Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.03.2022, RV/7103057/2020

Keine Familienbeihilfe für subsidiär Schutzberechtigte bei Leistungen aus der Grundversorgung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wiener Kinder-und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 1,4,5,6,7,8,9, Amerlingstraße 11, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Abweisung des Antrages vom auf Familienbeihilfe für ***Bf*** ab Jänner 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die minderjährige, im Dezember 2003 geborene Beschwerdeführerin (Bf.) stellte, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger, am einen (Eigen)Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe gemäß § 6 Abs. 5 FLAG ab . Der Antrag enthält u.a. die Angaben zur Antragstellerin:
Staatsbürgerschaft: Russische Föderation
gültiger Aufenthaltstitel (beigelegte Kopie der Karte für subsidiär Schutzberechtige gemäß § 52 AsylG 2005)
Vertretungsbefugnis: Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe hat die volle Obsorge
Angaben zu den Eltern des antragstellenden Kindes:
Mutter: A.G., … wh. (in Wien)
Vater: in der Russischen Föderation verstorben
und folgende Begründung:
Nach Auffassung der Wiener Kinder- und Jugendhilfe genügt für die rückwirkende Antragstellung, dass die Wiener Kinder- und Jugendhilfe mit der Pflege und Erziehung des Kindes betraut ist. Da es jedoch durchaus sein kann, dass in weiterer Folge diese Vertretungsbefugnis für den rückwirkenden Teil des Antrages nicht als ausreichend erkannt wird, wurde mit gleicher Post der aus der Beilage ersichtliche Antrag auf Betrauung der Wiener Kinder- und Jugendhilfe mit der Obsorge im Bereich Beantragung und Verwaltung der Familienbeihilfe beim Pflegschaftsgericht gestellt (siehe Beilage).
Das antragstellende Kind befindet sich seit in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung. Der Stadt Wien entstehen dadurch Kosten von mindestens EUR 80,-- täglich.
Das Kind ist in einer Einrichtung untergebracht, welche vorwiegend durch Spendengelder finanziert ist.
Das antragstellende Kind hat folgendes Einkommen: - [Anm.: keines]
Von den Eltern des Kindes langen seit Antragsbegehren übergegangene Unterhalts- bzw. Kostenersatzbeträge (siehe Beilage) ein.
[Anm.: Laut Gerichtsbeschluss seien die Minderjährigen (die Bf. und ihre Schwester) aufgrund einer Überforderung der Mutter gefährdet; die Mutter sei ihren elterlichen Pflichten nicht ausreichend nachgekommen und werde diese auch in Zukunft aufgrund ihrer eingeschränkten Erziehungsfähigkeit im Hinblick auf ihre beiden mehrfach behinderten Kinder nicht in der Lage sein, die Kinder bestmöglich zu pflegen und zu erziehen. Die Mutter sei den speziellen Erziehungsaufgaben nicht gewachsen. Sie konnte bisher den an sie gestellten, großen Aufgaben in diesem Bereich nicht entsprechend nachkommen. Vater ist verstorben; vgl. oben]
Folgende Nachweise sind diesem Antrag angeschlossen:
Gerichtsbeschluss über die Übertragung der Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung
Aufenthaltsbestätigung
Nachweis dass die Einrichtung durch Spendengelder finanziert ist.

Dem Antrag waren angeschlossen:
- der Beschluss des Bezirksgerichtes vom , nach dem der Mutter die Obsorge für die Minderjährigen (die Bf. und ihre Schwester) entzogen und dem Jugendwohlfahrtsträger übertragen wird.
- die Kontodaten von Spendenkonten der Caritas Wien bei zwei Banken sowie
- Kopien der Aufenthaltskarten für subsidiär Schutzberechtige gemäß § 52 AsylG 2005 der Bf. und ihrer Schwester

Mit Abweisungsbescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Jänner 2016 ab:
Ihr Antrag vom auf Familienbeihilfe wird abgewiesen für:


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Name des Kindes
VNR/Geb.dat.
Zeitraum von - bis
(Nach -und Vorname der Bf.)
… 12 03
ab Jän. 2016

Begründung:
Zu (Nach- und Vorname der Bf.)
Personen, denen der Status von subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, wird nur dann Familienbeihilfe gewährt, wenn sie oder ein anderes Familienmitglied keinen Anspruch auf eine Leistung aus der Grundversorgung haben und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind.
Anspruch auf Familienbeihilfe besteht auch für jene Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
Da Sie weder selbständig noch unselbständig beschäftigt sind besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Der die Bf. vertretende Jugendwohlfahrtsträger erhob Beschwerde mit folgender Begründung:
Der bekämpfte Bescheid hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe nach § 6 Abs 5 FLAG wurde damit begründet, dass die subsidiär schutzberechtigte Minderjährige keiner Beschäftigung nachgeht, womit erkennbar auf § 3 Abs 4 FLAG Bezug genommen wurde.
Durch § 6 Abs 5 FLAG idF BGBl. I Nr. 77/2018 wurde ein eigenständiger Anspruch von Kindern geschaffen, die sich in voller Erziehung befinden.
Für den Eigenanspruch des Kindes nach § 6 Abs 5 FLAG sind zentrale Elemente, dass sich das Kind in voller Erziehung befindet und der Kinder- und Jugendhilfeträger (KJHT) nicht zur Gänze mit den Kosten der vollen Erziehung belastet ist.
Der entsprechende Initiativantrag (GPXXVI IA 386/A) führt dazu wie folgt begründend aus:
"Für den Fall, dass keinem Elternteil ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, besteht durch eine Sonderregelung die subsidiäre Möglichkeit, dass das Kind für sich selbst die Familienbeihilfe beanspruchen kann (Eigenanspruch auf Familienbeihilfe). Ein solcher Eigenanspruch ist nach der derzeitigen Rechtslage ausgeschlossen, wenn sich die Kinder auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Judikatur zum Ausdruck gebracht, dass in Konstellationen, bei denen typischer Unterhalt der Kinder (überwiegend) durch die öffentliche Hand gedeckt ist, ein Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen ist, wobei es nicht auf die Form der Unterbringung ankommt. Die in diesem Zusammenhang stehende Thematik, inwieweit ein Beitrag zu den Unterhaltskosten trotzdem einen Anspruch vermitteln kann, ist durch eine gesetzliche Präzisierung zu lösen. Es soll nun sichergestellt werden, dass ein Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe auch dann gegeben ist, wenn das Kind selbst aufgrund eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruches (z.B. Pflegegeld) oder aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit regelmäßig zur Deckung der Unterhaltskosten beiträgt. Gleiches soll gelten, sofern die Eltern zwar nicht überwiegend jedoch zumindest teilweise regelmäßig zum Unterhalt ihres Kindes beitragen.
Sofern der Unterhalt des Kindes zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe (bei Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung) oder zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand (zB durch eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung oder die Grundversorgung) getragen wird, ohne dass ein oben angesprochener Beitrag geleistet wird, soll kein Anspruch auf die Familienbeihilfe bestehen, da in diesen Fällen der Mindestunterhalt des Kindes bereits vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand sichergestellt ist.
Diese Regelungen sollen in Bezug auf alle Kinder gelten, grundsätzlich auch für Kinder, die erheblich behindert sind und demzufolge die erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sowie in Bezug auf Vollwaisen."
Die Voraussetzungen nach § 6 Abs 5 FLAG liegen hier unzweifelhaft vor, weil sich das rechtsmittelwerbende Kind in voller Erziehung der Stadt Wien befindet und Pflegegeld bezieht, weshalb die Kosten der vollen Erziehung nicht zur Gänze dem KJHT zur Last fallen.
Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er den Familienbeihilfenanspruch des Kindes nach § 6 Abs 5 FLAG, in Fällen wie dem vorliegenden, auch noch zusätzlich davon abhängig machen wollte, dass das subsidiär schutzberechtigte minderjährige Kind einer Beschäftigung nachgeht, gilt doch für minderjährige Kinder grundsätzlich die Ausbildungspflicht nach dem Ausbildungspflichtgesetz. Hier tritt dazu noch der Umstand, dass das rechtsmittelwerbende Kind aufgrund seiner schweren Behinderung gar nicht in der Lage ist, einer Beschäftigung nachzugehen. Dass keine Beschäftigung der Minderjährigen vorliegt, kann folglich dem Anspruch nach § 6 Abs 5 FLAG nicht schaden.
Die rechtsmittelwerbende Minderjährige stellt daher den Antrag, das Bundesfinanzgericht möge dem Kind die beantragte Familienbeihilfe zusprechen.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung wie folgt:
Gemäß § 3 Abs. 4 FLAG 1967 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
Gemäß § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat und können somit für sich selbst Familienbeihilfe beziehen.
Subsidiär schutzberechtigte Personen als selbst Anspruchsberechtigte haben somit nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, "sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind".
Da die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 FLAG 1967 nicht erfüllt sind, ist Ihre Beschwerde abzuweisen.

Der Vorlageantrag wurde mit folgender Begründung eingebracht:
Sowohl der bekämpfte Bescheid vom als auch die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe nach § 6 Abs 5 FLAG wurde damit begründet, dass die subsidiär schutzberechtigte Minderjährige keiner selbständigen oder unselbständigen Beschäftigung nachgeht, womit erkennbar auf § 3 Abs 3 FLAG Bezug genommen wurde.
Durch § 6 Abs 5 FLAG idF BGBl, wurde ein eigenständiger Anspruch von Kindern geschaffen, die in voller Erziehung untergebracht sind.
Kinder haben einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe unter denselben Voraussetzungen unter denen ein Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat. (§ 6 Abs 1 bis 3).
Der entsprechende Initiativantrag (GP XXVI lA 386/A) führt dazu wie folgt aus:
Für den Fall, dass keinem Elternteil ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, besteht durch eine Sonderregelung die subsidiäre Möglichkeit, dass das Kind für sich selbst die Familienbeihilfe beanspruchen kann (Eigenanspruch auf Familienbeihilfe).
Nachdem es sich bei der Rechtsmittelwerberin um einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling handelt, kann die Familienbeihilfe von keinem Elternteil bezogen werden.
Die rechtsmittelwerbende Minderjährige stellt daher den Antrag, das Bundesfinanzgericht möge dem Kind die beantragte Familienbeihilfe zusprechen.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe wurde mit gerichtlichen Beschluss mit der vollen Obsorge betraut und stellte als Vertreter der Bf den Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab Jänner 2016.
Die Bf, geboren am ...12.2003, genießt den Status eines subsidiär Schutzberechtigten und ist seit 2010 in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung in Wien untergebracht.
Der Stadt Wien entstehen dadurch Kosten von mindestens EUR 80,- täglich.
Die Bf geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Da die Bf mehrfach behindert ist, bedarf es einer entsprechenden umfassenden Betreuung und Förderung.
Stellungnahme:
Personen, die weder die österreichische Staatsbürgerschaft noch die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaates der EU (oder eines Vertragsstaates des EWR oder die Schweizer Staatsbürgerschaft) besitzen (Drittstaatsangehörige und Staatenlose), müssen zusätzlich zu den allgemeinen Voraussetzungen für die FB auch die in § 3 festgelegten Bedingungen erfüllen ().
Bei ausländischen Staatsangehörigen und Staatenlosen genügt ein inländischer Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt im Inland sowie der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland für den Anspruch auf die FB nicht. Bei Fremden (Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen), die FB beantragen, müssen zusätzlich die in § 3 Abs 1 angeführten qualifizierten Voraussetzungen vorliegen.
Gemäß § 3 Abs 1 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach § 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr 100/2005 idF BGBl. I Nr 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Abweichend zum ersten Absatz regelt Abs 4 dass Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe haben, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind.
In der Praxis fallen erheblich behinderte subsidiär Schutzberechtigte üblicherweise unter die Grundversorgung ieS, sodass sich die Frage der Erwerbsfähigkeit nicht stellt (vgl ; , ao Revision abgewiesen: ; ).
Die Bf ist krankenversichert und in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung in Wien untergebracht, womit sie Leistungen aus der Grundversorgung bezieht.
Da somit die qualifizierten Voraussetzungen des § 3 FLAG im gegenständlichen Beschwerdefall nicht erfüllt sind, besteht folglich kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Aus diesem Grund wird beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Unstrittig ist, dass die subsidiär Schutzberechtigte, die im Dezember 2003 geborene - im mit Jänner 2016 beginnenden Beschwerdezeitraum 12-jährige - Bf., seit , - laufend', somit im gesamten Beschwerdezeitraum, auf Grund ihres Status als subsidiär Schutzberechtigte krankenversichert war (Sozialversicherungsdatei) und in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung in Wien untergebracht war, womit sie Leistungen aus der Grundversorgung bezog.

Beweiswürdigung

Diese Feststellungen beruhen auf den in den Eingaben der Bf. gemachten Angaben und den von der belangten Behörde getätigten Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 3 FLAG bestimmt:
Abs. 1:
Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Abs. 2:
Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Abs. 3:
Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.
Abs. 4:
Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
Abs. 5:
In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.

Der Initiativantrag, auf welchen § 3 Abs. 4 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 168/2006 zurückgeht (IA 62/A BlgNR 23. GP), führt zu der Regelung aus ():
Weiters soll künftig auch für Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld eingeräumt werden, sofern diese auf Grund ihrer Hilfsbedürftigkeit nicht bereits Leistungen im Rahmen der Grundversorgung nach Maßgabe der Grundversorgungsvereinbarung nach Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern erhalten und durch eigene Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen. Bereits nach der Rechtslage vor dem war als Voraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe das Vorliegen einer mindestens drei Monate dauernden legalen unselbständigen Erwerbstätigkeit vorgesehen. Diese Voraussetzung soll nunmehr durch die selbstständige Erwerbstätigkeit erweitert werden.

Im Erkenntnis vom , 2011/16/0173, erwog der Verwaltungsgerichtshof:
Auch mit der Bestimmung des § 3 Abs. 4 FLAG, wonach der Anspruch auf Familienbeihilfe von Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, voraussetzt, dass sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten, hat der Gesetzgeber (verfassungsrechtlich unbedenklich - vgl. etwa den ) ausgedrückt, dass die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließt.

Im Erkenntnis vom , RV/7101203/2014, erwog das Bundesfinanzgericht:
§ 3 Abs. 4 FLAG 1967 schließt subsidiär Schutzberechtigte, die Leistungen aus der Grundversorgung erhalten, vom Bezug der Familienbeihilfe aus.
Leistungen aus der Grundversorgung können - siehe Art. 6 Abs. 1 Z 5 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich (Grundversorgungsvereinbarung - Art. 15a B-VG), BGBl. I Nr. 80/2004 - auch die Sicherung der Krankenversorgung sein (vgl. Aigner/Wanke in Czaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 3 Rz 284).
Da während des gesamten Streitzeitraumes der Bf als Asylwerber im Rahmen der Grundversorgung krankenversichert war, ist ein Bezug von Familienbeihilfe - und damit auch des Erhöhungsbetrages, der an das Vorliegen der Voraussetzungen für den Grundbezug anknüpft - ausgeschlossen.
Welche Leistungen aus der Grundversorgung der Bf darüber noch erhalten hat, ist daher ebenso wenig entscheidend wie die Tatsache, dass der Bf im Streitzeitraum nicht durchgehend, sondern nur während dreier Monate (November 2012 bis Jänner 2013) erwerbstätig (ebenfalls eine Voraussetzung für den Familienbeihilfebezug subsidiär Schutzberechtigter) war.

Im Erkenntnis vom , RV/1100455/2013, erwog das Bundesfinanzgericht:
§ 3 Abs. 4 FLAG 1967 betrifft subsidiär Schutzberechtigte als Anspruchsberechtigte iSd Abs. 1 leg. cit. oder Anspruchsvermittelnde iSd Abs. 2 leg. cit., allerdings hinsichtlich des Anspruches auf Familienbeihilfe nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen (Herwig Aigner/Rudolf Wanke in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 3, Rz 3). …
Der erste Satz des Abs. 4 leg. cit. spricht klar aus, dass subsidiär schutzberechtigte Personen als selbst Anspruchsberechtigte - wie etwa im Fall des Beschwerdeführers - dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, "sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind". Der zweite Satz des Abs. 4 leg. cit. normiert, dass jemandem, in der Regel wohl einem Elternteil, unter den zuvor genannten Voraussetzungen auch für subsidiär schutzberechtigte Kinder ein Anspruch auf Familienbeihilfe zukommt. Das Kind ist also in der zweiten Konstellation des Abs. 4 die anspruchsvermittelnde Person für den antragstellenden Elternteil.
Insofern kommt dem Einwand des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde, wonach er den zweiten Satz des § 3 Abs. 4 FLAG 1967 auf sich bezieht und sich in der Rolle des dort zitierten Kindes sieht, keine Berechtigung zu. Er ist nämlich nicht ein Kind, das einem Elternteil einen Anspruch vermittelt, sondern ist selbst Anspruchsberechtigter im Sinne des ersten Satzes leg. cit. (Eigenanspruch). … Jedoch liegt keine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit vor. … Da - in zusammenfassender Würdigung - subsidiär schutzberechtigte Personen von Gesetzes wegen (§ 3 Abs. 4 FLAG 1967) zwei Voraussetzungen nachweisen müssen, um einen Anspruch auf Familienbeihilfe zu haben, nämlich das Fehlen von Leistungen aus der Grundversorgung und eine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit, war dem Antrag des nicht erwerbstätigen Beschwerdeführers auf Gewährung der Familienbeihilfe ein Erfolg zu versagen.

In der Entscheidung vom , RV/0616-W/13, erwog der unabhängige Finanzsenat:
Stellt man inhaltlich auf die Leistung der Grundversorgung ab, so umfasst die Grundversorgung nach Art. 6 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs-und schutzbedürftige Fremde in Österreich (Grundversorgungsvereinbarung), BGBl. I Nr. 80/2004 insbesondere die Unterbringung in geeigneten Unterkünften, die Versorgung mit angemessener Verpflegung, die Gewährung eines monatlichen Taschengelds für Personen in organisierten Unterkünften, die Durchführung einer medizinischen Untersuchung im Bedarfsfall, die Sicherung der Krankenversorgung im Sinne des ASVG durch Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge, die Gewährung allenfalls darüber hinausgehender notwendiger durch die Krankenversicherung nicht abgedeckter Leistungen nach Einzelfallprüfung, die Übernahme von Transportkosten bei Überstellungen und behördlichen Ladungen, die Übernahme der für den Schulbesuch erforderlichen Fahrtkosten und Bereitstellung des Schulbedarfs für Schüler, die Gewährung von Sach- oder Geldleistungen zur Erlangung der notwendigen Bekleidung.
Der Rechtssatz zu dieser Entscheidung - unter dem Titel "Keine Familienbeihilfe bei Leistungen aus der Grundversorgung" lautet:
Kein Anspruch auf Familienbeihilfe für subsidiär Schutzberechtigte, welche Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, weil es sich bei der Familienbeihilfe um keine Kernleistung der Sozialhilfe im Sinne des Artikels 28 Abs. 2 der Statusrichtlinie handelt (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Staus von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schütz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Statusrichtlinie) ABIEU Nr. L 304 vom , 12 ff.

Im Erkenntnis vom , RV/2101070/2018, erwog das Bundesfinanzgericht:
Vor allem beim Eigenanspruch von Kindern, denen die Eltern nicht überwiegend Unterhalt leisten (§ 6 Abs. 5 FLAG 1967), setzt der Anspruch auf Familienbeihilfe voraus, dass sich das Kind nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befindet. Hier leuchtet, so der Verwaltungsgerichtshof in seiner diesbezüglichen Rechtsprechung, der Gedanke hervor, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen ist, wenn die öffentliche Hand überwiegend oder grundsätzlich für den Unterhalt des Kindes sorgt, auch wenn die Eltern zum Teil Unterhalt leisten (vgl. ).

Haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, gemäß der zitierten Bestimmung des § 3 Abs. 4 FLAG Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind, so erfüllt die Bf. diese Voraussetzungen nicht:
Der Erhalt von Leistungen aus der Grundversorgung, wie die Krankenversicherung - auf Grund des Status als subsidiär Schutzberechtigte - steht dem Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 3 FLAG entgegen. Gleiches gilt für eine nicht gegebene unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Erkenntnis werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, da dieses in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt. Soweit darin Sachverhaltsfeststellungen getroffen wurden, liegen keine Rechtsfragen, sondern Sachverhaltsfragen vor, die grundsätzlich keiner Revision zugänglich sind.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103057.2020

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