Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.01.2022, RV/7104966/2019

Ernsthafte Ausbildung zur Schauspielerin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2*** ***3*** ***4***, ***8***, ***9***, vom , persönlich überreicht am , gegen den Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, nunmehr Finanzamt Österreich, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom , mit welchem Familienbeihilfe (€ 2.106,00) und Kinderabsetzbetrag (€ 759,20) für die im April 1995 geborene ***1*** ***2*** ***3*** ***4*** für den Zeitraum Februar 2016 bis Februar 2017 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden (Gesamtrückforderungsbetrag € 2.865,20), Sozialversicherungsnummer ***5***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

1. Soweit der angefochtene Bescheid Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Februar 2016 bis Dezember 2016 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückfordert, wird er ersatzlos aufgehoben.

2. Für den Zeitraum Jänner 2017 bis Februar 2017 bleibt der Spruch des angefochtenen Bescheids unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Antrag vom

Die im April 1995 geborene Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***4*** stellte am beim Finanzamt Feldkirch einen Eigenantrag auf Familienbeihilfe ab Februar 2016. Laut den dazu vorgelegten Unterlagen wurde die Bf (Bestätigung vom ) bei einer Schauspielschule im Hauptfach Schauspiel im Sommersemester 2016 angemeldet und aufgenommen (Dauer bis ).

Die Schauspielschule führte dazu aus:

Zeit- und Arbeitsaufwand für das Diplomstudium

Das Studium an der ***6*** dauert 8 Semester und endet mit dem Schauspieldiplom und dem Nachweis der als Schwerpunkt gewählten Zusatzqualifikation (Medien oder Regie).

Das Studium umfasst das zentrale künstlerische Fach "Dramatischer Unterricht" (Einzel-, Gruppen- und Kleingruppenunterricht), verschiedene theoretische und praktische Pflichtfächer, freie Wahlfächer und die Schwerpunktfächer "Medien" oder "Regie".

Der durchschnittliche Arbeitsaufwand beträgt je nach Jahrgang ab 20 Wochenstunden, wobei die von den Studierenden zu erbringende selbstständige Eigenarbeit (Texte lernen, Probenarbeit, Recherche für Rollenarbeit, Referate, Regiekonzepte, Prüfungsvorbereitung und Ähnliches) nicht berücksichtigt ist.

Wenn Frau ***4*** die 1. Jahrgangsprüfung am Ende Sommersemester 2016 erfolgreich besteht, wird ihr Studium nachher voraussichtlich noch 6 Semester dauern.

Beigefügt war darüber hinaus die Anmeldung vom samt Anmeldebestätigung. Die monatliche Studiengebühr betrage € 405 ab März 2016 (Februar 2016 € 300). Laut "Beilageblatt zum Selbstantrag eines Kindes § 6 FLAG" wohne die Bf in einer Wohngemeinschaft. Der Mietanteil betrage € 300, für Lebens- u. Putzmittel, Körperpflege würde € 100 aufgewendet, für Ausbildung € 405 und für Freizeit € 55, zusammen € 855 monatlich. Vater und Mutter würden jeweils € 50, zusammen € 100, beitragen.

Der Bf wurde nach Antragstellung Familienbeihilfe gewährt.

Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe

Offenbar wurde am der Bf ein Schreiben betreffend Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe übermittelt.

Das Finanzamt legte dazu folgenden Screenshot aus dem elektronischen Beihilfeprogramm vor (OZ 7: "Überprüfungsschreiben und Erinnerung - unbeantwortet):

Dazu folgende Codetabelle:

Ergänzungsersuchen

Offenbar wurde am der Bf ein Ergänzungsersuchen übermittelt.

Das Finanzamt legte dazu folgenden Screenshot aus dem elektronischen Beihilfeprogramm vor (OZ 8: "Ersuchen um Ergänzung - unbeantwortet):

Bescheid

Nachdem die Bf auf die Ersuchen des Finanzamts nicht reagierte, forderte das Finanzamt mit Bescheid vom Familienbeihilfe (€ 2.106,00) und Kinderabsetzbetrag (€ 759,20) für den Zeitraum Februar 2016 bis Februar 2017 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 mit folgender Begründung zurück:

Da Sie trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht haben und dadurch Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden, dass im oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. besteht.

Beschwerde

Unter Verwendung eines finanzamtsinternen Formblatts vom erhob die Bf am Beschwerde gegen den Bescheid vom mit dem ersichtlichen Antrag auf dessen Aufhebung. Zur Begründung wurde angegeben, dass die Bf von Februar 2016 bis Februar 2017 eine Schule besucht und ihr "das Finanzamt Vorarlberg" "dieses Geld zugesprochen" hat.

Beigefügt war ein Jahrgangszeugnis der ***6*** vom . So habe die Bf am die 1. Jahrgangsprüfung im zentralen künstlerischen Fach "Dramatik" mit gutem Erfolg bestanden. Weiters eine Mitteilung der Paritätischen Prüfungskommission Theaterunternehmerverbände (Wiener Bühnenverein und Theatererhalterverband österreichischer Bundesländer und Städte) ÖGB, younion_Die Daseinsgewerkschaft. HG VIII, Sektion Bühnenangehörige vom , wonach die Bf an diesem Tag die Eignungsprüfung in der Kunstgattung Schauspiel bestanden hat.

Ergänzungsersuchen

Offenbar wurde am der Bf ein Ergänzungsersuchen übermittelt.

Das Finanzamt legte dazu folgenden Screenshot aus dem elektronischen Beihilfeprogramm vor (OZ 9: "Ersuchen um Ergänzung - unbeantwortet):

Ergänzungsersuchen

Ein weiteres Ergänzungsersuchen vom kam offenbar als unzustellbar zurück.

Das Finanzamt legte dazu folgenden Screenshot aus dem elektronischen Beihilfeprogramm vor (OZ 9: "Ersuchen um Ergänzung - retour):

Erinnerung

Daraufhin übermittelte das Finanzamt der Bf am an deren nunmehrige Anschrift eine Erinnerung (OZ 11: Ersuchen um Ergänzung - Erinnerung an neue Adresse per Rsb - nicht behoben):

Nach der Aktenlage wurde die Erinnerung hinterlegt (RSb, Beginn der Abholfrist ), aber nicht behoben.

Beschwerdevorentscheidung

Mit am durch Hinterlegung zugestellter Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:

Sie haben die Familienbeihilfe im Zeitraum Februar 2016 bis Februar 2017 bezogen.

Im Zuge der Überprüfung wurden erstmals Unterlagen von Ihnen abverlangt. Da diese nicht vorgelegt wurden war die Familienbeihilfe rückzufordern.

Im Zuge der Beschwerde wurde von Ihnen ein Jahrgangszeugnis über die Ablegung des Faches Dramatik an der ***6*** vom sowie eine Bestätigung über die Ablegung einer Eignungsprüfung Schauspiel vom vorgelegt.

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

- Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

- Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

- Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

- das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht. Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes sind praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Gemäß § 26 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) ist zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe rückzuzahlen.

Dies gilt gemäß § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) auch für den zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbetrag.

Die im § 26 FLAG 1967 geregelte Rückzahlungsverpflichtung ist so weitgehend, dass sie auf subjektive Momente wie Verschulden und Gutgläubigkeit keine Rücksicht nimmt und die von der Finanzverwaltung zu Unrecht ausbezahlten Familienbeihilfenbeträge auch dann zurück zu zahlen sind, wenn der Überbezug ausschließlich auf eine Fehlleistung der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.

Im Zuge der Beschwerdeerledigung wurden mit Ersuchen um Ergänzung vom , vom und vom , zugestellt durch Hinterlegung am , die für eine Bearbeitung notwendigen Unterlagen neuerlich abverlangt.

Da die für eine Erledigung notwendigen Unterlagen bis dato nicht vorgelegt wurden, war daher laut oben genannter gesetzlicher Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden.

Vorlageantrag

Mit am persönlich überreichtem Schreiben vom stellte die Bf Vorlageantrag:

Ihr Schreiben vom bezüglich meiner abgelehnten Beschwerde

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich einen Antrag, aufgrund meine abgewiesene Beschwerde, beim Bundesfinanzgericht einreichen.

Am haben ich und meine Eltern einen Antrag an das Finanzamt Feldkirch gestellt, da ich die Möglichkeit bekam eine Schauspielausbildung in Wien anzutreten. Diese wäre allerdings ohne eine gewisse Unterstützung nicht möglich gewesen, da ich mit dem notwendigen Arbeitsaufwand der Schule nur in geringem Maß arbeiten gehen konnte.

Am kam ein Ersuchen um Ergänzung woraufhin ich die Bestätigung der Schauspielschule eingereicht habe und auch eine Bestätigung des Arbeitsaufwandes.

Daraufhin bekam ich am eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe. In dieser Mitteilung wurde mir die Familienbeihilfe von Feb.2016 bis Feb.2017 gewährt.

Nach einiger Zeit konnten sich meine finanziellen Ausgaben (Studentenwohnheim, montl. Studiengebühr, die je nach belegten Kursen 350 - 450 Euro betrug, Essen und Hygieneartikel, Handy,usw.) leider nicht mehr mit den Einnahmen decken und ich musste schweren Herzens meine Wunschausbildung abbrechen.

Seit dem Feb. 2017 gehe ich nun nicht mehr auf diese Schule und da mir nur bis zu diesem Zeitpunkt die Familienbeihilfe gewährt wurde, habe ich nach dem Abbruch meiner Ausbildung auch keine mehr bezogen.

Im Juli 2017 kam ein Schreiben vom Finanzamt. In diesem wurde behauptet, das ich zu Unrecht die Familienbeihilfe bezogen zu haben und habe daraufhin eine Beschwerde eingereicht und dazu mein Jahreszeugnis und die bestandene paritätische Prüfung.

Nun ein Jahr später bekomme ich ein erneutes Schreiben in diesem meine Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, da ich angeblich bei Aufforderung keine Bestätigung meiner Ausbildung angeführt haben soll. Diese habe ich aber bereits, wie Sie gelesen haben, am eingelangt.

Ich verstehe nicht, warum von mir ursprünglich eingereichte Unterlagen vom Finanzamt Feldkirch, nach deren Überprüfung, zu einem positiven Bescheid geführt haben und dies nun nicht mehr gelten soll.

Ich bitte Sie um nochmalige Überprüfung durch die in der Beilage angeführten Dokumente und Schreiben.

...

Beilagen:

- Schreiben vom Finanzamt Feldkirch : Ersuchen um Ergänzung

-Schulbestätigung

-Bestätigung des Arbeitsaufwandes

-Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom Finanzamt Feldkirch

-Jahreszeugnis und Beleg der abgeschlossenen paritätischen Prüfung

Die angesprochenen Beilagen waren beigefügt.

ZMR

Das Finanzamt erhob am im Zentralen Melderegister, dass die Bf ***1*** ***2*** ***3*** ***4*** seit Jänner 2018 an der im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten Adresse ihren Hauptwohnsitz habe.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Bezughabende Normen

§ 2 Abs.1 lit b FLAG 1967

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Aufgrund einer Anmeldebestätigung bei der "***6***.at" vom für ein 8-Semester Studium wurde Frau ***4*** die Familienbeihilfe für den Zeitraum 2/2016 bis 2/2017 gewährt (Betragung der Familienbeihilfe für sich selbst).

Die Überprüfungsschreiben vom 31.1. sowie blieben unbeantwortet.

Da die für eine Anspruchsüberprüfung abverlangten Unterlagen (Inskriptionsbestätigung WS 2016/2017, Studienerfolgsbestätigung SS 2016 bis WS 2016/2017) auch im Vorhalteverfahren nicht vorgelegt wurden, erfolgte eine Rückforderung der Familienbeihilfe.

Im Zuge der Beschwerde wurde ein Jahreszeugnis mit einer Prüfung (Dramatik) vom und ein Eignungsprüfungsergebnis (Schauspiel) vom vorgelegt.

Weitere Schulbesuchsbestätigungen oder Prüfungsantritte wurden trotz mehrmaliger Aufforderungen nicht vorgelegt.

Ab 2/2017 wurde die Schule laut eigenen Angaben nicht mehr besucht.

Beweismittel:

Zeugnis v. und Ergebnis Eignungsprüfung (Dok.1)

Anmeldebestätigung und Bestätigung über Zeit- und Arbeitsaufwand für das Diplomstudium (Dok 3 und Dok 6)

Stellungnahme:

Da sowohl die Überprüfungsschreiben als auch die Ersuchen um Ergänzung unbeantwortet geblieben sind, lediglich ein Zeugnis vorgelegt und eine Prüfungen nachgewiesen (Dok 1) und die Schule zudem abgebrochen wurde, geht das ho. Finanzamt davon aus, dass es sich nicht um eine ernsthafte und zielstrebigen Ausbildung gehandelt hat, welche die volle Zeit der Beschwerdeführerin in Anspruch genommen hat.

Die wiederholt vorgelegten Bestätigungen vom (betr. Anmeldebestätigung und Bestätigung über Zeit- und Arbeitsaufwand für das Diplomstudium) sind für sich nicht als Nachweis für den damals zukünftigen Zeitraum 02/2016 bis 02/2017 geeignet.

Das ho. Finanzamt ersucht daher um Abweisung.

Geschlossene Schule

Das Bundesfinanzgericht stellte durch Recherchen im Internet fest, dass die "***6***.at" im Jahr 2019 in Schauspielschule am ***7*** unbenannt wurde. Seit dem Jahr 2020 ist diese Schauspielschule ebenso wie das ***7*** dauerhaft geschlossen.

Eignungsprüfung

Für die von der Paritätischen Prüfungskommission der Theaterunternehmerverbände (Wiener Bühnenverein, Theatererhalterverband österreichischer Bundesländer und Städte) und der Sektion Bühnenangehörige der Hauptgruppe VIII - KMSfB in der younion _ die Daseinsgewerkschaft abgehaltene Eignungsprüfung als Vorbereitung auf die Bühnenreifeprüfung umfasst ein selbst gewähltes Prüfungsrepertoire mit mindestens zwei szenischen Darstellungen; fakultativ dazu ein musikalisches Stück (vgl. https://www.schauspielschule.at/profiausbildung/paritaetische-pruefung/).

Aus der Website der Schauspielschule Wien (nicht ident mit der "***6***.at"):

Wesentlich ist vor allen Dingen die entsprechende Vorbereitung auf die Prüfungsaufgaben für die einzelnen Teilprüfungen. Alle Schauspielschüler*innen der Schauspielschule Wien, die zur paritätischen Prüfung antreten wollen, werden im Rahmen der Schauspielausbildung von unseren Lehrkräften gerne auf diesem Weg begleitet.

Wichtig ist dabei die Erarbeitung eines entsprechenden Repertoire, mit dem unsere Schauspielschüler*innen zeigen können, dass sie in der Lage sind, die unterschiedlichsten Figuren glaubwürdig zu verkörpern und sowohl ernste, komische, moderne, aber auch klassische Rollen berührend darzustellen. Im Rahmen der paritätischen Prüfung können auch Improvisationsaufgaben gestellt werden. Fakultativ können bei der Kontrollprüfung oder Bühnenreifeprüfung auch eine Szene im Dialekt/Mundart oder ein Song/Chanson/Couplet präsentiert werden. Die Repertoireliste ist bis spätestens eine Woche vor dem Prüfungstermin bekannt zu geben. (https://www.schauspielschule.wien/8-schauspiellehrgang.html)

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die im April 1995 geborene ***1*** ***2*** ***3*** ***4*** begann am mit einer acht Semester dauernden Schauspielausbildung. Das Studium umfasste das zentrale künstlerische Fach "Dramatischer Unterricht", der durchschnittliche Arbeitsaufwand an der Schauspielschule ohne Eigenarbeit wie Texte lernen, Recherchen, Prüfungsvorbereitung, betrug 20 Wochenstunden im Durchschnitt. Am legte die Bf die 1. Jahrgangsprüfung im zentralen künstlerischen Fach "Dramatik" mit gutem Erfolg ab. Am bestand die Bf die Eignungsprüfung in der Kunstgattung Schauspiel vor der Paritätischen Prüfungskommission. Für die Eignungsprüfung ist ein entsprechendes Repertoire zu erarbeiten, das zeigt, dass die angehende Schauspielerin in der Lage ist, unterschiedlichste Rollen glaubwürdig zu verkörpern.

Das Bundesfinanzgericht hält es für erwiesen, dass die Ausbildung von Februar 2016 bis Dezember 2016 die überwiegende Zeit von ***1*** ***4*** in Anspruch genommen hat, und die Ausbildung zielstrebig und ernsthaft unternommen worden ist. Aus Geldmangel musste ***1*** ***4*** die Ausbildung an der Schauspielschule im Februar 2017 abbrechen. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag wurde von ***1*** ***4*** von Februar 2016 bis Februar 2017 bezogen.

Dass ab Jänner 2017 eine ernsthafte Vorbereitung auf den Beruf als Schauspielerin erfolgt ist, die die wesentliche Zeit von ***1*** ***4*** in Anspruch genommen hat, kann nicht festgestellt werden.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage.

Die Bf hat im Verwaltungsverfahren kaum mitgewirkt, mehrere Ergänzungsersuchen blieben unbeantwortet. Unterlagen wurden nur betreffend Aufnahme an der Schauspielschule, den mit der Ausbildung verbundenen Zeitaufwand sowie über die beiden Prüfungen am und am vorgelegt. Direkte Erhebungen des Bundesfinanzgerichts bei der Schauspielschule über die Tätigkeit der Bf zwischen Juli 2016 und Februar 2017 sind auf Grund der Schließung der Schule nicht möglich.

Durch das Zeugnis vom ist belegt, dass die Bf jedenfalls von Februar 2016 bis Juni 2016 ernsthaft an der "***6***.at" Schauspiel studiert hat und dafür ein Aufwand von durchschnittlich 20 Wochenstunden an der Schule zuzüglich Vorbereitungsarbeiten erforderlich war.

Für den Zeitraum Juli 2016 bis Februar 2017 (Schulabbruch) liegt kein weiteres Zeugnis der "***6***.at" vor. Allerdings ergibt sich aus der Ablegung der Eignungsprüfung vor der Paritätischen Prüfungskommission am , dass die Bf bis dahin sich ebenfalls in einem Umfang vorbereitet hat, der dem Zeitaufwand von Februar 2016 bis Juni 2016 entspricht. Ab Jänner 2017 ist allerdings davon auszugehen, dass bis Ausbildungsabbruch im Februar 2017 nicht mehr ernsthaft studiert wurde. Irgendwelche Nachweise über eine ernsthafte Ausbildung in diesen beiden Monaten hat die Bf trotz wiederholter Aufforderung im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt.

Rechtsgrundlagen

§ 6 FLAG 1967 lautet in der für den Beschwerdezeitraum maßgebenden Fassung:

§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder

c) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird, oder

d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden, oder

(Anm.: lit. e aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

f) In dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Vollwaisen keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. k gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

g) erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

h) sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

i) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

j) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

k) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013.

(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

(6) § 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11 FLAG 1967 lautet:

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12 FLAG 1967 lautet:

§ 12. (1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Wohnsitzfinanzamt der antragstellenden Person zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).

Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).

Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein. Die Auszahlung auf ein vom Anspruchsberechtigten angegebenes Konto des Kindes ist einer Auszahlung an den Anspruchsberechtigten gleichzuhalten.

Es ist daher zu prüfen, ob im Rückforderungszeitraum Februar 2016 bis Februar 2017 oder in Teilen des Rückforderungszeitraums ein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bestanden hat.

Berufsausbildung

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für "volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist".

Der Begriff der "Berufsausbildung" gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 wird im Gesetz nicht näher definiert.

Nach Lehre (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 35) und ständiger Rechtsprechung fallen hierunter neben den in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 detailliert geregelten Studien (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. ). Im Einzelnen hat der VwGH zu diesem Begriff in seiner ständigen Rechtsprechung folgende Kriterien entwickelt (für viele z.B. ; ; ; ; siehe die Darstellung bei Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 35):

Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Eine Berufsausbildung kann unabhängig davon vorliegen, ob ein "gesetzlich anerkannter Ausbildungsweg", "ein gesetzlich definiertes Berufsbild" oder ein "gesetzlicher Schutz der Berufsbezeichnung" existiert (vgl. ).

Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Auf die allenfalls nur wenige Monate währende Dauer eines dabei zu beurteilenden Lehrganges kommt es nicht an (vgl. , unter Verweis auf ). Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung aber nicht aus.

Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird.

Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet. Auch Teilabschnitte einer gesamten Berufsausbildung können den Begriff der Berufsausbildung erfüllen. Es kommt nicht darauf an, ob eine Berufsausbildung aus dem Motiv erfolgt, diesen Beruf später tatsächlich auszuüben, oder aus anderen Motiven (vgl. ); die Beurteilung des Anspruchs auf Familienbeihilfe hat ex ante zu erfolgen (vgl. ).

Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen hat die Bf im Zeitraum Februar 2016 bis Dezember 2016 ein Schauspielstudium ernsthaft betrieben, das ihre überwiegende Zeit im Sinn von Lehre und Rechtsprechung in Anspruch genommen hat. Der Zeitaufwand ist auf Grund der Bestätigung der Schauspielschule erwiesen, das Ablegen zweier umfassender Prüfungen dokumentiert die Ernsthaftigkeit der Ausbildung.

Warum das Finanzamt im Hinblick auf die Aktenlage die Meinung vertritt, "dass es sich nicht um eine ernsthafte und zielstrebige Ausbildung gehandelt hat, die die volle Zeit der Beschwerdeführerin in Anspruch genommen hat", ist für das Bundesfinanzgericht bis zur Ablegung der Eignungsprüfung vor der Paritätischen Prüfungskommission nicht nachvollziehbar. Warum die vorgelegten Dokumente "für sich nicht als Nachweis" geeignet sein sollen, führt das Finanzamt nicht aus.

Es liegt daher bis Dezember 2016 Berufsausbildung gemäß § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 vor. Allerdings kann ab Jänner 2017 nicht mehr von einer Berufsausbildung gemäß § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gesprochen werden.

Teilweise zu Unrecht bezogene Familienleistungen

Nach den vorstehenden Ausführungen hat die Bf im Rückforderungszeitraum nur teilweise zu Unrecht Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag erhalten.

Die zu Unrecht erhaltenen Familienleistungen für Jänner und Februar 2017 sind gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückzufordern. Der angefochtene Bescheid erweist sich insoweit nicht als rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG). Für den Zeitraum Februar 2016 bis Dezember 2016, ist der Beschwerde gemäß § 279 BAO statt zu geben der der angefochtene Bescheid insoweit aufzuheben.

Revisionsnichtzulassung

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Bundesfinanzgericht der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, ist eine Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

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