Keine Erstattung von Eingangsabgaben nach Art. 119 UZK mangels Erfüllens der Tatbestandsvoraussetzungen
Entscheidungstext
Im Namen der republik
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in den Beschwerdesachen der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, ***V-Adr***, Deutschland, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ehemaligen Zollamtes Feldkirch Wolfurt (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zahl ***1***, Zahl ***2******3***Zahl ***3*** und Zahl ***4***, betreffend Erstattung der Eingangsabgaben nach Art. 119 UZK, zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden als unberündet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit den Bescheiden des ehemaligen Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , Zahl ***8***, Zahl ***9***, Zahl ***10*** und Zahl ***11*** wurden der Beschwerdeführerin rechtskräftig die buchmäßige Erfassung nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK entstandener Eingangsabgaben mitgeteilt. Die Beschwerdefüherin habe durch Nichterfüllung der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen. Die Waren seien bei der Warenkontrolle am angegebenen Warenort nicht vorgefunden worden. Die Beschwerdeführerin sei als die Person, die die Verpflichtungen zu erfüllen hatte, zur Zollschuldnerin geworden.
Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin die Erstattung der Eingangsabgaben und führte dabei aus, dass zur Abgabe einer Begründung noch der Sachverhalt aufzuklären wäre. Die Erstattungsanträge wurden elektronisch (im Wege von Customs Decisions Austria - CDA) nochmals übermittelt und dabei die Erstattung konkret auf Art. 119 UZK - Irrtum der zuständigen Behörden) gestützt.
Das Zollamt wies die Anträge auf Erstattung der Eingangsabgaben nach Art. 119 UZK mit den Bescheiden vom , Zahl ***1***, Zahl ***2***, Zahl ***3*** und Zahl ***4*** ab. Die Abgabenbehörde sei zu keinem Zeitpunkt einem Irrtum erlegen. Die Beschwerdeführerin führe in ihren Anträgen auch nicht aus, worin sie einen solchen erblicke.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 24. November jeweils Bescheidbeschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Zollamt der Frage der Inanspruchnahme anderer Zollschuldner nachgehen hätte müssen und dass das Verhalten der ***5*** entscheidend für die Abgabenerhebung gewesen sei. Hinzu komme, dass zahlreiche LKWs von Bediensteten des Zollamtes des Platzes verwiesen worden seien und die Zollverwaltung daher eine Mitverantwortung treffe.
Nach Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens wies das Zollamt die Beschwerden mit den Beschwerdevorentscheidungen vom , Zahl ***12***, Zahl ***13***, Zahl ***14*** und Zahl ***15*** als unbegründet ab. Es sei den Eingaben weiterhin nicht zu entnehmen, inwiefern der vorliegende Sachverhalt einen Anlass für eine Erstattung von Abgaben aufgrund des Art. 119 UZK bieten solle.
Dagegen brachte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom jeweils Anträge auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageanträge) ein.
In Beantwortung eines diesbzezüglichen Vorhaltes teilte die Beschwedeführin mit, dass sich der Erstattungsantrag neben der Rechtsgrundlage des Art. 119 UZK auch auf Art. 116 UZK stütze. Der Antrag nach Art. 119 UZK stütze sich dabei auf die Tatsache, dass ausweislich der Aussage des Geschäftedsührer der ***6*** Fahrzeuge durch Zollbeamte des Platzes verwiesen worden seien, da dieser für alle anwesenden Fahrzeuge zu klein gewesen sei und eine Kontrolle so nicht sinnvoll erschienen sei. Diese Fahrzeuge seien zu ihren Bestimmungsorten weitergefahren. Aller Wahrscheinlichkeit wurden hiermit auch Fahrzeuge des Platzes verwiesen, die gestellungspflichtige Waren enthalten haben könnten, andernfalls hätten die Fahrzeuge sich dort nicht befunden. Der Platzverweis für Fahrzeuge mit gestellungspflichtiger Ware stelle einen Irrtum der Zollbehörde dar, die vom Zollschuldner nicht erkannt werden hätte können.
Nach den Feststellungendes Zollamtes habe es die Beschwerdeführerin zu verantworten, dass die im Versandverfahren in das Zollgebiet der Union beförderten Waren, elektronisch angemeldet wurden, obwohl die Waren sich nicht am zugelassenen Warenort befanden. Die Beschwerdeführerin habe die Transporte nicht selbst durchgeführt. Erwiesen sei jedoch, dass die Notwendigkeit der Anwesenheit der Waren am vorgesehenen Warenart bei der mit dem Transport beauftragten ***5*** bekannt war. Die ***5*** sei ebenfalls ein erfahrenes Speditionsunternehmen, das über Sachkenntnis im Bereich der Zollabfertigung verfüge.
Ob der allen Beteiligten bekannte Warenort im vorliegenden Fall tatsächlich angefahren worden ist, sei nicht bekannt. Tatsache sei jedoch, dass die Beschwerdeführerin die Information erhalten habe, dass die Waren am Warenort angekommen seien. Aufgrund dessen sei das Zollamt über die Ankunft der Waren am Warenort informiert worden. Es handle sich hierbei um ein arbeitsteiliges Vorgehen zwischen professionellen Speditionsunternehmen, bei dem jeder der Beteiligten für die von ihm übernommene Aufgabe verantwortlich sei.
Die Angaben der Geschäftsführer der Transportunternehmer, die im Steuerbescheid enthalten seien, ließen es möglich erscheinen, dass die Waren nicht am vorgesehenen Warenort angekommen sind. Die Gründe dafür sind der Beschwerdeführerin nicht bekannt. Diese sind nur durch die ***5*** erforschbar, die aber mitgeteilt habe, dies nicht weiter aufklären zu können.
Der Sachverhalt könne sich daher so zugetragen haben, dass sich die Waren zu keinem Zeitpunkt am Warenort befunden haben oder dass diese vorzeitig vom Warenort entfernt worden sind. Im Fall, dass die Waren sich zu keinem Zeitpunkt am Warenort befunden haben, seien sowohl der Frachtführer als auch der Hauptverpflichtete Zollschuldner geworden. Das Zollamt hätte in diesem Fall sein Auswahlermessen im Hinblick auf den in Anspruch zu nehmenden Zollschuldner auszuüben gehabt.
Es bestehe keine Rechtsgrundlage, den Hauptverpflichteten und den Frachtführer von ihrer verschuldensunabhängigen Haftung für die ordnungsgemäße Beendigung des Verfahrens freizustellen. Vielmehr habe der Frachtführer die Ursache für die Abgabenerhebung geschaffen, indem dieser nicht sichergestellt habe, dass die Fahrer bis zur zulässigen Weiterfahrt am Warenort verbleiben.
Für den Fall, dass die Waren tatsächlich am Warenort angekommen seien und das Versandverfahren beendet wurde, liege mit der vorzeitigen Entfernung vom Warenort eine Entziehung aus der vorübergehenden Verwahrung vor. In diesem Fall hätte der jeweilige Frachtführer wissen müssen, dass die zollrechtlichen Verpflichtungen aus der vorübergehenden Verwahrung nicht erfüllt waren. Zudem sei der Frachtführer an der Handlung beteiligt gewesen, die zur Nichterfüllung der Verpflichtung geführt habe. Er sei damit zum Zollschuldner nach Art. 79 Abs. 3 Buchst b) UZK geworden.
DasBundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I.
Die Beschwerdeführerin, ein Speditionsunternehmen, Inhaberin einer Bewilligung als Zugelassener Empfänger und einer Bewilligung für die Gestellung und Abfertigung am Warenort, meldete am unter den MRN ***16***, ***17***, ***18*** und ***19*** jeweils die Überführung von Getränken in Dosen, welche sich am Warenort bei der ***6*** in ***7***, befinden sollten, in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an. Bei der Kontrolle der angemeldeten Waren durch Bedienstete der Zollstelle wurden diese am angegebenen Warenort jedoch nicht vorgefunden. In der Folge nahm das Zollamt die buchmäßige Erfassung der Eingangsabgaben wegen der Verletzung der Verpflichtungen in Bezug auf die zollamtliche Überwachung vor und teilte diese der Beschwerdeführerin mit. Gegen die Bescheide wurde kein Rechtsbehelf eingelegt. Die Eingangsabgaben wurden von der Beschwerdeführerin entrichtet.
Gemäß Art. 119 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom , (Unionszollkodex - UZK) werden in anderen als in Artikel 116 Absatz 1 Unterabs. 2 und in den Artikeln 117, 118 und 120 genannten Fällen Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge erstattet oder erlassen, sofern der der ursprünglich mitgeteilten Zollschuld entsprechende Betrag aufgrund eines Irrtums der zuständigen Behörden einem niedrigeren als dem zu entrichtenden Betrag entsprach und die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Dieser Irrtum konnte vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden und
b) der Zollschuldner hat gutgläubig gehandelt.
Der Unionszollkodex gilt gemäß § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) und ge-mäß § 26 Abs. 1 UStG 1994 sinngemäß auch für die Einfuhrumsatzsteuer.
Eine Erstattung nach Art. 119 Abs. 1 UZK setzt somit voraus, dass eine ursprünglich niedrigere oder unterlassene Mitteilung von Abgaben, der eine Mitteilung von Abgaben oder höherer Abgaben für den gleichen Vorgang folgt und die ursprüngliche Mitteilung auf einen Irrtum der Zollbehörden beruht, den der Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkennen konnte und dieser gutgläubig gehandelt hat.
Diese Tatbestandsvoraussetzung wird in den Beschwerdefällen jedoch nicht erfüllt. Die buchmäßige Erfassung und Mitteilung der Eingangsabgaben gegenüber der Beschwerdeführerin erfolgte nämlich nicht, weil die Mitteilung von Abgaben zunächst irrtümlich unterlassen wurde, sondern weil die angemeldeten Waren bei der Kontrolle am Warenort nicht vorgefunden wurden. Die Beschwerdeführerin ist damit ihrer sich aus Art. 147 Abs. 3 Buchst. a UZK ergebenden Verpflichtung bezüglich der sich in der vorübergehenden Verwahrung befindlichen und noch nicht überlassenen Waren nicht nachgekommen. Auf das Vorliegen eines Irrtums kommt es daher in den gegenständlichen Beschwerdefällen gar nicht an.
Davon abgesehen, würde ein Platzverweis für Fahrzeuge mangels ausreichender Abstellplätze, selbst dann, wenn dieser durch ein Zollorgan ausgesprochen worden ist, nicht einen Irrtum im Sinne des Art. 119 Abs. 1 UZK darstellen. Es ist Aufgabe des Anmelders bzw. Warenortinhabers die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Durchführung der Vorgänge zu schaffen und somit auch für ausreichend Platz zu sorgen. Im Übrigen soll laut Aussage des Geschäftsführers der ***6*** der behauptete Platzverweis ohnehin erst am Folgetag, dem , ausgesprochen worden sein. Die Warenkontrollen hätten aber schon am durchgeführt werden sollen.
Mangels Erfüllens der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 119 Abs. 1 UZK kann es dahingestellt bleiben, ob in den gegenständlichen Einfuhrfällen auch noch weitere Zollschuldner in Betracht gekommen wären. Das gleiche gilt für den Fall, dass die Waren - wie in den Raum gestellt - nie zum Warenort befördert worden sind.
Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Vorhaltsbeantwortung vom vorbringt, dass sich ihre Erstattunganträge auch auf Art. 116 UZK stützen würden, ist darauf zu verweisen, dass das Zollamt nach dem Spruch der angefochtenen Bescheide über die Erstattung nach Art. 119 UZK abgesprochen hat, wodurch die Sache des Beschwerdeverfahrens (§ 279 Abs. 1 BAO) darauf beschränkt ist. Der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens kann im Rechtsbehelfsverfahren nicht ausgetauscht werden (vgl. ).
Angemerkt werden darf, dass Art. 116 UZK neben den für alle Erstattungstatbestände geltenden allgemeinen Bestimmungen einen eigenständigen Erstattungstabestand im Fall einer Ungültigerklärung einer Zollanmeldung nach Art. 174 enthält (Art. 116 Abs. 1 dritter Unterabsatz UZK). Ein solcher Fall liegt in den Beschwerdefällen aber offensichtlich nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall ergibt sich die zu lösende Rechtsfrage klar aus der gesetzlichen Bestimmung. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 119 Abs. 1 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1 § 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.1200010.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
AAAAC-30091