Parkometerabgabe; verspäteter Einspruch gegen Strafverfügung; unsubstantiiertes Vorbringen und Vorlage von Unterlagen, die nicht geeignet waren, von einer rechtsunwirksamen Zustellung auszugehen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zl. MA67/Zahl/2021, in Zusammenhang mit einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 46/2016, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht:
Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete dem Beschwerdeführer (Bf.) nach einer bei der Zulassungsbesitzerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna eingeholten Lenkerauskunft (ZL) und unter Zugrundelegung der Anzeigedaten eines Kontrollorgans Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom an, er habe das Fahrzeug am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1020 Wien, Kurzbauergasse 9, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 20:19 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Die Strafverfügung enthielt in der Rechtsmittelbelehrung den Hinweis, dass der Einspruch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung schriftlich oder mündlich bei der Behörde einzubringen ist.
Gegen die Strafverfügung wurde vom Bf. mit E-Mail vom Einspruch erhoben und die ihm angelastete Tat bestritten.
Da der Einspruch nach der Aktenlage verspätet war, brachte die belangte Behörde dem Bf. mit Verspätungsvorhalt vom zur Kenntnis, dass die Strafverfügung am dem Zustellorgan übergeben worden sei und demnach die Zustellfrist analog zu § 26 Abs. 2 Zustellgesetz am dritten Werktag nach Übergabe an das Zustellorgan, zu laufen beginne. Das Rechtsmittel sei jedoch erst am , somit nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, mittels E-Mail eingebracht worden.
Er werde in diesem Zusammenhang ersucht bekanntzugeben, ob er zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung nicht nur vorübergehend von der Abgabestelle abwesend gewesen sei und insbesondere durch eine Reise, einen Urlaub oder einen Krankenhausaufenthalt gehindert gewesen war, von der Zustellung Kenntnis zu erlangen. Sollte dies der Fall gewesen sein, werde er aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen, gerechnet ab Zustellung des Schreibens, entsprechende Bescheinigungsmittel, wie eine Aufenthaltsbestätigung, Hotelrechnung, Reiseticket u. dgl. vorzulegen. Widrigenfalls sei von einer rechtswirksamen Zustellung der Strafverfügung auszugehen und der Einspruch wegen Verspätung zurückzuweisen.
Der Bf. machte in seiner Stellungnahme vom (E-Mail) keinen Zustellmangel betreffend die Zustellung der in Rede stehenden Strafverfügung geltend, sondern brachte - soweit relevant - nur vor, dass er die von der Behörde geforderten Beweise nicht erbringen könne.
Die Magistratsabteilung 67 wies in der Folge den Einspruch des Bf. vom gegen die Strafverfügung vom , mit Bescheid vom gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) mit der Begründung zurück, dass die gegenständliche Strafverfügung am dem Zustellprozess übergeben worden sei und daher die dreitägige Zustellfrist analog zu § 26 Abs. 2 Zustellgesetz begonnen habe.
Der Einspruch sei trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am , somit nach Ablauf der Einspruchsfrist, eingebracht worden.
Dass ein Zustellmangel unterlaufen sei und der Bf. nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen habe können, sei nicht entnehmbar gewesen, habe der Bf. doch zum Vorhalt der Verspätung vom im Wesentlichen sein Einspruchsvorbringen wiederholt und angegeben, dass er in der fraglichen Zeit das erste Mal geimpft worden sei und aufgrund von Verletzungen gesundheitliche Probleme gehabt habe. Er habe angegeben, die von der belangten Behörde geforderten Beweise nicht erbringen zu können.
Der Bf. erhob gegen den Zurückweisungsbescheid binnen der Rechtsmittelfrist folgende Beschwerde (E-Mail vom ):
"Enschuldigen Sie mir bitte, das ich so langweilig bin, aber voriges Woche könnte ich wieder nicht zu Euch reinkommen, obwohl habe ich die nötige gesundheitliche Dokumentation bei sich gehabt, am Telefonkontakt habe diese anwensung wegen Coronapandemie auf dise Art zu erlädigen. Ich war voriges mail wegen erläbte Arbeitsunfall von 25. MAI mit Anspruch verpätet. Von diese Zeit bin ich Arbeitunfähig. Auch noch Monate brauche ich für Rehabilitation. War offensichtlich, dass der Beschuldigte war der Herr XY, weil er wollte damit Geld sparen und hat wenige Geld bezahlt, wie ich ihm gesagt habe…"
Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde am samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (eingelangt am ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Die Magistratsabteilung 67 hat die gegenständliche Strafverfügung vom am dem Zustellorgan übergeben und die Zustellung gemäß § 26 Abs. 1 Zustellgesetz (Zustellung ohne Zustellnachweis) veranlasst.
Die Strafverfügung enthielt eine rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung.
Gegen die Strafverfügung wurde vom Bf. mit E-Mail vom , und damit nach Ablauf der Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG, Einspruch erhoben.
Der Bf. hat weder vorgebracht, dass ein Zustellmangel unterlaufen ist, noch, dass er nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen habe können.
Der Einspruch war daher verspätet.
Gesetzliche Grundlagen:
§ 49 VStG idF ab normiert:
(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten…
(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.
§ 32 AVG idF ab lautet:
(1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
§ 33 AVG idF ab lautet:
(1) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
(3) Die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) werden in die Frist nicht eingerechnet.
(4) Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.
§ 26 Zustellgesetz idF ab lautet:
(1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.
(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:
Die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels beginnt mit der (ordnungsgemäßen) Zustellung des Bescheides an den Empfänger zu laufen (, ).
Erfolgt die Zustellung, wie im vorliegenden Fall, gemäß § 26 Abs. 1 Zustellgesetz ohne Zustellnachweis, so hat die Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, bevor sie die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ausspricht, entweder von Amts wegen (§ 39 Abs. 2 AVG) zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist oder dem Rechtsmittelwerber die Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Andernfalls trägt sie das Risiko der Aufhebung des Bescheides wegen unterlaufener Verfahrensmängel (vgl. zB , , , vgl. weiters die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, § 66 AVG E 82 bis E 88 zitierte hg. Rechtsprechung).
Entsprechend dieser Judikatur hat die Behörde den Bf. mit Verspätungsvorhalt vom über das nach der Aktenlage verspätete Rechtsmittel (Beschwerde) in Kenntnis gesetzt und ihm für den Fall, dass er einen Zustellmangel geltend mache, unter Setzung einer zweiwöchigen Frist zur Beibringung von Bescheinigungsmittel (Aufenthaltsbestätigung, Hotelrechnung, Reiseticket u. dgl.) aufgefordert.
Der Bf. brachte in seiner Stellungnahme vom (E-Mail) - soweit relevant - nur vor, dass er nicht beweisen könne, was ihm die Behörde freundlich geboten habe. Der E-Mail war eine Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin über die 1. Covid-Impfung am sowie ein Befund des Lorenz Böhler Krankenhauses (Unfallzeit ) beigefügt.
Die Magistratsabteilung 67 ging, da ein Zustellmangel weder geltend noch glaubhaft gemacht wurde und sich auch nicht ergab, dass der Bf. wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen habe können, von einer ordnungsgemäßen Zustellung der am versendeten Strafverfügung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan (= unter Berücksichtigung von Samstag und Sonntag) am aus und wies den Einspruch mit Bescheid gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurück (vgl. hierzu , ).
Wird mit Bescheid ein Einspruch gegen eine Strafverfügung gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen, kann man dadurch nur in seinem Recht auf Einleitung des ordentlichen Verfahrens (vgl. § 49 Abs. 2 erster Satz VStG) verletzt werden (vgl. , ).
Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. , , ).
Der Bf. machte auch in seiner Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid weder einen Zustellmangel betreffend die Zustellung der Strafverfügung geltend noch brachte er vor, dass er nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt habe.
Sein Einwand beschränkte sich, abgesehen vom sonstigen, nicht relevanten Vorbringen, darauf, dass er wegen dem Arbeitsunfall vom den Einspruch verspätet erhoben habe, da er seit dieser Zeit arbeitsunfähig sei. Er brauche auch noch Monate für Rehabilitation.
Der Beschwerde waren Unterlagen beigefügt (Befund des Diagnosezentrums ***1*** vom (MRT des rechten Schultergelenkes), Verordnung zur physikalischen Behandlung eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom , Foto (Kopie) der CD des Diagnosezentrums ***1*** vom (MR Schulter rechts) sowie zwei "Merkzettel" der Orthopädie ***2*** für Untersuchungstermine am und am ), die nicht den Zeitraum der Zustellung der Strafverfügung umfassten.
Die Unterlagen waren daher nicht geeignet, die ordnungsgemäße Zustellung der Strafverfügung in Zweifel zu ziehen.
Der Bf. hat in seiner Beschwerde auch nicht vorgebracht, dass er zum Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung von der Abgabestelle ortsabwesend war bzw. warum ihm nicht ausreichend Zeit für die Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfügung, welche mittels E-Mail eingebracht wurde, zur Verfügung stand.
Es war daher von einer rechtswirksamen Zustellung der Strafverfügung vom am (= dreitägige Zustellfrist analog zu § 26 Abs. 2 Zustellgesetz unter Beachtung von Samstag und Sonntag) auszugehen.
Die Einspruchsfrist begann daher am Mittwoch, den und endete Mittwoch, den .
Der Einspruch wurde jedoch erst am mit E-Mail eingebracht.
Die belangte Behörde hat daher den Einspruch des Bf. vom gegen die Strafverfügung vom zu Recht mit Bescheid vom 3. September gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.
Da "Sache" eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, auf das Beschwerdevorbringen inhaltlich einzugehen (vgl. zB , ).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision nur zulässig, wenn das Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil sich die Frist zur Erhebung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung und die Rechtsfolgen der Versäumung dieser Frist unmittelbar aus dem Gesetz ergeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 32 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 § 33 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 § 2 Z 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 26 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 26 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 49 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500594.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at