GrESt: Miteinbeziehung der Vertragserrichtungskosten
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/16/0041. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache **BF**, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Dominikanerbastei 17/7, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer, ERFNR ***, zu Recht:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO derart abgeändert, dass die Grunderwerbsteuer ausgehend von der Bemessungsgrundlage von EUR 317.768,00 unter Anwendung des Steuersatzes von 3,5% mit EUR 11.121,88 festgesetzt wird.
II. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin hat mit Kaufvertrag vom **DATUM**.2020 von der ***1*** (Veräußerin; in Folge: ***1***) den Anteil *** der Liegenschaft EZ *** zu einem Kaufpreis von EUR 314.000,00 im Wohnungseigentum erworben.
Mit Abgabenerklärung vom zeigte die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Kaufvertrag gegenüber der belangten Behörde an.
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde auf Grund der angenommenen Bemessungsgrundlage von EUR 318.008,00 (beinhaltet Kaufpreis und Vertragserrichtungskosten plus Barauslagen je zuzüglich Umsatzsteuer: EUR 314.000,00 + EUR 4.008,00) die Grunderwerbsteuer mit EUR 11.130,28 fest.
Mit Beschwerde vom brachte die Beschwerdeführerin vor, dass nach der Judikatur die Hinzurechnung der Vertragserrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage dann erfolge, wenn der Veräußerer den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und der Erwerber sich verpflichtet, diese Kosten zu tragen. Bei sämtlichen Fällen der Rechtsprechung seien darüber hinaus nur die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde umfasst.
Gegenständlich seien von den Beschwerdeführern neben den Kosten der Errichtung im Sinne der Individualisierung des Vertrages und der Anpassung auf die entsprechenden Daten auch die Kosten der Verbücherung und der steuerlichen Selbstberechnung samt der Durchführung und treuhändischen Abwicklung dieses Vertrages übernommen worden. Dabei handle es sich nicht um Leistungen, die im Rahmen eines Mustervertrages und dessen Errichtungskosten erbracht worden sind und daher dem Veräußerer wirtschaftlich zuzuordnen sind, sondern um klassische Kosten, die ausschließlich vom Käufer zu übernehmen seien. Die Kosten der Individualisierung würden ausschließlich vom jeweiligen Käufer veranlasst werden. Die Beschwerdeführerin übermittelte auch eine Aufstellung dieser Kosten, wonach dafür EUR 3.340,09 angefallen seien. Darüber hinaus sei hier eine fremdhändige Treuhandschaft übernommen worden. Dabei seien ausschließlich gegenüber der Käuferin zu erbringenden Leistungen in Rechnung gestellt worden, welche durch die restliche Pauschale abgedeckt werden könnten.
Sämtliche im Zusammenhang mit der Errichtung des Vertrages stehende Kosten würden ausschließlich Kosten der Individualisierung des Kaufvertrages, der Selbstberechnung und Kosten im Zusammenhang mit der Archivierung, Vergebührung, Grundbuchsantragstellung etc darstellen und seien nicht durch die Verkäuferseite bedingt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den Grunderwerbsteuerbescheid insofern ab, als dass die Bemessungsgrundlage mit EUR 317.768,00 (beinhaltet Kaufpreis und Vertragserrichtungskosten zuzüglich Umsatzsteuer: EUR 314.000,00 + EUR 3.768,00) angenommen und die Grunderwerbsteuer mit EUR 11.121,88 festgesetzt wurde. Die Vertragserrichtungskosten seien mit 1% des Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer zu bemessen. Der pauschalierte Barauslagenersatz von EUR 200,00 zuzüglich Umsatzsteuer sei nunmehr nicht mehr in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFG seien Vertragserrichtungskosten, die durch Auftrag des Bauträgers vom Vertragserrichter und Treuhänder übernommen werden, in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen. Der Vertragserrichter gebe selbst an, dass er den Auftrag zur Vertragserrichtung von der Veräußerin erhalten habe. Dies habe sie auch bestätigt. Für die Vertragserrichtung sei ein Pauschalbetrag von 1% des Kaufpreises vereinbart worden. Eine Aufsplittung dieser Kosten auf einzelne Tätigkeiten des Vertragserrichters und eine genaue Zuordnung sei daher nicht möglich. Die in der Beschwerde dargestellte Kostenaufstellung entspräche betraglich nicht den vereinbarten Vertragserrichtungskosten in Höhe von von 1% des Kaufpreises, sodass auch daraus keine konkrete Zuordnung ableitbar sei.
Darüber hinaus sei die Beauftragung zur Vertragserrichtung von der Veräußerin erfolgt. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin die freie Wahl eines Vertragserrichters gehabt habe. Auch selbst wenn die Vertragserrichtungskosten ausschließlich den Aufwand für die Individualisierung umfassen würden, würden diese Kosten aus der Beauftragung durch die Veräußerin resultieren und seien daher von der Beschwerdeführerin zu übernehmen.
Mit Antrag vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Mit Vorlagebericht vom beantragte die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und verwies auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin hat mit Kaufvertrag vom **DATUM**.2020 von der ***1*** (Veräußerin; in Folge ***1***) den Anteil von *** der Liegenschaft EZ *** zu einem Kaufpreis von EUR 314.000,00 im Wohnungseigentum erworben.
Die Veräußerin beauftragte die Vertragserrichtung und die Beschwerdeführerin trug die Kosten für die Errichtung, Verbücherung und die steuerliche Selbstberechnung samt Durchführung und treuhändiger Abwicklung des Vertrages. Die Kosten betrugen 1% vom Kaufpreis zuzüglich eines pauschalierten Barauslagenersatzes von EUR 200,00 je zuzüglich Umsatzsteuer. Wörtlich aus dem Vertrag:
"Die Kosten der Errichtung (Individualisierung des Vertrages, Anpassungen), Verbücherung (Grundbuchsantrag, Beischaffung und Prüfung der zur grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechts erforderlichen Voraussetzungen), steuerlichen Selbstberechnung samt Durchführung und treuhändigen Abwicklung dieses Vertrages trägt die kaufende Partei zur Gänze. Die Kosten betragen 1% vom Gesamtkaufpreis zuzüglich eines pauschalierten Barauslagenersatzes von EUR 200,00 je zuzüglich der Umsatzsteuer in der jeweiligen gesetzlichen Höhe; hiervon nicht umfasst sind allfällige Kosten (Honorar, Gebühren, Barauslagen, Beglaubigungskosten etc.) einer gesonderten Treuhandschaft gegenüber einem die kaufende Partei finanzierenden Institut. Ebenso sind die durch die Errichtung dieses Vertrages ausgelösten Gebühren, die durch ihn ausgelöste Grunderwerbsteuer sowie die Kosten der Beglaubigung der Unterschriften auf dieser Urkunde von der kaufenden Partei zu tragen."
2. Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus dem Kaufvertrag vom **DATUM**.2020 und den Parteivorbringen.
Dass die Beauftragung der Vertragserrichtung durch die Veräußerin erfolgte, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und der Bestätigung der Veräußerin (***1***).
3. Rechtliche Beurteilung
3.1 Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)
Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG) unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.
Die Grunderwerbsteuer ist vom Wert der Gegenleistung, mindestens vom Grundstückswert zu berechnen (§ 4 Abs 1 GrEStG). Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist bei einem Kauf als Gegenleistung grundsätzlich der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen anzusetzen.
Beim Kauf gehört neben dem Kaufpreis weiters der Wert der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen zur Gegenleistung. Gegenleistung ist alles, was der Erwerber über den Kaufpreis hinaus für das Grundstück aufwenden muss, um es zu erhalten. Übernommene Leistungen im Sinne dieser Bestimmung sind auch Leistungen an Dritte, die dem Verkäufer - sei es auf Grund des Gesetzes oder auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung - obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen (Fellner in Fellner, Grunderwerbsteuergesetz15 (2016) § 5 Rz 64 und 66; ).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen (vgl ). Es kommt nicht auf die äußere Form der Verträge an, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Letztendlich gilt all das als Gegenleistung, das der Erwerber einzusetzen hat, um die Liegenschaft zu erhalten. Insbesondere sind alle in knappen zeitlichem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag eingegangenen Verpflichtungen des Erwerbes zur Gegenleistung hinzuzuzählen (). Steht eine Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren tatsächlichen und wirtschaftlichen oder inneren Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft, dann ist sie somit als Teil der Gegenleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen (vgl ).
Die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde zählen dann zur Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage, wenn der Veräußerer den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und der Erwerber sich verpflichtet, diese Kosten zu tragen. Beauftragt nämlich der Veräußerer allein die Verfassung der Vertragsurkunde, dann entstehen nur ihm als Auftraggeber dafür Kosten. Verpflichtet sich der Käufer, diese für den Veräußerer entstandenen Kosten zur Gänze durch Zahlung an den Vertragsverfasser zu übernehmen, dann erbringt er in diesem Umfang eine sonstige Leistung, die er aufwenden musste, um das Grundstück zu erhalten ().
Gegenständlich hat, wie oben festgestellt und von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten, die Veräußerin die Errichtung des Vertrages beauftragt und die Beschwerdeführerin hat sich unter Punkt VII. "Kosten" des Kaufvertrages zur Übernahme dieser Kosten verpflichtet. Zusätzlich hätte die Klausel unter Punkt VII. des Kaufvertrages gar nicht aufgenommen werden müssen, wenn die Vertragserrichtung ohnehin von der Beschwerdeführerin veranlasst worden wäre.
Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass es sich bei den gegenständlichen Kosten um solche handelt, die wirtschaftlich betrachtet ausschließlich ihr zuzuordnen und daher nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen seien, ist dem entgegen zu halten, dass eine konkrete Aufteilung der Kosten nicht möglich ist, da für diese ein Pauschalbetrag von 1% des Gesamtkaufpreises entrichtet wurde.
Darüber hinaus macht es keinen Unterschied, wenn im Pauschalbetrag auch Kosten für die Individualisierung, Verbücherung, steuerliche Selbstberechnung, treuhändische Abwicklung des Vertrages, etc enthalten sind, da diese trotzdem aus der Beauftragung durch die Veräußerin resultieren und insgesamt als Vertragserrichtungskosten zu werten sind. Dies ergibt sich auch aus dem Erkenntnis des zu 2001/16/0353. Dort übernahm der Vertragsverfasser neben der Vertragserrichtung auch die gesamte rechtliche Durchführung des Objektes, diese beinhaltete auch die Gebührenanzeige, Verbücherung, die Antragstellung im Grundbuch, etc für einen vom Käufer zu zahlenden Pauschalpreis von 2% des Gesamtkaufpreises. Laut Entscheidung des VwGH waren die gesamten 2% in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer miteinzubeziehen. Es ist somit auch die Heranziehung der vorgelegten Kostenaufstellung rechtlich nicht vorgesehen.
Die von der Beschwerdeführerin vertraglich übernommene Bezahlung der 1%igen Vertragsverfassungsgebühr war somit eine sonstige Leistung im Sinne des § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG. Gegenständlich ist der Beschwerdevorentscheidung zu folgen, wonach die Barauslagen nicht in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen waren. Der Bescheid war daher insofern abzuändern, dass der Grunderwerbsteuer eine Bemessungsgrundlage von EUR 317.768,00 zugrunde zu lagen war und diese unter Heranziehung des 3,5% Steuersatzes mit EUR 11.121,88 festzusetzen war.
3.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Vertragserrichtungskosten einen Teil der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung bilden sowie welche Kosten darunter fallen, liegt eine langjährige und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Aus diesem Grund handelt es sich nicht um die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100323.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at