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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.03.2022, RV/3100320/2019

Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes F vom betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für das Jahr 2014, Steuernummer abc, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Mit der am beim Finanzamt (elektronisch) eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 machte die Abgabepflichtige Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung (Pauschale gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988) ihrer Söhne AC und BC als außergewöhnliche Belastung geltend, wobei die Dauer der auswärtigen Berufsausbildung am Ausbildungsort "PLZ 1" (Ort 1) des AC mit zwölf Monaten und am Ausbildungsort "PLZ 2" (Ort 2) des BC ebenfalls mit zwölf Monaten angegeben wurde. Zudem machte sie für die beiden Söhne den Kinderfreibetrag (für ein haushaltszugehöriges Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988) von jeweils 220,00 € geltend.

Mit Bescheid vom wurde die Abgabepflichtige vom Finanzamt antrags- und erklärungsgemäß zur Einkommensteuer für das Jahr 2014 veranlagt. Die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung der beiden Söhne wurden mit 2.640,00 € (24 Monate x 110,00 €) als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, zudem die Kinderfreibeträge gemäß § 106a Abs. 1 EStG 1988 mit 440,00 €.

2. Am erließ das Finanzamt einen Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014, mit dem der Erstbescheid vom gemäß § 293b BAO berichtigt wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Abgabepflichtige in der Steuererklärung Ort 1 und Ort 2 als Ausbildungs-/Studienorte der beiden Söhne angeführt habe. Aufwendungen für eine auswärtige Berufsausbildung eines Kindes stellten keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn auch im Einzugsgebiet des Wohnortes (somit innerhalb von 80 km) eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Da die angeführten Ausbildungs-/Studienorte eindeutig im Einzugsgebiet des Wohnortes lägen, stelle diese offensichtlich unrichtige Übernahme aus der Steuererklärung einen Berichtigungsgrund gemäß § 293b BAO dar. Die geltend gemachten Aufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung seien daher nicht zu berücksichtigen gewesen.

Am erließ das Finanzamt für das Jahr 2014 auch einen Bescheid betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO), der zu einer Abgabenschuld von 56,69 € führte. Begründend wurde ausgeführt, dass die Einkommensteuer für das Jahr 2014 am mit -449,00 € festgesetzt worden sei. Nach Gegenüberstellung mit dem bisher vorgeschriebenen Betrag (Gutschrift von -1.590,00 €) ergebe sich eine Nachforderung (Differenzbetrag) von 1.141,00 €. Dieser Differenzbetrag werde gemäß § 205 BAO verzinst.

3. Am erhob die Abgabepflichtige fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für das Jahr 2014, die wie folgt begründet wurde:

Nach § 293b BAO seien "keine neuen Tatsachen oder Beweismittel aufgetreten". In der Steuererklärung für das Jahr 2014 sei der Studienort PLZ 1 Ort 1 angegeben worden. Die Abgabepflichtige bezog sich überdies auf die "Lohnsteuerrichtlinien 1999". Danach stünde der Pauschbetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 auch zu, wenn die Fahrzeit mit dem schnellsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als eine Stunde betrage. Dabei würden die Wegzeiten von der Wohnung zur Einstiegsstelle des öffentlichen Verkehrsmittels bzw. von der Ausstiegsstelle des öffentlichen Verkehrsmittels zur Ausbildungsstätte jeweils nur für Wegstrecken bis 1,5 km außer Ansatz bleiben. Im Hinblick auf den Sohn AC müssten diese Wegstrecken infolge Überschreitung dieser Grenze jeweils dazugezählt werden, wobei allein schon die Fahrzeit mit dem Zug für die Strecke Bahnhof 1 und Bahnhof 2 über eine Stunde betrage.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für das Jahr 2014 vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Grundlage für die Berechnung der Anspruchszinsen aus dem Bescheidergebnis des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2014 ergebe. Da die - ebenfalls eingebrachte - Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid als unbegründet abgewiesen worden sei, hätten sich demzufolge die maßgeblichen Werte für die Berechnung der Anspruchszinsen nicht verändert.

5. Am stellte die Abgabepflichtige fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für das Jahr 2014 durch das Verwaltungsgericht. Sie wiederholte ihr bisheriges Vorbringen und bezog sich ergänzend auf § 2 Abs. 3 der Verordnung über die Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Ihr Sohn AC habe am Ausbildungsort in Ort 1 eine Wohnung, unter der Woche habe er in dieser Studentenwohngemeinschaft gelebt.

6. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde vom betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für das Jahr 2014 zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.

7. Der vorstehende Verfahrensgang (Sachverhalt) ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt und ist unbestritten.

II. Rechtslage

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus

a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,

b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,

c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 BAO erlassenen Rückzahlungsbescheiden.

III. Erwägungen

1. Nach dem Normzweck des § 205 BAO gleichen Anspruchszinsen die Zinsvorteile bzw. -nachteile aus, die für den Abgabepflichtigen dadurch entstehen, dass für eine bestimmte Abgabe der Abgabenanspruch immer zum selben Zeitpunkt - hier für die Einkommensteuer 2014 mit Ablauf des Jahres 2014 - entsteht, die Abgabenfestsetzung aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt.

2. Anspruchszinsen sind mit Abgabenbescheid (§ 198 BAO) festzusetzen. Bemessungsgrundlage ist die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift. Anspruchszinsenbescheide sind zwar mit Bescheidbeschwerde anfechtbar, etwa mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei nicht zugestellt worden oder der im Zinsenbescheid angenommene Festsetzungszeitpunkt sei unzutreffend. Der Zinsenbescheid ist aber an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden (zB ; ; ; ; ; ; ; ; ). Wegen dieser Bindung ist der Zinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, dass der maßgebende Einkommensteuerbescheid inhaltlich rechtswidrig sei (zB ; ).

Erweist sich der Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid. Es erfolgt daher keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides (vgl. zB , 2006/15/0332; ; ; ; ; vgl. auch Ritz/Koran, BAO7, § 205 Rz 32 ff).

Die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für das Jahr 2014 ist daher als unbegründet abzuweisen, unabhängig vom Ausgang der - ebenfalls eingebrachten - Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr.

3. Ergänzend wird vom Bundesfinanzgericht Folgendes festgehalten: Der im vorliegenden Beschwerdefall gemäß § 293b BAO berichtigende Stammabgabenbescheid vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 ist mittlerweile (am ) gemäß § 307 Abs. 3 BAO ex lege aus dem Rechtsbestand ausgeschieden (vgl. den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100317/2019). Dadurch lebte der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid (Erstbescheid) für das Jahr 2014 vom , mit dem die Abgabepflichtige antrags- und erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt wurde, wieder auf. Dieser befindet sich derzeit im Rechtsbestand.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht konnte sich auf die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen, wonach der Zinsenbescheid nicht mit der Begründung anfechtbar ist, dass der maßgebende Einkommensteuerbescheid inhaltlich rechtswidrig sei. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 205 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100320.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at