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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2022, RV/6100512/2018

Grunderwerbsteuer - Vorliegen eines Superädifikates

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb***, ***Stb_Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Grunderwerbsteuer zu Kaufvertrag vom zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde die Grunderwerbsteuer iHv 14.390,69 Euro fest. Als Bemessungsgrundlage wurde anhand der laut Abgabenbehörde vorliegenden Beweislage nicht nur die Hälfte des Grundstückwertes, sondern auch die Hälfte des Gebäudewertes aufgrund des Vorliegens von Miteigentum herangezogen.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer (in weiterer Folge Bf) mit Schreiben vom Beschwerde ein. Im Wesentlichen berief sich der Bf auf die Korrespondenz mit der Abgabenbehörde. Aufgrund eines Aktenvermerkes vom und eines vorangegangenen Telefonates mit der Abgabenbehörde sei ersichtlich, dass der Bf zu 100% Gebäudeeigentümer und zu 50% Grundeigentümer sei. Eine Bescheidberichtigung des Einheitswertbescheides sei laut telefonischer Auskunft nicht erforderlich gewesen. Es habe ein mündlicher Vertrag zwischen ihm und seiner Frau betreffend das auf der Liegenschaft befindliche Gebäude, nämlich ein Superädifikat, bestanden.

Weiters gäbe es iZm dem Kaufvertrag einen Aktenvermerk vom vom Notariat ***R***, der iZm der Verkaufsunterfertigung erstellt worden sei. In diesem werde ebenfalls auf den mündlichen Superädifikatsvertrag Bezug genommen. Demnach sei der Beweis erbracht, dass das Gebäude als Superädifikat zur Gänze im Eigentum des Bf stehe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Dagegen brachte der Bf mit Schreiben vom einen Vorlageantrag ein.

Am wurde der Akt dem BFG zur weiteren Bearbeitung vorgelegt.

Mit Beschluss vom ersuchte das BFG um Darlegung des Inhalts der mündlichen Vereinbarung zwischen dem Bf und seiner Gattin.

Mit Schreiben vom wurde der Beschluss ergänzend zur Begründung in der Beschwerde dahingehend beantwortet, dass das betreffende Gebäude ein nicht selbständig bewirtschaftbares Nebengebäude sei und notwendigerweise mit dem Hauptgebäude gemeinsam (das sich im Eigentum des Bf befindet) bewirtschaftet werde. Die Gattin sei mit dem Investitionsgeschehen unternehmerisch nicht involviert gewesen. Die Gattin habe die Bebauung geduldet und es sei von Beginn an klargestellt gewesen, dass das zu errichtende Bauwerk ihr nicht anteilig ins Eigentum zuwachsen solle.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Der Bf und seine Gattin waren im streitgegenständlichen Zeitraum beide zu gleichen Teilen Eigentümer der Liegenschaft EZ ***A*** KG ***5*** ***F***, bestehend aus dem Grundstück ***567*** im Ausmaß von 1.250 m².

Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf von seiner Gattin den ideellen Hälfteanteil an dieser Liegenschaft.
Der Kaufpreis betrug 280.000,00 Euro.

Auf der Liegenschaft befindet sich ein Gebäude (Bettentrakt samt Tiefgarage).

Der Bf und seine Gattin sind laut Feststellungsbescheid zum (Artfortschreibung) vom Miteigentümer am Grundbesitz "Betriebsgrundstück bewertet als Geschäftsgrundstück", ***6*** Bettentrakt u Tiefgarage, Gemeinde ***F***, KG ***5*** ***F***, EZ ***A*** Grundstücksnummer ***567***.

Der Grundstückswert (Liegenschaft inkl. darauf befindlichem Gebäude) beträgt 689.734,08 Euro.

Zwischen dem Bf und seiner Gattin gab es eine mündliche Vereinbarung betreffend das auf der Liegenschaft befindliche Gebäude, bei dem die Gattin den Bau des Gebäudes geduldet hat.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten, zu denen auch die Bescheidbeschwerde und der Vorlageantrag gehören und dem Bewertungsakt

Der Bf bingt vor, dass hinsichtlich des auf der Liegenschaft befindlichen Gebäudes eine mündliche Vereinbarung vorläge und es sich hierbei um ein Superädifikat handle.

Das Vorliegen des Superädifikats wäre der für die Bewertung zuständigen Behörde angezeigt worden. Ein Aktenvermerk der ehemaligen steuerlichen Vertretung bestätige diese Aussage.

Eine Änderung der Bewertung wurde von der zuständigen Behörde bis dato nicht vorgenommen.

Die steuerliche Vertretung brachte weiters vor, dass das auf dem Grundstück befindliche Gebäude als Nebengebäude nicht selbständig bewirtschaftbar und notwendigerweise ausschließlich mit dem Hauptgebäude gemeinsam bewirtschaftbar sei. Die Ehegattin wäre und sei mit dem Investitionsgeschehen auf dem gemeinsamen Grundstück unternehmerisch nicht involviert. Die Bebauung wäre von der Gattin geduldet worden und sei von Beginn an klargestellt worden, dass das zu errichtende Bauwerk ihr nicht anteilig ins Eigentum zuwachsen solle.
Der Bf habe als Einzelunternehmer von Beginn an den Betrieb mit allen Bauwerken zu 100% im wirtschaftlichen Alleineigentum geführt, was auch durch Aufnahme in die Bilanzen (auch durch Bekanntgabe gegenüber der Abgabenbehörde) dokumentiert worden sei.

Bei dem im Streit befindlichen Gebäude handelt es sich um ein Nebengebäude des Hotels, das der Bf als Einzelunternehmer bewirtschaftet.

Eine sonstige Dokumentation des Vorliegens eines Superädifikatsvertrages liegt nicht vor. Auch wurde keinerlei Zahlung an die Gattin geleistet bzw. vorgebracht.

Dass der Bf das Gebäude wirtschaftlich für sein Unternehmen nutzt, ist aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich und glaubwürdig, handelt es sich doch um einen zum Hotel gehörigen Bettentrakt und eine Tiefgarage.

Dennoch wurde lediglich eine mündliche Vereinbarung geschlossen, die seitens der Gattin bloß ein Dulden der Bebauung auf der Liegenschaft beinhaltet. Eine etwaige monetäre Ablösung (zB durch Pachtzahlungen, oder einer Einmalzahlung) ist nicht erfolgt und wurde auch nicht vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründen. Unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes sind nach § 2 GrEStG Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen. Was als Zugehör des Grundstückes zu gelten hat, bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

Gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 stehen den Grundstücken Gebäude auf fremdem Boden gleich.

§ 2 GrEStG verweist in Bezug auf den Besteuerungsgegenstand ausdrücklich auf das bürgerliche Recht. Zu den Grundstücken gehören somit im Sinne des § 297 ABGB insbesondere Häuser und andere Gebäude, welche auf dem Grund und Boden in der Absicht aufgeführt werden, dass sie stets darauf bleiben sollen. Im bürgerlichen Recht herrscht der Grundsatz, dass das Eigentum am Grund und Boden vom Eigentum am darauf errichteten Gebäude nicht getrennt werden kann (superficies solo cedit).

Gemäß § 297 ABGB gehören ebenso zu den unbeweglichen Sachen diejenigen, welche auf Grund und Boden in der Absicht aufgeführt werden, dass sie stets darauf bleiben sollen, als Häuser und andere Gebäude (...).

Aus § 297 ABGB geht - einerseits in Verbindung mit § 294 ABGB, andererseits in Zusammenhang mit den §§ 414 ff ABGB - der Grundsatz des bürgerlichen Rechtes hervor, dass das Eigentum am Grund und Boden vom Eigentum am darauf errichteten Gebäude nicht getrennt werden kann. Dieser Grundsatz ist als einer der tragenden Grundsätze des österreichischen Sachenrechtes zwingendes Recht. Als Ausnahmen von diesem Grundsatz kennt das bürgerliche Recht aber insbesondere das Baurecht (§ 6 BauRG) und das Superädifikat (§ 435 ABGB).

Demzufolge ist als (zivilrechtlich zu beurteilende) Vorfrage zu klären ob im konkreten Fall ein Superädifikat vorliegt, oder das Gebäude - wie von der Abgabenbehörde angenommen - im Miteigentum steht.

Nach § 435 ABGB sind Superädifikate Bauwerke, die auf fremden Grund in der Absicht aufgeführt sind, dass sie nicht stets darauf bleiben sollen. Sie sind damit nicht Bestandteil der Liegenschaft auf der sie errichtet wurden, sondern sonderrechtsfähig. Sie bleiben als selbstständige Sache im Eigentum des Bauführers (). Sie gelten als beweglich und sind sonderrechtsfähig.

Maßgeblich ist das Fehlen der Belassungsabsicht durch den Erbauer im Zeitpunkt des Beginns der Errichtung des Bauwerks. Das Fehlen der Belassungsabsicht ergibt sich entweder aus dem äußeren Erscheinungsbild des Bauwerks, seinem objektiven Zweck oder einem zeitlich beschränkten Grundnutzungsverhältnis (Helmich in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 197 Rz 8).

Die mangelnde Belassungsabsicht ist das wichtigste Merkmal in Bezug auf das Bauwerk (genauer: die zeitliche Beschränkung der positiven Belassungsabsicht des Erbauers dahingehend, dass sie kürzer als die natürliche Nutzungsdauer des Bauwerkes ist). (Mader in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 435 Rz 4)

Das Fehlen der Belassungsabsicht muss dabei ein Mindestmaß an Publizität aufweisen. Sind Bauwerke bereits mit ihrer Errichtung Bestandteil des Grundstücks geworden, ist es allerdings nicht möglich, sie später zu Superädifikaten zu wandeln; maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der Beginn der Arbeiten am Bauwerk (vgl. Kisslinger in Klang, ABGB3, § 298 Rn 7 f und 14).

Im konkreten Fall wurde eine Tiefgarage mit einem darauf befindlichen Bettentrakt im Jahr 1996 auf der Liegenschaft, die zur Hälfte dem Bf und zur Hälfte der Gattin gehört, erbaut.

Aus dem äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes ist das Fehlen der Belassungsabsicht nicht erkennbar.

Das Nebengebäude steht in einem räumlichen Naheverhältnis zum Hotel, von dem es - wie die steuerliche Vertretung selber ausführt - versorgungsmäßig abhängig ist. Es wurden vom Bf selbst als Nebengebäude (wesentlicher Teil des Unternehmens) bezeichnet.

Auch ist festzuhalten, dass keine schriftliche Vereinbarung der Ehegatten vorliegt, welches das Gebäude als Superädifikat qualifizieren könnte.

Diesbezüglich wendet der Bf ein, dass es eine mündliche Vereinbarung mit der Gattin gibt und aufgrund dieser Vereinbarung ein Superädifikat begründet worden sei.
Allein aus dem Dulden der Ehegattin, dass der Bf ein Gebäude auf ihrem Grund ein Gebäude errichten durfte, kann jedoch noch nicht auf ein Superädifikat geschlossen werden. Ein Dulden stellt keine gültige Vereinbarung dar, die ein zeitlich bedingtes (dingliche oder obligatorisches) Benützungsrecht an der Liegenschaft begründet. Auch wurden keinerlei Vereinbarungen hinsichtlich einer zB finanziellen Abgeltung für die Benutzung des Grundstückes getroffen, was auf ein (zeitlich begrenztes) Benützungsrecht schließen lassen könnte.

Ist die mangelnde Belassungsabsicht nicht aus dem äußeren Erscheinungsbild ableitbar, und errichtet der Bauführer dennoch in Kenntnis, daß es sich nicht um seinen Grund handelt, ohne Vereinbarung mit dem Grundeigentümer auf dessen Grundstück ein Bauwerk, kann ein Superädifikat nicht begründet werden (Klang2 II 290; Ehrenzweig, System I/22 29; Gschnitzer-Faistenberger, Sachenrecht2 96; vgl. 1 Ob 513/93; Bydlinski, Das Recht der Superädifikate 51 f), es kommen vielmehr die Regeln der §§ 297, 418 ABGB zum Tragen.

Gemäß § 4 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen, mindestens vom Grundstückswert. Bei Vorgängen gemäß § 1 Abs. 2a und 3, bei Vorgängen nach dem Umgründungssteuergesetz sowie bei Erwerben gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. b und c ist die Steuer immer vom Grundstückswert zu berechnen.

Aufgrund der Ermittlungen der Abgabenbehörde beträgt der Grundstückswert 689.734,08 Euro. Dem wurde seitens des Bf nicht entgegengetreten.

Gemäß § 7 Abs. 1 lit c GrEStG 1987 gilt ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 GGG in der geltenden Fassung geltenden Personenkreis (worunter auch Ehegatten fallen) als unentgeltlich.

Gemäß § 7 Abs. 2a GrEStG 1987 beträgt die Steuer beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken für die ersten 250.000 Euro 0,5% für die nächsten 150.000 Euro 2% und darüber hinaus 3,5% des Grundstückswertes.

Die Berechnung der Grunderwerbsteuer durch die Abgabenbehörde mit Bescheid vom erfolgte demnach korrekt.

Ein Freibetrag gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 GrEStG 1987 kommt nicht zur Anwendung, da von der Gattin kein Betrieb, sondern lediglich ein Teil einer Liegenschaft mit dem darauf befindlichen Gebäude übertragen wurde.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob ein bestimmtes Gebäude als Superädifikat anzusehen ist oder nicht, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa , mwN).

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100512.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at