Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2022, RV/7104792/2018

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung bei einem Prominenten

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7104792/2018-RS1
Dass es sich beim Verstorbenen um einen Prominenten gehandelt hat, bewirkt nicht, dass Begräbniskosten über das Maß der gewöhnlichen Beerdigungskosten hinaus als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Schabetsberger & Partner Steuerberatung und Unternehmensberatung GmbH, Fischerstiege 9, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer 2016 Steuernummer ***BFStNr*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die Einkommensteuer 2019 wird mit € 3.147,00 festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In ihrer Einkommensteuererklärung 2016 machte die Beschwerdeführerin Sonderausgaben (Versicherungsprämien i.H.v. € 3.177,11 und Steuerberatungskosten i.H.v. € 360,00) sowie außergewöhnliche Belastungen (Krankheitskosten i.H.v. € 1. 620,54 und Begräbniskosten i.H.v. € 5.000,00) geltend. Über Vorhalt der belangten Behörde belegte sie die Versicherungsprämien (Topf-Sonderausgaben), die Steuerberatungskosten sowie die Krankheitskosten. Hinsichtlich der Begräbniskosten übermittelte sie den Einantwortungbeschluss des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom , ***GZ Verlassenschaftsverfahren***, womit u.a. die Gebühren des Gerichtskommissärs für die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung nach ihrem verstorbenen Ehegatten mit € 1.272,00 bestimmt werden, eine Rechnung der Bestattung Wien betreffend das Begräbnis über € 9.612,60, eine Rechnung des Steinmetzbetriebes ***Steinmetz*** betreffend die Herstellung des Grabmales über € 6.430,00, eine Rechnung der Firma ***Blumenhandlung*** über € 1.610,00 sowie eine Lastschriftanzeige des Landesgerichtes St. Pölten betreffend die Pauschalgebühr für das Verlassenschaftsverfahren i.H.v. € 69,00. Ein weiterer Vorhalt, mit welchem die belangte Behörde um Übermittlung des "Verlassenschaftbeschlusses" ersuchte, blieb unbeantwortet.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer 2016 mit € 3.339,00 fest. Von der Erklärung weicht diese Festsetzung insofern ab, als die Begräbniskosten nicht anerkannt wurden, da trotz schriftlicher Aufforderung die erforderlichen Unterlagen nicht beigebracht worden seien. Im Übrigen wurden die geltend gemachten Beträge grundsätzlich anerkannt, wobei sich die Topf-Sonderausgaben (Versicherungsprämien) nur entsprechend der Regel des § 18 Abs. 3 Z. 2 EStG 1988 (Sonderausgabenviertel, Einschleifregelung) ausgewirkt haben und die übrigen außergewöhnlichen Belastungen (Krankheitskosten) nicht berücksichtigt wurden, da sie den Selbstbehalt nicht überstiegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom . In dieser bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sie entgegen den Ausführungen der belangten Behörde alle geforderten Unterlagen beigebracht habe. Zusätzlich legte sie das Protokoll des Gerichtskommissärs vom in der Verlassenschaftssache nach ihrem verstorbenen Ehegatten vor und machte weitere Kosten i.H.v. € 5.000,00 für den Grabstein als außergewöhnliche Belastung geltend. Am ergänzte sie die Beschwerde dahingehend, dass die Krankenversicherungsbeiträge i.Z.m. ihren ausländischen Pensionen nicht berücksichtigt worden seien, nämlich € 46,56 i.Z.m. ihrer deutschen Pension und € 420,12 i.Z.m. ihrer britischen Pension.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den Bescheid vom insofern ab, als die Krankenversicherungsbeiträge von der britischen Pension nunmehr berücksichtigt wurden. Im Übrigen wurde der Beschwerde nicht Folge gegeben. Hinsichtlich der Begräbniskosten begründete die belangte Behörde dies damit, dass der zulässige Höchstbetrag an Begräbniskosten einschließlich Grabmal in den (nach Abzug der Kosten des Verlassenschaftsverfahrens verbleibenden) Nachlassaktiva Deckung finde, sodass die Begräbniskosten aus diesen Nachlassaktiva zu bestreiten seien und insoweit keine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 34 EStG 1988 darstellen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin (nach zweimaliger Fristverlängerung) am Vorlageantrag. Darin macht sie einerseits geltend, dass das im Protokoll vom aufgeführte Nachlassvermögen insofern nach unten zu korrigieren sei, als ein Liegenschaftsanteil (Wert laut Protokoll: € 6.845,19) nicht verwertbar sei und zwei Kraftfahrzeuge (Werte laut Protokoll: € 2.500,00 bzw. € 3.000,00) um lediglich € 1.000,00 bzw. € 1.500,00 verkauft werden konnten. Weiters macht sie geltend, dass die tatsächlichen Begräbniskosten € 21.521,00 betragen haben und für deren Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung auch maßgeblich sei, welche soziale Stellung der Verstorbene hatte. Beim Ehegatten der Beschwerdeführerin habe es sich um einen prominenten Künstler gehandelt, weshalb die als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Begräbniskosten nicht mit € 10.000,00 begrenzt seien.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin bezog im Jahr 2016 neben einer inländischen Bundespension i.H.v. € 35.394,00 (Kz. 245) eine britische Pension i.H.v. € 8.614,12 (Kz. 359; Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, für die Österreich das Besteuerungsrecht zusteht) abzügl. Krankenversicherungsbeiträge i.H.v. € 420,12 (sohin € 8.194,00) und eine deutsche Pension i.H.v. € 370,80 (Kz. 453; unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) abzügl. Krankenversicherungsbeiträge i.H.v. € 46,56 (sohin € 324,24). Sie leistete Beiträge zu einer (vor 2016 abgeschlossenen) freiwilligen Krankenversicherung im Ausmaß von € 3.177,11 und hatte Aufwendungen für Steuerberatung i.H.v. € 360,00 sowie Krankheitskosten i.H.v. € 1.620,54.

Die Beschwerdeführerin ist die Witwe des bekannten Fernsehmoderators, Schauspielers, Kabarettisten, Musikers und Schriftstellers ***Bf-EG***, der am ***XX.XX.XXXX*** verstorben ist. Die Verlassenschaft nach ***Bf-EG*** wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom , ***GZ Verlassenschaftsverfahren***, der Beschwerdeführerin eingeantwortet. Im Protokoll des Gerichtskommissärs vom werden die Nachlassaktiva mit € 18.163,64 bewertet. Darin enthalten sind ein Hälfteanteil an einer ungarischen Liegenschaft (€ 6.845,19), ein Pkw Jeep Grand Cherokee Overland (€ 2.500,00) und ein Pkw Chevrolet Trans Sport (€ 3.000,00). Der Liegenschaftsanteil wurde in Abgeltung seines Pflichtteilsanspruches vom Sohn des Verstorbenen übernommen. Den Pkw Jeep hat die Beschwerdeführerin mit Kaufvertrag vom um € 1.000,00 verkauft, den Pkw Chevrolet mit Kaufvertrag vom um € 1.500,00. Die Gebühren des Gerichtskommissärs für die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung haben € 1.272,00 betragen, die für das Verlassenschaftsverfahren aufgelaufene gerichtliche Pauschalgebühr (§ 32 TP 8 GGG) € 69,00.

Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 2016 i.Z.m. dem Tod und dem Begräbnis ihres Ehegatten zumindest € 18.357,64 aufgewendet, welche sich wie folgt zusammensetzen (Beträge jeweils incl. USt):

Sarg, Kondolenzbuch, Gedenktafel € 1.480,80
Bearbeitungsgebühr € 90,00
Thanatopraxie € 540,00
Abholung, Transport € 1.087,20
Aufbahrung € 463,08
Personal € 1.701,60
Trauerdrucksorten € 643,50
Fotogr. Leistung € 106,80
Krankenhauskosten € 161,34
Kirche € 148,00
Friedhof € 3.162,40
Sterbeurkunden € 27,90
Grabmal € 6.430,00
Blumen € 1.610,00
Porti € 235,17
Trauerkleidung € 331,85
Fahrtkosten € 65,00
Parkgebühren € 73,00
_______________________________________

Summe € 18.357,64

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu den Einkünften der Beschwerdeführerin sowie zu ihren Aufwendungen für eine (freiwillige) Krankenversicherung, Steuerberatung und Krankheitskosten gründen sich auf die diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Einkommensteuererklärung, die auch von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen wurden sowie auf die mit Schreiben vom vorgelegten Urkunden (Arztrechnungen, Schreiben der BVA betr. Kostenersatz/Kostenzuschuss, Honorarnote RA Dr. ***RA***, Polizze der ***Versicherung***).

Die Feststellungen zum Verlassenschaftsverfahren nach ***Bf-EG*** gründen sich auf das Protokoll des Gerichtskommissärs Dr. ***Notar*** vom , den Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom , ***GZ Verlassenschaftsverfahren*** sowie die Lastschriftanzeige des Landesgerichtes St. Pölten (zu ***GZ Verlassenschaftsverfahren*** des BG Purkersdorf) vom . Dass ***Bf-EG*** ein prominenter Künstler war, ist allgemein bekannt und auch zahlreichen Online-Medien zu entnehmen (z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/***Bf-EG***).

Die Feststellungen zu den Kosten i.Z.m. dem Todesfall gründen sich ebenfalls auf das Protokoll des Gerichtskommissärs Dr. ***Notar*** vom sowie auf die Rechnungen der Bestattung Wien vom , der Fa. Steinmetzbetrieb ***Steinmetz*** vom und der Fa. ***Blumenhandlung (undatiert). Anzumerken ist, dass im Protokoll des Gerichtskommissärs unter den Begräbniskosten auch eine Rechnung der Friedhöfe Wien über € 3.162,40 angeführt wird. Eine Rechnungsposition mit dieser Bezeichnung und diesem Betrag enthält auch die Rechnung der Bestattung Wien vom ("Auslagen in Ihrem Namen"). Ob es sich hierbei um dieselben Aufwendungen handelt und dieser Betrag daher vom Gerichtskommissär im Ergebnis (versehentlich) doppelt veranschlagt wurde, kann aus rechtlichen Gründen (s.u.) dahingestellt bleiben. Die Feststellungen zu den Verkäufen der PKWs Jeep und Chevrolet gründen sich schließlich auf die diesbezüglichen von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kaufverträge.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gem. § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben sog. außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit derartiger Aufwendungen ist, dass sie "außergewöhnlich" (höherer als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen mit gleichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen erwächst) sind, zwangsläufig erwachsen (d.h. dass sich der Steuerpflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (d.h. den in § 34 Abs. 4 EStG 1988 näher geregelten Selbstbehalt übersteigen).

Die Kosten für ein dem Ortsgebrauch, dem Stand und dem Vermögen des Verstorbenen angemessenes Begräbnis sind in erster Linie aus dem Nachlassvermögen zu bestreiten (§ 549 ABGB). Soweit die (mit Verkehrswerten zu veranschlagenden) Nachlassaktiva abzüglich der Kosten des Verlassenschaftsverfahrens (hier also abzüglich der Gebühren des Gerichtskommissärs i.H.v. € 1.272,00 und der Pauschalgebühr i.H.v. € 69,00) nicht ausreichen, um die Begräbniskosten zu decken, können diese eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn sie von jemandem übernommen wurden, den eine rechtliche oder sittliche Verpflichtung hierzu trifft (; , 84/14/0040; ). Eine derartige rechtliche Verpflichtung trifft diejenigen, die gegenüber dem verstorbenen (grundsätzlich) unterhaltspflichtig waren () und damit jedenfalls die Beschwerdeführerin als hinterbliebene Ehegattin, die zudem wohl auch eine sittliche Verpflichtung zur Übernahme der Begräbniskosten getroffen hätte.

Der Höhe nach sind die als außergewöhnliche Belastung absetzbaren Begräbniskosten grundsätzlich mit den Kosten eines dem Ortsgebrauch und der sozialen Stellung des Verstorbenen Rechnung tragenden würdigen Begräbnisses und einfachen Grabmals begrenzt (vgl. : "in mehr oder weniger bescheidenem Ausmaß"). Nach der Judikatur des UFS und des BFG liegt die Obergrenze bei jenem Betrag, der in der jeweils gültigen Beerdigungskostenverordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde als "Höchstbetrag für die gewöhnlichen Beerdigungskosten" i.S.d. § 159 VersVG festgelegt ist (; , RV/5101013/2011; , RV/5100908/2013; , best. durch ). Für das hier maßgebliche Veranlagungsjahr 2016 lag dieser Höchstbetrag bei € 10.000,00 für Begräbnis und Grabmal (§ 1 Beerdigungskostenverordnung 2016, BGBl II Nr. 172/2015). Werden höhere Kosten geltend gemacht, ist jedenfalls deren Zwangsläufigkeit nachzuweisen (Peyerl in Jakom EStG, 14. Aufl. [2021], Rz 90 zu § 34, "Begräbniskosten"; Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, Rz 78 zu § 34, "Begräbniskosten"; Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, 21. Aufl., § 34, "Begräbnis"). Demgemäß wurden etwa besondere Überführungskosten vom Sterbeort zum Begräbnisort () oder Mehrkosten für einen übergroßen Sarg und die Korrektur der Grabeinfassung infolge außergewöhnlicher Körpermaße des Verstorbenen () anerkannt, nicht aber Mehraufwendungen für ein Gruftbegräbnis anstelle einer Erdbestattung (-G/03).

Im vorliegenden Fall argumentiert die Beschwerdeführerin, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Begrenzung mit dem Höchstbetrag für gewöhnliche Beerdigungskosten nach der Beerdigungskostenverordnung nicht gelte, da für die Höhe der absetzbaren Begräbniskosten auch die soziale Stellung des Verstorbenen (hier: ein prominenter Künstler) eine Rolle spiele. Hierzu ist festzuhalten, dass bei den Verwandten und Bekannten des Verstorbenen (und möglicherweise auch in der Öffentlichkeit) zwar eine gewisse Erwartungshaltung bestanden haben mag, ein aufwendigeres Begräbnis auszurichten und ein aufwendiger gestaltetes Grabmal zu errichten, als es dem Durchschnitt entsprechen würde. Dass die damit verbundenen Zusatzkosten "zwangsläufig" i.S.d. § 34 EStG 1988 gewesen wären, kann nach Auffassung des Gerichtes aber nicht gesagt werden. Soweit erhöhte Begräbniskosten in der bisherigen Rechtsprechung als außergewöhnliche Belastung anerkannt wurden, handelte es sich um Fälle, in denen ohne Aufwendung dieser Kosten der Verstorbene entweder überhaupt nicht (übergroßer Sarg und Korrektur der Grabeinfassung) oder nicht an einem Ort in der Nähe des Wohnsitzes der Hinterbliebenen bestattet hätte werden können (Überführungskosten). Eine derartige Zwangsläufigkeit ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Auch in -G/03 (Gruftbegräbnis statt Erdbestattung) wurde mit der sozialen Stellung des Verstorbenen (Mitglied in allen örtlichen Vereinen, teils als Vorstand) argumentiert, die Zwangsläufigkeit der erhöhten Kosten jedoch nicht anerkannt.

Dass die Prominenz eines Verstorbenen nicht dazu führen kann, dass Begräbniskosten auch über das Maß der gewöhnlichen Beerdigungskosten hinaus eine außergewöhnliche Belastung bewirken, zeigt auch ein Vergleich mit § 46 Abs. 1 Z. 7 IO. Nach dieser Bestimmung stellen die Kosten einer einfachen Bestattung des Insolvenzschuldners eine (bevorrechtete) Masseforderung dar. An Kosten einer "einfachen Bestattung" darf hierbei so viel aufgewendet werden, dass einerseits nicht die Pietätsgefühle der Hinterbliebenen verletzt und andererseits die Grenzen der wirtschaftlichen Tragbarkeit gewahrt bleiben (). Es ist daher zwischen den Interessen der Hinterbliebenen und jenen der Insolvenzgläubiger abzuwägen und wäre es wohl nicht einzusehen, dass erhöhte Begräbniskosten lediglich deshalb die Insolvenzquote schmälern und damit zu Lasten der Insolvenzgläubiger gehen sollen, weil es sich beim Verstorbenen um einen Prominenten gehandelt hat. Nach der Rechtsprechung deckt sich der Begriff der "einfachen Bestattung" in § 46 Abs. 1 Z. 7 IO mit dem Verständnis des einfachen Begräbnisses, das § 34 EStG 1988 zugrunde liegt (; , best. durch ). Auch im Anwendungsbereich des § 34 EStG 1988 ist daher eine Interessenabwägung (hier: zwischen den Interessen der Hinterbliebenen bzw. desjenigen, der die Begräbniskosten übernommen hat, und der Allgemeinheit) vorzunehmen und kann auch hier diese Interessenabwägung nur dazu führen, dass die Prominenz des Verstorbenen nicht zur Folge hat, dass Begräbniskosten ohne Begrenzung auf das gewöhnliche Maß eine außergewöhnliche Belastung verwirklichen würden.

Da für die Beurteilung der Angemessenheit von Begräbniskosten auch das Vermögen des Verstorbenen von Bedeutung ist (; im Anwendungsbereich des § 549 ABGB kommt dem Vermögen von allen Kriterien die größte Bedeutung zu: Welser in Rummel, ABGB, 4. Aufl. Rz. 7 zu § 549, m.w.N.), muss auch berücksichtigt werden, dass die gegenständlichen Begräbnis- und sonstigen Todesfallkosten den Wert der Nachlassaktiva übersteigen. Auch dieser Umstand spricht dafür, Begräbniskosten über das Maß der gewöhnlichen Beerdigungskosten hinaus nicht bzw. nur bei zwingenden Gründen als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Nach Auffassung des Gerichtes sind daher die als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Begräbniskosten auch im vorliegenden Fall mit den Kosten einer gewöhnlichen/einfachen Bestattung begrenzt, also mit dem für das Jahr 2016 geltenden Betrag laut § 1 der Beerdigungskostenverordnung 2016 i.H.v. € 10.000,00.

Damit übersteigen die außergewöhnlichen Belastungen insgesamt, also die Beerdigungskosten und die Krankheitskosten den Selbstbehalt i.S.d. § 34 Abs. 4 EStG 1988 aber auch dann nicht, wenn der Hälfteanteil an der ungarischen Liegenschaft (€ 6.845,19) aus dem Nachlassvermögen auszuscheiden und die PKWs lediglich mit € 1.000,00 bzw. € 1.500,00 zu bewerten sein sollten. Der Selbstbehalt beträgt (sofern das Einkommen - wie hier - den Betrag von € 36.400,00 übersteigt) 12 % des Einkommens vor Abzug der Sonderausgaben einschließlich der sonstigen Bezüge i.S.d. § 67 EStG 1988 (§ 34 Abs. 4 u. 5 EStG 1988) sowie einschließlich der ausländischen Einkünfte, auch wenn sie durch DBA steuerbefreit sind (). Die Bemessungsgrundlage für den Selbstbehalt errechnet sich daher wie folgt:

Gesamtbetrag der Einkünfte € 43.588,00
Topf-Sonderausgaben € -516,73
Steuerberatungskosten € -360,00
sonst. Bezüge (§ 67) € 6.399,04
SV f. sonst. Bezüge € -500,02
ausl. Progressionseinkünfte € 324,24
__________________________________

Summe € 48.934,53

Der 12%ige Selbstbehalt beläuft sohin auf € 5.872,14. Scheidet man den Hälfteanteil an der ungarischen Liegenschaft (€ 6.845,19) aus dem Nachlassvermögen aus und veranschlagt man die PKWs lediglich mit € 1.000,00 bzw. € 1.500,00, belaufen sich die Nachlassaktiva auf € 8.318,45. Abzüglich der Gerichtskommissionsgebühren (€ 1.272,00) und der Pauschalgebühr (€ 69,00) verbleiben damit € 6.977,45 zur Abdeckung der Begräbniskosten. Bei der anzuwendenden Höchstgrenze von € 10.000,00 sind die Begräbniskosten daher im Ausmaß von € 3.022,55 nicht durch die Nachlassaktiva gedeckt und kommen damit als außergewöhnliche Belastung grundsätzlich in Betracht. Einschließlich der Krankheitskosten (€ 1.620,54) belaufen sich die außergewöhnlichen Belastungen daher auf € 4.643,09 und liegen damit unter dem Selbstbehalt von € 5.872,14. Somit kann dahingestellt bleiben, ob der Verkehrswert der ungarischen Liegenschaft (bei dem im Protokoll des Gerichtskommissärs genannten Betrag von € 6.845,19 soll es sich nicht um den Verkehrswert, sondern um den dreifachen Einheitswert handeln) tatsächlich infolge Unverwertbarkeit mit € 0,00 zu veranschlagen ist (wofür es wohl nicht ausreichend wäre, wenn sich bloß gegenwärtig kein Käufer findet) und ob die für die PKWs erzielten Verkaufserlöse den Verkehrswerten entsprechen. Da die außergewöhnlichen Belastungen jedenfalls unter dem Selbstbehalt liegen, spielt es auch keine Rolle, dass einige der geltend gemachten Positionen wie etwa Trauerkleidung und Fahrtkosten (daher wohl auch Parkgebühren) nicht abzugsfähig wären (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, Rz 78 zu § 34, "Begräbniskosten"; Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, 21. Aufl., § 34, "Begräbnis"). In Bezug auf die geltend gemachten Begräbniskosten war der Beschwerde daher der Erfolg zu versagen.

Stattzugeben war der Beschwerde jedoch insoweit, als die Krankenversicherungsbeiträge als Werbungskosten von den ausländischen Pensionsbezügen in Abzug zu bringen waren. Dies ist im Hinblick auf die britische Pension bereits in der Beschwerdevorentscheidung erfolgt. Im Hinblick auf die deutsche Pension war dies von der belangten Behörde offenkundig ebenfalls beabsichtigt, da - soweit aus dem Steuerberechnungsprogramm APS ersichtlich - der Betrag von € 46,56 unter Kz. 493 (Werbungskosten, die bei der Ermittlung der steuerbefreiten Auslandseinkünfte [Kennzahl 453] berücksichtigt wurden) eingetragen, jedoch - offenbar versehentlich - nicht bei der Kz. 453 (unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach Abzug allfälliger Werbungskosten) abgezogen wurde, sodass er sich bei der Berechnung der Einkommensteuer in der Beschwerdevorentscheidung nicht ausgewirkt hat.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da - soweit ersichtlich - zu der Frage, ob Begräbniskosten über das Maß der gewöhnlichen Beerdigungskosten hinaus als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können, weil es sich beim Verstorbenen um einen Prominenten gehandelt hat, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiert, war die Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7104792.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at