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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.03.2022, RV/3100230/2019

Berufsschulbesuch ohne praktische Lehre stellt keine "Berufsausbildung" iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG dar. Bei Aneinanderreihung mehrfach vorzeitig beendeter Lehrverhältnisse: für Zeiträume dazwischen kein FB-Anspruch, da kein "frühestmöglicher Beginn" der weiteren Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit d FLAG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel Lienz (nunmehr: FA Österreich) vom , SV-Nr, betreffend die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Jänner 2016 bis August 2018 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

1. Frau A (= Beschwerdeführerin, Bf) hat laufend die Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) ua. für den Sohn B, geb. 12/1997, bezogen.

2. Im Zuge einer Überprüfung des Anspruches im Dezember 2015 wurde eine Bestätigung v. vorgelegt, wonach der Sohn im Schuljahr 2015/16 als außerordentlicher Schüler die 1. Klasse der Fachberufsschule in X-Ort, betr. Lehrberuf Medienfachmann-Mediendesign, besucht.

3. In Entsprechung eines Ergänzungsersuchens wurden dem Finanzamt von der Bf am folgende Unterlagen vorgelegt:
- eine nochmalige Berufsschul-Besuchsbestätigung;
- ein Lehrvertrag, abgeschlossen mit der Fa. X-OG v. , wonach der Sohn
dort mit der Lehre zum "Medienfachmann-Mediendesign" begonnen hatte;
- ein Dokument über die "Vorzeitige Auflösung/Endigung des Lehrverhältnisses" des Sohnes
bei der Fa. X-OG am "während der Probezeit";
- ein Lehrvertrag, abgeschlossen mit der Fa. Y-GmbH/Ort2 v.
, wonach der Sohn nach Abschluss der Polytechnischen Schule ab
(Dauer bis ) die Lehre zum "Medienfachmann-Mediendesign" angetreten hat.

4. In der Folge wurde die FB (+ KG) für den Sohn B an die Bf weiterhin ausbezahlt.

5. Im Feber 2019 hat das Finanzamt wiederum eine Überprüfung des Anspruches vorgenommen. Es wurden die Sozialversicherungsdaten des Sohnes abgefragt, woraus ua. hervorgeht:
a) Er war Angestelltenlehrling bei der Fa. X-OG v. - und bei der
Fa. Y-GmbH v. - ;
b) er war angestellt bei der Fa. Z-GmbH v. 3.2. - ;
c) er hat v. 1.8. - beim XXX und v. 1.3. - in einem
Altenwohnheim den Zivildienst ausgeübt;
d) seit bis laufend (= im Feber 2019) ist er Angestelltenlehrling bei der Fa.
C-GmbH;
e) im restlichen Zeitraum von Feber 2015 bis Feber 2019 war der Sohn entweder
arbeitssuchend oder hat Arbeitslosengeld und einmal Krankengeld bezogen.

6. Dem anschließend vom Finanzamt mit der Wirtschaftskammer und der Fachberufsschule geführten e-mail-Schriftverkehr ist ua. Folgendes zu entnehmen:

- B hat in der Fachberufsschule als außerordentlicher Hörer bzw. als
"Gastschüler", dh. ohne bestehendes Lehrverhältnis, die 1. Klasse Grafik v. 09/2016 bis
07/2017 und die 2. Klasse Grafik v. 09/2017 bis 07/2018 im Umfang von 1x ganztägig
pro Woche besucht. Danach hat kein Schulbesuch mehr stattgefunden.
- Übermittelt wurde das Formular über die vorzeitige Auflösung des Lehrverhältnisses
"während der Probezeit" bei der Fa. Y-GmbH zum sowie
- eine Lehrzeitbestätigung, dass mit der Fa. C-GmbH ein Lehrvertrag v. 10.9. -
im Lehrberuf "IT-Informatik" und ab (Ende ) bis laufend
im Lehrberuf "Applikationsentwicklung-Coding" geschlossen wurde.

7. Das Finanzamt hat daraufhin mit Bescheid vom , SV-Nr, von der Bf für den Sohn zu Unrecht bezogene Beträge an FB und KG in Höhe von gesamt € 8.019,20 für den Zeitraum Jänner 2016 bis einschl. August 2018 zurückgefordert.
Begründend wurde unter Verweis auf die bezughabenden Bestimmungen ausgeführt, die Bf habe falsche Angaben gemacht, indem sie am einen Lehrvertrag vorgelegt habe, der mit Abbruch des Lehrverhältnisses bereits am gar nicht mehr gültig gewesen sei. Der Sohn habe zwar die Berufsschule, allerdings nur als Gastschüler einmal pro Woche und ohne Lehre, dh. daneben ohne praktische Ausbildung, besucht. Er habe die Schule am ohne Antritt zur Lehrabschlussprüfung (LAP) abgebrochen. Der alleinige Berufsschulbesuch erfülle mangels zeitlicher Intensität (bei erforderlichen zumindest 30 Wochenstunden) nicht die Voraussetzungen für den FB-Anspruch.

8. In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Bescheidaufhebung beantragt und vorgebracht, der Sohn habe nach Beendigung des ersten Lehrverhältnisses (Fa. X-OG) zumindest weiter die Berufsschule besuchen wollen. Er habe diese nach der 2. Klasse auch nicht abbrechen wollen, sondern habe dann in der Sparte Informatik die Lehrstelle bei der Fa. C-GmbH antreten können. Die Lehre bei der Fa. Y-GmbH habe er auch nicht "abgebrochen", sondern sei von der Firma in der Probezeit, also ohne sein Verschulden, gelöst worden. ISd § 2 Abs. 1 lit b - e FLAG habe der Sohn immer frühestmöglich die Berufsausbildung fortgesetzt, da er nach Beendigung der Lehrverhältnisse jeweils die Berufsschule besucht und auch ständig intensiv - oft erfolglos - nach einer neuen Lehrstelle gesucht habe. Den Zivildienst habe er zunächst unterbrechen und dann aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Der Sohn habe sich also während der ganzen Zeit, trotz gravierender gesundheitlicher Probleme und einer anerkannten Verhaltensbehinderung, nach all seinen Kräften um ehestmögliche Fortsetzung der Berufsausbildung bemüht. Schließlich habe er einen anderen Lehrberuf ab bei der Fa. C-GmbH angetreten und sei dies insgesamt nach Ansicht der Bf als "frühestmöglich" iSd Gesetzes zu bewerten. Zum Nachweis wurden an Unterlagen zusätzlich vorgelegt:
- Bescheid des Bezirksschulrates v. über die "Feststellung des
sonderpädagogischen Förderungsbedarfes" für den Sohn wegen Verhaltensbehinderung;
- 2 Zeugnisse der Fachberufsschule für die Schuljahre 2015/16 und 2016/17 betr. Besuch
jeweils der ersten Fachklasse "Medienfachmann - Mediendesign";
- Bescheide betr. Zuweisung zum Zivildienst (XXX), Beginn , sowie
betr. Unterbrechung per wegen "nicht positiv abgeschlossener Ausbildung";
- Bescheid betr. Zuweisung zum Zivildienst (Altenwohnheim Ort3), Beginn ,
sowie Bescheinigung (Schreiben v. ) der diesbezügl. Dienstunfähigkeit auf Dauer
lt. amtsärztlichem Gutachten.

Von der Bf wurde die Direktvorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht (BFG) ausdrücklich beantragt.

II. Sachverhalt:

Der Sohn der Bf, B geb. 12/1997, hat im Dezember 2015 die Volljährigkeit erreicht; das 24. Lebensjahr wurde im Dezember 2021 vollendet.
Für ihn war im Alter von 9 Jahren aufgrund von Verhaltensbehinderungen ein sonderpädago-gischer Förderbedarf festgestellt worden.
Nach Beendigung des Polytechnischen Lehrganges hatte er seine erste Lehrstelle bei der Fa. X-OG am angetreten; dieses Lehrverhältnis wurde per (lt. Dokument "Vorzeitige Auflösung") aufgelöst.
Die zweite Lehrstelle hat der Sohn ab bei der Fa. Y-GmbH angetreten; dieses Lehrverhältnis wurde (lt. Dokument "Vorzeitige Auflösung") per aufgelöst.
In den Schuljahren 2015/16 (Nov 2015 bis Juli 2016) sowie 2016/17 (September 2016 bis Juli 2017) hat der Sohn (samt Wiederholung) die Klasse 1a Grafik, im Schuljahr 2017/18 (September 2017 bis Juli 2018) die Klasse 2a Grafik in der Fachberufsschule in X-Ort ganztägig einmal pro Woche besucht, und zwar als außerordentlicher Schüler bzw. als Gastschüler. Dies bedeutet, dass er die Berufsschule ohne bestehendes Lehrverhältnis bzw. ohne begleitende praktische Ausbildung in der Lehre absolvierte (siehe die mehrfachen Schulbesuchsbestätigungen; Zeugnisse; den e-mail-Verkehr mit der Fachberufsschule).
Daneben war er im Zeitraum - bei der Fa. Z-GmbH angestellt und bezog Einkünfte in Höhe von € 2.618,11 (siehe SV-Daten).
Von August bis einschl. Oktober 2016 sowie im Monat März 2018 hat er den Zivildienst geleistet (siehe Bescheide über Zuweisung und Unterbrechung; Schreiben betr. Feststellung der dauerhaften Dienstunfähigkeit zum Zivildienst).
Ab dem hat der Sohn sein drittes Lehrverhältnis bei der Fa. C-GmbH begonnen, das - bei Abfrage der SV-Daten und lt. Bestätigung der Wirtschaftskammer - im Feber 2019 aufrecht war.
Die Bf hat im gesamten Zeitraum die FB + KG für den Sohn bezogen und ua. die vorzeitige Auflösung des Lehrverhältnisses mit der Fa. Y-GmbH bereits am nicht dem Finanzamt bekannt gegeben.

III. Beweiswürdigung:

Obiger entscheidungswesentlicher Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den vorgelegten, teils obgenannten Unterlagen in Übereinstimmung mit den eigenen Angaben der Bf und ergänzt durch die Erhebungen des Finanzamtes (Einsicht in die SV-Daten; e-mail-Verkehr mit der Wirtschaftskammer und der Fachberufsschule).

IV. Rechtslage:

A) Gesetzliche Bestimmungen:

1. Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG), BGBl 1967/376 idgF, haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben,

lit a) für minderjährige Kinder,
lit b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
..…
lit d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; …
lit e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes … und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach … begonnen oder fortgesetzt wird, …

2. Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschliessungsgrund hinzukommt.

3. Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gleiches gilt für zu Unrecht bezogene und gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlte Kinderabsetzbeträge (§ 33 Abs. 3 EStG 1988 iVm § 26 FLAG 1967).

B) Rechtsprechung:

1. Nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 ist die Gewährung von Familienbeihilfe (+ KG) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, an die Voraussetzung der Berufsausbildung gebunden.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird.

Ob tatsächlich eine Berufsausbildung iSd FLAG vorliegt, kann in der Regel nur im Einzelfall beurteilt werden. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass insbesondere die Lehrausbildung in einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis (auf Grundlage eines Lehrvertrages) eine Berufsausbildung iSd FLAG darstellt (vgl. mwN).

Diese Lehrausbildung steht auf zwei Säulen:
zum Einen die praktische Ausbildung im Betrieb (in der Regel 75 bis 80 % der Lehre) und zum Anderen die Ausbildung in der Berufsschule (= sogenanntes "duales System" der Lehrausbildung).

Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG kommt es nicht nur auf das "ernste und zielstrebige Bemühen um den Ausbildungserfolg" an, sondern eine Berufsausbildung muss grundsätzlich auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. ).
Nach den vom VwGH zu diesem Begriff in stRSpr entwickelten Kriterien (zB ; u.v.a.) weist jede anzuerkennende Berufsausbildung ein qualitatives und ein quantitatives Element auf: Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang.

In diesem Zusammenhalt liegt eine Berufsausbildung iSd FLAG nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes (BFG) - analog zum Besuch einer AHS oder BHS - generell nur dann vor, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kurse und Vorbereitungen von mindestens 30 Stunden anfällt. Das BFG nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an, dh. insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG zu sprechen (vgl. ; ).
Keine Berufsausbildung liegt vor, wenn das Lehrverhältnis vorzeitig gelöst und die Berufsschule nur einmal wöchentlich besucht wurde (; siehe zu vor in: Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, 2. Aufl., Rzn. 35 ff. zu § 2).

2. Zum "frühestmöglichen Beginn einer weiteren Berufsausbildung":

Nach der Rechtsprechung des VwGH gilt die Zeit zwischen Beendigung einer Ausbildung und dem Beginn einer weiteren Ausbildung grundsätzlich weder als Ausbildungszeit iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 noch als unschädliche Lücke zwischen zwei Ausbildungsarten (vgl ).
Für derartige Zeiten hatte - so der Gerichtshof im genannten Erkenntnis weiter - der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 in der bis inklusive Feber 2011 gültigen Fassung die Weiterzahlung der Familienbeihilfe für drei Monate vorgesehen, sofern das volljährige Kind in dieser Zeit weder den Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst leistete.
Mit der Novellierung des FLAG 1967 durch das BGBl I 111/2010 wurde mit Wirksamkeit ab März 2011 (auch) die lit d geändert und sieht nunmehr einen Weiterbezug der Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nur mehr für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung vor, wenn diese weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.
In den Erläuternden Bemerkungen (981 der Beilagen XXIV. GP) zu dieser Gesetzesänderung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vormals bestehende Regelung der Weitergewährung der Familienbeihilfe für drei Monate nach Abschluss einer Berufsausbildung aus Gründen der Budgetkonsolidierung entfallen soll. Gleichzeitig werde jedoch eine ergänzende Regelung aufgenommen, um die Zeit zwischen einer Schulausbildung und einer weiterführenden Ausbildung familienbeihilfenrechtlich abzudecken. Mit dem Begriff "Schulausbildung" hat der Gesetzgeber einen weiteren Terminus im FLAG 1967 geschaffen, der - ebenso wie der Begriff "Berufsausbildung" - nicht näher umschrieben wird. Der Begriff "Schulausbildung" ist aber - wie sich aus dem Kontext der gesamten Maßnahmen im Zuge der gesetzlichen Änderungen und den Erläuternden Bemerkungen zweifelsfrei ergibt - jedenfalls enger auszulegen als der Begriff der "Berufsausbildung".

Nach der Intention des Gesetzgebers soll daher die Familienbeihilfe grundsätzlich (nur mehr) bis zum Abschluss der ersten nach Beendigung der Schulausbildung begonnenen Berufsausbildung gewährt werden. Unbeschadet der Tatsache, dass mit Beginn einer weiteren Berufsausbildung der Familienbeihilfenanspruch wieder aufleben kann, hat sich der Gesetzgeber dazu entschlossen, für volljährige Kinder für Lücken zwischen zwei Berufsausbildungen keine Familienbeihilfe mehr zu gewähren. Dies mit Ausnahme von bestimmten, nach Ansicht des Gesetzgebers besonders berücksichtigungswürdigen Sachverhaltskonstellationen. Eine derartige besonders berücksichtigungswürdige Situation wird durch den "neuen" § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 erfasst, nämlich dass nach Abschluss der allgemeinbildenden Schulausbildung in sehr vielen Fällen der unmittelbare Einstieg in das Berufsleben noch nicht möglich ist und daher (regelmäßig) eine weitere (spezifische) Berufsausbildung zu erfolgen hat. Nach Ansicht des BFG besteht daher ausschließlich für diese Lücke, konkret für die Zeit zwischen dem Abschluss der allgemeinen Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn der ersten weiteren Berufsausbildung, iSd § 2 Abs. 1 lit d FLAG 1967 der Anspruch auf Familienbeihilfe.

V. Erwägungen:

Im Gegenstandsfall steht zunächst fest, dass die vom Sohn der Bf am begonnene (zweite) Lehrausbildung (bei der Fa. Y-GmbH) in einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis an sich eine Berufsausbildung iSd FLAG darstellt. Diese besteht nach dem in Österreich herrschenden dualen System der Lehrausbildung zumindest zu rund 75 % in einer praktischen Ausbildung im Betrieb sowie zu rund 25 % in einer theoretisch-schulischen Ausbildung in der Berufsschule. Wenn nun, wie im Gegenstandsfall, aufgrund der vorzeitigen Beendigung der praktischen Ausbildung im Betrieb mit 23.10. (lt. Auflösungsvereinbarung) bzw. mit (lt. SV-Daten) infolge der Fortsetzung des Berufsschulbesuches (im Zeitraum von November 2015 bis Juli 2018) lediglich mehr ein 25%iger Anteil an der gesamten Lehrausbildung verbleibt und nach Angaben der Fachberufsschule diese schulisch-theoretische Ausbildung lediglich an einem (1) Wochentag ganztägig erfolgte, so kann im Hinblick auf oben dargelegte VwGH-Judikatur nicht mehr davon die Rede sein, dass - wie laut VwGH erforderlich - in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Sohnes der Bf dadurch beansprucht worden war.
Es ist in diesem Zusammenhalt auch nicht zu übersehen, dass es dem Sohn im Zeitraum 2015 bis 2018 daneben zeitlich möglich war, teils für mehrere Monate (zu den konkreten Zeiträumen siehe oben unter Pkt. II. Sachverhalt), zB bei einem Unternehmen als Angestellter (4 Monate in 2016) tätig zu sein oder den Zivildienst (insgesamt 4 Monate in 2016 und 2018) auszuüben. Mit dem daneben einmal wöchentlichen Berufsschulbesuch wird der auch nach der BFG-Rechtsprechung für eine Qualifikation als "Berufsausbildung" iSd FLAG generell - etwa in Zhg mit Schulen für Berufstätige - geforderte wöchentliche schulische Zeitaufwand von zumindest 30 Stunden nicht annähernd erreicht (siehe ; ).

Eine Berufsausbildung iSd FLAG war daher nach Beendigung der praktischen Lehrausbildung, schon allein mangels Erfüllung der zeitlichen Komponente, im strittigen Zeitraum nicht mehr gegeben.

Die Bf wendet zudem ein, im Hinblick auf das durchgehende Bemühen um eine schwer zu findende Lehrstelle sei die mit September 2018 bei der Fa. C-GmbH begonnene Lehre (Lehrvertrag v. ) als für den Sohn "frühestmöglicher Beginn" der weiteren Berufsausbildung nach beendetem Schulbesuch bzw. nach Ableistung des Zivildienstes zu werten. Dem ist entgegen zu halten, dass der Sohn nach Abschluss der allgemeinen Schulausbildung (Beendigung der polytechnischen Schule) im Jahr 2015 zweimal eine Lehre begonnen hatte, die vorzeitig beendet/aufgelöst wurde, und es sich anschließend nach dem mehrjährigen Berufsschulbesuch (ohne Lehre) im September 2018 um den Antritt zum tatsächlich dritten Lehrverhältnis und somit definitiv nicht um den Beginn der ersten weiteren Berufsausbildung nach abgeschlossener Schulausbildung gehandelt hat.
In Ansehung obiger Ausführungen (siehe unter Pkt. IV. B) 2.) kommt aber für Zeiträume im Anschluss bzw. nach Aneinanderreihung von - wie hier - mehreren vorzeitig beendeten weiteren Berufsausbildungen eine Anwendung der Bestimmung nach § 2 Abs. 1 lit d (und auch nach lit e) FLAG 1967 nicht in Betracht.

Zur eingewendeten persönlichen Situation des Sohnes der Bf - im Hinblick auf dessen gesundheitliche Probleme und die damit verbundenen Schwierigkeiten beim Finden einer Lehrstelle - gilt festzuhalten, dass in § 26 FLAG eine (rein) objektive Erstattungspflicht desjenigen normiert wird, der die Familienbeihilfe (und den Kinderabsetzbetrag) zu Unrecht bezogen hat; dies ohne Rücksicht darauf, ob die bezogenen Beträge etwa gutgläubig empfangen wurden oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutet. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist nach Gesetzeslage und Rechtsprechung von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit ausschließlich, ob der Empfänger die Beträge objektiv zu Unrecht erhalten hat. Ebenso wäre unerheblich, ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat (vgl. ; ).

Das BFG zweifelt in keinster Weise an, dass der Sohn der Bf weiterhin auf Lehrstellensuche und um eine Fortsetzung der Berufsausbildung durchgehend bemüht war. Dennoch sind nach der Intention des Gesetzgebers subjektive Momente bei der Rückforderung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge nicht zu berücksichtigen, sondern es ist ausschließlich zu prüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe gegeben sind.

VI. Ergebnis:

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage waren daher bis zum Abschluss des Lehrvertrages im September 2018 die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag nicht mehr erfüllt; die Rückforderung für den Zeitraum Jänner 2016 bis August 2018 mit bekämpftem Bescheid ist aus obgenannten Gründen zu Recht erfolgt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichsthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der Fragen, ob "in quantitativer Hinsicht die volle Zeit" des Sohnes der Bf in Anspruch genommen wurde und insofern eine Berufsausbildung iSd FLAG vorgelegen war bzw. ob es sich beim Lehrverhältnis ab September 2018 um "den frühestmöglichen Beginn der weiteren Berufsausbildung" gehandelt hat, ist anhand der tatsächlichen Umstände in Anwendung der og. Judikatur des VwGH wie auch des BFG zu beurteilen. Insofern liegt keine strittige Rechtsfrage vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

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