Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.03.2022, RV/7100469/2022

Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 iVm § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV (überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen, GZ. BMF-010221/0198-VI/8/2017, vom , betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung des Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der Zuzugsfreibetrag gemäß § 103 Abs. 1 a EStG 1988 für einen Zeitraum von fünf Jahren ab gewährt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Zuerkennung des pauschalen Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1 a EStG 1988. Er habe am eine Tenure-Track Stelle an der Fakultät für Lebenswissenschaften am Departement for Molecular Evolution and Development an der Universität ***2*** angetreten.

Die Kriterien zur Erfüllung der Voraussetzungen eines Zuzugsfreibetrages stellte der Bf. wie folgt dar: Die Stelle ermögliche es ihm, eine eigene Forschungsgruppe aufzubauen und zu leiten. Die Forschungseinrichtung einspreche seinen Qualifikationen auf dem Gebiet der ***3***. Seine Arbeiten (Publikation) seien in verschiedenen internationalen Zeitschriften aufgegriffen worden. Durch seine internationale wissenschaftliche Laufbahn er ein großes Netzwerk an Kollaborationen aufgebaut, welches er mit seiner Stelle mitbringe und zu neuen Projekten führe. Seine Expertise auf dem Gebiet der ***3*** sei gefragt, und es würden vielfältige Kollaborationen auf der nationalen Ebene entstehen. Er habe mehr als zwanzig Publikationen in internationalen "Journals" mit mehr als 3.000 Zitationen insgesamt. Seine Top 5 Publikationen seien alle bei ***4*** veröffentlicht. Darüber hinaus habe er externes "Funding" für seine Forschung bekommen können sowie einige eigene "Forschungs- und Reisegrants".

Mit Bescheid vom wies der Bundesminister für Finanzen den Antrag auf Gewährung des Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1 a EStG 1988 ab. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf. laut vorgelegtem Arbeitsvertrag mit der Universität neben der Mitarbeit an Forschungsaufgaben und selbständigen Forschungstätigkeiten auch noch zur Erbringung von Lehr- und administrativen Tätigkeiten verpflichtet sei. Laut Auskunft der Universität liege die Tätigkeit des Bf. je zu einem Drittel in Forschung, Lehre und Administration, wobei sich die Administration immer auf Forschung und Lehre beziehe. Damit habe der Bf. nicht glaubhaft machen können, dass er eine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 ausübe.

In der gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wendete der Bf. ein, dass er hauptsächlich wissenschaftliche Tätigkeit betreibe. Er beantrage daher eine Neubeurteilung seines Antrages und lege eine detaillierte Begründung und einige Nachweise bei. Begründend führte er aus, dass die im Bescheid aufgeführte Aufteilung seiner Arbeitszeit auf jeweils ein Drittel Forschung/Lehre/Administration von der Universität ohne sein Wissen und Beweise so angegeben worden sei, aber nicht annähernd dem Vertrag oder seiner tatsächlichen Arbeitsaufteilung entspreche. Darüber hinaus habe er keine administrative Aufgabe innegehabt. Dies bedeute, dass die Forschungsarbeit mindestens 90% seiner Arbeitszeit ausmache.

Der Bundesminister für Finanzen legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor.

Mit Erkenntnis vom hat das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge gegeben, gewährte den Zuzugsfreibetrag für einen Zeitraum von fünf Jahren ab und erklärte die Revision - weil zur Definition der wissenschaftlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorlag - für zulässig.

Dagegen erhob der Bundesminister für Finanzen Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof, welcher die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes mit Erkenntnis vom , Ro 2019/13/0015, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hat. Das Bundesfinanzgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass auch die wissenschaftliche Lehre bei der Beurteilung, ob überwiegend eine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne der ZBV ausgeübt werde, zu berücksichtigen sei.

Im fortgesetzten Verfahren werde das Bundesfinanzgericht aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen haben, ob überwiegend eine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne der ZBV ausgeübt werde, wobei zu beachten sei, dass administrative Tätigkeiten, die in untrennbarem Zusammenhang mit der Forschugnstätigkeit stünden, diesen zuzurechnen seien.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Feststellungen

Der Bf. ist Staatsangehöriger der russischen Föderation und wurde mit als Universitätsassistent Postdoc (Tenur Track) an die Universität ***2*** berufen.

Laut seinem Arbeitsvertrag mit der Universität ***2*** vom werden seine Aufgaben wie folgt umschrieben:

1) Mitarbeit bei Forschungsaufgaben, bei Lehr- und Verwaltungsaufgaben, die der Organisationseinheit/Subeinheit, der er zugewiesen ist, obliegen;

2) Mitarbeit bei Prüfungen;

3) Mitarbeit an Organisations- und Verwaltungsaufgaben sowie an Evaluierungsmaßnahmen;

4) Betreuung von Studierenden;

5) selbständige Forschungstätigkeiten;

6) selbständige Durchführung von Lehrveranstaltungen, insbesondere Pflichtlehrveranstaltungen in allen Zyklen der einschlägigen Studienrichtungen, und Abhaltung von Prüfungen nach Maßgabe der Beauftragung.

Mit Schreiben vom teilte die Universität ***2***, Personalwesen und Frauenförderung Personaladministration, zum Aufgabenbereich des Bf. mit, dass es "regelmäßig so sei" dass die Anteile an Forschung, Lehre und Administration jeweils ein Drittel des Aufgabenbereichs ausmachten, wobei sich die Administration immer auf Forschung oder Lehre beziehe.

Der Bf. hat im Verfahren stets vorgebracht, dass die Angaben der Universität ***2*** unzutreffend seien und er überwiegend Forschungstätigkeiten ausübe.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Aus der Formulierung im Schreiben der Universität vom , wonach es "regelmäßig so sei" dass die Anteile an Forschung, Lehre und Administration jeweils ein Drittel des Aufgabenbereichs ausmachten, wobei sich die Administration immer auf Forschung oder Lehre beziehe, ist nicht zu entnehmen, dass sich die Universität bei dieser Beurteilung auf die konkreten Verhältnisse des Bf. bezogen hat. Vielmehr deutet die Formulierung darauf hin, dass die Universität bei diesen Angaben von Erfahrungswerten ausgegangen ist, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese auf den konkreten Fall anwendbar sind.

Gleichzeitig hat der Bf. im Verfahren stets vorgebracht, dass die Angaben der Universität ***2*** unzutreffend seien und er keinerlei administrative Aufgabe innehabe. Mit der Auflistung seiner Forschungsarbeiten sowie dem Hinweis auf externes "Funding" für seine Forschung sowie auf "Forschungs- und Reisegrants" hat der Bf. überzeugend dargelegt, dass die Forschungsarbeit mindestens 90 % seiner Arbeitszeit ausmacht.

Da somit feststeht, dass der Bf. zu 90 % Forschungstätigkeiten ausübt, ist von einer überwiegenden wissenschaftlichen Tätigkeit des Bf. im Sinne der ZBV auszugehen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

1) Gesetzesgrundlage

§ 103 EStG 1988 in der im Streitfall anwendbaren Fassung, BGBl. I Nr. 117/2016, lautete:

"§ 103. (1) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Personen steuerliche Mehrbelastungen bei nicht unter Q 98 fallenden Einkünften beseitigen, die durch die Begründung eines inländischen Wohnsitzes eintreten. Dabei kann auch die für eine Begünstigung in Betracht kommende Besteuerungsgrundlage oder die darauf entfallende Steuer mit einem Pauschbetrag festgesetzt werden.

"(1 a) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft oder Forschung dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen, unabhängig von der Gewährung einer Begünstigung gemäß Abs. 1 aufgrund des Zuzugs für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Zuzugs einen Freibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit festsetzen. Wird der Freibetrag gewährt, können daneben keine weiteren Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Zuzug stehen, geltend gemacht werden."

(2) Abs. 1 ist auf Personen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen aus Österreich wegverlegt haben, nur dann anzuwenden, wenn zwischen diesem Wegzug und dem Zuzug mehr als zehn Jahre verstrichen sind.

3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Verfahren betreffend die Erteilung der Zuzugsbegünstigung im Sinne des Abs. 1 und des Abs. 1 a mit Verordnung zu regeln. Dabei ist auch näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist. Ebenso kann die Verordnung den sachlichen Umfang und die Dauer von Zuzugsbegünstigungen im Sinne des Abs. 1 regeln. In dieser Verordnung kann festgelegt werden, dass die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastung im Sinne des Abs. 1 in Form der Anwendung eines Durchschnittssteuersatzes, der sich aus der tatsächlichen Steuerbelastung vor dem Zuzug ergibt, erfolgt. Dieser Steuersatz darf 15 % nicht unterschreiten."

Die Bestimmung des § 103 Abs. 1a EStG 1988 wurde mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, eingefügt.

2) Zuzugsbegünstigungsverordnung

Auf Basis der Bestimmung des § 103 Abs. 3 EStG 1988 wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Zuzugsbegünstigungen (Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 - ZBV 2016), BGBl. II Nr. 261/2016, erlassen, welche auszugsweise lautet:

"Antragstellung und Bescheid

§ 1 (1) Der Bundesminister für Finanzen kann auf Antrag der zuziehenden Person die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen (§ 103 Abs. 1 EStG 1988) und einen Zuzugsfreibetrag (§ 103 Abs. 1a EStG 1988) zuerkennen. Dem Antrag ist ein Verzeichnis im Sinne des § 7 Abs. 1 samt den dazugehörigen Nachweisen beizulegen.

(2) Der Antrag ist spätestens sechs Monate nach dem Zuzug einzubringen.

(3) Ist es dem Antragsteller nicht möglich, bei der Antragstellung alle erforderlichen Unterlagen (§ 7 Abs. 1) vorzulegen, kann der Bundesminister für Finanzen auf Antrag eine Frist zur Nachreichung der Unterlagen gewähren.

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat über einen Antrag für die gesamte Dauer der Zuzugsbegünstigung (§ 6) abzusprechen. Im Fall der Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastung durch Anwendung eines pauschalen Durchschnittssatzes ist auch die Höhe des Durchschnittssteuersatzes im Sinne des § 5 Abs. 1 festzusetzen.

Wissenschaft und Forschung

§ 2. (1) Der Zuzug hochqualifizierter Personen aus dem Ausland dient der Förderung von Wissenschaft und Forschung und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Die Tätigkeit der zuziehenden Person im Bereich der Wissenschaft und Forschung besteht überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste). Eine Tätigkeit ist als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten (Forschung und experimentelle Entwicklung).

2. Die Tätigkeit im Bereich der Wissenschaft und Forschung liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.

3. Die Förderung von Wissenschaft und Forschung würde ohne Zuzug nicht in diesem Ausmaß eintreten und erfolgt unmittelbar.

4. Die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Antragstellers ist hinreichend dokumentiert.

(2) Ein der Förderung der Wissenschaft und Forschung dienender Zuzug aus dem Ausland liegt in folgenden Fällen jedenfalls im öffentlichen Interesse:

1. Der zuziehende Wissenschaftler wird als Professorin/Professor im Sinne des § 94 Abs. 2 Z 1 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120, tätig oder des § 12 Abs. 1 Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology - Austria, BGBl. I Nr. 69/2006 in Verbindung mit § 94 Abs. 2 Z 1 UG.

2. Der zuziehende Wissenschaftler wird in seinem Habilitationsfach oder einem an sein Habilitationsfach angrenzenden wissenschaftlichen oder künstlerischen Fach tätig, und zwar an einer

a) Universität im Sinne des § 4 UG oder § 1 Bundesgesetz über die Universität für Weiterbildung Krems (DUK-Gesetz 2004), BGBl. I Nr. 22/2004, an einer

b) Privatuniversität im Sinne des § 1 Privatuniversitätengesetz (PUG), BGBl. I Nr. 74/2011, an einer

c) Fachhochschule im Sinne des § 8 Fachhochschul-Studiengesetz (FHStG), BGBl. Nr. 340/1993, in einer

d) wissenschaftlichen Einrichtung im Sinne des Forschungsorganisationsgesetzes (FOG), BGBl. Nr. 341/1981, in einer

e) Körperschaft, die kraft Gesetzes eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Staates, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, im Wesentlichen der Forschung dient, oder in einer

f) nach § 71 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 zertifizierten Forschungseinrichtung.

Die Forschung und experimentelle Entwicklung muss in einem inländischen Betrieb, einer inländischen Betriebsstätte oder einer anderen inländischen wirtschaftlich selbständigen Einheit dieser Forschungseinrichtung erfolgen. Bei Personen, die nicht ausschließlich in Forschung und experimenteller Entwicklung tätig sind, müssen dabei die der Forschung und experimentellen Entwicklung (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste) dienenden Tätigkeiten im Kalenderjahr überwiegen.

3. Die dem zuziehenden Wissenschaftler zu bezahlenden Vergütungen (Löhne, Gehälter, Honorare) stellen Aufwendungen (Ausgaben) im Sinne des § 108c Abs. 1 EStG 1988 dar und betragen mindestens das für die Blaue Karte EU erforderliche Bruttojahresgehalt. Z 2 letzter Satz gilt entsprechend.

[…]

Formelle Voraussetzungen

§ 7 (1) Dem Antrag auf Zuzugsbegünstigung durch den Bundesminister für Finanzen ist ein Verzeichnis anzuschließen, das folgende Angaben zu enthalten hat:

1. Die Glaubhaftmachung, dass der Zuzug gemäß §§ 2, 3 oder 4 im öffentlichen Interesse gelegen sein wird. Belege, die der Glaubhaftmachung dienen, sind beizulegen,

2. die Bekanntgabe des Wegzugsstaates,

3. die Bekanntgabe des Zuzugszeitpunktes,

4. die Bekanntgabe der inländischen Wohnsitze in einem Zeitraum von zehn Jahren vor dem Zuzug und zum Antragszeitpunkt,

5. die Bekanntgabe der ausländischen Wohnsitze in einem Zeitraum von fünf Jahren vor dem Zuzug und zum Antragszeitpunkt,

6. die Bekanntgabe der Mittelpunkte der Lebensinteressen in einem Zeitraum von zehn Jahren vor dem Zuzug und zum Antragszeitpunkt und

7. für Anträge auf Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen die vollständige Darstellung der Ermittlung des pauschalen Steuersatzes.

(2) Die vom Bundesminister für Finanzen zugesprochene Zuzugsbegünstigung (§ 1 Abs. 4) darf vom Finanzamt nur berücksichtigt werden, wenn vom Steuerpflichtigen als Beilage zur Steuererklärung des jeweiligen Veranlagungsjahres ein ordnungsgemäß geführtes Verzeichnis vorgelegt wird, das unter Hinweis auf die den Eintragungen zugrunde liegenden Belege folgende Angaben zu enthalten hat:

1. Die Glaubhaftmachung, dass das öffentliche Interesse am Zuzug gemäß §§ 2, 3 oder 4 im Veranlagungsjahr vorliegt.

2. Die Bekanntgabe der ausländischen und inländischen Wohnsitze im jeweiligen Veranlagungszeitraum.

3. Die Glaubhaftmachung, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen im jeweiligen Veranlagungszeitraum in Österreich war.

[…]"

§ 103 EStG 1988 in der im Streitfall anwendbaren Fassung iVm der ZBV ermöglichte es dem Bundesminister für Finanzen, hochqualifizierten Wissenschaftlern und Forschern eine Zuzugsbegünstigung u.a. in Form eines Freibetrages zu gewähren.

In der Folge ist daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 Abs. 1a EStG zu prüfen, wobei im vorliegenden Fall in Streit steht, ob der Bf. eine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 ausübte.

3) Die Förderung von Wissenschaft und Forschung im öffentlichen Interesse

Da der Gesetzestext des § 103 EStG nicht näher konkretisiert, wann der Zuzug einer Person der Förderung von Wissenschaft und Forschung dient und damit im öffentlichen Interesse liegt, widmet sich § 2 ZBV 2016 dieser Frage.

§ 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 statuiert, dass die der Förderung von Wissenschaft und Forschung zu Grunde liegende Tätigkeit der zuziehenden Person überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit bestehen muss. Danach ist eine Tätigkeit als wissenschaftlichen anzusehen, "wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten". Diese Definition der wissenschaftlichen Tätigkeit deckt sich mit der Definition von Forschung und experimenteller Entwicklung in der Forschungsprämienverordnung.

Im Hinblick darauf, dass die allgemeine Formulierung der Universität in ihrem Schreiben vom keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Verhältnisse des Bf. zulässt, während der Bf. im Verwaltungsverfahren überzeugend dargelegt hat, dass er fast ausschließlich wissenschaftliche Tätigkeit betreibt, weil die Forschungsarbeit mindestens 90 % seiner Arbeitszeit ausmacht, ist von einer überwiegenden wissenschaftlichen Tätigkeit des Bf. im Sinne der ZBV auszugehen.

4) Verzeichnis gemäß § 7 Abs. 1 ZBV 2016

Gemäß § 7 Abs. 1 ZBV 2016 ist dem Antrag auf Zuzugsbegünstigung durch den Bundesminister für Finanzen ein Verzeichnis anzuschließen, das die unter Z 1 bis Z 7 genannten Angaben zu enthalten hat.

Im gegenständlichen Fall hat der Bf. die gemäß § 7 Abs. 1 ZBV 2016 erforderlichen Angaben nicht in einem - seinem Antrag auf Zuerkennung des pauschalen Zuzugsfreibetrages gesondert angeschlossenen - Verzeichnis übermittelt sondern vielmehr diese in die Begründung seines Antrages vom integriert. Darüber hinaus legte der Bf. mit Eingabe vom ein gesondertes Verzeichnis gemäß § 7 Abs. 1 ZBV 2016 mit allen erforderlichen Beilagen vor.

Da der Bf. mit der Vorlage des gesonderten Verzeichnisses samt Beilagen die Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 ZBV 2016 erfüllt hat, kann dem Standpunkt des Bundesministers für Finanzen, wonach der Antrag schon aus formellen Gründen abzuweisen wäre, weil das Verzeichnis laut Verordnungswortlaut "beizulegen" sei und die entsprechenden Angaben als Teil des Antragsschriftsatzes nicht ausreichend seien, nicht gefolgt werden.

Auch die weiteren Ausführungen der belangten Behörde, wonach ein Verzeichnis, wie bereits der Begriff klarstelle, eine systematische gegliederte Einheit mit den notwendigen Beilagen darstelle, sodass im Falle von Ergänzungen oder Änderungen dazu ein gesamtes Verzeichnis neu übermittelt werden müsse, können im Hinblick auf die Vorlage des vollständigen Verzeichnisses samt Beilagen nicht nachvollzogen werden. Darüber hinaus erfolgten seitens des Bf. weder Ergänzungen noch Änderungen, sodass sich auch die Frage der Sanierbarkeit eines Verzeichnisses gemäß § 7 Abs. 1 ZBV 2016 nicht stellt.

Im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Fall alle Voraussetzungen des § 103 Abs. 1a EStG 1988 erfüllt sind, ist dem Bf. im Rahmen des Ermessens (§ 20 BAO) der Zuzugsfreibetrag für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem zu gewähren.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht orientierte sich an der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Soweit in diesem Zusammenhang Sachverhaltsfragen im Zuge der freien Beweiswürdigung zu beurteilen waren, sind diese einer ordentlichen Revision nicht zugänglich.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100469.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at