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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.03.2022, RV/7101308/2015

Beurteilung von Dienstverhältnissen von Mitarbeitern, die in einem Callcenter Outbound Calls und Interviews durchführen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des seinerzeitigen Finanzamtes ***A*** vom

  • über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für die Jahre 2008, 2009 und 2010,

  • über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2008, 2009 und 2010 sowie

  • betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2008, 2009 und 2010,

I.
zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2008, 2009 und 2010 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
    Diese Bescheide bleiben unverändert.
    Die Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2009 und 2010 werden ersatzlos aufgehoben.

beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für das Jahre 2008 wird zurückgewiesen.

  • II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4
    Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen einer Gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) den Zeitraum bis betreffend wurden bezüglich der Jahre 2008 bis 2010 folgende Feststellungen getroffen:

In den Jahren 2008 bis 2010 seien pauschalierte Aufwandsersätze (Km-Gelder) des wesentlich beteiligten Geschäftsführers, Herrn ***C***, in Höhe von 7.345,13 € (2008), 7.666,26 € (2009) und 7.554,54 € (2010) unversteuert geblieben. Die Nachversteuerung sei im Zuge der Prüfung erfolgt:


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AA
Zeitraum
BMG alt
Hinzurechnung
BMG neu
Nachforderung
DB
01.01.-
0,00 €
7.345,13 €
7.345,13 €
330,53 €
DZ
01.01.-
0,00 €
7.345,13 €
7.345,13 €
29,38 €


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AA
Zeitraum
BMG alt
Hinzurechnung
BMG neu
Nachforderung
DB
01.01.-
0,00 €
7.666,26 €
7.666,26 €
344,98 €
DZ
01.01.-
0,00 €
7.666,26 €
7.666,26 €
30,67 €


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AA
Zeitraum
BMG alt
Hinzurechnung
BMG neu
Nachforderung
DB
01.01.-
0,00 €
7.554,54 €
7.554,54 €
339,95 €
DZ
01.01.-
0,00 €
7.554,54 €
7.554,54 €
30,22 €

In den Jahren 2008 und 2009 seien alle freien Dienstnehmer pauschal als Callcenter-Agents eingestuft worden, weshalb Ummeldungen von § 4 Abs 4 ASVG auf § 4 Abs 2 ASVG vorgenommen worden seien und die Nachversteuerung erfolgt sei:


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AA
Zeitraum
BMG alt
Hinzurechnung
BMG neu
Nachforderung
DB
01.01.-
0,00 €
500.609,31 €
500.609,31 €
22.527,42 €
DZ
01.01.-
0,00 €
500.609,31 €
500.609,31 €
2.002,44 €


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AA
Zeitraum
BMG alt
Hinzurechnung
BMG neu
Nachforderung
DB
01.01.-
0,00 €
480.008,52 €
480.008,52 €
21.600,38 €
DZ
01.01.-
0,00 €
480.008,52 €
480.008,52 €
1.920,03 €

Im Jahr 2010 seien in der Buchhaltung Honorarnoten von Frau ***D*** festgestellt worden. Aufgrund der festgestellten Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs 2 ASVG seien die Honorarnoten nachgemeldet und nachverrechnet worden:


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AA
Zeitraum
BMG alt
Hinzurechnung
BMG neu
Nachforderung
DB
01.07.-
0,00 €
4.334,07 €
4.334,07 €
195,03 €
DZ
01.07.-
0,00 €
4.334,07 €
4.334,07 €
17,34 €

In den Jahren 2009 und 2010 sei es laut Betriebssummenblatt zu kleinen Abfuhrdifferenzen gekommen:


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AA
Jahr
Differenz
L
2009
7,85 €
L
2010
-7,79 €
DB
2010
21,05 €
DZ
2010
1,47 €

Im Anschluss an die Gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) und unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellungen erließ die Abgabenbehörde am Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für die Jahre 2008, 2009 und 2010, über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2008, 2009 und 2010 sowie betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2009 und 2010.

Zur Begründung dieser Bescheide verwies die Abgabenbehörde auf den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom , in dem unter anderem bezüglich der Heranziehung zur Haftung gemäß § 82 EStG 1988 die Ermessensentscheidung nach § 20 BAO im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die im vorliegenden Fall festgestellten Fehlberechnungen und Einbehaltungsdifferenzen nicht bloß von geringem Ausmaß seien und dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Abgabenerhebung der Vorzug zu geben sei.

In der dagegen eingebrachten, nunmehr als Beschwerde zu behandelnden Berufung vom , machte die steuerliche Vertretung der Bf die vorgenommene Ummeldung von als Call-Center-Agents bzw Interviewer im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses (§ 4 Abs 4 ASVG) beschäftigten Mitarbeitern in den Jahren 2008 bis 2010 auf echte Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG geltend, da es sich bei all diesen Mitarbeitern in Wahrheit sehr wohl um freie Dienstnehmer handle, weil die Kriterien der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht in der von § 4 Abs 2 ASVG geforderten Weise erfüllt seien. Diesbezüglich verwies die steuerliche Vertretung der Bf auf die am erfolgte Eingabe an die WGKK zur inhaltlichen Dartuung des Rechtsstandpunktes und auf den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung, dass die genannten Dienstnehmer in den Jahren 2008 bis 2010 freie Dienstnehmer und nicht echte Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG seien. Ausdrücklich nicht als unrichtig bestritten würden jene Dienstgeberbeiträge bzw aliquoten Dienstgeberzuschläge, die sich entsprechend dem Bericht der Abgabenbehörde vom aus den Positionen Aufwandsersätze des wesentlich beteiligten Geschäftsführers, ***C***, ergäben. Aus diesen angeführten Gründen folge ebenso, dass die ebenfalls angefochtenen Haftungs-bescheide zu Unrecht erlassen worden seien.
Bezüglich der GPLA-Prüfungen im März 2007 und im Februar 2009 erinnerte die steuerliche Vertretung daran, dass diese die hinsichtlich der in Streit stehenden Dienstverhältnisse der Call-Center-Agents bzw Interviewer die bereits in zahlreichen Einzelbescheiden der Wiener Gebietskrankenkasse im Jahr 1999 vertretene Meinung aufrechterhalten habe, wonach es sich bei all diesen Dienstnehmern um freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs 4 ASVG und nicht um echte Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG handle. Bereits damals habe die Abgabenbehörde - ebenso wie die Bf - die Rechtsauffassung vertreten, dass es sich bei den gegenständlichen Dienstverhältnissen um freie handle und die - im Einzelfall vorgenommene - Einordnung durch die Bf ausdrücklich gebilligt. Im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben und den im Abgabenverfahren geltenden Vertrauensschutz habe die Bf jedenfalls darauf vertrauen dürfen, dass die Abgabenbehörde diese ihre Einschätzung - ohne dass sich diesbezüglich eine Änderung der Gesetzes- oder Rechtslage ergeben hätte - auch weiterhin aufrecht erhalte, so dass die nunmehr - offensichtlich im Anschluss an die Prüfung durch die Wiener Gebietskrankenkasse eingetretene - Änderung der Rechtsauffassung der Abgabenbehörde jedenfalls nicht zu Lasten der Bf zu einem negativen abgabenrechtlichen Ergebnis für diese führen könne.
Die steuerliche Vertretung der Bf vertrat die Meinung, dass der Ausgang des gegenständlichen Abgabenverfahrens von der WGKK vorzunehmenden zugrundliegenden Einstufung der gegenständlichen Dienstnehmer in den Jahren 2008 bis 2010 abhängig sei. Daher regte die steuerliche Vertretung an, das gegenständliche Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des anhängig gemachten Verfahrens bei der Wiener Gebietskrankenkasse bzw des im Instanzenzug ergangenen Bescheides, sohin bis zur Rechtskraft des vor der WGKK geführten Verfahrens, zu unterbrechen.

In der von der steuerlichen Vertretung erwähnten Stellungnahme an die Wiener Gebietskrankenkasse vom führte diese im Wesentlichen wie folgt aus: "Für den Prüfungszeitraum wurden bei der Bf im Rahmen freier Dienstverträge einerseits Personen mit der Durchführung von Interviews als Grundlage für diverse Marktforschungsprojekte beauftragt (Interviewer) sowie andererseits Personen im Rahmen von freien Dienstverträgen mit der Durchführung von Telefongesprächen im Zusammenhang mit Telefonmarketingprojekten (Outbound-Callcenter-Agents). Hingegen wurden von der Bf für ein spezifisches Projekt (Durchführung von Telefoninterviews im Auftrag der Statistik Austria) echte Dienstverträge abgeschlossen. Die Rahmenbedingungen dieser Dienstnehmer unterscheiden sich insofern vollständig von den erstgenannten freien Dienstnehmern, als hier auftragsbedingt ein fixer Dienstort, ein fixer Zeitrahmen sowie in jedem Fall eine zeitabhängige Entlohnung vereinbart wurde und überdies aus organisatorischen Gründen - anders als bei den eingangs angeführten freien Dienstnehmern auch keine eigenen Betriebsmittel verwendet werden können. Demgemäß hat die Bf (nur) diese Dienstnehmer - rechtlich zutreffend und korrekt - als echte Dienstnehmer gemeldet.
Zu den freien Dienstnehmern (Interviewer und Outbound-Callcenter-Agents) ist Folgendes anzumerken:
Sowohl Interviewer als auch Callcenter-Agents sind weisungsfrei, es gibt auch keinerlei Arbeitszeiterfassung. Darüber hinaus haben sowohl nach den vertraglichen Grundlagen als auch nach der tatsächlich gelebten betrieblichen Praxis beide Personengruppen grundsätzlich die freie Wahl, ob sie überhaupt ein bestimmtes Projekt als Auftrag annehmen wollen oder nicht. Die jeweiligen freien Dienstverträge sind daher insoweit als Rahmenvereinbarung anzusehen, innerhalb der der jeweilige Interviewer oder Callcenter-Agent frei nach seinem eigenen Gutdünken - Projekte annehmen kann oder nicht. Darin besteht auch ein wesentlicher Unterschied zu den im Rahmen des Projekts "Statistik Austria" beschäftigten Personen, weil dort immer am selben Projekt telefoniert werden muss, wohingegen die freien Dienstnehmer lediglich einen Rahmen über ihre (mögliche) Tätigkeit an verschiedensten Projekten mit der Bf vereinbart haben und bereits in der Auswahl, bei welchen Projekten sie überhaupt tätig werden wollen, völlig frei sind.
Für beide Gruppen der freien Dienstnehmer (Interviewer und Outbound-Callcenter-Agents) gilt überdies eine freie und eigenständige Zeiteinteilung, insbesondere existieren weder für Interviewer noch für Callcenter-Agents irgendwelche von Seiten der Bf vorgegebenen Dienstpläne. Das einzige Kriterium, nach dem sich die Interviewer bzw Outbound-Callcenter-Agents zu richten haben, sind die sich aus der Natur des Projekts ergebenden Umstände, nämlich dass Kunden beispielsweise nicht zu jeder beliebigen Nachtzeit angerufen werden können.
Beider Personengruppen, nämlich sowohl Interviewer als auch Outbound-Callcenter-Agents, haben das Recht, eigene Betriebsmittel zu verwenden und tun dies in der Praxis auch. Zwar können sie, wenn sie es wünschen, auch die Betriebsmittel der Bf verwenden; hiezu besteht jedoch weder rechtlich noch faktisch ein wie immer gearteter Zwang.
Einzige Voraussetzung für die Aufnahme als Interviewer oder Callcenter-Agent ist eine fachliche Befähigung, wobei auch eine Vertretung des Auftragsnehmers durch eine von ihm ausgewählte andere Person - entsprechend fachliche Befähigung vorausgesetzt - jederzeit möglich ist.
Darüber hinaus besteht auch keinerlei Konkurrenzverbot für die Auftragnehmer der Bf.
Aus all diesen Gründen folgt, dass keine persönliche Abhängigkeit der Auftragnehmer von der Bf vorliegt, insbesondere keine persönlichen Weisungen hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit oder Arbeitsabfolge besteht, weder eine Arbeitspflicht noch eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb besteht und eigene Betriebsmittel seitens der Auftragnehmer verwendet werden können.

Auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit der angeführten Personengruppen ist nicht gegeben.
Zunächst ist davon auszugehen, dass es sich beim ganz überwiegenden Teil sowohl der Interviewer als auch der Callcenter-Agents um geringfügig Beschäftigte handelt, die ein monatliches Einkommen von rund 200 € aus ihrer Tätigkeit bei der Bf beziehen. Es ist daher davon auszugehen, dass viele freie Dienstnehmer auch noch anderen beruflichen Tätigkeiten nachgehen, um ihren Unterhalt zu bestreiten. Deshalb und auch aufgrund des erwähnten Rechts der genannten Personengruppen, einzelne Aufträge im Rahmen bestimmter Projekte anzunehmen oder nicht, kann von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht die Rede sein.
Auch die Art der Bezahlung der freien Dienstnehmer der Bf spricht für das Vorliegen von persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit:
Callcenter-Agents (Outbound-Agents) werden immer leistungsabhängig, dh je nach Anzahl der von ihnen tatsächlich durchgeführten Telefonate bezahlt.
Interviewer werden ebenfalls überwiegend leistungsabhängig bezahlt. Nur in Einzelfällen erfolgt hier eine zeitabhängige Honorierung. Hiezu ist festzuhalten, dass grundsätzlich nach den abgeschlossenen freien Dienstverträgen auch die Honorierung der Interviewer leistungsabhängig erfolgt, wobei jedoch im Sinne der Auftragnehmer auch ein projektspezifischer Mindeststundensatz zusätzlich zur jeweiligen leistungsabhängigen Honorierung vereinbart werden kann.
Insgesamt betrachtet überwiegen daher auch die Elemente der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Auftragnehmer der Bf, sodass die in Frage stehenden Verträge mit den Interviewern und Callcenter-Agents bei zutreffender rechtlicher Beurteilung als freie Dienstverträge anzusehen sind."

Aus dem Musterdienstvertrag "Freier Dienstvertrag (Outbound Callcenter Agent)" geht im Wesentlichen Folgendes hervor:
II. Inhalt: Die Aufgabe des Auftragnehmers sei die fachgemäße Durchführung von Telefongesprächen anhand eines vom Auftraggeber definierten Gesprächsleitfadens innerhalb einer projektspezifischen Zielgruppe. Die notwendigen Telefonnummern der Zielgruppe sowie der Gesprächsleitfaden würden vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt.
III. Betriebsmittel: Der Auftragnehmer führe die Outbound-Calls im Regelfall im Callcenter des Auftraggebers durch und benutze zu diesem Zweck dessen Telefonanschluss, dessen Computerhardware sowie dessen Software. Für den Fall, dass der Auftragnehmer selbst über diese Betriebsmittel verfüge, könne er diese auch nach Vereinbarung mit dem Auftraggeber verwenden (Teleworking / Homeoffice).
IV. Zeiteinteilung: Die Zeiteinteilung innerhalb eines Projektes obliege dem Auftragnehmer. Dieser sei an keine Arbeitszeiten gebunden, habe aber den Auftraggeber über den Projektfortgang Bericht zu erstatten. Der Auftragnehmer sollte mit dem Auftraggeber zeitgerecht die geplante zeitliche Nutzung des Arbeitsplatzes im Callcenter vereinbaren. Der Auftraggeber reserviere dem Auftragnehmer für die angefragten Zeiten einen Arbeitsplatz.
V. Meldung weiterer Tätigkeiten: Im Vertragsverhältnis existiere kein Konkurrenzausschluss. Der Auftragnehmer sei jedoch verpflichtet, branchenspezifische Tätigkeiten dem Auftraggeber zu melden.
VI. Weisungsfreiheit: Der Auftragnehmer verpflichte sich gegenüber dem Auftraggeber nach Maßgabe und eigenen Mitteln und nach eigenem Plan in Auftrag gegebene Calls persönlich oder unter seiner persönlichen Verantwortung zu verrichten. Die Calls müssten in qualitativer Hinsicht den Anforderungen des Auftraggebers entsprechen. Die Beurteilung der Qualität obliege dem Auftraggeber. Entsprächen die Calls nicht den Anforderungen des Auftraggebers, habe der Auftragnehmer das Recht zur Nachbesserung. Gelinge dies nicht, würden diese Calls bei der Projektabrechnung nicht gewertet.
VII. Vertretungsrecht: Beauftrage der Vertragspartner weitere Personen (Subauftragnehmer), habe er diese namhaft zu machen. Der Vertragspartner müsse sicherstellen, dass der Subauftragnehmer über ähnliche Qualifikationen verfüge. Der Auftraggeber habe jedoch das Recht, den Subauftragnehmer unter Bekanntgabe einer Begründung abzulehnen.
VIII. Honorar: Die Festlegung des Honorars erfolge projektspezifisch durch Vereinbarung zwischen beiden Vertragspartnern. Grundsätzlich erfolge die Honorierung aufgrund der Anzahl der durchgeführten Calls. Das jeweilige Honorar unterscheide sich nach Schwierigkeitsgrad und Gesprächslänge. Um den Auftraggeber eine wirtschaftliche Sicherheit zu gewährleisten, könne auch projektspezifisch ein Mindeststundenlohn vereinbart werden. Zusätzlich könnten noch Erfolgsprämien vereinbart werden. Dies erfolge zu Projektbeginn im Rahmen einer Zusatzvereinbarung. Die Abrechnung erfolge wahlweise nach Projektende oder monatlich über die in diesem Monat durchgeführten Calls.
IX. Zusatzvereinbarung: Zu Beginn eines Projektes würden in einer Zusatzvereinbarung zumindest folgende Projektdetails von beiden Vertragspartnern definiert: Ort der Tätigkeit (Telefonstudio, Homeoffice), Abrechnungsperiode, Projektabschlusstermin und Honorierung der Calls. Die Zusatzvereinbarung könne schriftlich oder mündlich erfolgen. Der Auftragnehmer habe das Recht, Projekte abzulehnen, wenn ein Projekt für ihn nicht wirtschaftlich erscheine. Die Ablehnung eines Projektes führe nicht zu Kündigung des Vertrages.

Aus dem Musterdienstvertrag "Freier Dienstvertrag" geht im Wesentlichen Folgendes hervor:
II. Inhalt: Die Aufgabe des Auftragnehmers sei die fachgemäße Durchführung von Interviews anhand eines vom Auftraggeber definierten Fragebogens innerhalb einer projektspezifischen Zielgruppe. Die notwendigen Kontaktdaten der Zielgruppe (Name, Adresse, Telefonnummer, email) sowie der Fragebogen würden vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Die Methode der Interviews werde projektspezifisch vor dem Projektstart durch den Auftraggeber festgelegt und in einer Zusatzvereinbarung festgehalten.
III. Betriebsmittel: Der Auftragnehmer benötige zur Durchführung der Interviews für computerunterstützte Interviews einen tragbaren PC (Notebook) mit Internetanbindung bzw für telefonische Interviews einen PC sowie einen Telefonanschluss. Verfüge der Auftragnehmer über keine dieser Betriebsmittel bzw möchte er keine eigenen Betriebsmittel einsetzen, habe der Auftraggeber das Recht den Auftragnehmer für das vorliegende Projekt abzulehnen. Dem Auftragnehmer sollte aber zuvor die Möglichkeit geboten werden, die Betriebsmittel des Auftraggebers (vor allem bei Telefonbefragungen) in Anspruch zu nehmen. Dies sei aber mit einem finanziellen Honorarabschlag verbunden.
IV. Zeiteinteilung: Die Zeiteinteilung innerhalb eines Projektes obliege dem Auftragnehmer. Dieser sei an keine Arbeitszeiten gebunden. Im Fall der Benutzung des Telefonstudios sollte der Auftragnehmer den Auftraggeber zeitgerecht über die geplante zeitliche Nutzung informieren. Der Auftraggeber reserviere dem Auftragnehmer für die angefragten Zeiten einen Arbeitsplatz. Die Festlegung eines Endtermines, an dem die Interviews vom Auftragnehmer an den Auftraggeber übermittelt werden, erfolge projektspezifisch durch eine Zusatzvereinbarung.
V. Meldung weiterer Tätigkeiten: Im Vertragsverhältnis existiere kein Konkurrenzausschluss. Der Auftragnehmer sei jedoch verpflichtet, branchenspezifische Tätigkeiten dem Auftraggeber zu melden.
VI. Weisungsfreiheit: Der Auftragnehmer verpflichte sich gegenüber dem Auftraggeber nach Maßgabe und eigenen Mitteln und nach eigenem Plan in Auftrag gegebene Interviews persönlich oder unter seiner persönlichen Verantwortung zu verrichten. Die Interviews müssten in qualitativer Hinsicht den Anforderungen des Auftraggebers entsprechen. Die Beurteilung der Qualität obliege dem Auftraggeber. Entsprächen die Interviews nicht den Anforderungen des Auftraggebers, habe der Auftragnehmer das Recht zur Nachbesserung. Gelinge dies nicht, würden diese Interviews bei der Projektabrechnung nicht gewertet.
VII. Vertretungsrecht: Beauftrage der Vertragspartner weitere Personen (Subauftragnehmer), habe er diese namhaft zu machen. Der Vertragspartner müsse sicherstellen, dass der Subauftragnehmer über ähnliche Qualifikationen verfüge. Der Auftraggeber habe jedoch das Recht, den Subauftragnehmer unter Bekanntgabe einer Begründung abzulehnen.
VIII. Honorar: Die Festlegung des Honorars erfolge projektspezifisch durch Vereinbarung zwischen beiden Vertragspartnern. Grundsätzlich erfolge die Honorierung aufgrund der Anzahl der durchgeführten Interviews. Das jeweilige Honorar unterscheide sich nach Schwierigkeitsgrad und Interviewlänge. Um den Auftraggeber eine wirtschaftliche Sicherheit zu gewährleisten, könne auch projektspezifisch ein Mindeststundenlohn vereinbart werden. Zusätzlich könnten noch Erfolgsprämien vereinbart werden. Dies erfolge zu Projektbeginn im Rahmen einer Zusatzvereinbarung. Die Abrechnung erfolge wahlweise nach Projektende oder monatlich über die in diesem Monat durchgeführten Interviews.
IX. Zusatzvereinbarung: Zu Beginn eines Projektes würden in einer Zusatzvereinbarung zumindest folgende Projektdetails von beiden Vertragspartnern definiert: Methode der Interviews, Abgabetermin der Interviews und Honorierung der Interviews. Die Zusatzvereinbarung könne schriftlich oder mündlich erfolgen. Der Auftragnehmer habe das Recht, Projekte abzulehnen, wenn ein Projekt für ihn nicht wirtschaftlich erscheine. Die Ablehnung eines Projektes führe nicht zu Kündigung des Vertrages.

Am wurde mit den beiden Geschäftsführern der Bf, Herrn ***C*** und Herrn ***E***, eine Niederschrift aufgenommen, aus der im Wesentlichen Folgendes hervorgeht: Im Bereich der Markt- und Meinungsforschung sowie der Callcenter-Tätigkeit seien die Projektleiter und deren Team angestellt. Für die Projektabwicklung würden die Callcenter-Agents für die Outbound-Telemarketingprojekte und die Interviewer für die Markt- und Meinungsforschung benötigt.
Im Outbound-Bereich gebe es eine Bezahlung nach Gesprächen, jedoch kein Fixum. Zu jedem Projekt gebe es eine halb- bis stündliche Einschulung. Der Mitarbeiter gebe zu den jeweiligen Adressen ein Gesprächsergebnis ein. Der Projektleiter könne auf Grund der Adresslisten die Abrechnung kontrollieren. Eine Vertretungsmöglichkeit gebe es nur im Rahmen des Einsatzes aus dem Pool, da keine Arbeitsverpflichtung bestehe. Im Krankheitsfall sei keine Mitteilung notwendig. Eine genaue Zeiteinteilung vorab gebe es nicht. Weisungsgebundenheit liege keine vor. Der Mitarbeiter solle das Gespräch mit Hilfe des Gesprächsleitfadens führen. Eine Kontrollmöglichkeit bestehe insoweit, als bei Beschwerden auf Grund der Gesprächs-mitschnitte nachvollzogen werden könne, wie das Gespräch geführt worden sei. Die Betriebsmittel (Telefon und PC) seien am Betriebsort vorhanden, könnten unentgeltlich genutzt werden. Theoretisch könnten die Gespräche (Projekte) auch im Homeoffice durchgeführt werden, praktisch werde das aber nicht genutzt.
Im Markt- und Meinungsforschungsbereich erfolge die Bezahlung projektspezifisch, die Projekte dauerten zumeist maximal zwei Wochen. Je nach Inhalt der Befragung gebe es einen fixen Stundensatz oder ein Honorar pro Interview (2 bis 10 €). Der fixe Stundensatz betrage zwischen 7 und 9 € je nach Projekt, dies werde jedesmal mit dem Projektleiter vereinbart. Die Höhe der Bezahlung nach Interview hänge vom Projekt ab und richte sich nach der Länge des Fragebogens. Zu jedem Projekt gebe es einen bestimmten Fragebogen. Die Einschulung betrage zwischen einer halben und einer Stunde. Bei Projekten, bei denen es keinen fixen Stundensatz gebe, bestehe die Möglichkeit von Homeoffice. Zirka 10 % der Interviews würden von zu Hause durchgeführt, für diese würde ein höherer Interviewpreis bezahlt. Ein sachliches Weisungsrecht sei beschränkt auf die inhaltliche Durchführung, wie das Vorlesen des Fragebogens, ein persönliches Weisungsrecht gebe es nicht. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit sei nicht gegeben, da 99 % der Beschäftigten geringfügig tätig seien. Bei Abrechnung nach Stundensatz werde auf die Dauer der Pausen geachtet. Pausenvorgaben gebe es aber keine. Die Zeiteinteilung und die Vertretungsmöglichkeit werde wie bei den Outboud-Agents gehandhabt.

Vom bis zum wurden mit sechs Beschäftigten Niederschriften aufgenommen, mit im Wesentlichen folgenden Inhalten:
- Frau ***F*** gab am unter anderem an, dass ihr bei Arbeitsbeginn der Arbeitsauftrag zugeteilt worden sei. Sie habe sich die Arbeit nicht aussuchen können. Die vorgegebene Liste sei abzuarbeiten bzw zu telefonieren gewesen. Sie habe großteils nur Interviews durchgeführt. Sie habe sich die Zeit aufgeschrieben, in der sie in der Firma anwesend gewesen sei und gearbeitet habe. Die einzelnen Telefonate hätte sie nicht gezählt, es sei ihr auch nicht bekannt gewesen, dass sie nach der Anzahl der Telefonate bezahlt worden sei. Leider könne sie sich nicht näher an den bezahlten Stundensatz erinnern.
- Frau ***G*** gab am unter anderem an, dass sie als Callcenter-Agent aufgenommen worden sei. Es sei ein leistungsabhängiger Stundenlohn von 8 € vereinbart worden. Die 8 € hätte sie jedenfalls bekommen, weiters sei sie noch für die Anzahl der Interviews bezahlt worden, wenn sie über den vorgegebenen Schnitt gekommen sei, sei sie zusätzlich entlohnt worden. Ein Jahr hätte sie nur Marktforschung (Interviews) betrieben. Vertretungsmöglichkeit habe es keine gegeben. Die Arbeit sei ihr zugeteilt worden. Die Gespräche seien aufgezeichnet und die Interviews auch immer wieder kontrolliert worden. Die Arbeitszeit habe sich durch das Ein- bzw Ausloggen ergeben. Sie habe auch noch die Arbeitszeit und die Anzahl der Interviews händisch mitgeschrieben.
- Frau ***H*** gab am unter anderem an, dass sie als Callcenter-Agent aufgenommen worden sei. Es sei ein leistungsabhängiger Stundenlohn von 8 € vereinbart worden. Die 8 € hätte sie jedenfalls bekommen, weiters sei sie noch für die Anzahl der Interviews bezahlt worden, wenn sie über den vorgegebenen Schnitt gekommen sei, sei sie zusätzlich entlohnt worden. Ein Jahr hätte sie nur Marktforschung (Interviews) betrieben. Vertretungsmöglichkeit habe es keine gegeben. Die Arbeit sei ihr zugeteilt worden. Die Gespräche seien aufgezeichnet und die Interviews auch immer wieder kontrolliert worden. Die Arbeitszeit habe sich durch das Ein- bzw Ausloggen ergeben. Sie habe auch noch die Arbeitszeit und die Anzahl der Interviews händisch mitgeschrieben.
- Frau ***I*** gab am unter anderem an, dass sie als Interviewerin aufgenommen worden sei. Sie denke, 8 € in der Stunde erhalten zu haben. Es habe eine zirka einstündige Einschulung in der Gruppe gegeben, wobei die damaligen Projekte und die Firma selbst vorgestellt worden seien. Sie habe von Oktober 2009 bis April 2010 bei der Bf gearbeitet. Die Telefonate habe sie fast ausschließlich vor Ort erledigt, jedoch ein Monat habe sie in der Statistik Austria gearbeitet, da es dort ein Projekt gegeben habe. Über eine Vertretungs-möglichkeit sei nie gesprochen worden. Die Projekte seien zugewiesen worden, die Arbeit habe sie sich nicht aussuchen können. Vereinzelt habe sie beobachten können, dass stichprobenartig den Personen beim Telefonieren zugehört worden sei, ob die Telefonate korrekt geführt worden seien. Die Betriebsmittel seien ihr alle zur Verfügung gestellt worden. Beim Kommen und Gehen hätte sie sich zwecks Zeiterfassung eingetragen. Das Geld sei ihr auf Grund der Zeiterfassung überwiesen worden. Dass sie eine Honorarnote ausgestellt hätte, könne sie sich nicht erinnern. Sie habe das Geld automatisch bekommen.
- Frau ***J*** gab am unter anderem an, im Oktober 2009 als Callcenter-Agent aufgenommen worden zu sein. Es sei ein Stundenlohn von 8 € vereinbart worden. Die Entlohnung sei projektbezogen gewesen. Es sei eine gewisse Anzahl an Interviews vorgegeben worden, dann hätte sie 8 € pro Stunde aufs Monat gerechnet bekommen. Hätte sie die Anzahl nicht erreicht, sei der Stundenlohn geringer gewesen. Die Vorgaben seien relativ hoch gesteckt gewesen. Vertretungsmöglichkeit habe es keine gegeben und die Arbeit sei ihr zugeteilt worden. Anfang 2011 sei sie Teamleiterstellvertreterin geworden. Die Firma habe auf Grund der eingeloggten Stunden abgerechnet. Honorarnoten hätte sie keine ausgestellt. Sie habe eine Stundenabrechnungsliste unterschrieben und das Geld aufs Konto überwiesen bekommen. Im November 2011 habe sie ihre Beschäftigung beendet.
- Herr ***K*** gab am unter anderem an, dass er als Callcenter-Agent aufgenommen worden sei. Es sei ein leistungsabhängiger Stundenlohn von 8 € vereinbart worden. Die 8 € hätte er jedenfalls bekommen, weiters sei er noch für die Anzahl der Interviews bezahlt worden, wenn er über den vorgegebenen Schnitt gekommen sei, sei er zusätzlich entlohnt worden. Ein Jahr hätte er nur Marktforschung (Interviews) betrieben. Vertretungsmöglichkeit habe es keine gegeben. Die Arbeit sei ihm zugeteilt worden. Die Gespräche seien aufgezeichnet und die Interviews auch immer wieder kontrolliert worden. Die Arbeitszeit habe sich durch das Ein- bzw Ausloggen ergeben. Er habe auch noch die Arbeitszeit und die Anzahl der Interviews händisch mitgeschrieben.

Mit Schriftsatz vom (Ersuchen um Ergänzung) wurde die Bf ersucht, Fragen zu beantworten, Unterlagen zu übermitteln bzw zu scheinbaren Widersprüchen Stellung zu nehmen, den die Bf mit Schreiben vom im Wesentlichen wir folgt beantwortete:
(1) Die Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide richte sich gegen die abgabenrechtlichen Folgen der "Ummeldung" von freien Dienstnehmern iSd § 4 Abs 4 ASVG auf echte Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG. Dieser Ummeldung lägen vier Einzelbescheide der Wiener Gebietskrankenkasse zu Grunde, mit welchen hinsichtlich vier (vormaligen) Dienstnehmerinnen der Bf (Frau ***G***, Frau ***I***, Frau ***F***, Frau ***J***) das Bestehen eines echten Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs 2 ASVG festgestellt worden sei. Diese Bescheide seien allesamt mit Einspruch der Bf an den Landeshauptmann von Wien angefochten worden und seien nicht rechtskräftig. Jener Teil der Nachforderung an DB/DZ, der Aufwandsabrechnungen des Geschäftsführers, ***C***, betreffe, werde nicht beeinsprucht, da er in keinem Zusammenhang mit der Ummeldung der freien Dienstnehmer stehe.
(2) Auf die Frage, wie viele Telefonarbeitsplätze im Prüfungszeitraum zur Verfügung gestanden seien, teilte die steuerliche Vertretung der Bf mit, dass zum Prüfungszeitpunkt 35 Telefonarbeitsplätze in sieben Räumen zur Verfügung gestanden seien und ein frühzeitiges Reservieren eines Arbeitsplatzes sei notwendig gewesen. Da kein freier Dienstnehmer einen eigenen Arbeitsplatz gehabt habe, könne von einer organisatorischen Eingliederung keine Rede sein.
(3) Bezüglich der Frage wie viele unterschiedliche Verträge mit den Arbeitnehmer es im Prüfungszeitraum gegeben habe, teilte die steuerliche Vertretung der Bf mit, dass es zwei prüfungsrelevante Verträge der freien Dienstnehmer (freier Dienstvertrag Interviewer (Marktforschung) und freier Dienstvertrag Outbound-Agent (Callcenter)) gegeben habe. Der ebenfalls vorgelegte Dienstvertrag (geringfügiger CATI-Interviewer) sei ein "echter" Dienstvertrag nach § 4 Abs 2 ASVG, betreffe die Mitarbeiter des Projektes STATISTIK AUSTRIA und sei nicht Gegenstand der Prüfung.
(4) Auf die Frage, welche Personen eigene Betriebsmittel gehabt hätten und wie hoch der Abschlag bei der Verwendung der Betriebsmittel des Auftraggebers gewesen sei, führte die steuerliche Vertretung der Bf aus, dass sämtliche Dienstnehmer über eigene Betriebsmittel (Telefon, PC) verfügt hätten und dies im Einstellungsgespräch erhoben worden sei. Die Abschlagszahlung bei Verwendung der Betriebsmittel des Auftraggebers sei zwar vertraglich vorgesehen gewesen, sei aber in weiterer Folge nicht vom Honorar abgezogen worden, da der administrative Abrechnungsaufwand für diese geringen Beträge (vor allem Telefonkosten) pro Projekt zu groß gewesen sei. Dieser Vertragspunkt sei in den Verträgen neueren Datums gestrichen worden.
(5) Bezüglich des Umstandes, dass die steuerliche Vertretung im Schreiben vom ausgeführt habe, dass es keine Arbeitszeiterfassungen gebe, aus den vorgelegten Musterverträgen aber hervorgehe, dass auch die Abrechnung nach Stunden möglich sei, teilte die steuerliche Vertretung hinsichtlich der Zeiterfassung mit, dass bei Marktforschungsprojekten (Arbeitsvertrag Interviewer) bei bestimmten Projekten (schwierige Erreichbarkeit der Zielpersonen) eine Honorierung aufgrund der geleisteten Stunden oder eine kombinierte Honorierung bestehend aus einem Basisstundenhonorar und einem zusätzlichen Leistungshonorar erfolge. Bei Callcenter-Outboundprojekten erfolge die Honorierung in jedem Fall aufgrund der Anzahl der getätigten Telefonate. Ein monatliches Fixgehalt gebe es dabei in keinem Fall. Werde ein Projekt aufgrund von geleisteten Stunden abgerechnet, so erfolge die Erfassung der Zeit aufgrund von Zeitaufzeichnungen, die der Projektleiter als auch der Interviewer selbst führten. Die Zeitaufzeichnungen würden von den Projektleitern unterschiedlich gehandhabt. Ein Projektleiter führe Zeitaufzeichnungen seit 2010 aufgrund der Ein- und Ausloggzeiten der PC-Arbeitsplätze. Im April 2010 sei ein Marktforschungsprojekt aufgrund der geleisteten Stunden abgerechnet worden, was ein Ausnahmefall sei. Fünf Honorarnoten dieses Projekt betreffend bzw die zugrundliegenden Verträge der Interviewer lägen bei. Die Zusatzvereinbarung (Form der Honorierung) sei bei diesem Projekt mündlich erfolgt.
[Anmerkung: Die erbetenen Grundaufzeichnungen wurden nicht vorgelegt und der bezüglich Herrn ***L*** übermittelte Vertrag vom (CATI-Interviewer) kann nicht der Honorarnote vom zu Grunde liegen.]
(6) Bezüglich der Aufforderung von fünf Auftragnehmern, welche nicht nach Stunden, sondern ausschließlich nach durchgeführten Interviews/Telefonaten abgerechnet worden seien, die Honorarnoten für April 2009 und 2010 mit den dazugehörigen Grundaufzeichnungen sowie dem zu Grunde liegenden Dienstvertrag mit der Zusatzvereinbarung in Kopie vorzulegen, übermittelte die steuerliche Vertretung der Bf jeweils fünf Honorarnoten vom April 2009 und 2010 bzw die zugrundliegenden Verträge der Dienstnehmer und verwies darauf, dass auch hier die Zusatzvereinbarungen mündlich erfolgt seien.
[Anmerkung: Die erbetenen Grundaufzeichnungen wurden nicht vorgelegt und in den Honorarnoten von Herrn ***M***, Herrn ***K***, Frau ***N*** und Frau ***O*** wurden auch Leistungseinheiten ("h") in Rechnung gestellt, die mit 8 € pro Leistungseinheit in Ansatz gebracht wurden und in den zu Grunde liegenden Dienstverträgen keine Erwähnung finden.]
(7) Bezüglich der Auftragnehmerin ***P***, die laut Aufstellung Marktforschung von Jänner bis Juli 2008 monatlich 349 € gleichbleibend erhalten habe und des Ersuchens um Vorlage des Dienstvertrages inklusive Zusatzvereinbarung und der Honorarnoten, führte die steuerliche Vertretung der Bf aus, dass es auch Dienstnehmer gebe, die sich genau ausrechneten, wieviele Interviews sie machen müssten, damit sie auf einen bestimmten monatlichen Betrag knapp unter der Geringfügigkeitsgrenze blieben.
[Anmerkung: Der erbetene Dienstvertrag mit Frau ***P*** inklusive der Zusatz-vereinbarung wurde nicht vorgelegt.]
(8) Bezüglich des Auftragnehmers ***Q***, der laut Aufstellung Callcenter und Marktforschung sowohl 2008 als auch 2009 monatlich gleichbleibend 470 € als freier Dienstnehmer erhalten habe und
(9) der Auftragnehmerin ***S***, die laut Aufstellung Callcenter und Marktforschung im Jahr 2009 monatlich gleichbleibend 450 € als freie Dienstnehmerin erhalten habe, und des Ersuchens um Vorlage des Dienstvertrages mit Zusatzvereinbarung und der Honorarnoten, führte die steuerliche Vertretung der Bf unter anderem aus, dass konstante Beträge nur bei einem Bruchteil der Dienstnehmer festzustellen seien. Die Behörde führe hier drei von zirka 1000 Fällen an. Weiters sei eine konstante, aber trotzdem leistungsabhängige Honorierung auch nicht im Widerspruch zu einem freien Dienstverhältnis.
[Anmerkung: Die erbetene Zusatzvereinbarungen wurde nicht vorgelegt.]
(10) Bezüglich der Befragungen von Frau ***G***, Frau ***F***, Frau ***H***, Frau ***I***, Frau ***J*** und Herrn ***K***, die angegeben hätten, grundsätzlich nach Stunden bezahlt worden zu sein, welche sich auf Grund des Ein- und Ausloggens ergeben hätten und dass es eventuell zusätzlich Prämien auf Grund der Anzahl der Telefonate gegeben hätte, führte die steuerliche Vertretung der Bf aus, dass es nicht richtig sei, dass diese Mitarbeiter immer nach geleisteten Stunden bezahlt worden seien. Zumindest gehe aus den Protokollen anderes hervor. Eine Person habe bei der Einvernahme zudem angegeben, sich auf die Form der Bezahlung nicht mehr erinnern zu können.
[Anmerkung: Aus keiner der sechs Niederschriften mit den erwähnten fünf Dienstnehmerinnen und dem Dienstnehmer geht hervor, dass eine Person angegeben hätte, "sich auf die Form der Bezahlung nicht mehr erinnern zu können." Frau ***F*** hat lediglich angegeben, "sich nicht näher an den bezahlten Stundensatz erinnern zu können"].
Die steuerliche Vertretung der Bf führte weiter aus, dass auch bei denjenigen Personen, die stundenweise Bezahlung angegeben hätten, der Wahrheitsgehalt in Zweifel gestellt werden müsse, da diese Mitarbeiter nur kurzfristig beschäftigt gewesen seien, die Tätigkeit schon lange zurückliege bzw derzeit nicht mehr ausgeübt werde oder mehrere Tätigkeiten (Interviewer und Outbound-Agent) durchgeführt worden seien. Die Behörde habe auf ein genaueres Hinterfragen der projektspezifischen Bezahlung bei der Einvernahme verzichtet. Zudem spreche eine stundenweise Honorierung nicht zwingend für eine Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs 2 ASVG. Die steuerliche Vertretung verwies auch darauf, dass Herr ***K*** und Frau ***H*** ausschließlich Outbound-Agents gewesen seien und hundertprozentig nach der Anzahl der getätigten Telefonate honoriert worden seien.
[Anmerkung: In der Honorarnote vom von Herrn ***K*** wurden neben 167 Calls zu 1,10 €/Call, 6 Leistungseinheiten à 8 € pro Leistungseinheit in Rechnung gestellt; diesbezüglich findet sich in dem dazu übermittelten Dienstvertrag keine Erwähnung.]
Die steuerliche Vertretung der Bf verwies auch darauf, dass die vorliegende Bescheiderstellung jedenfalls gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Abgabenrecht verstoße: die Qualifikation der strittigen Dienstverträge als "freie Dienstverhältnisse nach § 4 Abs 4 ASVG" sei per Bescheid der WGKK am erfolgt. Nicht nur die WGKK, sondern auch das Finanzamt habe im Rahmen von zwei Prüfungen die Einordnung der Dienstverhältnisse bzw daraus resultierend die Korrektheit der Abgaben betreffend der Dienstnehmer der Bf bestätigt: GPLA , Außenprüfung gemäß § 150 BAO. Eine Änderung der Rechtsauffassung sei behördlich erstmals zu Beginn der gegenständlichen GPLA im November 2010 geäußert worden, jedoch zu keinem Zeitpunkt vom Finanzamt. Eine nachträgliche Vorschreibung von Beiträgen erscheine schon aus diesem Grund wider Treu und Glauben, sohin rechtswidrig und widerspreche der Judikatur des VwGH.

Mit Berufungsvorentscheidung (nunmehr Beschwerdevorentscheidung) vom wurde die Berufung (nunmehr Beschwerde) vom gegen die Bescheide vom betreffend Haftung gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2009 und 2010, über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für die Jahre 2008, 2009 und 2010 sowie über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2008, 2009 und 2010, als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom stellte die steuerliche Vertretung der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Berufungsbehörde und mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde von der Abgabenbehörde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Bf unterhält in Form einer GmbH ein Callcenter und beauftragte ihre Arbeitnehmer mit der Durchführung von Outbound Calls und Interviews.

Die Aufgabe der Auftragnehmer war die fachgerechte Durchführung von Telefongesprächen (Outbound Calls) anhand eines von der Bf definierten Gesprächsleitfadens innerhalb einer projektspezifischen Zielgruppe bzw die fachgerechte Durchführung von Interviews anhand eines von der Bf definierten Fragebogens innerhalb einer projektspezifischen Zielgruppe. Bei den Interviewern bestand die Aufgabe konkret darin, Fragen vorzulesen und die Antworten in einer PC-Software einzutragen.

Von der Bf wurden für die Outbound Calls die notwendigen Telefonnummern der Zielgruppe sowie der Gesprächsleitfaden, für die Interviews die notwendigen Kontaktdaten (Name, Adresse, Telefonnummer, email) der Zielgruppe sowie der Fragebogen zur Verfügung gestellt. Vor jedem Projekt gab es jeweils eine verpflichtende Einschulung.

Der Auftragnehmer führte die Outbound Calls im Regelfall im Callcenter der Bf durch und benutzte zu diesem Zweck ihren Telefonanschluss, ihre Computerhardware sowie ihre Software. Die Möglichkeit der Durchführung der Telefongespräche im Homeoffice wurde von den Outbound Callcenter-Agents praktisch nicht genutzt.
Die für die Durchführung von computerunterstützten Interviews (tragbarer PC mit Internetanbindung) bzw telefonischen Interviews (PC und Telefonanschluss) notwendigen Betriebsmittel wurden von den Auftragnehmern von der Bf zu einem überwiegenden Teil in Anspruch genommen: lediglich 10 % der Interviews wurden von zu Hause durchgeführt.

Die Auftragnehmer hatten sich bezüglich der Arbeitszeit an die sich aus der Natur des Projektes ergebenden Umstände zu richten, sie hatten ihre Anwesenheit in den Räumlichkeiten der Bf stets im Voraus bekanntzugeben und sie hatten sich bei Arbeitsbeginn einzuloggen und beim Verlassen des Arbeitsplatzes auszuloggen.
Die Outbound Callcenter-Agents hatten über den Projektfortgang Bericht zu erstatten und bezüglich der Interviews wurde ein Endtermin festgelegt, an dem diese an die Bf zu übermitteln waren.

Die Vertretungsmöglichkeit gab es de facto nur im Rahmen des Einsatzes aus dem Pool.

Die Auftragnehmer waren verpflichtet, branchenspezifische Tätigkeiten für andere Auftraggeber der Bf zu melden.

Calls und Interviews wurden bei der Projektabrechnung nur gewertet, wenn sie in qualitativer Hinsicht den Anforderungen der Bf entsprechen, wobei die Beurteilung der Qualität der Bf oblag.

Das Jahr 2010 betreffend wurden in der Buchhaltung Honorarnoten von Frau ***D*** festgestellt und aufgrund ihrer Dienstnehmereigenschaft DB in Höhe von 195,03 € und DZ in Höhe von 17,34 € nachgefordert.

Die Nachversteuerung der pauschalierten Aufwandsersätze (Km-Gelder) des wesentlich beteiligten Geschäftsführers, Herrn ***C***, in Höhe von 7.345,13 € (2008), 7.666,26 € (2009) und 7.554,54 € (2010), steht außer Streit.

Ein Bescheid betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für das Jahr 2008 wurde im Anschluss an die Gemeinsamte Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) nicht erlassen.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom , der Stellungnahme der steuerlichen Vertretung vom samt 58 Honorarnoten, den Aussagen der beiden Geschäftsführer, Herrn ***E*** und Herrn ***C***, anlässlich ihrer Einvernahme am , den Aussagen der Dienstnehmerinnen Frau ***F***, Frau ***G***, Frau ***H***, Frau ***I***, Frau ***J*** und des Dienstnehmers, Herrn ***K***, anlässlich ihrer Einvernahmen am (Frau ***F***, Frau ***G***), am (Frau ***H***), am (Frau ***I***), am (Frau ***J***) und am (Herrn ***K***), und den Dienstverträgen bezüglich Outbound Callcenter Agents und Interviewer.

2.1. Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

2.1.1. Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2008, 2009 und 2010

Gemäß § 41 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben alle Dienstgeber den Dienstgeberbeitrag zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2001.

Nach § 41 Abs 2 FLAG (in der Fassung vor BGBl. I Nr. 52/2009) sind Dienstnehmer ua Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen.

Gemäß § 41 Abs 2 FLAG in der Fassung BGBl. I. Nr. 52/2009 sind Dienstnehmer auch freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG.

Gemäß § 47 Abs 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Der Legaldefinition des § 47 Abs 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl , und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus (vgl ).

Die persönliche Weisungsgebundenheit von Outbound Callcenter Agents ist daran erkennbar, dass diese nach einer verpflichtenden Einschulung anhand eines von der Bf definierten Gesprächsleitfadens die Telefongespräche durchzuführen, die von der Bf zur Verfügung gestellten Telefonnummern abzuarbeiten, die Gesprächsergebnisse zu erfassen und über den Projektfortgang Bericht zu erstatten hatten. Vorgaben dieser Art sprechen für Dienstleistungen und nicht für individualisierte Werkleistungen. Selbst wenn man trotz Projektbezogenheit der Telefonkontakte und der Aushändigung von Gesprächsleitfäden eine überwiegend freie Gestaltung der diversen Gespräche annimmt, ergibt sich der Gesprächsablauf dennoch weitgehend bereits aus den Zielvorgaben der Bf, was jedoch im gegebenen Zusammenhang nicht für die Selbständigkeit dieser Tätigkeit spricht.

Ähnlich verhielt es sich bei den Interviewern, die nach einer Einschulung anhand eines von der Bf definierten Fragebogens die Interviews fachgemäß durchzuführen hatten, wozu ihnen die Kontaktdaten, wie Name, Adresse, Telefonnummer, E-Mail der Zielgruppe von der Bf zur Verfügung gestellt wurden. Wenn, wie in der Einvernahme der beiden Geschäftsführer der Bf vorgebracht wurde, die Aufgabe des Interviewers darin bestand, die Fragen vorzulesen und die Antworten des Befragten in einer PC-Software zu notieren, so sprechen auch diese Arbeitsabläufe nicht für die Selbständigkeit der betroffenen Mitarbeiter.

Nach dem Sachvorbringen der Bf im Verwaltungsverfahren ist auch davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Mitarbeiter ihrer Art nach eine gewisse Einordnung in den Betriebsablauf erforderte. Die Bereitstellung von Räumlichkeiten durch die Bf mit entsprechend ausgestatteten Telearbeitsplätzen (Telefonanschluss, Computerhardware und Software) spricht für eine organisatorische Eingliederung der Mitarbeiter in den Betrieb der Bf. Dass die Callcenter-Agents die Gespräche (Projekte) theoretisch auch im Homeoffice durchführen hätten können, das aber praktisch nicht genutzt worden sei und auch im Markt- und Meinungsforschungsbereich lediglich zirka 10 % der Interviews von zu Hause durchgeführt wurden, geht aus der Einvernahme der beiden Geschäftsführer hervor. An der Eingliederung der Mitarbeit in den Betrieb der Bf ändert auch der Umstand nichts, dass die Mitarbeiter die Möglichkeit gehabt haben, auch in anderer Weise (Homeoffice) tätig zu werden, diese Möglichkeit jedoch nicht genutzt haben, da es bei der Beurteilung von Beschäftigungsverhältnissen auf die tatsächlichen Verhältnisse, die konkrete Ausgestaltung und das "tatsächlich Gelebte" ankommt. Auf eine theoretisch mögliche andere Gestaltung der Arbeitsabläufe kommt es bei der Beurteilung des tatsächlich im Beschwerdefall verwirklichten Sachverhaltes nicht an (vgl ).

Zur Arbeitszeit ist auszuführen, dass die steuerliche Vertretung in ihrer Stellungnahme an die Wiener Gebietskrankenkasse vom unter anderem ausführte, dass "sich die Interviewer bzw Outbound-Callcenter-Agents an die sich aus der Natur des Projekts ergebenden Umstände zu richten hätten, nämlich dass Kunden beispielsweise nicht zu jeder beliebigen Nachtzeit angerufen werden könnten." Dem Vorbringen der Bf ist immanent, dass die Bestimmungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeiteinteilung der Auftragnehmer allerdings dahingehend eingeschränkt war, als sie sich hinsichtlich ihrer zu erledigenden Telefonate an Zeiten zu orientierten hatten, die sich aus dem jeweiligen Projekt ergaben. Es ist daher insofern sehr wohl davon auszugehen, dass die Auftragnehmer an Vorgaben betreffend ihre Arbeitszeit gebunden waren.

Zur Arbeitszeit ist weiters auszuführen, dass - wie sich beispielsweise aus den Einvernahmen von Frau ***F*** ("man musste sich ein paar Tage vorher in eine Liste eintragen") oder Herrn ***K*** ("Ich musste mich vorab mit Herrn ***T*** absprechen, wann ich arbeiten möchte oder kann.") ergibt - die Auftragnehmer ihre Anwesenheit stets im Voraus bekanntzugeben hatten und somit davon auszugehen ist, dass die Tätigkeit der Auftragnehmer bereits ihrer Art nach eine gewisse Einordnung in den Betriebsablauf der Bf erforderte. Die Bekanntgabe der Anwesenheit in den Räumlichkeiten der Bf diente zur Koordinierung der Arbeitsplätze und sollte dadurch ein ordentlicher Betrieb - wie von jedem Unternehmer gewünscht - sichergestellt werden.

Bezüglich der beispielsweise in den Einvernahmen mit Frau ***H*** oder Herrn ***K*** getätigten Aussagen, wonach sie sich bei Arbeitsbeginn "im System unter ihren Namen eingeloggt" hätten und "wenn sie den Arbeitsplatz verließen sich ausloggen mussten", ist festzuhalten, dass durch die erwähnte Zeiterfassung eröffnete (Kontroll-)Möglichkeit der genauen Feststellbarkeit der An- bzw Abwesenheit der Auftragnehmer als Einordnung in den Betrieb der Bf zu qualifizieren ist. Selbst für den Fall, dass die Zeiterfassung lediglich für die Abrechnung der jeweiligen Entgelte gedient habe und die Bf tatsächlich keine Kontrolle über die Auftragnehmer ausgeübt habe, so ist festzuhalten, dass die bloße Möglichkeit der Kontrolle ausreicht; unwesentlich ist, ob eine tatsächliche Kontrolle stattgefunden hat oder nicht. Eine Kontrollmöglichkeit ist im gegenständlichen Fall sowohl aufgrund der Zeiterfassung als auch aufgrund des Umstandes, dass die Auftragnehmer am Firmensitz gearbeitet hatten (laut Einvernahme der beiden Geschäftsführer der Bf: Homeoffice-Möglichkeit von Callcenter-Agents nicht genutzt, von Interwievern zu 10 %), als gegeben anzusehen.

Abgesehen davon, dass bei der gegebenen Sachlage davon auszugehen ist, dass bereits die vorrangig zu prüfenden Kriterien - Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers - eindeutig für das Vorliegen von Dienstverhältnissen sprechen, ist auch nicht zu erkennen, dass die Mitarbeiter der Bf ein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko zu tragen hatten, zumal das Vorliegen eines ausgabenseitigen Unternehmerrisikos in der Beschwerde gar nicht behauptet wird und der einzige tatsächliche ins Gewicht fallende Kostenfaktor - nämlich die Gesprächsgebühren - von der Bf getragen wurde.

Laut Dienstvertrag (VII. Vertretungsrecht) bestand für die Mitarbeiter der Bf die Möglichkeit, Subauftragnehmer unter bestimmten Bedingungen zu beauftragen. Da laut Einvernahme der beiden Geschäftsführer der Bf "es die Vertretungsmöglichkeit de facto nur im Rahmen des Einsatzes aus dem Pool gab", räumt die Bf selbst ein, dass der "Vertretungsbefugnis" kein tatsächliches Gewicht zukam.

Ebenso wenig ist das Fehlen eines Konkurrenzverbotes entscheidend, zumal bei einfachen Dienstleistungen der vorliegenden Art eine Wettbewerbsgefährdung der Bf durch ein Tätigwerden ihrer Arbeitnehmer auch für andere Unternehmen kaum zu besorgen ist und der Auftragnehmer überdies verpflichtet war, branchenspezifische Tätigkeiten dem Auftraggeber zu melden (vgl ).

Bezüglich des Vorbringens der Bf, dass eine Lohnsteuerprüfung für frühere Zeiträume keine Beanstandungen ergeben habe, ist entgegen zu halten, dass eine Bindung an eine in der Vergangenheit im Zuge der Lohnsteuerprüfung geübten Verwaltungspraxis nicht besteht und die Abgabenbehörde von einer als unrichtig erkannten Rechtsauffassung abgehen kann (vgl ). Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nicht ganz allgemein ein Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer (möglicherweise unrichtigen) abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit; die Behörde ist verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben besteht somit kein Anspruch auf Beibehaltung einer rechtswidrigen Verwaltungsübung (vgl Stoll, BAO, 1305 ff). Der Umstand, dass eine abgabenbehördliche Prüfung eine bestimmte Vorgansweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen hat, hindere die Behörde nicht, diese Vorgangsweise für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen (vgl Ritz, BAO6, § 114 Tz 9).

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Bezüge der Dienstnehmer der Bf in die Bemessungsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen.

2.1.2. Bescheid betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für das Jahr 2008

Gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Da nur Bescheide mit Beschwerde anfechtbar sind (vgl Ritz, BAO6, § 260 Tz 8) und im Streitjahr 2008 kein die Bf betreffender Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG 1988 erlassen wurde, ist die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG 1988 für das Jahr 2008 mangels eines rechtswirksam erlassenen Bescheides als unzulässig zurückzuweisen.

2.1.3. Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2009 und 2010

Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.

Die Heranziehung des Arbeitgebers zur Haftung nach § 82 EStG 1988 sieht der Verwaltungs-gerichtshof als einen Rechtsakt an, dessen Setzung im Ermessen der Abgabenbehörde liegt (vgl ; Ritz, BAO6, § 7 Tz 5).

Gemäß § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidung in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind diese Entscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umsätze zu treffen.

Unter dem Begriff der Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben (vgl Ritz, BAO6, § 20 Tz 7; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 20 BAO Rz 4; ; ; ; ).

Die "Billigkeit" gebietet etwa die Berücksichtigung des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei. Zur "Zweckmäßigkeit" gehört auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie.

Aus dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom geht hervor, dass es zu "kleinen Abfuhrdifferenzen im Jahr 2009 in Höhe von 7,85 € und im Jahr 2010 in Höhe von
-7,79 € " gekommen sei. Mit den angefochtenen Bescheiden betreffend Haftung gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2009 und 2010, beide vom , wurde die Bf als Arbeitgeberin für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in Höhe von 7,85 € (2009) und in Höhe von -7,79 € (2010), insgesamt somit in Höhe von 0,06 € in Anspruch genommen.

Im Hinblick darauf, dass es sich bei den Abfuhrdifferenzen in Höhe von 7,85 € (2009) und
-7,79 € (2010) um geringfügige Beträge handelt, die in Summe lediglich einen Betrag von 0,06 € ergeben, und dass bei der Ermessensübung auch das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung zu beachten ist (vgl Ritz, BAO6, § 20 Tz 9), ist aus verwaltungsökonomischen Gründen die Geringfügigkeit der haftungsgegenständlichen Beträge (in Summe 0,06 €) ein Argument gegen die Erlassung der angefochtenen Bescheide (vgl Ritz, ÖStZ 1996, 71).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da der Verwaltungsgerichtshof bereits in mehreren vergleichbaren Fällen (vgl ; , 2009/15/0200; , 2009/15/0116; , Ra 2017/13/0067) das Vorliegen von Dienstverhältnissen bestätigt hat, und von der Judikatur nicht abgewichen wird, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 4 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 4 Abs. 2 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 150 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 122 Abs. 7 und 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
§ 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Call-Center-Agent
Dienstnehmer
Interview
Outbound Calls
Organismus
Weisungsgebundenheit
Dienstgeberbeitrag
Callcenter
Ummeldung
Eingliederung
Dienstverhältnis
Arbeitgeber
Outbound Callcenter-Agents
Dienstgeber
Verweise



Stoll, BAO, 1305 ff
Ritz, BAO 6. Aufl., § 114 Tz 9
Ritz, BAO 6. Aufl., § 260 Tz 8

Ritz, BAO 6. Aufl., § 7 Tz 5
Ritz, BAO 6. Aufl., § 20 Tz 7
Fischerlehner in: Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I 3., § 20 BAO Rz 4




Ritz, BAO 6. Aufl., § 20 Tz 9
Ritz, ÖStZ 1996, 71


ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7101308.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at