Hauptfeststellung Einheitswert Land- und Forstwirtschaft zum 01.01.2014 - Bewertung von Grundstücken, die in einem Naturschutzgebiet liegen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Monika Ahorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom betreffend Einheitswert des land- u. forstwirtschaftl. Betriebes (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Einheitswertbescheid vom wurde der Einheitswert zum für den Grundbesitz ***1*** im Rahmen der Hauptfeststellung festgestellt.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer (in Folge: Bf.) nach mehreren Fristverlängerungsanträgen Beschwerde ein, die sich dagegen richtet, dass Einschränkungen eines Betriebes, der sich in einem Natura 2000 Gebiet befindet, bei der Einheitsbewertung nicht berücksichtigt werden.
Natura 2000 bedeute für den betroffenen Grundbesitzer eine massive Beeinträchtigung, da für diese Gebiete andere Rechte und Auflagen als in nicht betroffenen Gebieten gelten. Natura 2000 Gebiet bedeute: Entwertung des Besitzes und finanzielle Einbußen, Einschränkung der persönlichen Freiheit, massive Vorschriften bei der Nutzung, Dritte Personen haben Parteistellung über Grund und Boden des Bf., keine Toleranzgrenzen bei der Bewirtschaftung, jeder kleinste Eingriff bedürfe eines gebührenpflichtigen Feststellungsverfahrens und daran anschließend meist einer Naturverträglichkeitsprüfung in Niederösterreich, dies alles auf Lasten der Grundbesitzer, usw. Diese Pflichten und Lasten werden von der Öffentlichkeit auferlegt und der Grundbesitzer müsse die belastende Bürde tragen, ob dieser damit einverstanden ist oder nicht.
Auf der Homepage des BMF werde mit dem Satz: "Auch mit dem Grundbesitz verbundene Rechte sind zu bewerten", die Einberechnung von Ausgleichszahlungen und Förderungen gerechtfertigt. Die Forderung das Natura 2000 Gebiet zu berücksichtigen decke sich somit im Umkehrschluss. Ein Lösungsansatz wäre dabei die Reduktion des Einheitswertes um 33 % im betroffenen Gebiet.
Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass aufgrund §§ 30 Abs. 1 Z 2, 46 Abs. 2 sowie § 50 Abs. 3 BewG 1955 im Eigentum des Grundeigentümers verbleibende Grundflächen auch dann zu berücksichtigen seien, wenn deren Bewirtschaftung auf Grund naturschutzbehördlicher Auflagen eingeschränkt ist. Wesentliche Nutzungseinschränkungen oder absolute Nutzungsverbote, erhöhte Aufwendungen, Wirtschaftserschwernisse und allfällige Entschädigungen seien bei der Feststellung des Einheitswertes daher nicht zu berücksichtigen.
Mit Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ergänzte der Bf., dass es sich bei Natura 2000 um Grundbesitz handle, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liege. Eine Reduktion des Einheitswertes sei daher gerechtfertigt und alles andere sei rechtlos und verstoße gegen EU-Recht.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf. ist Eigentümer der Grundstücke, die in ***1*** zusammengefasst sind. Es handelt sich dabei um ***2*** ha landwirtschaftlich und ***3*** ha forstwirtschaftlich genutzte Flächen.
Die Grundstücke liegen im Schutzgebiet "Natura 2000".
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den Akten des Verfahrens und dem Parteivorbringen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist allein die rechtliche Beurteilung, ob für Grundstücke, deren Nutzung durch naturschutzrechtliche Auflagen stark eingeschränkt bzw mit Auflagen verbunden ist, ein Abschlag bei der Feststellung der Einheitswerte vorzunehmen ist.
Gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 Bewertungsgesetz 1955 (in Folge: BewG 1955) gehören zum landwirtschaftlichen Vermögen alle Teile […] einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient (landwirtschaftlicher Betrieb). Gemäß Z 2 dieser Bestimmung gilt die Z 1 auch für landwirtschaftliche Flächen, deren Bewirtschaftung auf Grund naturschutzbehördlicher Auflagen eingeschränkt ist.
§ 46 Abs. 1 BewG 1955 regelt den forstwirtschaftlichen Betrieb. Danach gehören zum forstwirtschaftlichen Vermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem forstwirtschaftlichen Hauptzweck dienen. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist ua § 30 BewG 1955 entsprechend anzuwenden.
Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass auch die Flächen, die sich im Schutzgebiet "Natura 2000" befinden, zum landwirtschaftlichen bzw zum forstwirtschaftlichen Vermögen gehören.
Abschläge bei der Bewertung solcher Gebiete sind im BewG 1955 nicht vorgesehen.
Der Umstand naturschutzrechtlicher Einschränkung ist hinsichtlich der Bewertungsmethode somit auszublenden. Andererseits fließen auch Entschädigungen, die als Ausgleich für diese Einschränkungen zustehen, nicht in die Bewertung ein. Maßgebend ist dabei nur der Anspruch auf Entschädigung, ob er auch tatsächlich geltend gemacht wurde ist nicht relevant. (Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz29 zu § 30 BewG, Rz 16)
Gemäß § 23 Abs. 1 NÖ Naturschutzgesetz 2000 ist dem Eigentümer als Ausgleich für die Unzulässigkeit oder wesentliche Einschränkung von Bewirtschaftungs- oder Nutzungsmöglichkeiten aufgrund von naturschutzrechtlichen Bestimmungen auf Antrag eine Vergütung der dadurch entstehenden vermögensrechtlichen Nachteile zu leisten.
Gemäß § 35 BewG 1955 sind bestimmte öffentliche Gelder (Direktzahlungen der ersten Säule GAP) in die Bewertung miteinzubeziehen. Entschädigungen nach § 23 Abs. 1 NÖ Naturschutzgesetz 2000, die als Ausgleich für naturschutzrechtlichen Einschränkungen beantragt werden können, fallen nicht darunter.
Durch § 23 Abs. 1 NÖ Naturschutzgesetz 2000 hat der Eigentümer einer Liegenschaft, deren Bewirtschaftung durch naturschutzrechtliche Auflagen eingeschränkt oder unzulässig ist, einen Anspruch auf Entschädigung. Diese fließt nicht in die Bewertung der Liegenschaften ein, da es sich dabei nicht um öffentliche Gelder im Sinne des § 35 BewG 1955 handelt.
Würde nun bei der Bewertung ein Abschlag für diese Einschränkungen erfolgen, wäre die Beeinträchtigung doppelt berücksichtigt, da dann einerseits der Einheitswert verringert würde und andererseits ein Anspruch auf Entschädigung bestünde.
Wenn der Bf. im Vorlageantrag als Begründung zusätzlich anführt, dass es sich bei Natura 2000 um Grundbesitz handle, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt und daher eine Reduktion des Einheitswertes gerechtfertigt sei, kann für den vorliegenden Fall auch nichts gewonnen werden. Gemäß § 28 BewG 1955 kommt es zu einer verminderten Feststellung der Einheitswerte für Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere unter Denkmalschutz stehende Gebäude. Die naturschutzrechtlichen Einschränkungen lassen sich allerdings nicht unter diese Bestimmung subsummieren.
Auch einen im Vorlageantrag aufgeworfenen Verstoß gegen nationales Recht bzw. Unionsrecht vermag das Bundesfinanzgericht daher nicht zu erkennen.
Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur hier vorliegenden Rechtsfrage, ob für Grundstücke, deren Nutzung durch naturschutzrechtliche Auflagen stark eingeschränkt bzw mit Auflagen verbunden ist, ein Abschlag bei der Feststellung der Einheitswerte vorzunehmen ist, fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb die Revision zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 35 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 28 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7104325.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at