Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.03.2022, RV/7102256/2021

Radionik im Weinbau und Liebhaberei

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO des Umsatzsteuerbescheides 2019, Nichtfestsetzung der Umsatzsteuer 2019 gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO sowie Einkommensteuer 2019, zu Recht erkannt:

1.) Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO des Umsatzsteuerbescheides 2019 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

2.) Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Nichtfestsetzung der Umsatzsteuer 2019 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

3.) Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer 2019 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer für das Jahr 2019 sind dem angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

4.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erwarb im Jahr 2019 verschiedene Wirtschaftsgüter und setzte (mental-biologische) Maßnahmen im Rahmen einer Dienstleistungs- und Beratungstätigkeit für Winzer und Weinbaubetriebe, welche mit Hilfe von Radionik im Weinbau zur Ertragsverbesserung von Rebenkulturen beizutragen sollen.

Im Zuge eines Vorhalteverfahrens übermittelte der Bf. ein Anlagenverzeichnis per , Belegkopien zu den Anschaffungskosten des Anlagevermögens sowie eine Ausgabenübersicht.

Auf Rückfrage der belangten Behörde, welche Werbemaßnahmen (Internetauftritte, Inserate Fachzeitschriften usw.) der Bf. seit Erwerb des Gerätes MARS III für seine Beratungsleistungen ergriffen, welche Bemühungen um Geschäftsanbahnung er getätigt und welche Umsätze er aus der Beratungstätigkeit lukriert habe, teilte der Bf. mit, dass sich das Projekt aufgrund der Corona Krise und der damit verbundenen Vorsicht der potenziellen Kunden zeitverzögert entwickle. Des Weiteren erklärte er Radionik als ein bioenergetisches Informationssystem, für welches er das Gerät MARS III V5 von Bruce Copen mit der Quantum Response Technologie verwende; dieses lese Daten aus einem bestimmten Infofeld (zB. Weingarten) aus und balanciere bioenergetische Ungleichheiten. Es gebe Energetiker, die erfolgreich mit Radionik arbeiteten, im Weinbau sei dem Bf. jedoch niemand bekannt, der diese Technologie anwende.

In Bezug auf Marketing und Kundengewinnung brachte der Bf. vor, dass aufgrund der spezifischen Technologie Massenaussendungen und Inserate wirtschaftlich nicht zielführend seien. Vielmehr sei eine Ansprache innerhalb einer eng definierten Zielgruppe möglich und persönliche Kontakte und Empfehlungstechniken erfolgreich. Der optimale Zeitpunkt für Akquise sei nach dem Rebschnitt im Frühjahr, da die Winzer zu dieser Zeit ein "offenes Ohr" für Neues hätten.

Als Zielgruppe nannte der Bf. primär Winzer- und Weinbaubetriebe, zunächst in Österreich, in der Folge im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Schweiz, Südtirol) und letztlich auch im englischsprachigen Raum. Zudem wäre es möglich, das Geschäftsmodell auf andere landwirtschaftliche Bereiche wie Obstbau, Gemüsebau, Getreidebau, usw. auszuweiten.

Im Jahr 2020 sei aufgrund des Lockdowns und der Absage sämtlicher Messen keine Akquise möglich gewesen. Im Jahr 2021 habe der Bf. bereits einige Termine absolvieren können und mit dem Programm "Rebgeflüster", welches von den Winzern gut angenommen werde, einen guten Einstieg entwickelt. Durch das Pilotprojekt sowie 5 gute Erstkontakte mit Potential auf Projekte sei das Ziel von 10 Kunden/Projekten für 2021 erreichbar. Als Maßnahmen für das Jahr 2021 seien die laufende persönliche Akquise, Aussendungen per Post und Mail an die Zielgruppe sowie Beiträge auf der Website "winzer-wiki" geplant.

Der Bf. legte er eine Prognoserechnung für die Jahre 2021 bis 2025 vor, wonach bereits im Jahr 2021 mit einem Umsatz von 6.700,00 Euro und einem Überschuss von 960,00 Euro zu rechnen gewesen sei.

Der ebenfalls vorgelegte Businessplan sieht als Grundkonzept für die Tätigkeit fünf Schritte vor: bioenergetische Analyse vom Weingarten mittels Radionik, Beratung und Umsetzung, Provision aus der Gerätevermittlung, Schulung und Ausbildung der Gerätebesitzer und den Verkauf von Datenbanken.

Mit Bescheid vom wurde der ursprünglich erklärungsgemäß ergangene Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2019 vom mit beantragten Vorsteuern in der Höhe von 2.494,11 Euro gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben und mit Bescheid vom die Nichtfestsetzung der Umsatzsteuer 2019 gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO ausgesprochen. Begründend wurde dazu unter Hinweis auf die Beurteilungsmaßstäbe der Liebhabereiverordnung (LVO) ausgeführt, dass die Beschäftigung des Bf. mit der Thematik "Einsatz von Radionik im Weingarten" seiner persönlichen Neigung entspringe und Radionik eine wissenschaftlich nicht belegte Heilmethode darstelle, welche der Esoterik zuzuordnen sei. Da die prognostizierten Erlöse durch keine vorliegenden Daten belegt werden könnten, sei die Tätigkeit als Liebhaberei iSd. § 1 Abs. 2 LVO einzustufen und der erklärte Verlust in der Höhe von 3.312,36 Euro nicht anzuerkennen.

Ebenfalls mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2019 in der Höhe von -1.557,00 Euro (erstmals) festgesetzt.

Mit Eingabe vom erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde gegen alle Bescheide vom (Aufhebungsbescheid gemäß § 299 Abs. 1 BAO betreffend Umsatzsteuer 2019, Nichtfestsetzungsbescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO betreffend Umsatzsteuer 2019, Einkommensteuerbescheid 2019) und wendete ein, dass in dem zur Untermauerung der Begründung angeführten BFG Erkenntnis die esoterische Tätigkeit nie grundsätzlich als Liebhaberei eingestuft, sondern immer darauf abgestellt worden sei, ob a) ein ernsthaftes Bemühen um einen wirtschaftlichen Erfolg vorliege, ob b) eine objektive Ertragsmöglichkeit gegeben sei und ob c) es sich nicht nur um eine der persönlichen Neigung entsprungene Tätigkeit im Zusammenhang mit der persönlichen Lebensführung handle. Die Aussage, wonach die Beschäftigung der rein persönlichen Neigung des Bf. entspringe, sei durch nichts belegt worden. Warum die vorgelegten Unterlagen nicht geeignet seien, die Liebhabereivermutung zu entkräften, bzw. warum der vorgelegte Businessplan und die Prognoserechnung nicht realistisch seien, gehe aus dem Bescheid ebenfalls nicht hervor. Sowohl die Kundenkontakte als auch die erfolgte Werbung seien nachweisbar. Der Umstand, dass bis jetzt noch keine Umsätze haben erzielt werden können, liege an der coronabedingten Vorsicht der Weinbaubetriebe im Hinblick auf Investitionen.

Der Bf. sehe in der Beschäftigung mit dem Thema Radionik im Weingarten eine zukunftsträchtige Tätigkeit, da in Zeiten, in denen der Gedanke an biologischen Landbau, ressourcenschonenden Umgang mit der Natur u.ä. immer mehr an Bedeutung gewinne. Da er sich ernsthaft bemüht habe, in dieser herausfordernden Zeit ein Geschäftsmodell aufzubauen, sei seine Tätigkeit nicht als Liebhaberei gemäß § 1 Abs. 2 LVO einzustufen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Eingabe vom zog der Bf. seinen Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Feststellungen

Zur Umsetzung der geplanten Dienstleistungs- und Beratungstätigkeit für Winzer und Weinbaubetriebe, welche mit Hilfe von Radionik im Weinbau eine Ertragsverbesserung von Rebenkulturen herbeizuführen sollen, erwarb der Bf. im Jahr 2019 verschiedene Wirtschaftsgüter.

Das Grundprinzip der Radionik - auch Bioresonanz genannt - basiert auf dem Gedanken, dass Materie aus Energie besteht und von ihr umgeben ist. Informationsmedizinische Geräte - wie das MARS III helfen, die energetischen Felder der Materie zu analysieren. Bei der radionischen Analyse wird zunächst festgestellt, welche Schwingungen korrigiert werden sollen und welche zusätzlichen Impulse gebraucht werden, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Die Balancierung kann direkt über das Radionik Gerät erfolgen, indem die Schwingungen übertragen werden und dadurch das gesamte Energiefeld wieder harmonisiert wird.

Der Bf. legte ein Grundkonzept seines Geschäftsmodells (Businessplan) vor, welches typischerweise auf Gewinn ausgerichtet ist.

Der Bf. definiert die Zielgruppe seiner Tätigkeit und spezialisiert sich zunächst auf Winzer und Weinbaubetriebe in Österreich (ca. 500).

Marketing und Kundengewinnung wird durch laufend persönliche Akquise, Aussendungen per Post und Email an die Zielgruppe sowie Wartung der Webseite "winzer-wiki" getätigt.

2021 wurden erste Ergebnisse durch das Pilotprojekt sowie fünf gute Erstkontakte erzielt.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

In Streit steht, ob Maßnahmen im Rahmen einer Dienstleistungs- und Beratungstätigkeit für Winzer und Weinbaubetriebe, welche mit Hilfe von Radionik im Weinbau zur Ertragsverbesserung von Rebenkulturen beitragen, grundsätzlich Einkunftsquelleneigenschaft zukommt oder nicht.

Bei der in Rede stehenden Tätigkeit des Bf. handelt es sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes um eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO.

Ein Dienstleistungsbetrieb, welcher im Bereich des Weinbaus Maßnahmen zur Ertragsverbesserung von Rebenkulturen setzt, ist ein Gewerbebetrieb. Der Umstand, dass die Ertragsverbesserung mit Hilfe von Radionik herbeigeführt werden soll, ändert nichts an dieser Beurteilung. Der Weinbau hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu einem Markt mit Wachstumsraten und Gewinnmöglichkeiten entwickelt. Wein fungiert als Investitions- und Renditeobjekt für Investoren, als Spekulationsobjekt, als Objekt für Sammler und Kenner oder einfach als Mittel des eigenen Genusses. Auch ist Wein nicht das alleinige Privileg weniger Privilegierter, sondern für viele Menschen leistbar.

Akteure im Bereich des Weinbaus sind Winzer und Weinbaubetriebe, welche an der Vermehrung des Ertrages interessiert sind. Sie stellen die - wenn auch eng definierte - Zielgruppe dar, an die sich die Tätigkeit des Bf., nämlich mit Hilfe von Radionik eine Ertragsverbesserung von Rebenkulturen herbeizuführen, richtet. Auch wenn die Anwendung von Radionik im Weinbau noch relativ unbekannt ist, ist festzustellen, dass im medizinischen Bereich (siehe zB. https://www.radionikpraxis.de/; https://www.nordshop.at/de/wissen/radionik.html), im veterinärmedizinischen Bereich (siehe zB. https://pferde-tierarzt.at/leistungen/radionik-und-cell-communication/) und auch in der Landwirtschaft (siehe zB. http://hof-heideland.de/die-radionik-bioresonanz/) bereits mit energetischen Methoden wie der Radionik gearbeitet wird. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es - wie der Bf. unter Hinweis auf den Artikel im "winzer-wiki" ausführt - immer mehr Winzer gibt, die diesem relativ neuen Geschäftsmodell aufgeschlossen gegenüberstehen und daher Interesse an der seitens des Bf. angebotenen Tätigkeit haben.

Auch die Art, wie der Bf. seine Tätigkeit betreibt, spricht eindeutig für das Vorliegen einer Einkunftsquelle. Der Bf. hat zunächst einen Businessplan vorgelegt, wonach er anfänglich Honorare und Besendungsgebühren aus der bio-energetischen Analyse von Weingärten mittels Radionik erzielen werde. In der Folge würden Coachinggebühren aus der Beratung und der Umsetzung der bio-energetischen Analyse, Provisionen aus der Gerätevermittlung, Seminargebühren aus der Schulung und Ausbildung der Gerätebesitzer und Einkünfte aus dem Verkauf der Datenbanken anfallen. Neben dem Pilotprojekt wurden im Jahr 2021 auch bereits fünf gute Kontakte mit dem Potential auf Projekte getätigt. Daneben erfolgt eine laufende persönliche Akquise der Zielgruppe (über 500 Winzer und Weinbaubetriebe in Österreich), Aussendungen per Post und Email an die Zielgruppe sowie die regelmäßige Wartung der Webseite winzer-wiki. Eine solcherart betriebene Dienstleistungs- und Beratungstätigkeit geht sowohl im Hinblick auf das zeitliche als auch das finanzielle Engagement weit über eine Tätigkeit hinaus, die lediglich auf eine besondere in der privaten Lebensführung gegründete Neigung zurückzuführen wäre.

Die Betätigung des Bf. mag zwar seiner Neigung entsprechen, stellt aber keine in der Lebensführung begründete Neigung dar.

Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass die Betätigung des Bf. grundsätzlich durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn zu erzielen und daher nicht unter § 1 Abs. 2 LVO fällt.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt 1., 2., 3. (Stattgabe)

Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus dem im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18), und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104 und 105. Gemäß Abs. 3 leg.cit. unterliegen gemäß Z 3 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23) der Einkommensteuer.

Gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer die Einkünfte. Zu den steuerrelevanten Einkünften zählen u.a. die Einkünfte aus Gewerbetrieb.

Im Bereich der Umsatzsteuer ist gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 UStG eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt (Liebhaberei).

Zu § 2 Abs. 3 EStG 1988 und zu § 2 UStG wurde vom Bundesminister für Finanzen die Liebhabereiverordnung (LVO) erlassen (BGBl. 1993/33 in der Fassung BGBl II 1997/358 und 1999/15).

Gemäß § 1 Abs. 1 LVO liegen Einkünfte vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die

- durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen und

- nicht unter Abs. 2 fällt.

Voraussetzung ist, dass die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jeder organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Einheit gesondert zu beurteilen.

Liebhaberei ist hingegen gemäß § 1 Abs. 2 LVO zu vermuten, wenn Verluste entstehen

- aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen wie z.B. Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen oder Luxuswirtschaftsgüter und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen (Z 1) oder

- aus Tätigkeiten, die typischerweise auf einer besonders in der Lebensführung begründeten Neigung zurückzuführen sind (Z 2) oder

- aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten (Z 3).

Da das in § 1 Abs. 1 LVO vorausgesetzte subjektive Element einer Gewinn(Überschuss)erzielungsabsicht nicht unmittelbar erkennbar ist, ist anhand objektiver Kriterien darauf zu schließen, ob ein Ertragsstreben vorliegt. Das Ertragsstreben des Steuerpflichtigen muss auf die Erzielung eines Gesamtgewinnes oder Gesamtüberschusses gerichtet sein. Die im Laufe der Betätigung angestrebten Gewinne oder Überschüsse dürfen nicht nur die angefallenen Verluste ausgleichen, sondern müssen darüber hinaus bei einer betrieblichen Einkunftsquelle zu einer Mehrung des Betriebsvermögens, bei einer außerbetrieblichen Einkunftsquelle zu einem Überhang der Überschüsse gegenüber den Verlusten, führen.

Fallen bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO Verluste an, so ist das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, insbesondere anhand der im § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 LVO genannten Kriterien zu beurteilen. Dabei sind insbesondere das Ausmaß und die Entwicklung der Verluste, das Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen, die Ursachen, aufgrund derer im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird, das Vorliegen eines marktgerechten Verhaltens im Hinblick auf die angebotenen Leistungen und die Preisgestaltung sowie die Art und das Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (z.B. Rationalisierungsmaßnahmen).

Gemäß § 2 Abs. 2 LVO erster Satz liegen innerhalb der ersten drei Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab Beginn einer Betätigung im Sinn des § 1 Abs. 1 leg. cit. jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Ein solcher Anlaufzeitraum darf nur dann nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird (§ 2 Abs. 1 und 2 LVO). Die Beendigung einer Betätigung spricht dabei für sich allein nicht für eine von vornherein geplante zeitliche Begrenzung, sondern es ist zu Beginn der Betätigung (von vornherein) zu beurteilen, ob eine Einkunftsquelle nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorliegt oder nicht bzw. ob für eine zeitliche Begrenzung sprechende Umstände vorliegen.

Der Anlaufzeitraum ist als eine Art Beobachtungszeitraum anzusehen und findet seine Rechtfertigung darin, dass der Beginn typisch erwerbswirtschaftlicher Betätigungen grundsätzlich immer mit einem wirtschaftlichen Risiko behaftet ist. Während des Anlaufzeitraumes muss der sich Betätigende allerdings erkennen, ob sich die Betätigung insgesamt lohnend gestaltet bzw. gestalten wird.

Die vorzeitige Beendigung einer Betätigung spricht für sich allein nicht für eine von vornherein geplante zeitliche Begrenzung, sondern es ist zu Beginn der Betätigung (von vornherein) zu beurteilen, ob eine Einkunftsquelle nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorliegt oder nicht bzw. ob für eine zeitliche Begrenzung sprechende Umstände vorliegen.

Stellt sich bei einer Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 LVO (mit Ausnahme der Vermietung) objektiv erst nach mehreren Jahren heraus, dass sie niemals erfolgbringend sein kann, kann sie dennoch bis zu diesem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen sein. Erst wenn die Tätigkeit nicht eingestellt wird, ist sie für die Zeiträume ab diesem Zeitpunkt als Liebhaberei zu qualifizieren ().

Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn kann gemäß § 6 LVO nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 vorliegen, nicht aber bei anderen Betätigungen. Mit dieser Einschränkung der Liebhaberei auf typische Liebhabereibetätigungen wird der dem nationalen Umsatzsteuerrecht zu Grund liegenden Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG Rechnung getragen. Nach deren Artikel 9 Abs. 1 erster Satz gilt als Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt. Da die Steuerpflicht nach dieser Bestimmung nur an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit unabhängig von deren Erfolg anknüpft, werden für Zwecke der Umsatzsteuer nur (Verlust-)Tätigkeiten, die typischerweise der Konsumsphäre zuzurechnen sind, von der Steuerpflicht ausgenommen werden (vgl. Ruppe, UStG 1994, § 2 Rz 248).

Wie bereits unter Punkt 2. ausgeführt, handelt es sich bei der Betätigung des Bf. nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes um eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO.

Die von der belangten Behörde für eine Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Der Umstand, dass der Bf. in öffentlichen Einträgen und in den Sozialen Medien "Gefällt mir" Angaben zu verschiedenen Wein- und Esoterik Einträgen gemacht hat, schadet der grundsätzlichen Eignung seiner Betätigung als Einkunftsquelle nicht, sondern ist lediglich ein Hinweis darauf, dass der Bf. zweifellos eine Affinität zu Wein und Weinbau im Allgemeinen hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er auch ohne finanzielles Interesse tätig würde, denn das Geschäftsmodell des Bf., wie er es in seinem Businessplan dargelegt hat, ist typischerweise auf Gewinn gerichtet. Selbst wenn die belangte Behörde im Interesse des Bf. an Weinbau und Esoterik eine persönliche Neigung des Bf. erblickt, so reicht dieses Interesse für die Einstufung der Betätigung als Voluptuarbetrieb nicht aus. Vielmehr muss es sich für das Vorliegen einer Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 LVO um eine in der Lebensführung begründete Neigung (zB. Reiseschriftsteller oder Sportamateur siehe ) handeln.

Da es im beschwerdegegenständlichen Fall bereits an einer in der Lebensführung begründeten Neigung des Bf. mangelt, kann die Betätigung nicht von vornherein als aussichtslos angesehen und in der Folge insgesamt von Liebhaberei ausgegangen werden.

Ist die Tätigkeit des Bf. als Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO einzustufen, so liegen in den ersten drei Jahren ab Beginn der Tätigkeit jedenfalls Einkünfte vor, unabhängig davon, wie hoch die Verluste in diesen Jahren sind. Anzeichen, die darauf hindeuteten, dass die Betätigung des Bf. vor Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird, sind im Beschwerdefall nicht zu erkennen. Daher ist der im Jahr 2019 erklärte Verlust aus der Tätigkeit des Bf. einkommensteuerrechtlich bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anzuerkennen.

Ob die Tätigkeit insgesamt als Einkunftsquelle anzuerkennen sein wird oder nicht, ist an dieser Stelle nicht zu entscheiden. Diese Beurteilung ist erst nach Ablauf des Anlaufzeitraumes nach Durchführung einer Kriterienprüfung im Sinne des § 2 Abs. 1 LVO vorzunehmen.

Umsatzsteuerlich ist die Tätigkeit des Bf. in jedem Fall anzuerkennen, da im Umsatzsteuerbereich bei einer Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO eine Liebhabereibeurteilung ausgeschlossen ist.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt 4. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Für die in dieser Entscheidung zu lösende Rechtsfrage, ob Maßnahmen im Rahmen einer Dienstleistungs- und Beratungstätigkeit für Winzer und Weinbaubetriebe, welche mit Hilfe von Radionik im Weinbau zur Ertragsverbesserung von Rebenkulturen beitragen, grundsätzlich Einkunftsquelleneigenschaft zukommt oder nicht, besteht keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist aus diesem Grund zulässig.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102256.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at