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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2022, RV/3100568/2020

Kein Familienbeihilfenanspruch mangels Vorliegens einer Bescheinigung, die dem Kind bescheinigt, dass es vor Vollendung des 25. Lebensjahres außerstande war, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend (erhöhte) Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2018, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer beantragte mit den Formblättern Beih 1-PDF und Beih 3-pdf am für den Zeitraum 1. Jänner bis die Zuerkennung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für seine Tochter ***T*** wegen Vorliegens einer erheblichen Behinderung.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ab, weil die Tochter nicht mehr dem Haushalt des Beschwerdeführers angehöre und dieser auch nicht die überwiegenden Lebenshaltungskosten trage.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom im Wege von FinanzOnline Beschwerde und brachte unter Vorlage einer Aufstellung begründend vor, dass er sehr wohl die überwiegenden Lebenshaltungskosten für seine Tochter trage.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Die Tochter sei aufgrund ihrer regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen selbsterhaltungsfähig, womit der Beschwerdeführer mit seinen Zuwendungen nicht überwiegend für die Lebenshaltungskosten aufkomme. Bei den Direktüberweisungen des Beschwerdeführers an seine Tochter handle es sich großteils um grundsätzlich der Tochter zustehende Beträge an Waisenrente, Pflegegeld und erhöhter Familienbeihilfe. Mangels Bestehens eines Anspruches auf den Grundbetrag, habe der Beschwerdeführer auch keinen Anspruch auf den Erhöhungsbetrag.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer im Wege von FinanzOnline am mit Darstellung der Ein- und Ausgabensituation sowie mit dem Hinweis, dass der Behinderungsgrad der Tochter 60 % betrage, den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) ein. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass eine Nachuntersuchung zur Bestätigung der Erwerbsfähigkeit Ende August vorgesehen sei.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor und reichte am eine mit datierte neue Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) nach. Darin wurde der Tochter ein Grad der Behinderung von 80 vH ab 09/2020 bescheinigt. Das Vorliegen einer dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, wurde verneint.

Im Rahmen des Parteiengehörs brachte der Beschwerdeführer mit Vorhaltsbeantwortung vom unter Zitierung einzelner Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes, zweier Rechtsätze des Bundesfinanzgerichts zur Selbsterhaltungsfähigkeit und unter Hinweis auf die immer wiederkehrenden Probleme, die im Zuge der stationären und ambulanten Antibiotikertherapien aufgetreten seien und teilweise zum medizinisch indizierten Abbruch derselben geführt hätten, sowie auf das der bisherigen Auszahlung der erhöhten Familienbeihilfe zu Grunde gelegte Gutachten vom , in welchem seiner Tochter eine Erwerbsunfähigkeit als Dauerzustand attestiert worden sei, vor, dass eine Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben und das nunmehrige Gutachten daher unschlüssig sei.

Aufgrund der Einwendungen und zusätzlich vorgelegten Unterlagen übermittelte die Sachverständige am 22. und dem Bundesfinanzgericht ergänzende Stellungnahmen und erstellte mit Datum zusammenfassend ein neues Sachverständigengutachten. Das Vorliegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, wurde weiter nicht festgestellt.

Aufgrund der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom unter Vorlage eines Diagramms betreffend der Lungenfunktionswerte wurde am beim Sozialministeriumservice die Erstellung eines weiteren Gutachtens durch einen anderen Sachverständigen angefordert.

Mit dem daraufhin am durch eine andere Sachverständige erstellten Gutachten wurde wiederum ein Grad der Behinderung von 80 vH festgestellt, wobei die Frage des voraussichtlich mehr als 3 Jahre Andauerns mit "Nein" beantwortet wurde. Die Frage nach der dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, wurde unter Berücksichtigung aller bis dahin vorgelegten Befunde und sonstigen Unterlagen wiederum mit "Nein" beantwortet. Die neue Sachverständige begründete dies damit, dass keine Befunde vorliegen würden, die eindeutig belegen würden, dass die Tochter im Zeitpunkt der Vollendung des 25. Lebensjahres bereits erwerbsunfähig gewesen sei.

In seiner Stellungnahme vom brachte der Beschwerdeführer hierzu vor, dass der festgestellte Grad der Behinderung voraussichtlich nicht mehr als 3 Jahre andauern werde, im Gegensatz zu den bisherigen Bewertungen stehe. Die Gutachterin vertrete auch eine gegensätzliche Meinung zum Gutachten aus dem Jahr 2010. Wie in der Stellungnahme vom ausgeführt worden sei, würden der Arztbrief vom und die Respirometriedaten zwischen 2004 und 2020 eindeutig den progredienten Verlauf der Erkrankung seit Diagnose belegen. Es stelle sich daher die Frage der Schlüssigkeit des Gutachtens hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit. Dies werde durch die erforderliche Reduktion der Berufstätigkeit auf 50 % aufgrund der körperlichen Leistungsfähigkeit untermauert, was natürlich mit einem entsprechenden Einkommensverlust einhergehe. Wie aus den Steuerdaten der Tochter zu erkennen sei, habe diese niemals die Selbsterhaltungsfähigkeit im Sinne der Rechtssätze zum Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7105948/2019, erlangt. Ergänzend ersuchte der Beschwerdeführer die Gutachterin vorzuladen und die strittigen Punkte bezüglich der Dauerhaftigkeit des Gesamtgrades der Behinderung und der Erwerbsunfähigkeit der Tochter vor ihrem 25. Lebensjahr zu erörtern.

Weiters ersuchte der Beschwerdeführer, bei den Überlegungen in der Urteilsfindung miteinzubeziehen, dass eine rückwirkende Aberkennung der Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht nur Auswirkungen auf den Anspruch auf Familienbeihilfe, sondern auch auf weitere Sozialleistungen habe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Die am ***1*** geborene Tochter des Beschwerdeführers vollendete das 25. Lebensjahr im Februar 2012. Sie befand sich zu diesem Zeitpunkt in Berufsausbildung. Im September 2013 begann die Tochter als Volksschullehrerin zu arbeiten. Zunächst für ein Jahr in Vollzeit, danach und damit auch im hier maßgebenden Zeitraum 1. Jänner bis mit einer 50%igen Lehrverpflichtung.

Mit der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen aus dem Jahr 2010 wurde der damals 23jährigen Tochter im Hinblick auf ihre Erkrankung an der Zystischen Fibrose ein Grad der Behinderung von 50 vH als Dauerzustand und das voraussichtlich dauernd Außerstandsein, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, attestiert. In der Folge wurde aufgrund jährlicher Anträge die erhöhte Familienbeihilfe ausbezahlt.

Im Zuge der Prüfung des Antrages betreffend das Jahr 2018 wurde seitens des Finanzamtes festgestellt, dass die Tochter einen eigenen Haushalt führt und als Volksschullehrerin erwerbstätig ist. Das Finanzamt sah sich daher im Zuge des Beschwerdeverfahrens veranlasst eine neue Bescheinigung anzufordern. Mit der Bescheinigung vom wurde der Grad der Behinderung mit nunmehr 80 vH festgestellt. Das Vorliegen einer dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, wurde sowohl für den Zeitpunkt der Vollendung des 25. Lebensjahres als auch für den Zeitraum bis zur Erstellung des Gutachtens verneint. Die Sachverständige führt hierzu aus, dass bei der 33-jährigen Patientin eine Zystische Fibrose mit später Erstdiagnose im Alter von 17 Jahren bestehe. Aus den vorliegenden Befunden gehe hervor, dass die regelmäßige von der Kinderklinik indizierte Atemwegs- und Inhalationstherapie zumindest bis August 2010 nur unregelmäßig durchgeführt worden sei. Laut Arztbrief vom sei unter intensivierter Therapie eine deutliche Verbesserung der Lungenfunktionswerte aufgetreten. Nach den vorliegenden Dokumenten habe am ein guter Allgemeinzustand und ein im unteren Normbereich liegender Ernährungszustand vorgelegen. Zu Hause habe es in letzter Zeit keine Probleme gegeben (Abnahme der Sputummenge sowie weniger Husten). Im nächsten vorliegenden Arztbrief vom werde eine deutliche Verbesserung der Lungenfunktion unter intensivierter Therapie sowie ein normaler Ernährungszustand dokumentiert. Außer einer immer wieder auftretenden Müdigkeit nach der Therapie hätten zu Hause keine Probleme bestanden. Insgesamt sei bei später Erstdiagnose der Zystischen Fibrose die Ausbildung erst mit 26. Jahren abgeschlossen worden und anschließend die Berufstätigkeit ein Jahr mit voller Lehrverpflichtung und dann durchgehend mit einer 50%igen Lehrverpflichtung wahrgenommen worden. Die Erwerbsfähigkeit sei damit durch die bisher 7jährige Berufstätigkeit belegt und habe sowohl zum Zeitpunkt des 25. Geburtstages als auch durchgehend bis zum aktuellen Zeitpunkt bestanden.

Im Zuge des Verfahrens wurden weitere Befunde vorgelegt und im Hinblick auf die Einwendungen des Beschwerdeführers ergänzende Stellungnahmen (22. und vom ) der Sachverständigen eingeholt und mit der zusammenfassenden Bescheinigung vom wiederum das Vorliegen einer Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, verneint.

Schließlich wurde am eine weitere Bescheinigung unter Zugrundelegung eines ärztlichen Gutachtens einer anderen Sachverständigen erstellt. Die Einschätzung, dass vor Vollendung des 25. Lebensjahres, nicht eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, eingetreten sei, erfuhr dabei keine Änderung. Es lägen keine Befunde vor, die belegten, dass die Tochter zum Zeitpunkt der Vollendung des 25 Lebensjahres erwerbsunfähig gewesen sei.

Das Gutachten zu einer solchen Sachfrage ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustandes auf Basis des objektiv feststellbaren Sacherhalts durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare kon-krete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Speku-lationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fach-spezifischen Wissen stützen. Alleine die Möglichkeit, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmter Sachverhalt vorgelegen sein könnte, reicht dabei keinesfalls aus, diesen Sachver-halt gutachterlich als gegeben anzusehen und zu bestätigen (vgl. zB RV/0309-I/11).

Das Familienlastenausgleichsgesetz geht klar davon aus, dass die Behinderung kausal für das dauernde "außer Stande sein" sein muss und dieser Umstand vor Vollendung des 21. Lebens-jahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten sein muss. Andere Gründe (wie zB mangelnde oder nicht spezifische Ausbildung, die Arbeitsplatzsituation, Arbeitswilligkeit etc., dürfen für die Beurteilung ebensowenig herangezogen werden, wie eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach diesem Zeitpunkt.

Die Sachverständigen ziehen bei ihrer Diagnoseerstellung bzw. zur Festlegung des Eintrittes der Erwerbsunfähigkeit, neben den Untersuchungsergebnissen und ihrem Fachwissen regelmäßig die von den Antragstellern vorgelegten Befunde heran. Hilfreich sind dabei vor allem Befunde aus dem maßgeblichen Zeitraum, die darauf schließen lassen, dass die Erkrankung bereits zu diesem Zeitpunkt in ein Stadium eingetreten ist, in dem von einer dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, gesprochen werden kann.

Vor diesem Hintergrund erweist sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers das der Bescheinigung des Sozialministeriumservice vom zugrunde liegende Sachverständigengutachten vom , welches alle im gegenständlichen Verfahren erstellte Gutachten und Stellungnahmen zu den Einwendungen sowie das Gutachten aus dem Jahr 2010 mitberücksichtigt, in Bezug auf die Frage, ob eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor Vollendung des 25. Lebensjahres vorgelegen hat, als schlüssig. Die Abweichung vom Gutachten aus dem Jahr 2010 vermag die Schlüssigkeit nicht in Frage zu stellen, zumal dies von der Gutachterin unter anderem mit dem Hinweis, dass die mangelhaft durchgeführten Therapien dem damaligen Sachverständigen nicht bekannt waren, entsprechend nachvollziehbar gewürdigt worden ist

Auch der Verlauf der ins Treffen geführten Respirometriedaten zwischen 2004 und 2020 mit einem progredienten Verlauf vermögen die Schlüssigkeit nicht in Zweifel zu ziehen, kommt es doch wie ausgeführt darauf an, wann eine Krankheit ein Stadium erreicht, das zur Erwerbsunfähigkeit führt. Dieses Stadium wurde offensichtlich noch nicht erreicht.

Aufgrund der vorliegenden schlüssigen Bescheinigung unter Berücksichtigung aller bisherigen Verfahrensergebnisse steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass die Tochter des Beschwerdeführers nicht vor Vollendung des 25 Lebensjahres dauernd außerstande war, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Einer weiteren Erörterung des Gutachtens mit der Sachverständigen bedarf es nicht, weil dem Grad der Behinderung im Beschwerdefall keine Relevanz zukommt und andererseits, weil das Abgehen vom Gutachten aus dem Jahr 2010 in den in diesem Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt und schlüssig begründet worden ist.

Rechtliche Erwägungen

Gemäß § 2 Abs. 1 lit c FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

Nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist.

Als erheblich behindert gilt nach § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Der Nachweis betreffend die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 in einem qualifizierten Verfahren durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu führen (vgl. ).

Die Tätigkeit der Abgabenbehörde hat sich demzufolge im Wesentlichen auf die Frage zu beschränken, ob das Gutachten als schlüssig zu qualifizieren ist.

Nach § 8 Abs. 6a FLAG 1967 besteht für eine Person, bei der eine dauernde Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit. c festgestellt wurde, kein Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe, wenn sie in einem Kalenderjahr ein Einkommen bezieht, dass die in § 5 Abs. 1 festgelegte Grenzen übersteigt. Wenn das Einkommen in einem nachfolgenden Kalenderjahr unter der in § 5 Abs. 1 festgelegten Grenze liegt, lebt der Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe wieder auf. Wenn die Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit. c als Dauerzustand festgestellt wurde, ist kein weiteres Sachverständigengutachten erforderlich.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist der Bezug der Familienbeihilfe Grundvoraussetzung für die Gewährung des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung. Auf den Grad der Behinderung kommt es bei der Beurteilung des Anspruches auf den Grundbetrag nicht an. Besteht also keine vor Vollendung des 21. bzw. zutreffendenfalls 25. Lebensjahres eingetretene dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, steht weder Grund- noch Erhöhungsbetrag zu (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 8 Rz 19).

§ 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 stellt darauf ab, dass das Kind auf Grund einer zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetretenen Behinderung außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eine derartige geistige oder körperliche Behinderung kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit längerem vorliegt, sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt, ist der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 erfüllt. Es kommt somit weder auf den Zeitpunkt an, an dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend)einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche die Erwerbsunfähigkeit bewirkt (vgl. zuletzt wiederum ).

Mit dem Hinweis auf die Rechtssätze zum BFG-Erkenntnis vom , RV/7105948/2019, betreffend Erwerbsfähigkeit und Selbsterhaltungsfähigkeit vermag der Beschwerdeführer der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Ausführungen im RS 1 sind aus dem y, entnommen. Der OGH trifft in dieser Entscheidung Aussagen zur Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes aus dem Blickwinkel der Einkünfte des Kindes. Die Aussagen sind dabei im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Verfahrens zu sehen. Gegenstand jenes Verfahrens war der Kostenersatz des zum Unterhalt Verpflichteten gemäß § 30 Abs. 3 B-KJHG 2013 bzw. § 36 Abs. 1 WKJHG 2013. Im RS 2 wird hinsichtlich der Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes auf dessen Vermittelbarkeit auf dem "Ersten Arbeitsmarkt", also dem regulären Arbeitsmarkt Bezug genommen, die es dazu in die Lage versetzt, sich selbst ohne Zuwendungen anderer zu erhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof stellt bei der Auslegung der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 vorrangig auf die Erbringung einer Arbeitsleistung ab. Im Erkenntnis vom , 2009/16/0325, definiert der Verwaltungsgerichtshof die Selbsterhaltungsfähigkeit iSd § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 dahingehend, dass es für das Vorliegen einer solchen noch nicht ausreichend ist, wenn eine Person etwa nur bei Vorliegen von im Wesentlichen karitativen Motiven eines Arbeitgebers oder zu therapeutischen Zwecken beschäftigt werden würde, ohne dass der Arbeitsgeber realistischerweise eine Arbeitsleistung erwarten könnte und der Beschäftigte lediglich eine Art Taschengeld erhalten würde.

Dem Vorbringen, wonach auch unter Zugrundelegung des aktuellen Anstellungsverhältnisses und damit Einkommens eine Selbsterhaltungsfähigkeit im Sinne des Rechtsatzes zum Erkenntnis BFG, RV/7105948/2017 nicht gegeben sei, wenn man alle Aufwendungen berücksichtige, die er in seinem Einspruch gegen den angefochtenen Bescheid aufgelistet habe, ist entgegenzuhalten, dass die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit sich selbst zu erhalten im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 nicht unter dem Blickwinkel der Einkünfte des Kindes zu beurteilen ist. So hat der VwGH in seinem Erkenntnis zur vergleichbaren Bestimmung des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 vom , Zl. 2009/16/0115, ausgesprochen, dass die Frage, ob ein Kind wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres (bzw. 25. Lebensjahres) eingetretenen Behinderung voraussichtlich außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht nach den vom Kind erzielbaren Einkünften (welche etwa auch aus in keinem Zusammenhang mit einer Behinderung stehenden Einkünften aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung bestehen könnten), zu beurteilen ist, sondern ausschließlich nach einem Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Wie sich die finanzielle Situation der Tochter im Jahr 2018 darstellt, ist dabei unbeachtlich.

Aufgrund der vorliegenden Bescheinigungen des Sozialministeriumservice ergibt sich aus fachkundiger ärztlicher Sicht schlüssig, dass eine dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht vor Vollendung des 25. Lebensjahres der Tochter (Februar 2012) eingetreten ist. Das Bundesfinanzgericht hat daher vom Ergebnis dieser Bescheinigungen auszugehen. Auswirkungen auf andere Sozialleistungen, welche der Beschwerdeführer mitberücksichtigt haben möchte, haben dabei außer Acht zu bleiben.

Der Beschwerdeführer vermag auch nicht mit dem Vorbringen, dass im Gutachten aus dem Jahr 2010 festgestellt worden sei, dass ein dauerndes Außerstandesein, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vorliege und im Falle einer Bestätigung des Dauerzustandes nach § 2 Abs. 6a letzter Satz FLAG 1967 kein neues Gutachten angefordert werden brauche, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Diese Bestimmung schließt nicht aus, dass aufgrund der Abgabenbehörde bekannt gewordener Umstände, die darauf schließen lassen, dass ein bestehendes Gutachten nicht (mehr) den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, ein neues Gutachten angefordert wird. Im Übrigen ist im damaligen Gutachten nur von einem voraussichtlich dauernden "außer Stande sein" die Rede.

Damit ist im Beschwerdefall die Voraussetzung für den Bezug des Grundbetrages an Familienbeihilfe nicht erfüllt. Es kann daher auch der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe nicht gewährt werden.

Im Beschwerdefall liegt auch nicht nur eine Unterbrechung des Beihilfenbezuges vor. Eine Unterbrechung des Anspruches bedingt einen vorher bestandenen Anspruch. Abgesehen davon, dass die Erwerbsfähigkeit auch noch im Beschwerdezeitraum bestanden hat, fehlt es an einer solchen Unterbrechung.

Dem Grad der Behinderung kommt bei der gegebenen Sachlage keine Relevanz zu. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob im herangezogenen Gutachten die Frage, ob der festgestellte Grad der Behinderung voraussichtlich mehr als drei Jahre andauern wird, von der Sachverständigen mit "nein" beantwortet wurde.

Auf die Frage der überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten braucht bei der gegebenen Sachlage nicht mehr eingegangen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war keine Rechtsfrage zu beurteilen der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung ergibt sich aufgrund des festgestellten Sachverhaltes unmittelbar aus dem Gesetz und der hierzu ergangenen einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Tatsachenfragen sind einer Revision ohnehin nicht zugänglich. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

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Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100568.2020

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