Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.03.2022, RV/7101167/2013

Pendlerpauschale

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des FA Waldviertel vom betreffend Einkommensteuer 2006 bis 2009, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am wurde die Einkommensteuererklärung 2006 und am die Einkommensteuererklärungen für 2007, 2008 und 2009 eingereicht.

In diesen wurde das große Pendlerpauschale für die Fahrt zum Arbeitsplatz in Wien beantragt.

Im Zuge der Veranlagung der Jahre 2006 bis 2009 wurde dieses nicht gewährt und in den am erlassenen Bescheiden wurde dies wie folgt begründet:

"Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit c EStG steht das große Pendlerpauschale zu, wenn die Benützung eines Massenverkehrsmittels zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar ist.

Nach den amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG liegt Unzumutbarkeit vor, wenn die Fahrzeiten mit dem Massenverkehrsmittel dreimal so lange sind als mit dem Kfz, wobei eine Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke von 90 Minuten im Nahbereich als zumutbar erachtet wird. Geringfügige Überschreitungen ändern nichts an der Zumutbarkeit (RV/2234-W/11). Laut Fahrplanauskunft der ÖBB (Scotty, Tür-zu-Tür-Auskunft) beträgt die Wegzeit von der Wohnung zur Arbeitsstätte rund 90 Minuten (zB REX 7109). Daraus folgt, dass auch bei Zugrundelegung der in einigen Entscheidungen des UFS vertretenen Rechtsansicht, dass die Wegzeit von 90 Minuten eine absolute Höchstgrenze wäre (zB RV/1068-W/07, Anm.: Amtsbeschwerde anhängig), das große Pendlerpauschale nicht zustehen würde."

Weiters wurde der Beschwerdeführer (Bf.) in den Einkommensteuerbescheiden für 2006 und 2007 darauf hingewiesen, dass das Pendlerpauschale bereits bei der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt (§ 62 EStG 1988) wurde und ein nochmaliger Abzug im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung daher nicht möglich sei.

Der Bf. brachte gegen diese Einkommensteuerbescheide am eine Beschwerde, ein in der er anmerkte, dass der REX 7109 in Krems um 7.26 abfahre und um 8.30 in Spittelau ankomme, dann wäre er um 8.45 im Büro. Wenn er dann 8 Stunden arbeite sei es 16.45 und er würde gegen 18.30 in Krems sein. Für die Ermittlung der Fahrtzeit ist seiner Ansicht nach eine Fahrt zum normalen Arbeitsbeginn heranzuziehen. Er habe daher den Zug gerechnet, der der normalen Abfahrtszeit mit dem Auto entspricht. Bei der Rückreise, habe er den Zug gewählt, der nach 8 Stunden Arbeitszeit erreichbar sei. Weiters wies er darauf hin, dass die Fahrtzeit von Wohnung zu Arbeitsstätte sei und nicht von, erster zu letzter Station. Er habe daher jeweils 5 Minuten Wegzeit hinzugerechnet. Am Rückweg in Wien müsste man darüber hinaus noch berücksichtigen, dass U-Bahnen selten pünktlich fahren.

Der Bf. legte folgende Berechnung der Fahrtzeit vor:

"Die Fahrtzeiten stellen sich wie folgt dar:


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Haus
05:53
Abfahrt Bus lt. Fahrplan
05:58
Abfahrt Zug REX 7107
06:14
Ankunft U-Bahn Landstraße
07:35
Ankunft Büro
07:40
Fahrzeit ins Büro
1 Stunde 47 Minuten


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Verlassen Büro
15:38
Abfahrt U-Bahn
15:43
Ankunft Bus
17:09
Ankunft Haus
17:14
Fahrzeit vom Büro
1 Stunde 36 Minuten

Gesamtfahrzeit 3 Stunden 23 Minuten"

Weiters führte der Bf. an, dass die Fahrtzeit vom Haus zum Büro je ca. 60 Minuten betrug und somit ein zeitlicher Mehraufwand von 50% bestehe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Uneinigkeit besteht im konkreten Fall allein darüber, ob das sogenannte große Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 oder das kleine Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 zusteht.

Unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen und der Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes wird der Entscheidung folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Der Bf. hatte in den berufungsgegenständlichen Jahren seinen Wohnsitz in Krems, seine Arbeitsstätte befand sich in Wien. Er legte somit eine tägliche Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von rund 80 km zurück.

In der Beschwerde wurde vom Bf. die Fahrtzeit wie folgt angegeben:


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Haus
05:53
Abfahrt Bus lt. Fahrplan
05:58
Abfahrt Zug REX 7107
06:14
Ankunft U-Bahn Landstraße
07:35
Ankunft Büro
07:40
Fahrzeit ins Büro
1 Stunde 47 Minuten


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Verlassen Büro
15:38
Abfahrt U-Bahn
15:43
Ankunft Bus
17:09
Ankunft Haus
17:14
Fahrzeit vom Büro
1 Stunde 36 Minuten

Weiters wurde für die Strecke Wohnung Arbeitsstätte eine Fahrtzeit mit dem PKW von 60 Minuten angegeben. Auch in der Überprüfung durch die Richterin ergibt sich für den rund 80 Kilometer langen Arbeitsweg eine gerundete Fahrtzeit von 60 Minuten.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach Z 6 dieser Gesetzesstelle zählen zu den Werbungskosten die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Intention des Gesetzgebers des EStG 1988 war es, durch Neuregelung der Absetzbarkeit von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den bis dahin steuerlich begünstigten, aus umweltpolitischer Sicht aber unerwünschten Individualverkehr einzudämmen und die Bevölkerung zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen (, 0003). Vor diesem Hintergrund wurde § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 geschaffen und ist diese Bestimmung daher so zu verstehen und auszulegen.

Die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitsweg) sind grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht.

Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stehen grundsätzlich nur dann zu, wenn

- entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst (sog. kleines Pendlerpauschale) oder

- die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens zwei Kilometer beträgt (sog. großes Pendlerpauschale).

In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum überwiegend (dh. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum) gegeben sein.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 Kilometer und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann sind die in § 16 Abs. 1 Z 6 it. b EStG 1988 genannten Pauschbeträge zu berücksichtigen.

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden die gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 angeführten Pauschbeträge (sog. großesPendlerpauschale) berücksichtigt.

Die Z 6 des § 16 Abs. 1 EStG wurde hinsichtlich der Höhe der Pauschbeträge öfter geändert bzw. angepasst.

In der folgenden Übersicht werden die gültigen Pauschbeträge für die berufungsgegenständlichen Jahre aufgelistet:

§ 16 Abs. 1 Z 6 it. b EStG 1988 (kleines Pendlerpauschale)


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Entfernung
ab bis
ab bis
ab bis
ab 20 km
495,00 €
546,00 €
630,00 €
ab 40 km
981,00 €
1.080,00 €
1.242,00 €
ab 60 km
1.467,00 €
1.614,00 €
1.857,00 €

§ 16 Abs. 1 Z 6 it. c EStG 1988 (großes Pendlerpauschale)


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Entfernung
ab bis
ab bis
ab bis
ab 2 km
270,00 €
297,00 €
342,00 €
ab 20 km
1.071,00 €
1.179,00 €
1.356,00 €
ab 40 km
1.863,00 €
2.052,00 €
2.361,00 €
ab 60 km
2.664,00 €
2.931,00 €
3.372,00 €

Was unter dem Begriff der "Zumutbarkeit" im Sinn des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Nach der geltenden Verwaltungspraxis für die Streitzeiträume wird folgende Auslegung vertreten:

Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten beträgt.

Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt.

Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten, aber nicht mehr als 2,5 Stunden, ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert wie die Fahrzeit mit dem Kfz.

Wie oben bereits ausgeführt wurde die Fahrtzeit mit dem PKW (60 Minuten) für die Strecke Wohnung - Dienstort erhoben. Die dreifache Fahrtdauer würde 180 Minuten betragen.

Aus § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a und b EStG 1988 ergibt sich, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - im öffentlichen Interesse - nicht den Individualverkehr und die Benützung eines Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will. Nur wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können im Wege der Pauschbeträge nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 Kosten des Individualverkehrs geltend gemacht werden ().

Nach den Gesetzesmaterialien (RV 620 BlgNR XVII. GP, 75) ist die Zumutbarkeit der Benützung von Massenverkehrsmitteln auf Grund der Fahrzeiten zu prüfen: Unzumutbar seien im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit dem Massenbeförderungsmittel als mit dem eigenen Kfz; im Nahbereich von 25 km sei die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Eine Gesamtwegzeit (in einer Richtung) von eineinhalb Stunden wird aber nicht nur im Nahbereich, sondern allgemein als zumutbar anzusehen sein (-I/12).

Unzumutbarkeit liegt beispielsweise bei tatsächlicher Unmöglichkeit vor, wenn zumindest auf dem halben Arbeitsweg ein Massenverkehrsmittel überhaupt nicht oder nicht zur erforderlichen Zeit (Nachtarbeit) verkehrt. Unzumutbarkeit liegt auch wegen langer Anfahrtszeit vor. Wird bei einer einfachen Wegstrecke ab 40 km eine Wegzeit von 2,5 Stunden überschritten ist die Unzumutbarkeit gegeben. Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel liegt aber auch dann vor, wenn die Fahrt zur Arbeitsstätte und retour mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr als drei Mal so lange dauert wie mit dem privaten Pkw.

Nach steht der Umstand, dass ein Teil der Gesamtwegstrecke nicht an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden und die Benützung eines Individualverkehrsmittels deshalb unerlässlich ist, der Annahme der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel so lange nicht entgegen, als der Anfahrtsweg bis zur Einstiegstelle des öffentlichen Verkehrsmittels zuzüglich sonstiger erforderlicher Gehwege bei ansonsten aber gegebener Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz weniger als die Hälfte der Gesamtwegstrecke beträgt. Bei Ermittlung der Gesamtwegzeit ist vom schnellsten verfügbaren öffentlichen Verkehrsmittel auszugehen und eine optimale Kombination von Massen- und Individualverkehrsmittel zu unterstellen ("park and ride"; ; - W/08).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom , 2011/15/0132 auf das Erkenntnis , verwiesen. Darin führt der Verwaltungsgerichtshof zur Zumutbarkeit der Verwendung von öffentlichen Verkehrsmitteln für den täglichen Arbeitsweg aus:

"Eine nähere ausdrückliche Bestimmung, was unter dem Begriff der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG zu verstehen ist, ist dem Gesetz - wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat - nicht zu entnehmen (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0053).

Aus § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a und b EStG 1988 ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht den Individualverkehr und die Benützung eines Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will. Nur wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können im Wege der Pauschbeträge nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 Kosten des Individualverkehrs geltend gemacht werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2006/15/0001, und vom , 2007/15/0053).

Der Begriff der Unzumutbarkeit in § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 handelt dabei - entgegen der offenbaren Annahme der belangten Behörde und der Mitbeteiligten - nicht von der Zumutbarkeit des Pendelns an sich, sondern davon, ob den Pendlern ein in der Benützung von Massenbeförderungsmitteln statt einer Teilnahme am Individualverkehr gelegener Verzicht auf eine Verkürzung der Fahrzeiten zugemutet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/13/0132).

Dies setzt allerdings grundsätzlich einen Vergleich zwischen den Fahrzeiten im öffentlichen Verkehr und im Individualverkehr voraus.

Die im angefochtenen Bescheid zitierte Spruchpraxis der belangten Behörde, die ab Erreichen einer gewissen Fahrzeitdauer eine absolute Unzumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmitteln unabhängig von einem Vergleich mit dem Individualverkehr vornimmt, entspricht damit nicht dem Gesetz. Sie würde dazu führen, dass beispielsweise auf Strecken mit sehr gut ausgebauten Eisenbahnschnellverbindungen die Benützung eines Massenbeförderungsmittels "unzumutbar" wäre, selbst wenn dieses schneller als der Individualverkehr wäre.

Die Notwendigkeit eines Vergleichs zwischen öffentlichem Verkehr und Individualverkehr bestätigen auch die Gesetzesmaterialien, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG herangezogen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2006/15/0319, und , 2006/15/0001). Die Erl RV zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75) führen diesbezüglich aus:

"'Unzumutbar' sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massenbeförderungsmitteln als mit dem eigenen KFZ; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen."

Auch nach den Gesetzesmaterialien ist der Begriff der Unzumutbarkeit somit grundsätzlich ein relationaler Begriff ("im Vergleich zu einem Kfz"), wobei die Erläuterungen zudem eine Fahrzeit von 90 Minuten jedenfalls für zumutbar halten. Diese Zumutbarkeitsvermutung tritt zum grundsätzlich gebotenen Vergleich hinzu ("aber auch dann zumutbar, wenn ..."). Keinesfalls ergibt sich daraus jedoch ein "Umkehrschluss", wonach bei insgesamt längerer Fahrzeit die Benützung von Massenbeförderungsmitteln unabhängig von einem Vergleich zum Individualverkehr von Vornherein unzumutbar sei.

Im Beschwerdefall ergibt sich nach den Feststellungen der belangten Behörde an vier von fünf Arbeitstagen der Mitbeteiligten nur eine Differenz der Gesamtfahrtdauer zwischen Massenbeförderungsmittel (3 Stunden 25 oder 22 Minuten) und Individualverkehr (3 Stunden) von 25 oder 22 Minuten. Damit beträgt die Wegzeit mit dem Massenbeförderungsmittel, wie das beschwerdeführende Finanzamt zu Recht herausstreicht, lediglich das 1,2fache der Wegzeit mit dem Kfz.

Gerade in solchen Fällen geringfügiger Differenz der Fahrzeiten ist nach der eindeutigen gesetzlichen Wertung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 und seiner vorrangigen Anknüpfung an den öffentlichen Verkehr der Verzicht auf die Benutzung des Individualverkehrs zumutbar. Die Mitbeteiligte räumt im Übrigen auch ein, dass sie tatsächlich nicht mit dem Pkw, sondern mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreist.

Dass ein tägliches Pendeln von rund 3 Stunden sowohl mit dem Pkw als auch mit dem Massenbeförderungsmittel an sich belastend ist, ist unzweifelhaft. Insoweit finden auch in anderen Rechtsbereichen - wie etwa in dem von der Mitbeteiligten vorgebrachten Arbeitslosenversicherungsrecht oder bei der Berücksichtigung von Aufwendungen berufsbedingter doppelter Haushaltsführung - andere Unzumutbarkeitsbegriffe Anwendung. Nimmt ein Arbeitnehmer das Pendeln dennoch in Kauf, ist allerdings gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zur Bestimmung des zumutbaren Verkehrsmittels ein Vergleich zwischen Massenbeförderungsmittel und Individualverkehr notwendig.

Indem die belangte Behörde ohne das Anstellen eines solchen Vergleichs allein aufgrund einer absoluten Gesamtfahrzeit von über 3 Stunden schon von einer Unzumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmitteln ausgegangen ist und bereits deshalb eine Relevanz der neu hervorgekommenen öffentlichen Anreisemöglichkeiten ausgeschlossen hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet."

Damit hat der Verwaltungsgerichtshof deutlich gemacht, dass für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Vergleich zwischen Massenbeförderungsmittel und Individualverkehr ausschlaggebend ist und eine Fahrzeit von 90 Minuten für die einfache Strecke unter Zugrundelegung einer Kombination von Massenbeförderungsmitteln und PKW jedenfalls zumutbar ist. Die Heranziehung von Unzumutbarkeitsbegriffen aus anderen Rechtsbereichen wie zB dem Arbeitslosenversicherungsrecht hat der Verwaltungsgerichtshof abgelehnt.

Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG [Stand ], § 16 Anm 81).

Bei Feststellung der für die Zumutbarkeit maßgeblichen Fahrtdauer mit Massenbeförderungsmitteln wurde im gegenständlichen Fall von den vom Bf. vorgelegten Verkehrsverbindung ausgegangen.

Wie oben bereits dargestellt (vom Bf. in der Beschwerde angegeben) ergibt sich bei Benützung von Massenbeförderungsmittel für die Hinfahrt eine Fahrtzeit von 107 Minuten und für die Rückfahrt eine Fahrtzeit von 96 Minuten. Dies ist somit eine Gesamtfahrtzeit pro Tag von 203 Minuten (3 Stunden 23 Minuten).

Die Fahrtzeit für die Strecke Wohnung - Dienstort mit dem PKW beträgt, wie bereits oben ausgeführt, (vom Bf angegeben und durch die Richterin überprüft) für die rund 80 km lange Strecke zwischen Wohnung und Dienstort gerundet 60 Minuten, somit pro Tag 120 Minuten.

Die Wegzeit mit dem Massenbeförderungsmittel beträgt somit das 1,7 fache der Wegzeit mit dem PKW.

Nach den obigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes ("Unzumutbar" sind im Vergleich zu einem KFZ jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrtzeiten) steht somit das große Pendlerpauschale nicht zu.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Es wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die Beurteilung der Frage, in welchen Umfang das Pendlerpauschale zusteht, erfolgte im Einklang mit der in der Entscheidung dargestellten Judikatur.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at