Auskunftsbescheid: Veränderter Sachverhalt? Gesellschafterdarlehen als verdecktes Eigenkapital
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7102553/2021-RS1 | Das Bundesfinanzgericht ist an rechtskräftige Auskunftsbescheide, Sachverhaltsidentität vorausgesetzt, gebunden (vgl. Ritz/Koran, BAO7 (2021) § 118 Rn 19 mwN). |
RV/7102553/2021-RS2 | Die Nichterfüllung von im Auskunftsbescheid auferlegten Berichtspflichten berührt nicht den Rechtsanspruch auf bescheidkonforme abgabenrechtliche Beurteilung (vgl. Ehrke-Rabel/Ritz, Verbindliche "Rulings" im Steuerrecht, RdW 10/2010, 659 (662)). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Dr. Hans Blasina, den Richter Dr. Sebastian Pfeiffer LL.M. sowie die fachkundigen Laienrichter Hermann Greylinger und Mag Andrea Prozek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellangasse 51, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Feststellungsbescheid Gruppenträger 2013 bis 2016 sowie Körperschaftsteuer Gruppe 2013 bis 2016 nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am und in Anwesenheit der Schriftführerin Asli Özdemir zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Die Bescheide werden gemäß § 279 BAO abgeändert:
Das Einkommen des Gruppenträgers beträgt:
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-109.370.878,42 | -90.732.428,52 | 350.852.375,34 | 756.217.187,85 |
Körperschaftsteuer Gruppe:
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Gesamtbetrag der Einkünfte der Gruppe | -44.044.073,89 | 14.776.615,82 | 445.513.627,86 | 795.287.407,98 |
Verlustabzug | 0,00 | -11.082.461,87 | -334.135.220,90 | -460.431.087,21 |
Einkommen | -44.044.073,89 | 3.694.153,96 | 111.378.406,97 | 334.856.320,77 |
KÖSt | 0,00 | 923.538,49 | 27.844.601,74 | 83.714.080,19 |
Anrechenbare ausländische Steuer | 0,00 | 0,00 | -115.871,41 | -89.827,08 |
Differenz Mikö | 6.875,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
KÖSt | 6.875,00 | 923.538,49 | 27.728.730,33 | 83.624.253,11 |
Anrechenbare Mikö | -27.305,52 | |||
Rundung | 0,03 | -0,33 | -0,11 | |
Festgesetzte KÖSt | 6.875,00 | 896.233,00 | 27.728.730,00 | 83.624.253,00 |
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Partei ist Teil eines Joint Ventures zum Bau und Betrieb von ***Produkt*** (***5***) in den ***Land***. Zum Ausbau dieses ***Produkt*** wurde eine Rahmenvereinbarung über Gesellschafterdarlehen (Shareholder-Loans) abgeschlossen.
Fraglich ist im vorliegenden Fall, ob die gegebenen Gesellschafterdarlehen (***Darlehen*** II und ***Darlehen*** III) als verdecktes Eigenkapital anzusehen sind. Hinsichtlich ***Darlehen*** II ist ein (rechtskräftiger) Auskunftsbescheid vorhanden, der von der belangten Behörde mit der Begründung nicht angewendet wird, der maßgebliche Sachverhalt habe sich anders zugetragen. Insgesamt beurteilt die belangte Behörde beide Gesellschafterdarlehen nicht als verdecktes Eigenkapital, sondern als Fremdkapital und rechnet der Bf. Zinsen (gemäß § 6 Z 6 EStG 1988) zu.
Die im Zusammenhang mit verdecktem Eigenkapital eingenommenen Positionen sind im vorliegenden Fall im Vergleich zu regulären Fällen, die verdecktes Eigenkapital betreffen, umgedreht: Die belangte Behörde argumentiert die Fremdüblichkeit der Darlehen und erkennt in den Gesellschafterdarlehen daher steuerliches Fremdkapital, während die beschwerdeführende Partei die Position der Fremdunüblichkeit einnimmt und die Gesellschafterdarlehen daher als steuerliches Eigenkapital beurteilt wissen möchte.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die beschwerdeführende Partei (in der Folge Bf.) ist an einem Joint Venture in Form einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht der ***Land*** (in der Folge Joint Venture) in ***Stadt*** zu 40% beteiligt. Die restlichen 60% des Joint Ventures werden von der ***1-lang*** (***1***) gehalten.
Im Rahmen eines im Jahr 2009 abgeschlossenen Grundsatzvertrages über Gesellschafterdarlehen (Base Shareholder Loan Agreement), wurden zwei Gesellschafterdarlehen vergeben: ***Darlehen*** II in Höhe von insgesamt 212.935.716,33 Euro und ***Darlehen*** III in Höhe von 446.000.000 Euro. Beide Darlehen sind Fremdwährungsdarlehen in US Dollar. ***Darlehen*** II wurde von der Bf. bereits im Jahr 2010 vergeben. Im (nicht streitgegenständlichen) Zeitraum 2011 bis 2012 wurde ***Darlehen*** II teilweise getilgt. Im Tilgungszeitpunkt wurden die jeweiligen Rückzahlungen als Gesellschafterdarlehen ***Darlehen*** III gebucht. Zu Beginn des Wirtschaftsjahres 2013 waren Gesellschafterdarlehen im Ausmaß von 38 Mio USD (***Darlehen*** II) und 242 Mio USD (***Darlehen*** III) offen.
Das als ***Darlehen*** II titulierte Gesellschafterdarlehen ist Teil eines rechtskräftigen Auskunftsbescheides gemäß § 118 BAO. Gemäß diesem Auskunftsbescheid, handelt es sich bei ***Darlehen*** II um verdecktes Eigenkapital, wonach eine Verzinsung gemäß § 6 Abs. 6 EStG 1988 unterbleiben kann.
Der dem Auskunftsbescheid zugrundeliegende Sachverhalt weicht vom tatsächlich verwirklichten Sachverhalt nicht wesentlich ab.
Das als ***Darlehen*** III titulierte Gesellschafterdarlehen ist nicht fremdüblich abgeschlossen.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie der folgenden Beweiswürdigung:
Zur Höhe der Gesellschafterdarlehen:
Die Höhe der jeweiligen Gesellschafterdarlehen, die Rückzahlung bzw. die Umbuchung von ***Darlehen*** II auf ***Darlehen*** III ergibt sich aus der von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten Aufstellung, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung besprochen und außer Streit gestellt wurde (vgl. hierzu die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ). Dass es sich bei beiden Gesellschafterdarlehen um Fremdwährungsdarlehen in US Dollar handelt, ist unstrittig und aktenkundig.
Zum Auskunftsbescheid:
Aus dem Sachverhalt des aktenkundigen Auskunftsbescheides ergibt sich, dass
1. das Gesellschafterdarlehen nachrangig gegenüber Drittverbindlichkeiten vereinbart wurde;
2. das Gesellschafterdarlehen unverzinst vereinbart wurde;
3. die Darlehensnominale 280 Mio USD beträgt;
4. das Gesellschafterdarlehen nicht besichert ist;
5. eine Rückzahlung nur bei ausreichendem "Free Cash Flow" erfolgen soll;
6. eine Rückzahlung erst nach Zins- und Tilgungsdienst für Fremdfinanzierung, Deckung von Hedgingkosten, Deckung von Projektkosten des neu zu errichtenden Werks, die bis zur Errichtung des Werks anfallen, Working Capital Finanzierungen und Rückzahlung der bisherigen Shareholder Loans erfolgt;
7. das Gesellschafterdarlehen seinen Ursprung im Gesellschaftsverhältnis hat und an dieses vertraglich gekoppelt ist;
8. das Gesellschafterdarlehen anhand der Beteiligungsverhältnisse am Joint Venture zu gewähren ist;
9. eine Rückzahlung anhand der Beteiligungsverhältnisse am Joint Venture zu erfolgen hat;
10. eine vorzeitige Rückzahlung an einen Joint Venture Partner gleichermaßen eine Rückzahlung an den anderen Joint Venture Partner bedingt, damit die Darlehenssummen wieder den Beteiligungsverhältnissen entsprechen
Dieser Sachverhalt hat sich nicht verändert; das Gesellschafterdarlehen wurde zu diesen Konditionen gewährt (vgl. die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom ). Die belangte Behörde geht jedoch davon aus, dass sich der Sachverhalt deswegen wesentlich geändert hat, weil bestimmte Sachverhaltselemente, die der Auskunftsbescheid zur rechtlichen Würdigung heranzieht, in der Realität auf Basis der tatsächlichen Umstände irrelevant seien.
So wendet die belangte Behörde in Bezug auf die Nachrangigkeit zu Drittverbindlichkeiten ein, dass es solche Drittverbindlichkeiten gar nicht gab bzw. gibt. Diese Bestimmung sei daher irrelevant (vgl. den aktenkundigen Außenprüfungsbericht). Zur Besicherung für die belangte Behörde aus, dass diese aufgrund des Eigenkapital des Joint Ventures wohl nicht notwendig sei. Die Vermögenslage für das Jahr 2010 hätte der Bf. bereits im Februar 2011 bekannt sein müssen, obwohl die Bilanz des Joint Ventures erst im März 2011 festgestellt wurde. Schließlich sei für die belangte Behörde die Rückzahlung nicht ungewiss, weil eine Teiltilgung im November 2011 erfolgte, die Gewinnsituation des Joint Ventures explodierte, stets ausreichend Free Cash Flow zur Verfügung stand und der Willen der Gesellschafter auf Rückzahlung gerichtet gewesen sei.
Für das Bundesfinanzgericht ergibt sich im Einzelnen:
Hinsichtlich der Nachrangigkeit des Gesellschafterdarlehens zu Drittverbindlichkeiten gab es keine Änderung des wesentlichen Sachverhaltes. Einerseits ergibt sich aus den aktenkundigen Bilanzen des Joint Ventures, dass die ***1*** ein verzinsliches Darlehen an das Joint Venture vergeben hat. Zudem ergeben sich aus den Bilanzen auch Verbindlichkeiten aus Leistungsverpflichtungen. Schon alleine deswegen ist der Einwand der belangten Behörde zu verwerfen. Andererseits war und ist das Joint Venture zur Aufnahme weiteren Fremdkapitals berechtigt. Dieses ist auch im Insolvenzfall vorrangig gegenüber den Gesellschafterdarlehen zu bedienen (vgl. hierzu die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ).
Für eine notwendige Besicherung trotz hohem Eigenkapitals spricht für das Bundesfinanzgericht der Gesamtkontext des Falles: Zum einen ist das Gesellschafterdarlehen der Bf. auch von ***1*** im Ausmaß deren Beteiligung zu gewähren. Damit entsteht ein Gesamtgesellschafterdarlehen ***Darlehen*** II in Höhe von 700 Mio USD (280 Mio USD von der Bf; 420 Mio von ***1***). Insgesamt ist im Jahr 2010 der Anteil des Fremdkapitals (unter Außerachtlassung der Gesellschafterdarlehen) über 50% der Bilanzszmme des Joint Ventures. Warum in einem derartigen Fall eine Darlehensbesicherung "wohl" unterbleiben kann, ist für das Bundesfinanzgericht nicht ersichtlich, insbesondere auch, wie die Bf. im Rahmen der Eingabe vom ausführt, weil trotz entsprechend guter Bonität die Vergabe von Fremdkapital grundsätzlich an Sicherheiten gebunden ist. Zum anderen ist die Nichtbesicherung des Gesellschafterdarlehens im Zusammenhang mit der fehlenden Verzinsung zu sehen (vgl. idS Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer (Hrsg) KStG2 (2016) § 8 Rn 52a, wonach bspw eine fehlende Besicherung durch höhere Zinsen ausgeglichen werden könne). Die Kombination beider Kriterien spricht für das Bundesfinanzgericht sehr wohl dafür, dass wohl entweder eine Besicherung oder eine entsprechend hohe Verzinsung vorliegen müsste. Das Gesellschafterdarlehen ist aber weder besichert noch verzinst.
Was schließlich den Einwand betrifft, dass ***Darlehen*** II immer auf Rückzahlung ausgelegt war: Dem Grunde nach ist es für das Bundesfinanzgericht naheliegend, dass dann, wenn die zivil- und unternehmensrechtliche Konstellation des Falles auf die Vergabe eines Gesellschafterdarlehens gerichtet ist, die Bf. auch nach einer entsprechenden Rückzahlung trachtet. Dass subjektiv eine Tilgungsabsicht bereits bei Vergabe des Gesellschafterdarlehens bestand, wird auch von der Bf. grundsätzlich nicht in Frage gestellt, verweist diese doch selbst zur Begründung des gewählten Modells darauf, dass eine größere Flexibilität für eine allfällig spätere Rückzahlung dadurch gewährleistet sein solle. Ebenso verweist die Bf. im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die gesellschaftsrechtliche Situation in den ***Land***, wonach Eigenkapital nicht ohne weiteres (und nur im Falle einer Liquidation oder Kapitalherabsetzung) rückzahlbar ist (vgl. die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom sowie die am übermittelte Legal Opinion Seite 2).
Schließlich ist für das Bundesfinanzgericht auch die Ermittlungspflicht der Behörde im Rahmen der Erlassung des Auskunftsbescheides von Relevanz. Zwar besteht für den nicht verwirklichten Sachverhalt, der der rechtlichen Würdigung eines Auskunftsbescheides zu Grunde gelegt wird, keine Ermittlungspflicht (vgl. Richtlinien zu Advance Ruling, , BMF-010103/0035-VI/2011; vgl. auch Damböck/Galla/Nowotny, Verrechnungspreisrichtlinien (2012) Kapital 1.5.1; Staudinger in Schuh/Macho/Kerstinger (Hrsg), Handbuch zur Praxis der steuerlichen Betriebsprüfung (24. Lfg 2012) Auskunftsbescheid - § 118 BAO, Seite 9). Im vorliegenden Fall ist die Ermittlungspflicht der Behörde aber deswegen nicht vollkommen ausgeschlossen, weil das Gesellschafterdarlehen ***Darlehen*** II bereits vor Antragstellung des Auskunftsbescheides vergeben wurde (vgl. Antrag Auskunftsbescheid, Seite 4). Dieser Sachverhalt (die Vergabe des Gesellschafterdarlehens) war also schon verwirklicht (die konkrete Frage, die der Auskunftsbescheid beantwortete, war nämlich, ob das Gesellschafterdarlehen als Fremdkapital verzinst werden müsse). Die amtswegige Ermittlungspflicht tritt gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bei Tätigwerden der Behörde auf Antrag des Steuerpflichtigen zwar in den Hintergrund. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass die Abgabenbehörde in solchen Fällen von ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht völlig entbunden ist (vgl. mwN). Stützt das Finanzamt die rechtliche Würdigung des Auskunftsbescheides daher auf die Sachverhaltsangaben des Antragsstellers, die bereits verwirklicht waren, so obliegt es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts dem Finanzamt auch grundsätzlich zu ermitteln, ob diese Sachverhaltselemente im vorliegenden Fall überhaupt für die rechtliche Beurteilung relevant sind.
Damit ist in einer Gesamtwürdigung davon auszugehen, dass sich der Sachverhalt, der dem Auskunftsbescheid zu Grunde lag, nicht wesentlich verändert hat.
Zum Gesellschafterdarlehen ***Darlehen*** III:
Fremdunübliche Bedingungen sprechen gegen das Vorliegen eines echten bzw. ernst gemeinten Gesellschafterdarlehens (vgl. zB ; , 2004/14/0151). Eine unklare Vertragsgestaltung, wie das Unterbleiben einer Vereinbarung über Rückzahlung bzw. Verzinsung, ist Indiz dafür, dass kein echtes Gesellschafterdarlehen vorliegt (vgl. wiederum ).
Im vorliegenden Fall sprechen folgende Indizien für die Fremdunüblichkeit des Gesellschafterdarlehens:
das Darlehen ist unverzinslich gewährt (vgl. ).
Die Unverzinslichkeit des Darlehens ergibt sich aus dem Grundsatzvertrag über die Gesellschafterdarlehen (vgl. Base Shareholder Loan Agreement, Punkt 3), ist unstrittig und wird auch von der belangten Behörde als Indiz für die Fremdunüblichkeit des Gesellschafterdarlehens angesehen.
das Darlehen ist zusätzlich nicht besichert.
Zwar geht die belangte Behörde davon aus, dass aufgrund des bestehenden Eigenkapitals eine Besicherung nicht notwendig erscheint. Die Kombination aus Unverzinslichkeit und Nichtbesicherung spricht aber für das Bundesfinanzgericht gegen die Fremdüblichkeit (idS Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer (Hrsg) KStG2 (2016) § 8 Rn 52a). Zudem spricht auch die wirtschaftliche Realität nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts dafür, dass Sicherheiten auch bei entsprechend hoher Bonitätslage verlangt werden (idS auch die Eingabe der Bf. vom ).
das Darlehen ist im Insolvenzfall nachrangig gegenüber anderen Verbindlichkeiten zu bedienen.
Hier geht die belangte Behörde davon aus, dass die Nachrangigkeit des Gesellschafterdarlehens irrelevant sei, weil es keine anderen Fremdverbindlichkeiten gebe. Aus den aktenkundigen Bilanzen des Joint Ventures ergibt sich jedoch, dass ***1***, neben dem vertraglich festgeschriebenen Gesellschafterdarlehen, auch ein weiteres Darlehen an das Joint Venture vergeben hat. Das von ***1*** an das Joint Venture vergebene Darlehen übersteigt der Höhe nach die Gesellschafterdarlehen um ein Vielfaches. Ebenso ist aus den Bilanzen des Joint Ventures ersichtlich, dass neben Finanzverbindlichkeiten auch Verbindlichkeiten aus Leistungen bestehen. Für das Bundesfinanzgericht spricht die Nachrangigkeit von ***Darlehen*** III daher gegen die Fremdüblichkeit.
proportionaler Zuschuss der Bf. in Relation zur Kapitalbeteiligung (vgl. hierzu Raab/Renner in Lachmayer/Strimitzer/Vock (Hrsg), Die Körperschaftsteuer (KStG 1988) (32. Lfg 2019) § 8 Rn 165; ebenso die Ansicht der Finanzverwaltung in KStR 2013 Rz 531); spiegelbildlich sind Rückzahlungen in Relation zur Kapitalbeteiligung vorzunehmen.
Die Hingabe des Gesellschafterdarlehens sowie die Rückzahlungen in Relation zur Kapitalbeteiligung dienen schlussendlich dazu, bilanziell die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse aufrecht zu erhalten. Diese Vorgehensweise spricht aber für den Eigenkapitalcharakter des Darlehens.
die Tilgung hängt vom frei verfügbaren Cashflow ab (vgl. , dort Tilgung nach Maßgabe der Ertrags- und Liquiditätslage; vgl. auch Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer (Hrsg) KStG2 (2016) § 8 Rn 51).
Die belangte Behörde führt hierzu aus, dass bereits bei Gesellschafterdarlehensvergabe klar gewesen sei, dass immer ausreichend frei verfügbarer Cashflow vorhanden gewesen sei. Dies spreche für die belangte Behörde dafür, dass die Rückzahlung des Darlehens nicht unsicher gewesen sei. Für das Bundesfinanzgericht kann es schlussendlich dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bereits bei Darlehensvergabe verfügbarer Cashflow vorhanden war. Auf Basis der Ausführungen der Bf. im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist nämlich klar, dass der frei verfügbare Cashflow dem Grunde nach vorrangig für Investitionen verwendet wurde (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ). Eine Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen erfolgte ebenso anhand der vertraglich festgelegten Umstände (vgl. dazu den beigebrachten Auszug des Facility Agreements für ***Darlehen*** II und III). Unabhängig davon, ist die gewählte Vertragskonstruktion ein Indiz für die Fremdunüblichkeit des Darlehens: Ein fremder Darlehensgeber würde die Rückzahlung eines Darlehens nämlich nicht von der Ertrags- und Liquiditätslage des Schuldners abhängig machen.
die Bf. trägt als Kapitalgeberin das Fremdwährungsrisiko.
***Darlehen*** III ist ein Fremdwährungsdarlehen in US Dollar. Das Risiko für Wechselkursschwankungen trägt die Bf. als Kapitalgeberin (vgl. hierzu die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom ). Dieses Indiz spricht für das Bundesfinanzgericht ebenso gegen die Fremdüblichkeit des Darlehens (vgl. auch die Eingabe der Bf. vom , wonach dies im Jahr 2010 auch von Seiten der Finanzverwaltung als Indiz für die Fremdunüblichkeit gewertet wurde).
In einer Gesamtwürdigung gelangt das Bundesfinanzgericht daher zum Ergebnis, dass ***Darlehen*** III nicht zu fremdüblichen Bedingungen vergeben wurde.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
3.1.1. Zum Auskunftsbescheid
Gemäß § 118 Abs. 7 BAO besteht ein Rechtsanspruch darauf, dass die im Auskunftsbescheid vorgenommene abgabenrechtliche Beurteilung der Erhebung der Abgaben zugrunde gelegt wird, wenn der verwirklichte Sachverhalt von jenem, der dem Auskunftsbescheid zugrunde gelegt worden ist, nicht oder nur unwesentlich abweicht.
Fest steht, dass der Bf. im Zusammenhang mit der Verzinsung des Gesellschafterdarlehens ***Darlehen*** II ein rechtskräftiger Auskunftsbescheid erteilt wurde. Dieser Auskunftsbescheid bescheidet dem vergebenen Darlehen den Charakter eines verdeckten Eigenkapitals; eine ertragsteuerlich anzusetzende Verzinsung kann daher unterbleiben.
Fest steht ebenso, dass sich der Sachverhalt, den das Finanzamt dem Auskunftsbescheid zu Grunde gelegt hat, nicht geändert hat. Die belangte Behörde geht jedoch nunmehr davon aus, dass Sachverhaltselemente, die der rechtlichen Würdigung des Auskunftsbescheides zu Grunde gelegt und tatsächlich so auch verwirklicht wurden, für die Beurteilung des verdeckten Eigenkapitals im vorliegenden Fall irrelevant gewesen seien.
Da im vorliegenden Fall das Gesellschafterdarlehen ***Darlehen*** II bereits bei Antragstellung des Auskunftsbescheides vergeben und die vom Auskunftsbescheid zu beurteilende Rechtsfrage lediglich darauf gerichtet war, ob dafür im grenzüberschreitenden Sachverhalt Zinsen anzusetzen sind, hätte nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts das Finanzamt aber ermitteln müssen, ob die Sachverhaltsmerkmale, die für das Finanzamt für verdecktes Eigenkapital gesprochen haben, auch tatsächlich für den Fall relevant sind. Denn die amtswegige Ermittlungspflicht tritt zwar bei Tätigwerden auf Antrag in den Hintergrund; gänzlich ausgeschlossen ist sie aber nicht (vgl. mwN). Dies widerspricht im vorliegenden Fall auch nicht der Ansicht, dass bei Auskunftsbescheiden überhaupt keine Ermittlungspflicht der belangten Behörde besteht (vgl. hierzu die Ansicht der Finanzverwaltung in den Richtlinien zum Advance Ruling, , BMF-010103/0035-VI/2011; vgl. auch Damböck/Galla/Nowotny, Verrechnungspreisrichtlinien (2012) Kapital 1.5.1; Staudinger in Schuh/Macho/Kerstinger (Hrsg), Handbuch zur Praxis der steuerlichen Betriebsprüfung (24. Lfg 2012) Auskunftsbescheid - § 118 BAO, Seite 9). Die nicht bestehende Ermittlungspflicht kann sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nämlich wohl nur auf den tatsächlich nicht verwirklichten Sachverhalt beziehen, zu dem die Behörde - eben weil der Sachverhalt noch nicht verwirklicht wurde - keine Ermittlungen vornehmen kann. Im vorliegenden Fall wurde der für den Auskunftsbescheid relevante Sachverhalt aber bereits vor Beantragung verwirklicht: Das Gesellschafterdarlehen wurde nämlich bereits vor Antrag auf Auskunftsbescheid vergeben.
Hätte sich daher der Spruch des Auskunftsbescheids unter diesen Umständen aus Sicht der Finanzverwaltung als unrichtig erwiesen, wäre es dem Finanzamt entsprechend offen gestanden, den Auskunftsbescheid von Amts wegen abzuändern oder aufzuheben (vgl. hierzu § 118 Abs. 9 BAO; Ritz/Koran, BAO7 (2021) § 118 Rn 24).
In diesem Zusammenhang ist es auch irrelevant, dass die Bf. ihren Berichtspflichten, die der Auskunftsbescheid auferlegt hat, nicht nachgekommen ist. Die Berichtspflichten mögen zwar über Zwangsstrafe erzwingbar sein, berühren jedoch nicht den Rechtsanspruch auf bescheidkonforme abgabenrechtliche Beurteilung (vgl. Ehrke-Rabel/Ritz, Verbindliche "Rulings" im Steuerrecht, RdW 10/2010, 659 (662)).
Da sich der verwirklichte Sachverhalt nicht bzw. nicht wesentlich vom Sachverhalt, der dem Auskunftsbescheid zu Grunde gelegt wurde, unterscheidet, ist der Beschwerde in diesem Punkt stattzugeben. Denn auch das Bundesfinanzgericht ist an einen rechtskräftigen Auskunftsbescheid gebunden (vgl. hierzu Ritz/Koran, BAO7 (2021) § 118 Rn 19 mwN).
3.1.2. Zum Gesellschafterdarlehen ***Darlehen*** III
Aus der Rechtspersönlichkeit einer Kapitalgesellschaft leitet sich das Trennungsprinzip ab, das steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter und der Kapitalgesellschaft ermöglicht (vgl. hierzu bspw ). Die Grenze des Trennungsprinzips zieht die Fremdüblichkeit (vgl. hierzu Raab/Renner in Lachmayer/Strimitzer/Vock (Hrsg), Die Körperschaftsteuer (KStG 1988) (32. Lfg 2019) § 8 Rn 146). Im Zusammenhang mit der Vergabe von Gesellschafterdarlehen sprechen fremdunübliche Bedingungen für verdecktes Eigenkapital (vgl. bspw. Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer (Hrsg) KStG2 (2016) § 8 Rn 47). Fremdunübliche Bedingungen sprechen gegen das Vorliegen eines echten bzw. ernst gemeinten Gesellschafterdarlehens (vgl. zB ; , 2004/14/0151).
Nach Ansicht der belangten Behörde spreche - im Ergebnis - lediglich die fehlende Verzinsung für die Fremdunüblichkeit des Gesellschafterdarlehens. Ein einziges Indiz genüge nicht, um ein Gesellschafterdarlehen zu verdecktem Eigenkapital umzuqualifizieren. Hingegen sei die subjektive Tilgungsabsicht tragend dafür zu werten, dass es sich tatsächlich um Fremd- und nicht Eigenkapital handeln solle.
Dass subjektiv eine Tilgungsabsicht bereits bei Vergabe des Gesellschafterdarlehens bestand, wird auch von der Bf. grundsätzlich nicht in Frage gestellt, verweist diese doch selbst zur Begründung des gewählten Modells darauf, dass eine größere Flexibilität für eine allfällig spätere Rückzahlung dadurch gewährleistet sein solle. Zudem sei die gewählte Konstruktion auch aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Gesetzgebung der ***Land*** zu erklären, wonach eine Rückzahlung von Eigenkapital nur im Rahmen einer Kapitalherabsetzung oder im Falle der Liquidation möglich ist (vgl. die am beigebrachte Legal Opinion). Für das Bundesfinanzgericht steht fest, dass das Gesellschafterdarlehen ***Darlehen*** III nicht zu fremdüblichen Bedingungen vergeben wurde (siehe dazu im Detail die Ausführungen und Würdigung der Indizien im Rahmen der Beweiswürdigung). Damit liegt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auch kein steuerlich anzuerkennendes Gesellschafterdarlehen, sondern verdecktes Eigenkapital vor.
Da für Eigenkapital (steuerlich) keine Verzinsung vorzunehmen ist, ist der Beschwerde in diesem Punkt stattzugeben und die von der belangten Behörde vorgenommene Verzinsung rückgängig zu machen.
3.1.3. Rechnerische Auswirkungen
Die von der belangten Behörde vorgenommene Verzinsung ist rückgängig zu machen:
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Wirtschaftsjahr | Änderung |
2013 | -5.385.944,00 |
2014 | -5.823.432,00 |
2015 | -3.176.682,00 |
2016 | -503.456,00 |
Ebenso ist im Wirtschaftsjahr 2016 die von der belangten Behörde als Folge der Beurteilung von ***Darlehen*** III als Fremdkapital vorgenommene Besteuerung eines Kursgewinns zu neutralisieren:
2016: -37.417.740,95
Als Konsequenz sind auch die Verlustverträge entsprechend zu adaptieren.
Berechnung:
Einkommen Gruppenträger:
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Berechnung Einkommen | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. Bescheid | -103.984.934,42 | -84.908.996,52 | 354.029.057,34 | 794.138.384,80 |
Änderungen | -5.385.944,00 | -5.823.432,00 | -3.176.682,00 | -37.921.196,95 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | -109.370.878,42 | -90.732.428,52 | 350.852.375,34 | 756.217.187,85 |
Körperschaftsteuer Gruppe:
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2013 | 2014 | 2015 | 2016 | |
Einkommen Gruppenträger | -109.370.878,42 | -90.732.428,52 | 350.852.375,34 | 756.217.187,85 |
***2*** | 23.586.922,12 | 30.900.990,32 | 27.821.276,95 | 41.893.667,51 |
***3*** | 27.529.834,54 | 55.430.152,42 | 56.008.043,83 | -21.613.946,01 |
***4*** | 14.210.047,87 | 19.177.901,60 | 10.831.931,74 | 18.790.498,63 |
Gesamtbetrag der Einkünfte der Gruppe | -44.044.073,89 | 14.776.615,82 | 445.513.627,86 | 795.287.407,98 |
Verlustabzug Gruppe | 0,00 | -11.082.461,87 | -334.135.220,90 | -460.431.087,21 |
Einkommen Gruppe | -44.044.073,89 | 3.694.153,96 | 111.378.406,97 | 334.856.320,77 |
KöSt 25% | 0,00 | 923.538,49 | 27.844.601,74 | 83.714.080,19 |
anrechenbare ausl. Quellensteuer | 0,00 | 0,00 | -115.871,41 | -89.827,08 |
Differenz Mikö | 6.875,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
KÖSt | 6.875,00 | 923.538,49 | 27.728.730,33 | 83.624.253,11 |
anrechenbare Miko | -27.305,52 | |||
Rundung | 0,03 | -0,33 | -0,11 | |
Festgesetzte KÖSt | 6.875,00 | 896.233,00 | 27.728.730,00 | 83.624.253,00 |
Verlustvortragsentwicklung | ||||
2013 | 2014 | 2015 | 2016 | |
Verlustvorträge Summe | -761.604.696,08 | -805.648.769,97 | -794.566.308,11 | -460.431.087,21 |
***6*** | 23.586.922,12 | 30.900.990,32 | 27.821.276,95 | 41.893.667,51 |
***3*** | 27.529.834,54 | 55.430.152,42 | 56.008.043,83 | -21.613.946,01 |
***4*** | 14.210.047,87 | 19.177.901,60 | 10.831.931,74 | 18.790.498,63 |
***Bf1*** | -109.370.878,42 | -90.732.428,52 | 350.852.375,34 | 756.217.187,85 |
Ergebnis Steuergruppe | -44.044.073,89 | 14.776.615,82 | 445.513.627,36 | 795.287.407,98 |
Verbrauch | -11.082.461,87 | -334.135.220,90 | -460.431.087,21 | |
Stand | -805.648.769,97 | -794.566.308,11 | -460.431.087,21 | 0,00 |
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall die Rechtsprechung des VwGH zur Anwendbarkeit von Auskunftsbescheiden fehlt, ist die Revision zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 118 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 118 Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 118 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102553.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at