Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.02.2022, RV/7500049/2022

Parkometerabgabe; Geltendmachung eines unsubstantiierten Zustellmangels; verspäteter Einspruch gegen Strafverfügungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen die Zurückweisungsbescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zlen. Z1, Z2, Z3 und Z4, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG abgewiesen.

Die angefochtenen Zurückweisungsbescheide vom werden bestätigt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat hat an den Beschwerdeführer (Bf.) als Zulassungsbesitzer des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna folgende Strafverfügungen erlassen:

1) Z1

Mit Strafverfügung vom wurde dem Bf. angelastet, er habe als Zulassungsbesitzer des näher bezeichneten Fahrzeuges dem ordnungsgemäß zugestellten Verlangen der MA 67 vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu geben, wem er dieses Fahrzeug überlassen habe, sodass dieses am um 17:36 Uhr in 1010 Wien, Falkestraße ggü. 3, gestanden sei, nicht entsprochen.

2) Z2

Mit Strafverfügung vom wurde dem Bf. angelastet, er habe als Zulassungsbesitzer des näher bezeichneten Fahrzeuges dem ordnungsgemäß zugestellten Verlangen der MA 67 vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu geben, wem er dieses Fahrzeug überlassen habe, sodass dieses am um 13:48 Uhr in 1010 Wien, Sonnenfelsgasse 1 und 3, gestanden sei, nicht entsprochen.

3) Z3

Mit Strafverfügung vom wurde dem Bf. angelastet, er habe als Zulassungsbesitzer des näher bezeichneten Fahrzeuges dem ordnungsgemäß zugestellten Verlangen der MA 67 vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu geben, wem er dieses Fahrzeug überlassen habe, sodass dieses am um 13:33 Uhr in 1010 Wien, Riemergasse 15, gestanden sei, nicht entsprochen.

4) Z4

Mit Strafverfügung vom wurde dem Bf. angelastet, er habe als Zulassungsbesitzer des näher bezeichneten Fahrzeuges dem ordnungsgemäß zugestellten Verlangen der MA 67 vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu geben, wem er dieses Fahrzeug überlassen habe, sodass dieses am um 13:53 Uhr in 1010 Wien, Johannesgasse ggü. 26, sei, nicht entsprochen.

Ad 1) bis 4)

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv je € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 14 Stunden verhängt.

Die Zustellung der Strafverfügungen wurde von der Behörde an den aufrechten Hauptwohnsitz des Bf. in 1020 Wien, Böcklinstraße 104/8, mit Rückscheinbrief RSb veranlasst.

Die Strafverfügungen wurden vom Bf. am nachweislich übernommen und die Übernahme jeweils mit Unterschrift bestätigt.

Gegen die Strafverfügungen wurde vom Bf. am mit E-Mail Einspruch erhoben.

Der Einspruch wurde vom Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid, jeweils vom , unter Verweis auf die Bestimmungen des § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) zurückgewiesen und begründend festgestellt, dass der Bf. die Strafverfügung laut Rückschein am persönlich an der Abgabestelle übernommen habe. Mit diesem Tag gelte das Dokument als zugestellt. Die Einspruchsfrist habe daher am begonnen und hätte am geendet.

Der Einspruch sei trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am , somit nach Ablauf der im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzten zweiwöchigen Rechtsmittelfrist mit E-Mail eingebracht worden.

Bemerkt werde, dass es sich bei der Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG um eine gesetzlich festgelegte Frist handle, die von der Behörde nicht erstreckt werden dürfe.

Es sei der Behörde durch die verspätete Einbringung des Einspruches rechtlich verwehrt, eine Sachentscheidung zu treffen und es könne aus diesem Grund auch nicht auf allfällige Einwände eingegangen werden.

Der Bf. erhob gegen die Zurückweisungsbescheide zu den GZlen. Z1Z3, Z2, Z3 und Z4, binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (E-Mail vom ) und brachte vor, dass er sich durchgehend nicht an der Abgabestelle, sondern in seinem Haus in 7000 Burgenland befunden habe. Er ersuche um Einstellung der Verfahren.

Die MA 67 legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zu den GZlen Z1Z2, Z3 und Z4 samt den dazugehörigen Verwaltungsakten vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Feststellungen:

Der Bf. hat die im Sachverhaltsteil näher bezeichneten Strafverfügungen persönlich und nachweislich am übernommen und die Übernahme mit Unterschrift bestätigt.

Gegen die Strafverfügungen wurde vom Bf. mit E-Mail vom Einspruch erhoben.

Der Einspruch wurde vom Magistrat mit Bescheiden vom gemäß § 49 Abs. 1 VStG 1991 als verspätet zurückgewiesen.

Der Bf. macht einen unsubstantiierten Zustellmangel geltend, indem er vorbringt, sich durchgehend nicht an der Abgabestelle, sondern in seinem Haus in 7000 Burgenland befunden zu haben.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Verwaltungsakten, insbesondere aus den Übernahmebestätigungen der Strafverfügungen.

Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung; ein Gegenbeweis nach § 292 Abs. 2 ZPO ist möglich (, ). Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. , , ).

Zufolge des hier vorliegenden Sachverhaltes, erfolgte die Zustellung der Strafverfügungen durch persönliche Aushändigung der Schriftstücke durch ein Zustellorgan der Post.

Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Angaben auf der Übernahmebestätigung, wonach die Strafverfügungen vom Bf. am persönlich übernommen und die Übernahme mit Unterschrift bestätigt wurde, zu zweifeln.

Das Bundesfinanzgericht konnte daher von einer ordnungsgemäßen Zustellung der Strafverfügungen am ausgehen.

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG idF ab kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch die Benennung dem Tag entspricht, an dem das fristauslösende Ereignis stattgefunden hat.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden und können von der Behörde nicht erstreckt werden (vgl. zB , ).

Die Frist zur Erhebung des Rechtsmittels beginnt mit der (ordnungsgemäßen) Zustellung des Bescheides an den Empfänger zu laufen (, ).

Demgemäß begann die Frist zur Erhebung eines Einspruches am zu laufen und endete am .

Der Einspruch gegen die Strafverfügungen vom wurde jedoch erst am (E-Mail) eingebracht und war somit verspätet.

Entsprechend der Judikatur des VwGH (vgl. zB , ) hat die Behörde den Einspruch mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist ausschließlich die Recht-mäßigkeit der Zurückweisung (vgl. , ).

Das Verwaltungsgericht kann in diesem Fall die Zurückweisungsbescheide nur aufheben, wenn es die Zurückweisung als rechtswidrig erachtet ().

Wird die Zurückweisung nicht als rechtswidrig erachtet, ist es dem Verwaltungsgericht ver-wehrt, über diesen Rahmen hinaus in einer Entscheidung über die "Hauptsache" vorzugehen.

Eine Entscheidung des VwG in der Verwaltungssache ist in einem derartigen Fall daher weder erforderlich noch zulässig (vgl. , , ).

Das Bundesfinanzgericht kann in diesem Verfahrensstand weder Feststellungen darüber treffen, ob dem Bf. allenfalls die Lenkerauskunftsersuchen nicht zugegangen sind noch kann auf das Vorbringen im Einspruch, wonach er der Behörde fristgerecht bekanntgegeben habe, wer der Lenker zu den jeweiligen abgefragten Daten gewesen sei, eingehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision nur zulässig, wenn das Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab- weicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil sich die Frist zur Erhebung eines Einspruches und die Rechtsfolgen der Ver-säumung dieser Frist unmittelbar aus dem Gesetz ergeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 49 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 32 Abs. 2 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 33 Abs. 4 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
Verweise















ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500049.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at