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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.02.2022, RV/3100917/2010

Zahlungen aus Wetterderivaten sind weder Betriebseinnahmen (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988) noch Einkünfte aus Spekulationsgeschäften (Einkommensteuer 2008)

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0028. Mit Erkenntnis v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/3100300/2024 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des B über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer 2008 zu Steuernummer *** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird dahin abgeändert, dass die Einkommensteuer mit EUR 0,- für ein Einkommen von EUR -22.169,01 festgesetzt wird. Die Bemessungsgrundlagen sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom verfügte das Finanzamt die Wiederaufnahme des (mit Einkommensteuerbescheid vom abgeschlossenen) Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2008 und erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008, in dem es die Einkommensteuer abweichend von der eingereichten Abgabenerklärung für ein Einkommen von EUR 30.100,30 mit EUR 7.973,53 festsetzte. Die Begründung dazu lautet: "In Ihrer Steuererklärung wurde neben Ihrem Verlustvortrag auch der noch offene Verlustvortrag Ihres verstorbenen Vaters geltend gemacht. Dies ist nicht möglich, da der Betrieb bereits im Jahr 2006, also noch zu Lebzeiten Ihres Vaters, geschenkt wurde. Im Zuge einer Schenkung geht der Verlustvortrag des Geschenkgebers nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger über. … Am wurden EUR 36.940,- an die X Versicherungsmakler GmbH überwiesen. Es wurden dabei sogenannte Wetterderivate gekauft. Hierbei handelt es sich lt. Auskunft der X Versicherungsmakler GmbH um ein Versicherungsprodukt, wonach insbesondere Betrieben die Möglichkeit geboten wurde, sich - wie im vorliegenden Fall - gegen Mindereinnahmen auf Grund der geringen Schneelage zu versichern. Somit stellen die Einnahmen aus diesem Produkt in Höhe von EUR 110.000,- Betriebseinnahmen dar. Die Einnahmen werden den beiden Betrieben R1 und R2 so zugerechnet, wie die bisher als Privateinlage erfassten Beträge zugewiesen wurden; d.h. Einnahme R1 EUR 90.000,- und Einnahme R2 EUR 20.000,-. Andererseits ist natürlich der Ankauf dieser Wetterderivate als Aufwand zu erfassen. Hier erfolgt die Erfassung im Verhältnis der den Betrieben zugeordneten Einnahmen. Somit steht im Betrieb der R1 noch ein Aufwand von EUR 30.224,- und bei der R2 ein solcher von EUR 6.716,- zu."

In seiner Berufung vom wendete der Beschwerdeführer wie folgt ein: "…Die Derivatseinzahlung wurde privat geleistet und nicht als Betriebsausgabe erfasst. Damit ist völlig klar, dass die Privatperson ein Derivat gekauft hat. Dies nunmehr als "Betriebsausgabe" nachzuerfassen, ist unmöglich und unrichtig. … Grundsätzlich wird damit in die Gestaltungsfreiheit und Finanzautonomie der Person des Derivatkäufers unberechtigt eingegriffen. Ein Derivat ist ein Finanzprodukt beliebiger Art, das auf einem Markt Chancen einräumt, bzw. Kursschwankungen unterworfen ist. Im vorliegenden Fall wird in Form einer Wette auf Schneefall oder nicht, ein Produkt angeboten, das mit Totalverlust, bzw. je nach Schneehöhe verschiedene Erträge bringt. Nur und ausschließlich die natürliche Person hat zu entscheiden, ob dies für seinen Betrieb oder für sein privates Risiko geeignet ist. Sozusagen ein Betriebsaufwand - Kauf einer sprachlich geschönten "Versicherung im betrieblichen Bereich" erfolgt. Der mit dem Kauf dieses Wetterderivates entweder erfolgende Totalverlust oder ein Gewinn ist dann entweder ein Privatverlust, bzw. Privatgewinn oder bei betrieblicher Anschaffung ein betrieblicher Verlust oder Gewinn. Die gewählte Variante war durch Nichtansatz des Aufwandes im betrieblichen Bereich somit klar erkennbar eine private Angelegenheit. Eine nachträgliche Erfassung und Zwangszuweisung in den betrieblichen Bereich zur Versteuerung dieses privaten Gewinnes ist daher unrichtig…"

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom ab und begründete dies wie folgt: "In einem Telefongespräch vom mit Herrn Y von der X Versicherungsmakler GmbH hat dieser bestätigt, dass es sich beim verkauften Produkt "Wetterderivat" um ein Versicherungsprodukt handelt, welches eine Versicherungsleistung für den Fall des Einnahmenausfalles - in diesem Fall eben auf Grund des Wetters (Schneelage) - verspricht. Er hat in diesem Gespräch auch eingeräumt, dass dieses Produkt bei Interesse auch an Privatpersonen verkauft worden wäre. Seiner Ansicht nach sei dies aber für Privatpersonen auf Grund der Höhe der zu leistenden Prämie uninteressant und auch nicht in Anspruch genommen worden. Hierzu wird auch festgehalten, dass sämtlicher - dem Finanzamt vorliegender - Schriftverkehr an die Firma B adressiert ist. Auch die Vollmacht zur Umsetzung von Wetterderivaten ist mit einem Firmenstempel versehen. Hinsichtlich der Berufungseinwendung, dass die Derivatseinzahlung auch privat geleistet wurde, wird festgehalten, dass die Einzahlung nicht von einem Privatkonto weg erfolgte, sondern über das Firmenkonto. Hier ist jedoch richtig, dass die Zahlung im Zuge der Verbuchung als Privateinnahme erfasst wurde. Da die Verbuchung des Monates Jänner - bedingt dadurch, dass die UVA für diesen Monat erst mit 15. März fällig war - erfahrungsgemäß erst gegen Ende Februar bzw. Anfang März durchgeführt wird, war zu diesem Zeitpunkt bereits absehbar, dass aus dem Wetterderivat ein entsprechendes positives Ergebnis zu erwarten sein wird. Somit war es planbar, dass diesfalls die Prämie als Privatentnahme behandelt wurde. Zur Verifizierung dieses Sachverhaltes wurde das buchhalterische Erfassungsprotokoll abverlangt, welches allerdings nicht vorgelegt wurde. … Zusammenfassend wird festgestellt, dass sowohl die Prämienzahlung für das Wetterderivat als auch der daraus erfolgte Zufluss nach ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt betriebliche Vorgänge darstellen und daher steuerlich entsprechend zu berücksichtigen waren…".

Der Beschwerdeführer beantragte am die Vorlage seiner Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat und brachte weiter vor, die Buchungstheorie des Finanzamtes zur Rechtfertigung als betrieblicher Vorgang sei spekulativer als die Derivatsspekulation auf die Schneehöhe. Der Wetterlös sei nicht umsatzbezogen, sondern ein Vielfaches des Wetteinsatzes gewesen.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung von nicht weiter konkretisierten Sonderausgaben sowie des Alleinverdienerabsetzbetrages mit zwei Kinderfreibeträgen.

Mit Schreiben vom forderte die Referentin des Unabhängigen Finanzsenates das Finanzamt zur Stellungnahme und Vorlage von Unterlagen auf wie folgt:

"Lt. Schreiben der X Versicherungsmakler GmbH vom wurde das Wetterderivat über die Z in New York bei der Börse gekauft. Bei dem Wetterderivat handelt es sich um ein Finanzinstrument der Gattung Futures, welches in der Transaktionsform Termingeschäft oder Option ausgestaltet sein kann… Nach den vorliegenden Unterlagen … wurde das gegenständliche Wetterderivat als unbedingtes, wenn auch gegen einen "Preis" verkauftes, Termingeschäft ausgestaltet. … Für die Einordnung eines Wirtschaftsgutes in das notwendige BV ist Voraussetzung, dass das Wirtschaftsgut nach seiner objektiven Beschaffenheit zum Einsatz im Betrieb bestimmt ist, ein nur mittelbarer Bezug zum Betrieb reicht nicht aus. Wetterderivate beruhen auf 7 flexibel gestaltbaren Parametern. Hinzu kommen noch die Festlegung von Messstellen und Vorgaben zur Durchführung der Messungen. Ohne nähere Kenntnis darüber, auf welcher Grundlage und zufolge welcher Überlegungen die Festlegung der einzelnen Parameter erfolgt ist, könnte … eine Entscheidung darüber, ob der Abschluss des Wetterderivat-Vertrages geeignet war, ein Betriebsrisiko dem Grunde und Umfang nach konkret abzusichern, nicht getroffen werden. … Ob und welches Risiko oder Risiken (Umsatzausfälle, Kostenentstehung) abgefedert werden sollte, wie das Risiko bewertet wurde, welche Elemente und Überlegungen die Wahl der maßgeblichen Parameter-Werte bestimmten, inwiefern und inwieweit diese gewählte Ausgestaltung des Wetterderivats den Risikotransfer unter unternehmerischen Gesichtspunkten sohin zu verwirklichen geeignet war, erschließt sich nicht. … Wird der in der Berufungsvorentscheidung vertretene Rechtsstandpunkt aufrechterhalten, … wird gebeten, die zur Stützung dieser Ansicht entsprechend erforderlichen Ermittlungen nachzuholen… Dabei wird sich auch die Frage nach einer periodenrichtigen Berücksichtigung des Preises für das Wetterderivat stellen. Der Ankauf des Wetterderivats war bereits im Herbst 2007 (genaues Datum nicht aktenkundig) vertraglich eingegangen und an der Börse realisiert worden, die Zahlung des Preises erfolgte durch den Berufungswerber … erst in 2008. Die Abgabenbehörde erster Instanz hat trotz Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 die Zahlung des Preises erst im Jahr der Zahlung als Aufwand berücksichtigt, indem sie im Einkommensteuerbescheid 2008 die Einkünfte aus dem Wetterderivat vermindert um diese Zahlung gewinnwirksam ansetzte (EUR 110.000,- abzüglich EUR 36.940,-)."

Das Finanzamt brachte mit Schreiben vom und unter Weiterleitung einer Stellungnahme des Beschwerdeführers vor, dass eine periodengerechte Gewinnermittlung (bezogen auf die Anschaffung des Wetterderivates im Jahr 2007) aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht stattgefunden habe. Für den Fall, dass das Wetterderivat nicht als notwendiges Betriebsvermögen eingestuft werde, werde dessen Erfassung im Rahmen eines Spekulationsgeschäftes nach § 30 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 beantragt.

Mit Schreiben vom forderte die Referentin des Unabhängigen Finanzsenates den Beschwerdeführer zur Stellungnahme zum Vorbringen des Finanzamtes betreffend die Erfassung des Wetterderivates im Rahmen der sonstigen Einkünfte als Spekulationsgeschäft sowie zur Vorlage von Belegen zur beantragten Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages mit zwei Kinderfreibeträgen sowie von Sonderausgaben auf.

Der Beschwerdeführer replizierte darauf mit Schreiben vom und brachte vor, dass das Wetterderivat nicht im Rahmen eines Spekulationsgewinnes zu erfassen sei. Der Antrag auf Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages mit 2 Kindern werde zurückgenommen. An Sonderausgaben seien EUR 273,60 für Unfallversicherung 2008 zu berücksichtigen.

Diese Rechtssache wurde mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom der ursprünglich zuständigen Gerichtsabteilung GA 4013 zum Stichtag abgenommen und jener der nunmehr einschreitenden Richterin übertragen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer betrieb im Jahr 2008 zwei Gastronomiebetriebe und ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988. Er erwarb im Jahr 2007 zwei sogenannte "Wetterderivate" von der X Versicherungsmakler GmbH und bezahlte dafür am EUR 36.940,-. Im Jahr 2008 erhielt der Beschwerdeführer aus diesen "Wetterderivaten" von der X Versicherungsmakler GmbH Zahlungen von insgesamt EUR 110.000,-. Diese Tatsachen sind zwischen den Parteien unstrittig.

Die "Wetterderivate" waren laut bei den Verwaltungsakten befindlichen Angeboten der X Versicherungsmakler GmbH vom (bzw. laut weiteren, hinsichtlich der Beträge unveränderten Angeboten vom ) wie folgt ausgestaltet:

1) "Produkt: Call Spread - Nicht Ski Tage NST. Absicherungsperiode: - (93 Tage); Wetterstation: Ellmau …; Nicht Ski Tag Definition: Ein NST ist definiert als eins (1) wenn die tägliche Schneedeckenhöhe bei der Wetterstation Ellmau kleiner kleiner gleich 20 cm ist; Nicht Ski Tag Index: Die Summe der NST während der Absicherungsperiode; Beginn der Auszahlung (Strike Selbstbehalt): 45 NST; Auszahlung pro NST: EUR 2.500,-; Maximale Auszahlung: EUR 120.000,- oder 48 NST; Schadensauszahlung: 30 Tage nach Absicherungs-Periode; Preis für kleiner gleich 20 cm, EUR 36.090,-…"

2) "Produkt: Call Spread - Nicht Ski Tage NST. Absicherungsperiode - (20 Tage; Wetterstation: Ellmau…; Nicht Ski Tag Definition: Ein NST ist definiert als eins (1), wenn die tägliche Schneedeckenhöhe bei der Wetterstation Ellmau größer gleich 100 cm ist; Nicht Ski Tag Index: Die Summe der NST während der Absicherungsperiode; Beginn der Auszahlung (Strike Selbstbehalt): 10 NST; Auszahlung pro NST: EUR 2.500,-; Maximale Auszahlung: EUR 25.000,- oder 10 NST; Schadensauszahlung: 30 Tage nach Absicherungs-Periode; Preis für größer gleich 100 cm, EUR 3.350,-…"

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Zwischen den Parteien ist strittig, ob der im Jahr 2008 dem Beschwerdeführer zugeflossene Betrag von EUR 110.000,- aus einem "Wetterderivat" Betriebseinnahmen oder Spekulationseinkünfte darstellt (so das Finanzamt) oder nicht steuerbar ist (so der Beschwerdeführer).

Nach § 2 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten und nach Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen (Abs. 2). Der Einkommensteuer unterliegen unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23 EStG 1988) und sonstige Einkünfte im Sinn des § 29 EStG 1988 (Abs. 3).

Der Beschwerdeführer erzielte im Jahr 2008 aus der Bewirtschaftung von zwei Gastronomiebetrieben Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Voraussetzung für die Qualifikation der zugeflossenen Zahlung von EUR 110.000,- als Betriebseinnahmen im Rahmen dieser Betriebe ist, dass es sich bei den angeschafften "Wetterderivaten" um notwendiges Betriebsvermögen eines oder beider Betriebe handelt. Eine Widmung von Wirtschaftsgütern als gewillkürtes Betriebsvermögen scheidet im Fall des Beschwerdeführers aus, da dieser seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelte (§ 5 Abs. 1 zweiter Satz EStG e contrario). Bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens muss einerseits ein sachlicher Zusammenhang zum Betrieb und andererseits wirtschaftliches Eigentum des Betriebsinhabers vorliegen (Marschner in Jakom, EStG, 14.A. 2021, Rz 72 f zu § 4 mit Judikaturhinweisen). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehören alle Wirtschaftsgüter, die objektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind, zum notwendigen Betriebsvermögen. Dabei sind die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes, die Besonderheiten des Betriebes und des Berufszweiges des Abgabepflichtigen sowie die Verkehrsauffassung maßgebend ( mwN).

Die "Wetterderivate" sind als Wetten auf eine bestimmte Schneehöhe an einer bestimmten Anzahl von Tagen ausgestaltet, der Beschwerdeführer bezeichnet die "Wetterderivate" selbst als "Schneehöhenwetten". Wetten auf eine bestimmte Schneehöhe sind nach der Verkehrsauffassung nicht geeignet, einem Gastronomiebetrieb zu dienen. Zwischen einer Schneehöhe von weniger als 20 cm an mindestens 45 Tagen einer Wintersaison bzw. von mehr als 100 cm an mindestens 100 cm an 10 aus 19 definierten Tagen innerhalb einer Wintersaison könnte nur in besonderen Ausnahmefällen ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einem Gastronomiebetrieb hergestellt werden. Derartige besondere Umstände wurden weder geltend gemacht noch erschließen sie sich aus dem Akteninhalt. Die "Wetterderivate" sind daher kein notwendiges Betriebsvermögen des Beschwerdeführers, sodass die im Jahr 2008 zugeflossene Zahlung von EUR 110.000,- keine Betriebseinnahme des Beschwerdeführers darstellt.

§ 30 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF BGBl I Nr 2/2001 lautet: "Spekulationsgeschäfte sind:
1. …
2. Termingeschäfte einschließlich Differenzgeschäfte, weiters innerhalb von einem Jahr abgewickelte Optionsgeschäfte einschließlich geschriebene Optionen und Swaphandelsgeschäfte. …"

Termin-, Differenz- und Optionsgeschäfte sind derivative Finanzkontrakte, deren Wert bzw. wirtschaftlicher Erfolg vom Preis sowie den Preisschwankungen und -erwartungen eines zugrundeliegenden Basisinstruments (zB Aktie, Anleihe, Devisen, Index) abgeleitet wird (Kanduth-Kristen in Jakom, EStG, 3.A. 2010, Rz 19 zu § 30; zum Differenzkontrakt). Eine Wette auf eine bestimmte Schneehöhe zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. über eine bestimmte Zeitspanne ist derartigen derivativen Finanzkontrakten nicht vergleichbar. Im übrigen sind die "Wetterderivate" als höchstpersönliche Vereinbarungen zwischen dem Beschwerdeführer und der Hypo Versicherungsmakler GmbH ausgestaltet und stellen keine marktfähigen Wirtschaftsgüter dar. Der Tatbestand des § 30 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 ist daher nicht erfüllt. Eine Besteuerung des zugeflossenen Betrages von EUR 110.000,- im Rahmen von Spekulationseinkünften kommt nicht in Betracht.

Bei den Bemessungsgrundlagen waren Sonderausgaben in Höhe der nachgewiesenen Prämienzahlung für eine Unfallversicherung von EUR 273,60 zu berücksichtigen.

Die Bemessungsgrundlagen (in EUR) für die Einkommensteuer 2008 stellen sich dar wie folgt:


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Einkünfte aus Gewerbebetrieb
-21.895,41
Gesamtbetrag der Einkünfte
-21.895,41
Sonderausgaben
-273,60
Verlustabzug
0,00
Einkommen
-22.169,01
festgesetzte Einkommensteuer
0,00

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die zu lösenden Rechtsfragen waren keine von grundsätzlicher Bedeutung, zumal die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen durch Lehre und Rechtsprechung ausreichend geklärt ist bzw. zumal die hier maßgebliche Regelung der Spekulationsbesteuerung nicht mehr anwendbar ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100917.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
HAAAC-29958