Hinsichtlich der Differenzbeträge an Kapitalertragsteuer 2016 i.H.v. € 15.446,14 und Kapitalertragsteuer 2017 i.H.v. € 498,53 war das gegen den Beschuldigten geführte Finanzstrafverfahren zu Schuldspruch a) des angefochtenen Erkenntnisses mangels Nachweisbarkeit der Höhe der angeschuldigten Verkürzungen gemäß §§ 136, 157 einzustellen.

Subjektive Tatseite

Die festgestellten gravierenden Mängel der Bücher und Aufzeichnungen und die nachweislich festgestellten nicht erklärten ***1***-Umsätze lassen den zweifelsfreien Schluss zu, dass der Bf. eine nicht vollständige Offenlegung der Gewinne und eine daraus resultierende Nichtabfuhr der Kapitalertragsteuer aus den verdeckt an ihn ausgeschütteten Gewinnen zumindest billigend in Kauf genommen hat (Eventualvorsatz). Hinsichtlich der vom Bf. im Rahmen der Beschwerde zugestandenen Verkürzungen an Kapitalertragsteuer hat er die subjektive Tatseite nicht bestritten.

Zu Schuldspruch b) des angefochtenen Erkenntnisses - versuchte Abgabenhinter-ziehung an Körperschaftsteuer 2016 in der Höhe von € 15.251,00

Objektive Tatseite

Nach der Aktenlage hat der Bf. als verantwortlicher Geschäftsführer der Fa. X-GmbHH zunächst am eine unrichtige Körperschaftsteuererklärung 2016, mit welcher ein steuerlicher Verlust aus Gewerbebetrieb i.H.v. € 12.293,77 offengelegt wurde, abgegeben. Insoweit lag zunächst eine versuchte Abgabenhinterziehung an Köperschaftsteuer 2016 in Höhe von € 15.251,00 (= Körperschaftsteuer 2016 auf Basis der Feststellungen der Außenprüfung) vor.

Während laufender Außenprüfung übergab der Bf. jedoch durch seinen steuerlichen Vertreter am eine berichtigte Steuererklärung 2016, mit welcher ein Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. € 49.378,56 (25% KöSt davon: € 12.344,64) einbekannt wurde. Insoweit liegt ein - vom Spruchsenat nicht erkannter - Rücktritt vom Versuch der Abgabenhinterziehung an Körperschaftsteuer 2016 gemäß § 14 Abs. 1 FinStrG vor und ist somit schon die objektive Tatseite nicht erfüllt. Eine die Straffreiheit des Rücktrittes vom Versuch hindernde Verfolgungshandlung (§ 14 Abs. 2 lit. a FinStrG i.V.m. § 14 Abs. 3 FinStrG) war zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben. Die erste Verfolgungshandlung, die in diesem Verfahren nach der Aktenlage gesetzt wurde, war die Einleitung des Finanzstrafverfahrens mit Einleitungsverfügung der Finanzstrafbehörde vom .

Der im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellte (tatsächliche) Gewinn 2016 beträgt € 66.042,47, die daraus Körperschaftsteuer 2016 (wie ausgeführt) € 15.251,00.

Unter Textziffer 5 des Berichtes über die Außenprüfung "Abweichung zur berichtigten K-Erklärung 2016" geht hervor, dass der Mietaufwand für die Wohnung des Bf. in voller Höhe in Abzug gebracht wurde, obwohl es sich hierbei nur um ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer handelt. Der betrieblich veranlasste Aufwand wurde - laut Feststellungen im Rahmen der vorangegangenen Umsatzsteuersonderprüfung - mit 10% anerkannt, somit war 90% des erklärten Aufwands durch die Außenprüfung auszuscheiden. Insoweit ist die objektive Tatseite einer versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 FinStrG i.H.v. € 2.906,36 (KöSt lt. BP abzüglich KöSt lt. berichtigter Erkl. vom ) erfüllt.

Subjektive Tatseite

Die hier in Rede stehende berichtigte Körperschaftsteuererklärung 2016 wurde durch die steuerliche Vertretung der GmbH, Fa. Y-GmbH (Bilanzbuchhaltung), welche die Firma "X-GmbH", schon im Zuge der vorangegangenen Umsatzsteuersonderprüfung (Bericht vom ) vertreten hat, erstellt und der Abgabenbehörde übermittelt. Die steuerliche Vertretung hatte somit Kenntnis von den Feststellungen, dass 90% der Aufwendungen für die Wohnung des Bf. als privat anzusehen sind und nicht das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer betreffen. Trotzdem wurde der gesamte Wohnungsaufwand im Rahmen der berichtigten Körperschaftsteuererklärung 2016 neuerlich geltend gemacht. Der Bf. konnte daher nach Ansicht des erkennenden Senates des Bundesfinanzgerichtes davon ausgehen, dass seine steuerliche Vertretung die Feststellungen der Abgabenbehörde im Rahmen Umsatzsteuersonderprüfung bei Abgabe der berichtigten Körperschaftsteuererklärung 2016 befolgen würde. Eine eventuelles Überwachungsverschulden des Bf. in Form der mangelnden Kontrolle der berichtigten Körperschaftsteuererklärung 2016 kann nur den Vorwurf einer fahrlässigen Handlungsweise des Bf. begründen, welche im Versuchsstadium einer Tat nach dem Finanzstrafgesetz nicht mit Strafbarkeit bedroht ist. Für eine vorsätzlich unrichtige Abgabe der berichtigten Körperschaftsteuererklärung 2016 durch den Bf., etwa dahingehend, dass der Bf. seine steuerliche Vertretung angewiesen hätte, die Wohnungsaufwendungen zur Gänze geltend zu machen, bieten die Verfahrensergebnisse keinerlei Anhaltspunkte.

Es war daher in Abänderung des angefochtenen Erkenntnisses in Bezug auf Schuldspruch b) des angefochtenen Erkenntnisses mit Verfahrenseinstellung gemäß §§ 136, 157 FinStrG i.V.m. § 82 Abs. 3 lit. b und c FinStrG vorzugehen.

Zu Schuldspruch c) des angefochtenen Erkenntnisses - Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG an Umsatzsteuervorauszahlungen 10-12/2017 i.H.v. € 2.739,58 und 1-3/2018 i.H.v. 2.079,53

Der Bf. hat als verantwortlicher Geschäftsführer für die Monate Oktober 2017 bis März 2018 zunächst keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und auch die entsprechenden Umsatzsteuervorauszahlungen nicht entrichtet.

Diese fehlenden Umsatzsteuervoranmeldungen wurden nach Aufforderung der Prüferin während der Außenprüfung (verspätet) vom Bf. nachgereicht und mit Buchungstag am Abgabenkonto verbucht. Die entsprechenden Umsatzsteuervorauszahlungen wurden nicht entrichtet.

Die gegenständliche - der Höhe nach auf Meldungen des Bf. basierende - Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG wurde mit der gegenständlichen Beschwerde weder dem Grunde noch der Höhe nach in Abrede gestellt.

Zweifelsfrei kannte der Bf. seine Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und zur Entrichtung der monatlichen Umsatzsteuervorauszahlungen. Nach der Aktenlage wurden in vorangegangenen Zeiträumen fast durchwegs Umsatzsteuervoranmeldungen mit Zahllasten abgegeben und teilweise auch entrichtet, sodass auch zweifelsfrei von Eventualvorsatz in Bezug auf die Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und Wissentlichkeit in Bezug auf die Nichtentrichtung der hier gegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen ausgegangen werden kann.

Verkürzungszuschlag gemäß § 30a FinStrG

Gemäß § 30a Abs. 1FinStrG sind die Abgabenbehörden berechtigt, eine Abgabenerhöhung von 10 % der im Zuge einer abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahme festgestellten Nachforderungen, soweit hinsichtlich der diese begründenden Unrichtigkeiten der Verdacht eines Finanzvergehens besteht, festzusetzen, sofern dieser Betrag für ein Jahr (einen Veranlagungszeitraum) insgesamt 10 000 Euro, in Summe jedoch 33 000 Euro nicht übersteigt, sich der Abgabe- oder Abfuhrpflichtige spätestens 14 Tage nach Festsetzung der Abgabennachforderung mit dem Verkürzungszuschlag einverstanden erklärt oder diesen beantragt und er auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung wirksam verzichtet. Werden die Abgabenerhöhung und die dieser zugrunde liegenden Abgabennachforderungen innerhalb eines Monats nach deren Festsetzung tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung zur Gänze entrichtet, so tritt Straffreiheit hinsichtlich der im Zusammenhang mit diesen Abgabennachforderungen begangenen Finanzvergehen ein. Ein Zahlungsaufschub darf nicht gewährt werden.
(2) Werden mehrere Überprüfungsmaßnahmen gleichzeitig oder in unmittelbarer Folge durchgeführt, so ist die Summe aller Verkürzungsbeträge für die Zulässigkeit der Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach Abs. 1 maßgeblich.
(3) Tritt wegen Nichteinhaltung der Erfordernisse des Abs. 1 Straffreiheit nicht ein, so entfällt ab diesem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung. Allenfalls bis dahin entrichtete Beträge sind gutzuschreiben.
(4) Im Falle einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Abgabenerhöhung unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.
(5) Die Festsetzung einer Abgabenerhöhung im Zusammenhang mit Eingangs- und Ausgangsabgaben sowie mit Finanzvergehen, die mit einer Mindestgeldstrafe bedroht sind, unzulässig.
(6) Die Festsetzung einer Abgabenerhöhung ist weiters ausgeschlossen, wenn hinsichtlich der betroffenen Abgaben bereits ein Finanzstrafverfahren anhängig ist, eine Selbstanzeige vorliegt oder es einer Bestrafung bedarf, um den Täter von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten.
(7) Die Festsetzung der Abgabenerhöhung stellt keine Verfolgungshandlung dar. Die strafrechtliche Verfolgung einer weiteren, hinsichtlich derselben Abgabenart und desselben Erhebungszeitraumes bewirkten Abgabenverkürzung oder einer Nichtentrichtung (Nichtabfuhr) von Selbstbemessungsabgaben wird dadurch nicht gehindert.
(8) Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 BAO.

In diesem Zusammenhang bemängelt der Bf., die Behörde hätte willkürlich und einseitig durch Einleitung eines Finanzstrafverfahrens und auch ohne Aufklärung des Bf. den Zweck des § 30a FinStrG unterlaufen, nachdem sie zunächst den Verkürzungsbetrag unrichtig ermittelt habe.

Dazu ist darauf zu verweisen, dass die gegenständliche Außenprüfung nach Eröffnung des Konkursverfahrens () nicht mehr gegenüber den Bf. abgeschlossen wurde. Die Bescheide aufgrund der Außenprüfung wurden an den Masseverwalter im Konkurs zugestellt. Bei Abschluss des Prüfungsverfahrens war der Bf. auch nicht mehr der gesetzliche Vertreter der GmbH, sondern der Masseverwalter.

Die Festsetzung eines Verkürzungszuschlages des gemäß § 30a FinStrG setzt voraus, dass sowohl die Abgabenschuldigkeiten als auch der Verkürzungszuschlag binnen Monatsfrist nach Festsetzung entrichtet werden, was im Konkurs der Fa. "X-GmbH" von vornherein ausgeschlossen war.

Somit gibt der Beschwerdeeinwand, die Festsetzung eines Verkürzungszuschlages sei dem Bf. widerrechtlich verwehrt worden, ins Leere.

Strafbemessung:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

§ 33 Abs. 5 FinStrG: Die Abgabenhinterziehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu erkennen.

Aufgrund der teilweisen Verfahrenseinstellung (zu den Schuldsprüchen a) und b) des angefochtenen Erkenntnisses) war mit einer Strafneubemessung, ausgehend nunmehr von einem Gesamtverkürzungsbetrag von € 9.940,22, vorzugehen.

Zum Verschulden des Bf. ist zu seinen Gunsten auszuführen, dass sein Verkürzungsvorsatz in Bezug auf die hier in Rede stehendenden Umsatzsteuervorauszahlungen 10/2017-03/2018 in Höhe von insgesamt € 4.819,11 aus Sicht des erkennenden Senates nur die vorübergehende Erlangung eines steuerlichen Vorteils gerichtet war, hat er doch die hier gegenständlichen Umsatzsteuervoranmeldungen im Rahmen der Außenprüfung, wenn auch wesentlich verspätet, nachgereicht.

Ausgehend von einer sehr eingeschränkten wirtschaftlichen Situation des Bf. (€ 900,00 Arbeitslosenunterstützung) und von Sorgepflichten für zwei Kinder im Alter von 17 und 19 Jahren sowie von einem schlechten Gesundheitszustand sah der Spruchsenat zu Recht als mildernd das teilweise Geständnis, dem gegenüber als erschwerend die einschlägige Vorstrafe. Unberücksichtigt blieb dabei der Erschwerungsgrund des mehrmaligen Tatentschlusses in Bezug auf die Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen 10-12/2017 und 1-3/2018.

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen erweist sich nach Ansicht des erkennenden Senates des Bundesfinanzgerichtes die neu bemessene - aus dem Spruch ersichtliche - Geldstrafe als tätergerecht und schuldangemessen.

Auch die gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit neu festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem festgestellten Verschulden des Bf. unter Berücksichtigung des genannten Milderungsgrundes und der Erschwerungsgründe.

Einer weiteren Strafherabsetzung standen insbesondere generalpräventive Gründe entgegen, die es dem erkennenden Senat nicht ermöglichten, bei nicht erfolgter Schadensgutmachung mit einer weiteren Strafherabsetzung vorzugeben.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens werden gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und sind auf das Straf-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müsste. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung wäre bei der Finanzstrafbehörde (Amt für Betrugsbekämpfung Bereich Finanzstrafsachen) einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegenständlich waren das Vorliegen einer Abgabenhinterziehung im Einzelfall und die Höhe der verkürzten Abgabenschuldigkeiten strittig. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 30a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 14 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 13 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 23 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 14 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7300036.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at