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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.02.2022, RV/7500151/2021

Verschulden iZm Irrtum; Halte- und Parkverbot innerhalb von Kurzparkzone

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom , Zahl: MA67/Zahl/2020, zu Recht:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Mit Strafverfügung vom , GZ. MA67/Zahl/2020 verhängte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer eine Strafe iHv EUR 60,00 (Ersatzfreiheitsstrafe iHv 14 Stunden), weil der Beschwerdeführer die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt habe, indem er am , um 18:14 Uhr, sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone im 3. Wiener Gemeindebezirk ohne gültigen Parkschein abgestellt habe.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail vom Einspruch und führte aus, dass er sich im Vorfeld erkundigte habe, ob in diesem Bereich für das Abstellen eines Busses eine Parkgebühr zu entrichten sei. Da nach den Verkehrsschildern ein Halte- und Parkverbot ausgenommen Omnibusse vorgelegen sei, habe er eine Parkuhr mit Ankunftszeit 15:30 Uhr in den Bus gelegt.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom , GZ. MA67/Zahl/2020, wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am , um 18:14 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1030 Wien, Schweizer-Garten-Straße links vor Baum 2004, abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Beschwerdeführer die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Hiefür verhängte die belangte Behörde neben der Strafe iHv EUR 60,00 (Ersatzfreiheitsstrafe iHv 14 Stunden) einen Kostenbeitrag iHv EUR 10,00. Begründend führte die belangte Behörde im angefochtenen Erkenntnis auszugsweise wie folgt aus:

"[…] Der Abstellort befand sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches, nämlich jenem des 3. Wiener Gemeindebezirkes mit Gültigkeit von Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 Uhr bis 22:00 Uhr. Ein solcher Bereich ist ordnungsgemäß gekennzeichnet, wenn an allen Einfahrtsmöglichkeiten Verkehrszeichen ,Kurzparkzone Anfang' (§ 52 lit. a Z. 13d StVO) und an allen Ausfahrtsstellen Verkehrszeichen ,Kurzparkzone Ende' (§ 52 lit. a Z. 13e StVO) angebracht sind. Am Anfang des gegenständlichen Bereiches mussten Sie bei einem Verkehrszeichen ,Kurzparkzone Anfang' vorbeikommen. […] Bei Anwendung der für einen Fahrzeuglenker im Straßenverkehr nötigen Aufmerksamkeit hätten Sie den Bestand der Kurzparkzone erkennen müssen. Es sind im Zuge des Verfahrens somit keine Tatsachen vorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Rechtlich ist zu bemerken:

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung). […] Die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet, also dem Beanstandeten trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Es ist davon auszugehen, dass sich jeder Lenker eines Fahrzeuges mit den für die Benützung von Straßen bedeutenden Vorschriften vertraut machen und nötigenfalls an kompetenter Stelle Erkundigungen einziehen muss. Da Sie dieser Verpflichtung jedoch nicht bzw. zu spät nachgekommen sind, war die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht unverschuldet (§ 5 Abs. 2 VStG). Zur Strafbarkeit genügt fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, somit schon die bloße Nichtbefolgung eines Gebotes oder das Zuwiderhandeln gegen ein Verbot eine Strafe nach sich zieht und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs. 1 VStG). Bei gebotener und zumutbarer Aufmerksamkeit und Sorgfalt wäre die Übertretung - bei allem Verständnis für die eingewendeten Umstände - zu vermeiden gewesen, weshalb der Ihnen angelastete strafbare Tatbestand auch subjektiv als erwiesen anzusehen ist.

Zur Strafbemessung ist Folgendes auszuführen:

[…] Die Strafe hat sich vor allem auch am Strafzweck zu orientieren. Das Parkometergesetz verfolgt auch das Ziel, den Parkraum zu rationieren und kann dieses Ziel nur erreicht werden, wenn die Strafe durch ihre Höhe geeignet ist, Sie zur Vermeidung von Übertretungen des Parkometergesetzes anzuhalten. Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden. Bei der Strafbemessung wurde auf Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, soweit sie der Behörde bekannt waren, sowie auf allfällige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden, ist die verhängte Geldstrafe selbst bei fehlendem eigenen Einkommen und Vermögen, sowie Bestehen etwaiger gesetzlicher Sorgepflichten durchaus angemessen und keineswegs zu hoch. Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer mit Mail vom fristgerecht Beschwerde, fügte der Beschwerde drei Fotos vom beanstandeten Fahrzeug am Tatort sowie eine Beschwerde zu GZ. MA 67/***Zahl***/2020 (nicht gegenständlich) an. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass er das Fahrzeug unstrittig in der mittels Verkehrszeichen ausgeschilderten Halte- und Parkverbotszone "ausgenommen Omnibusse" abgestellt habe. Allerdings ziele das betreffende Halte- und Parkverbot "ausgenommen Omnibusse" unter Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 81/17/0168 auf eine Erlaubnis des dortigen Haltens und Parkens mit Omnibussen ab, weswegen die bestimmungsgemäße Nutzung nicht unter den Tatbestand des § 1 des Wiener Parkometergesetzes fiele. Zudem werde die dortige Zone explizit auf der Homepage "Wien.info" unter der Rubrik "Reisebranche" und "Busguide" als "gratis" für 4 Busse von täglich 0-24h angeführt. Auf diese Seite werde auch von der offiziellen Homepage der Stadt Wien (wien.gv.at) verwiesen.

Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Eingangs sei erwähnt, dass das Bundesfinanzgericht ausschließlich über die angelastete Verwaltungsübertretung zu entscheiden hatte (Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1030 Wien, Schweizer-Garten-Straße links vor Baum 2004, ohne gültigen Parkschein) und nicht über das Beschwerdevorbringen in Zusammenhang mit der GZ. MA67/***Zahl***/2020, die nicht gegenständlich ist.

1. Feststellungen:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer hat das mehrspurige Kraftfahrzeug (Omnibus) mit dem amtlichen Kennzeichen 123 (A) am , um 18:14 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1030 Wien, Schweizer-Garten-Straße links vor Baum 2004 abgestellt, ohne dieses zu Beginn des Abstellens mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben. Im Fahrzeug befand sich eine Parkuhr mit der Ankunftszeit 15:30 Uhr. Der Beschwerdeführer kehrte um 18:30 Uhr zu seinem Fahrzeug zurück.

Für den Bereich des Abstellortes des betreffenden Omnibusses galt eine ordnungsgemäß kundgemachte flächendeckende Kurzparkzone für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 bis 22:00 Uhr, Parkdauer: max. 2 Stunden. Zudem befand sich der Bereich des Abstellortes des betreffenden Omnibusses innerhalb einer Zone, für die eine weitere Verkehrsbeschilderung Halte- und Parkverbot "ausgenommen Omnibusse" maßgebend war.

Der Beschwerdeführer hat vor Abstellen des gegenständlichen Omnibusses Recherchen zu im Internet an offizieller Stelle der Stadt Wien (www.wien.gv.at) sowie etwa auch des Wiener Tourismusverbandes (www.wien.info) zur Gebührenpflicht und zu Parkmöglichkeiten von Omnibussen durchgeführt. Zudem hat er Rücksprache mit dem Wien Tourismusverband und der Wirtschaftskammer Wien gehalten.

Der offiziellen Homepage der Stadt Wien folgende Inhalte zu Busparkplätzen - wie vom Beschwerdeführer ins Treffen geführt - zu entnehmen (https://wien.gv.at/verkehr/parken/busse.at):

"… Buskonzept Wien.., Busparkplätze sowie Ein- und Ausstiegsstellen in Wien…, Busparkplatz Schweizer-Garten-Straße
Adresse: 3., Schweizer-Garten-Straße
Stellplatzanzahl: [Anmerkung BFG: keine Anzahl angeführt]
Ausnahme: ausgen. Omnibusse mit Wagenkarte
Zeitraum: v. 9-18h
Weitere Informationen Bus Drivers' Guide
Bus Drivers' Guide
Online-Ratgeber
pdf-Anhang: … Schweizer-Garten-Straße (K7), 3., Schweizer-Garten-Straße 4 Busse/4 buses,tgl./daily 0-24 h gratis/free
…"

Die Recherchen ergaben übereinstimmend, dass im Bereich 3., Schweizer-Garten-Straße eine gebührenfreie Parkmöglichkeit für Omnibusse bestehe.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich einerseits aus den Beobachtungen und der Anzeige des kontrollierenden Parkraumüberwachungsorganes (Meldungsleger) sowie anderseits aus dem glaubwürdigen sachverhaltsbezogenen Beschwerdevorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Umstände des Abgestelltseins des Kraftfahrzeuges.

Ein aktenkundiger Fotonachweis legt den als erwiesen festgestellten Sachverhalt dar. Abstellort und -zeit des gegenständlichen Fahrzeuges werden auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges befand sich somit am Dienstag, , um 18:14 Uhr in einer ausgeschilderten gebührenpflichtigen Kurzparkzone.

Der Bereich 1030 Wien, Schweizer-Garten-Straße links vor Baum 2004, in dem das gegenständliche Kraftfahrzeug abgestellt war, war als Halte- und Parkverbot mit Zusatztafel Omnibusse gekennzeichnet.

Dass sich zur Tatzeit im beanstandeten Kraftfahrzeug ein Parkschein befunden hätte oder ein elektronischer Parkschein gebucht worden wäre, wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet und widerspräche zudem den Feststellungen der aktenkundigen Anzeige.

Die Behauptungen des Beschwerdeführers, im Vorhinein ua auf der Website der Stadt Wien Informationen hinsichtlich der Parkmöglichkeiten für Omnibusse eingeholt zu haben, erscheinen dem Gericht insbesondere vor dem Hintergrund glaubwürdig, als der Beschwerdeführer sich gezielt den angegebenen Ort als Parkmöglichkeit ausgesucht hat und nach aktenkundigem Fotobeweis auch eine Parkuhr hinter der Windschutzscheibe hinterlegt hat.

Das Bundesfinanzgericht sieht daher die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 45 Abs. 2 AVG als erwiesen an.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 17 Abs. 3 Z 5 des Finanzausgleichsgesetzes 2017 (FAG 2017) lautet:
"(3) Die Gemeinden werden ferner ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:
[…]
5. Abgaben für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960. Ausgenommen sind:
a) Einsatzfahrzeuge und Fahrzeuge im öffentlichen Dienst gemäß §§ 26 und 26a StVO 1960;
b) Fahrzeuge des Straßendienstes und der Müllabfuhr gemäß § 27 StVO 1960;
c) Fahrzeuge, die von Ärzten bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind;
d) Fahrzeuge, die von Personen im diplomierten ambulanten Pflegedienst bei einer Fahrt zur Durchführung solcher Pflege gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5a StVO 1960 gekennzeichnet sind;
e) Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind;
f) Fahrzeuge, die für den Bund, eine andere Gebietskörperschaft oder einen Gemeindeverband zugelassen sind, ausgenommen Personenkraftwagen;
g) Fahrzeuge, die lediglich zum Zwecke des Aus- und Einsteigens von Personen oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten."

Eine in § 17 Abs. 3 FAG 2017 vorgesehene weitergehende Ermächtigung enthält § 1 Abs. 1 des (Wiener Landes-) Gesetzes über die Regelung der Benützung von Straßen durch abgestellte mehrspurige Kraftfahrzeuge (Parkometergesetz 2006) für das Gebiet des Bundeslandes Wien (identisch mit dem Gebiet der Gemeinde Wien), welcher lautet:
"§ 1. (1) Die Gemeinde wird ermächtigt, durch Verordnung für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen gemäß § 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, die Entrichtung einer Abgabe auch für mehrspurige Kraftfahrzeuge vorzuschreiben, die lediglich zum Zwecke des Aus- und Einsteigens von Personen oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten."

§ 25 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO 1960) lautet:

"§ 25. Kurzparkzonen

(1) Wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen."

Somit ist die Gemeinde Wien ermächtigt, mittels Beschlusses der Gemeindevertretung (Gemeinderat) in Form einer Verordnung für jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer Kurzparkzone ab der ersten Minute und für jede Minute des Abgestelltseins - mit den Ausnahmen gemäß § 17 Abs. 3 Z 5 lit a bis f FAG 2017 - die Parkometerabgabe auszuschreiben.

Mit der im Amtsblatt Nr. 51/2005 kundgemachten Verordnung des Wiener Gemeinderates (Parkometerabgabeverordnung) in der geltenden Fassung wird die Parkometerabgabe in Wien ausgeschrieben (§ 1 Abs. 1 der Verordnung lautet: "Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten.").

§ 1 Abs. 2 Z 1 Parkometerabgabeverordnung bestimmt:
"(2) 1. der Begriff "Abstellen" umfasst sowohl das Halten im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 27 der StVO 1960, als auch das Parken im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 28 der StVO 1960 von mehrspurigen Kraft-Fahrzeugen".

§ 2 Abs. 1 Z 27 und 28 StVO 1960 definieren Halten und Parken wie folgt:
"27. Halten: eine nicht durch die Verkehrslage oder durch sonstige wichtige Umstände erzwungene Fahrtunterbrechung bis zu zehn Minuten oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit (§ 62);
28. Parken: das Stehenlassen eines Fahrzeuges für eine längere als die in Z 27 angeführte Zeitdauer".

In den gesetzlichen Regelungen, die der Parkometerabgabe zugrunde liegen, wird der Begriff des Abstellens als Überbegriff, der sowohl Halten als auch Parken im Sinne der (iSd) StVO 1960 umfasst, verwendet (vgl zB ).

Die Gebührenpflicht innerhalb einer solchen Kurzparkzone besteht auch dann, wenn an bestimmten Stellen der Kurzparkzone nach anderen Rechtsvorschriften das Parken oder das Halten und Parken - wie im Beschwerdefall - verboten ist (vgl und ).

Da für den Bereich des Abstellortes des betreffenden Omnibusses im Beschwerdefall eine flächendeckende Kurzparkzone für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 bis 22:00 Uhr, Parkdauer: max. 2 Stunden galt, bestand hinsichtlich des betreffenden abgestellten, mehrspurigen Kraftfahrzeuges (Omnibusses) grundsätzlich die Pflicht zur Entrichtung der Parkometerabgabe. Zu prüfen ist nunmehr, ob im Beschwerdefall eine Ausnahme von der Abgabepflicht vorlag.

§ 2 der Parkometerabgabeverordnung lautet:
"Die Abgabe beträgt für jede halbe Stunde Abstellzeit 1,05 Euro, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist. Beträgt die gesamte Abstellzeit nicht mehr als fünfzehn Minuten, ist ein Abgabenbetrag nicht zu entrichten, wenn der hiefür vorgesehene Parkschein vorschriftsmäßig angebracht und entwertet oder aktiviert ist."

Daraus geht hervor, dass die Abgabepflicht mit der ersten Minute des Abgestelltseins beginnt ("angefangene halbe Stunde") mit der Ausnahme für eine maximal 15 Minuten dauernde Abstellzeit unter der Bedingung des Anbringens/Entwertens/Aktivierens des hierfür vorgesehenen Parkscheines (violetter 15-Minuten-Gratisparkschein). Diese Bedingung und somit die Ausnahme von der Abgabepflicht kann im vorliegenden Fall schon mangels Parkscheines nicht erfüllt sein.

Eine weitere Ausnahme von der Abgabepflicht sieht § 3 Abs. 2 und 4 der Kontrolleinrichtungenverordnung des Wiener Gemeinderates vor, wonach bei der Entwertung von entgeltlichen Parkscheinen angefangene Viertelstunden unberücksichtigt gelassen werden können. Diese Ausnahme von der Abgabepflicht für die ersten, bis zu 14 Minuten kann im vorliegenden Fall schon mangels Parkscheines nicht erfüllt sein.

§ 6 der Parkometerabgabeverordnung normiert weitere Ausnahmen:

"§ 6. Die Abgabe ist nicht zu entrichten für:

a) Fahrzeuge, die für den Bund, eine andere Gebietskörperschaft oder einen Gemeindeverband zugelassen sind, ausgenommen Personenkraftwagen;

b) Einsatzfahrzeuge gemäß § 26 StVO 1960 und Fahrzeuge im öffentlichen Dienst gemäß § 26a StVO 1960;

c) Fahrzeuge des Straßendienstes und der Müllabfuhr gemäß § 27 StVO 1960;

d) Fahrzeuge, die von Ärzten bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind;

e) Fahrzeuge, die von Personen im diplomierten ambulanten Pflegedienst bei einer Fahrt zur Durchführung solcher Pflege gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5a StVO 1960 gekennzeichnet sind;

f) Taxis, die zum Zwecke der Kundenaufnahme oder -abfertigung anhalten;

g) Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind;

h) Fahrzeuge, die von Personen, die zur selbstständigen Ausübung des Hebammenberufs berechtigt sind, bei einer Fahrt zur Leistung von Geburtshilfe gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5c StVO 1960 gekennzeichnet sind."

Im vorliegenden Fall ist keine der Ausnahmen des § 6 Parkometerabgabeverordnung erfüllt.

Der Beschwerdeführer führt mit Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 81/17/0168 aus, dass auch das "Halte- und Parkverbot ,ausgenommen Omnibusse" […] auf ein Erlauben des dortigen Haltens bzw. Parkens mit Omnibussen [abzielt]" und somit § 1 Parkometergesetz 2006 nicht zur Anwendung komme. Dabei übersieht der Beschwerdeführer jedoch, dass diese Entscheidung spezifisch zu Ladetätigkeiten ergangen ist und den Grundsatz, wonach die Gebührenpflicht innerhalb einer solchen Kurzparkzone auch dann besteht, wenn an bestimmten Stellen der Kurzparkzone nach anderen Rechtsvorschriften das Halten und Parken verboten ist, gerade nicht berührt (siehe ). Vielmehr ist dem Verwaltungsgerichtshof die Berücksichtigung der Rechtsauffassung im Bericht des Verkehrsausschusses zur 9. StVO-Novelle (1099 Blg. Nr. 15. GP), wonach von der Kurzparkzonenregelung Fahrzeuge ausgenommen seien, für die durch Straßenverkehrszeichen reservierte Straßenstellen im Bereich einer Kurzparkzone vorgesehen seien, wie zB Fahrzeuge für Behinderte, Fahrzeuge des Diplomatischen Corps sowie Fahrzeuge mit denen Ladetätigkeiten durchgeführt werde, nur möglich, weil sich die Rechtsauslegung mit dem Gesetzestext deckt (siehe ).

Eine solche Ladetätigkeit oder andere im Gesetz aufgezählte Ausnahme liegen jedoch im Beschwerdefall gerade nicht vor. Vielmehr hat der Beschwerdeführer den Omnibus für drei Stunden abgestellt, um einen Spaziergang zu machen. Der bloße Umstand, dass im Bereich der Kurzparkzone ein weiterer Bereich ein Halte- und Parkverbot normiert, wovon jedoch Omnibusse ausgenommen sind, schließt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Gebührenpflicht innerhalb einer solchen Kurzparkzone nicht aus (vgl und ). Die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 81/17/0168 aufgestellte restriktive Wortinterpretation kann nicht so weit gehen, dass dadurch ein generelles gebührenfreies Abstellen von Omnibussen im Bereich von Kurzparkzonen erreicht wird. Dies würde dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufen, wonach einerseits bestimmten Berufsgruppen zur Versorgungs- und Hilfeleistung ein Abstellen ermöglicht werden soll sowie anderseits ein kurzzeitiges Abstellen zum Ein- und Aussteigen bzw Ein- und Ausladen. Das Abstellen eines Omnibusses für einen Zeitraum von drei Stunden ohne Ein- oder Aussteigen von Personen findet in der Ausnahme des Gebührentatbestandes jedenfalls keine Deckung.

Der Beschwerdeführer hätte sein Fahrzeug daher entweder durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein kennzeichnen oder einen elektronischen Parkschein aktivieren müssen, was er jedoch unstrittig nicht getan hat.

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

Der Beschwerdeführer hat am , um 18:14 Uhr die Parkometerabgabe nicht entrichtet und daher den objektiven Tatbestand der fahrlässigen Verkürzung der Parkometerabgabe verwirklicht.

Neben der objektiven Tatseite (Tatumstände, die das äußere Erscheinungsbild des deliktischen Geschehens betreffen) kommt es im Verwaltungsstrafverfahren aber als wesentliche Komponente auch auf das Verschulden an, sodass auch Sachverhaltsfeststellungen, die eine dahingehende Beurteilung ermöglichen, zu treffen sind (vgl ).

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Der Beschwerdeführer setzt den Anzeigedaten des Meldungslegers in seiner Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde im Wesentlichen entgegen, er habe sein Fahrzeug (Omnibus) zum Tatzeitunkt an einem auf der Website www.wien.gv aufgelisteten Parkplatz für Omnibusse abgestellt. Auf genannter Internet Seite werden Parkplätze in 1030 Wien, Schweizer-Garten-Straße (Tatort) für vier Busse täglich von 0-24h als gratis angeführt.

Den vorher genannten rechtlichen Bestimmungen ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass jeden Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, die unverzügliche Verpflichtung trifft, die rechtlich vorgesehenen Parkscheine (in Papier oder auf elektronischem Weg) zu verwenden und diese rechtskonform zu entwerten und anzubringen bzw zu aktivieren.

Der Beschuldigte hat glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft und dabei initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht (vgl , vgl weiters die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II zu § 5 VStG, E 125 bis E 127 zitierte hg Judikatur).

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass auf der offiziellen Homepage der Stadt Wien (www.wien.gv.at) Informationen zur Gratisparkmöglichkeit für Omnibusse in 3., Schweizer-Garten-Straße, somit am Tatort - ausgewiesen waren, weswegen er das gegenständliche Fahrzeug ohne Parkschein abgestellt habe.

Das Bundesfinanzgericht hat die angegebene Seite recherchiert und die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Informationen der kostenfreien Busparkmöglichkeit in 3., Schweizer-Garten-Straße sind entsprechend des in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhaltes an dieser Stelle abrufbar.

Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift den Täter nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschriften nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen somit unverschuldet sein. Die bloße Argumentation mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bei der zuständigen Stelle; wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl zB ; ).

Nach der Rechtsprechung des VwGH darf sich der Beschuldigte auf die Richtigkeit von Informationen, die von der zuständigen Behörde oder ihrer Oberbehörde im Internet bereitgestellt werden, verlassen, soweit diese Informationen eindeutig und auch nicht erkennbar unvollständig oder bloß beispielhaft sind und kein Zweifel darüber bestehen kann, dass sie für den konkreten Sachverhalt relevant sind (vgl ).

Dies trifft im Beschwerdefall zu. Der Beschwerdeführer hat nicht sorglos gehandelt, sondern vielmehr glaubhaft im Vorhinein Recherchen zu Gratisparkmöglichkeiten für Omnibusse eingeholt. Die nunmehr strittigen "Gratisparkplätze" wurden dabei nicht nur vom Wiener Tourismusverband, sondern auch auf der auf der offiziellen Homepage der Stadt Wien beworben. Da der Beschwerdeführer seinen Omnibus in der mittels Verkehrszeichen ausgeschilderten Halte- und Parkverbotszone "ausgenommen Omnibusse" abgestellt hatte, ging er entsprechend der an offizieller Stelle erhaltenen Informationen vermeintlich davon aus, seinen Omnibus auf einen der (vorher genannten) Gratisparkplätze - wie im Internet ausgewiesen - abgestellt zu haben.

Das Bundesfinanzgericht geht entsprechend der als glaubwürdig beurteilten Darstellung des Sachverhalts durch den Beschwerdeführer davon aus, dass diesen ausnahmsweise im Rahmen der strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in subjektiver Hinsicht kein Verschulden an der ihm angelasteten Verletzung der Verwaltungsvorschrift trifft.

Aus den dargelegten Gründen wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500151.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at