Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten (Landwirtschaft, minderjährige Kinder)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
***Bf1*** (Beschwerdeführer, i.d.F. Bf.) erzielt in Österreich Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit.
Der Bf. ist polnischer Staatsbürger und beantragte in seiner Steuererklärung für das Jahr 2019 (Arbeitnehmerveranlagung) die Berücksichtigung von Kosten der doppelten Haushaltsführung (€ 1.452,-) bzw. Familienheimfahrten als Werbungskosten (€ 3.672.-).
In dem, vom zuständigen Finanzamt Wien 2/20/21/22 am ergangenen Bescheid fanden die beantragten Werbungskosten keine Berücksichtigung.
Mit Eingabe vom erhob der Bf. Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid und beantragte eine antragsgemäße Berücksichtigung der Kosten der doppelten Haushaltsführung.
Der Beschwerde wurden folgende Unterlagen beigelegt:
- Eine Bestätigung seines Arbeitgebers vom , wonach der Bf. seit bei ihm beschäftigt ist und im Jahr 2019 € 1.452,- an Wohnkosten gezahlt hat;
- Eine Bescheinigung über den Bestand eines festen Wohnsitzes vom betreffend seine Ehegattin G, sowie der Töchter K1 und K2 an der Adresse Polen, x;
- mehrere Tankrechnungen;
- Ein polnischer Zulassungsschein lautend auf G, nach der sie am ein Fahrzeug Marke M mit dem Kennzeichen K auf ihren Namen angemeldet hat;
- Eine Aufstellung der Fahrten vom Wohnort in Wien zum Familienwohnsitz, woraus hervorgeht, dass der Bf. im Jahr 2019 insgesamt 16 Fahrten (einfache Strecke 510 Kilometer) unternommen hat;
- Ein Auszug, auf dem sich nähere Fahrzeugdaten (Anmeldung, Datum von technischen Überprüfungen samt Kilometerständen) finden;
- Eine Bescheinigung (E9), wonach die Gattin des Bf. im Jahr 2019 keine Einkünfte erzielt hat, die im Ansässigkeitsstaat (Polen) der Besteuerung unterliegen;
- Ein Anschreiben des Bf. an das Finanzamt vom mit Ersuchen um Erläuterungen zu seinem auf dem Abgabenkonto ausgewiesenen Rückstand.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Gattin des Bf. weder Einkünfte erziele, die über € 6.000,- liegen würden, noch solche, die in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung seien, weshalb die Verlegung des Familienwohnsitzes keine Unzumutbarkeit darstelle.
Der Bf. beantragte daraufhin mit Schreiben vom eine Entscheidung durch den Bundesfinanzhof (Anmerkung: gemeint durch das Bundesfinanzgericht).
Er erläuterte darin, auf ständig wechselnden Einsatzstellen tätig zu sein.
Eine Verlegung des Familienwohnsitzes sei nicht möglich, da er in Polen ein Haus besitze in dem seine Ehefrau und zwei Kinder, die den Kindergarten bzw. die Schule besuchen, wohnhaft seien.
Auch wirtschaftlich sei eine Übersiedlung nicht möglich, da er derzeit für eine Unterkunft beim Arbeitgeber monatlich ca. € 120,- zahle und (alternativ) für die Familie eine Wohnung mieten müsse, wobei er mit Wohnkosten von rund € 1.000,- zu rechnen habe. Ein Verkauf seines Hauses in Polen bzw. der Ankauf einer Wohnung in Wien komme aufgrund unterschiedlicher Immobilienpreise nicht in Frage.
Der Bf. besitze mit seiner Ehefrau eine Landwirtschaft in Polen, die für eigene Zwecke bewirtschaftet werde. Da in Polen Einkünfte aus einer solchen Landwirtschaft nicht besteuert würden, seien auch keine Einkünfte in der E9 Bescheinigung ausgewiesen.
Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde mit Vorlagebericht vom vor.
Darin wurde erläutert, dass im Gegensatz zu einer Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes betreffend den Bf. für das Jahr 2017 (Anm: vom , Gz. RV) die Ehegattin nunmehr eine Landwirtschaft betreibe und in Zusammenschau mit den minderjährigen Kindern aus wirtschaftlichen Gründen eine Wohnsitzverlegung nicht zumutbar und die beantragten Kosten daher dem Grunde nach anzuerkennen seien.
Die Kosten der doppelten Haushaltführung wurden außer Streit gestellt.
Hinsichtlich der Familienheimfahrten wurde dargelegt, dass das Fahrzeug auf die Ehegattin zugelassen sei, weshalb für Kosten der Familienheimfahrten nicht das Kilometergeld angesetzt werden könne. Abzugsfähig seien nur die tatsächlich entstandenen Kosten, die, da keine Angaben dazu gemacht worden seien, im Schätzungsweg zu berücksichtigen seien.
Es wurde beantragt, der Beschwerde teilweise statt zu geben.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
rechtliche Grundlagen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit a leg.cit. auch die Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung betrifft, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs)tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 beträgt das Pendlerpauschale bei unzumutbarer Verwendung eines Massenbeförderungsmittels bei einer Fahrtstrecke von über 60 km € 3.672,- jährlich.
§ 167 BAO lautet:
(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Der Bf. ist polnischer Staatsbürger und in Österreich bei der AG seit tätig. Er benutzt eine Wohnung an der Adresse X1 die ihm vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt wird.
Der Bf. ist verheiratet und hat mit seiner Ehegattin G und den Töchtern K1 (geb. ) sowie K2, (geb. )einen weiteren (Familien-)Wohnsitz an der Adresse X2 in Polen.
Die kürzeste Entfernung zwischen seinem Wohnsitz in Wien und dem Familienwohnsitz beträgt (lt. google maps) 518 Kilometer.
Die Gattin des Bf. betreibt seit 2018 in Polen eine Landwirtschaft mit der Größe von 2,582 ha.
Der Bf. bezog im Jahr 2019 für seine beiden Töchter Familienbeihilfe (Differenzzahlungen).
Strittig ist die Frage, ob im Jahr 2019 Gründe vorlagen, die eine Verlegung des Wohnsitzes vom Familienwohnsitz des Bf. in eine "übliche Entfernung" vom Arbeitsort Wien unzumutbar machten.
Doppelte Haushaltsführung
Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Wenn dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)wohnsitzes in eine übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988.
Eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung lässt die Verlegung des Familienwohnsitzes auf längere Sicht unzumutbar erscheinen. Dabei gilt allgemein, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen.
Diese Aufwendungen gelten so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in üblicher Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines (Ehe)Partners haben. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen.
Der Bf. beantragt Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sowie für Familienheimfahrten und begründet die seiner Ansicht nach vorliegende Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung wie folgt:
1. - Besitz einer Landwirtschaft (mit seiner Gattin) in Polen;
2. - Am Familienwohnsitz leben zwei Kinder, die noch im Kindergarten bzw. in Schulausbildung sind;
3. - Unterschiedliche Immobilienpreise, die einen Verkauf des Hauses in Polen und den Ankauf oder die Anmietung einer Wohnung in Wien aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht zumutbar erscheinen lassen.
In einem Erkenntnis vom , Zl. 2003/13/0154 führt der VwGH aus:
,Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist es Sache desjenigen Steuerpflichtigen, der die - grundsätzlich nie durch die Erwerbstätigkeit veranlasste - Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (siehe das hg. Erkenntnis vom , 97/15/0137, Slg. NF Nr. 7.390/F). Die berufliche Veranlassung von Aufwendungen, denen nach dem ersten Anschein eine nicht berufliche Veranlassung zu Grunde liegt, ist vom Steuerpflichtigen darzustellen.'
Zu den Einwendungen des Bf. ist festzustellen:
ad 1) Landwirtschaft
Zum Betrieb einer Landwirtschaft durch die Gattin des Bf. ist auszuführen, dass eine Versicherungsbestätigung vorgelegt wurde, wonach sie eine Landwirtschaft mit 2,582 ha betreibt und dafür seit Versicherungszeiten u.a. für Unfall- und Krankenversicherung angerechnet werden.
Aus einer im Verfahren vorgelegten Bescheinigungen EU (Formular E9) für das Jahr 2019 geht hervor, dass G aus ihrer Tätigkeit in Polen keine Einkünfte erzielt hat.
Der Bf. erläutert dazu, dass aus einer derartigen Landwirtschaft erzielte Einkünfte in Polen nicht besteuert werden, was aber nicht bedeutet, dass die Tätigkeit und das damit verbundene Einkommen wirtschaftlich unbedeutend ist.
Der VwGH hat sich in mehreren Erkenntnissen mit der Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort auseinandergesetzt und diese als relevanten Aspekt bejaht, auch wenn am Familienwohnsitz eine nur der Selbstversorgung dienende Landwirtschaft betrieben wird (vgl. Zl. 2013/15/0146 m.V.a. Erkenntnisse vom , 2005/14/0039, vom , 2005/14/0046, vom , 2005/14/0127, und vom , 2006/15/0313).
In den, den Erkenntnissen des VwGH zugrunde liegenden Sachverhalten waren neben den wirtschaftlichen Gründen aber auch andere Faktoren (zB nicht selbsterhaltungsfähige Kinder, Hindernisse aufgrund von fremdenrechtlichen Bestimmungen) vorhanden, die eine Begründung des Familienwohnsitzes in Österreich nicht bzw. nur unter schwierigsten Bedingungen ermöglichten (vgl. m.V.a. ; , 2006/15/0313; ; , 2005/14/0127).
ad 2) Schulpflichtige, bzw. im Kindergarten betreute Kinder
Die Töchter des Bf., K1 (geb. ) sowie K2 (geb. ) erreichten im beschwerdegegenständlichen Zeitraum das 3. bzw. 9. Lebensjahr.
Gemäß Lenneis, Jakom EStG14 § 16, Rz. 56 ABC der Werbungskosten Stichwort ,Doppelte Haushaltführung' können einen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung in einem gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz wohnende, unterhaltsberechtigte und betreuungspflichtige Kinder darstellen, wenn eine Mit(Übersiedlung) der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist. Die Unterhaltsverpflichtung der Kinder alleine reicht nach dieser Kommentarmeinung als alleiniges Kriterium für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nicht aus.
Bei den beiden minderjährigen Töchtern des Bf. handelt es sich zweifellos um unterhaltsberechtigte und betreuungspflichtige Kinder.
Wie das Finanzamt zu Recht erkannt hat, liegt in Zusammenschau der vom Bf. angeführten Argumente, der bewirtschafteten Landwirtschaft sowie der minderjährigen Kinder eine steuerlich zu beachtende Unzumutbarkeit vor, weshalb eine Abwägung des (weiteren) Einwandes des Bf., wonach eine Verlegung des Wohnsitzes unter Bedachtnahme des (im Vergleich zu Polen) hohen heimischen Wohnungskostenniveaus wirtschaftlich unzumutbar ist, dahingestellt bleiben kann.
Familienheimfahrten
Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Ein entsprechender Sachverhalt ist grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen. Steuerlich absetzbar werden diese Kosten dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen (und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird).
Da die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung gegeben sind, waren damit auch die Kosten für Familienheimfahrten innerhalb des gesetzlich gesteckten Rahmens zu berücksichtigen.
Höhe der steuerlich anzuerkennenden Werbungskosten
a) Kosten für doppelte Haushaltsführung
Für den Anfall dieser Kosten hat der Bf. eine Bestätigung seines Arbeitgebers über € 1.452,00 vorgelegt. Die Kosten wurden vom Finanzamt dem Grunde und der Höhe nach außer Streit gestellt.
b) Kosten für Familienheimfahrten
Der Bf. beantragt in seiner Erklärung die Berücksichtigung von Kosten für Familienheimfahrten i.H.v. € 3.672,- und somit des gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 i.V.m. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 maximal zulässigen Betrages.
Der Bf. hat dazu einen polnischen Zulassungsschein seiner Gattin, mehrere Tankbelege, sowie eine Aufstellung der Familienheimfahrten vorgelegt, nach denen er 16 Heimfahrten (einfache Fahrtdistanz laut Aufzeichnung 510 km) unternommen hat.
Die Kilometerstände des Fahrzeuges gehen aus dieser Aufstellung (Tabelle) nicht hervor.
Zu beachten ist zunächst, dass das fragliche Fahrzeug erst am von der Gattin des Bf. zum Verkehr zugelassen wurde.
Aus einer beigelegten Aufzeichnung, auf der die Zeitpunkte der technischen Begutachtung sowie die Kilometerstände festgehalten wurden, ergibt sich folgendes:
- Inspektion am : Kilometerstand 405.273,
- Inspektion am : Kilometerstand: 439.634,
d.s. an 393 Tagen 34.361 zurückgelegte Kilometer. Die durchschnittliche tägliche Kilometerleistung betrug demnach 87,43 Kilometer.
Zwischen der Inspektion im Dezember 2018 und der Anmeldung durch G lagen ebenso 18 Tage wie zwischen dem und der nächsten Inspektion, somit 36 Tage.
Während dieses Zeitraumes wurden kalkuliert ca. 3.147 Kilometer zurückgelegt. In jedem Fall betrug die im Jahr 2019 vom Bf. zurückgelegte Strecke rund 30.000km.
Zur Ermittlung der Höhe der angefallenen Kosten hat der VwGH in einem Rechtssatz zum Erkenntnis vom Zl. 2001/15/0088 erläutert:
,Im hg. Erkenntnis vom , 97/15/0073, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass eine Schätzung der Fahrtaufwendungen mit einem Kfz in Höhe des amtlichen Kilometergeldes zwar in vielen Fällen zu einem zutreffenden Ergebnis führen wird. Allerdings ist zu beachten, dass sich die tatsächlichen Kosten für Fahrten mit einem Pkw bei höheren Kilometerleistungen im Hinblick auf den hohen Anteil an Fixkosten degressiv entwickeln. Bei der Berücksichtigung der Pkw-Fahrten mit dem amtlichen Kilometergeld ergibt sich hingegen ein lineares Ansteigen, welches immer mehr von den tatsächlichen Aufwendungen (etwa bei einer Fahrtleistung von über 30.000 Kilometer jährlich) abweicht (vgl. weiters die hg. Erkenntnisse vom , 97/14/0174, und vom , 2002/14/0081).'
Da infolge der hohen Kilometerleistung sowie des Alters des Fahrzeuges (Erstzulassung ) die Berechnung der Fahrzeugkosten unter Ansatz von Kilometergeldern nach der aufgezeigten Judikatur nicht tunlich ist, waren unter Berücksichtigung der nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes hinsichtlich der Anzahl der Familienheimfahrten zutreffenden Aufzeichnungen die tatsächlichen Fahrzeugkosten zu schätzen (§ 184 BAO).
Die vorgelegten Tankrechnungen bieten dafür mangels Vollständigkeit keinen Anhaltspunkt.
Das Bundesfinanzgericht geht von folgenden Annahmen aus:
- Die einfache Fahrtstrecke Wohnsitz-Familienwohnsitz beträgt (lt. google maps) 518 Kilometer, die gesamte für Familienheimfahrten zurückgelegte Strecke somit 16.576 Kilometer.
- Der Anteil der Familienheimfahrten beträgt ca. 50% der gesamten, mit dem Fahrzeug zurückgelegten Strecke.
- Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen PkW der Marke M Diesel mit 100kw, BJ 2005.
Der Verbrauch beträgt unter Realbedingungen (vgl. spritmonitor.de) rund 7,35 Liter/100 km.
- Der durchschnittliche Dieselpreis lag (laut ÖAMTC) im Jahr 2019 bei € 1,205/Liter.
- Die Treibstoffkosten pro 100km belaufen sich daher auf € 8,86.
- Für 16.576 Kilometer fallen damit Kosten i.H.v. rd. € 1.469,- an.
Zudem waren noch weitere Kosten wie Afa (bei einer angesichts des Alters (Erstzulassung ) geringen anzunehmenden Restnutzungsdauer), Steuer, Versicherung, Service/Ölwechsel, Vignette bzw. (ebenfalls angesichts des Alters des Fahrzeuges) erhöhte Reparaturen zu berücksichtigen.
Die im Hinblick auf die gesamte zurückgelegte Strecke daraus resultierenden, den Familienheimfahrten zuzurechnenden weiteren Kosten (i.H.v. 50%) werden im Schätzungsweg in Höhe der doppelten Treibstoffkosten angenommen, was zu einer Gesamtbelastung von € 2.938,- führt.
Die Gesamtkosten für die doppelte Haushaltsführung sowie Familienheimfahrten, die zu berücksichtigenden Werbungskosten führen, betragen € 4.390,-.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Die Besteuerungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe betragen:
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2019 | |
€ | |
Einkünfte aus nichtselbsständiger Arbeit | 26.286,20 |
Kontrollrechnung gem. § 3 (2) EStG | 451,22 |
Pauschbetrag Werbungskosten | -4.390,00 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 22.347,42 |
Pauschbetrag für Sonderausgaben | -60,00 |
Einkommen | 22.287,42 |
Einkommensteuer | |
0% für 11.000,- | 0,00 |
25% für 7.000,- | 1.750,00 |
35% für 4.287,42 | 1.500,60 |
Steuer vor Absetzbeträgen | 3.250,60 |
Familienbonus Plus | -1.515,12 |
Alleinverdienerabsetzbetrag | -337,85 |
Verkehrsabsetzbetrag | -400,00 |
Steuer nach Absetzbeträgen | 997,63 |
Steuer sonst. Bezüge nach Einschleifregelung | 49,91 |
anrechenbare Lohnsteuer | -3.155,38 |
Rundung § 39 (3) EStG | -0,16 |
festgesetzte Einkommensteuer | -2.108,00 |
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war eine Revision als nicht zulässig zu erklären.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103322.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at