Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2022, RV/7100657/2018

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe wenn Leistungen aus der Grundversorgung bezogen werden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Pamperl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Familienbeihilfe 01.2015-10.2017 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe vom wurde die Beschwerdeführerin vom Finanzamt aufgefordert, unter anderem eine Bestätigung über den Bezug bzw. Nichtbezug einer Grundversorgung vorzulegen. Vorgelegt wurde ein Schreiben des Caritas Asylzentrums, Servicestelle des Fonds Soziales Wien der Stadt Wien vom , worin der Beschwerdeführerin bestätigt wird, dass folgende Grundversorgungsleistungen für die Familie bestehend aus 1 Erwachsenen und 4 minderjährigen Kindern ausbezahlt wurden: Verpflegungsgeld und Mietzuschuss, reduziert um Leistungen aufgrund eines Lohns der Beschwerdeführerin. Im Zuge weiterer Überprüfungsschreiben des Finanzamts wurden weitere Schreiben des Caritas Asylzentrums, Servicestelle des Fonds Soziales Wien der Stadt Wien über den Bezug von Grundversorgungsleistungen vorgelegt.

Mit Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom wurde für die Kinder ***1*** ***2***, ***1*** ***3***, ***1*** ***4***, ***1******5*** und ***1*** ***6*** die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für jeweils folgende Monate zurückgefordert: Jänner 2015 bis Mai 2015, Juli 2015 bis Oktober 2015, Dezember 2015 bis Mai 2016, Juli 2016 bis Mai 2017, Juli 2017 bis Oktober 2017. Begründend wurde angeführt: "Personen, denen der Status von subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, wird nur dann Familienbeihilfe gewährt, wenn sie oder ein anderes Familienmitglied keinen Anspruch auf eine Leistung aus der Grundversorgung haben und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch auf Familienbeihilfe besteht auch für jene Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde. Da in den oben angeführten Zeiträumen Leistungen aus der Grundversorgung vorlagen, war spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt: "Ich möchte hiermit eine Beschwerde bezüglich des erhaltenen Bescheids über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beiträge (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) einlegen. 2015, als ich den Antrag auf Familienbeihilfe gestellt habe, habe ich die Unterlagen vom Caritas Asylzentrum über den Bezug der Grundversorgung abgegeben. Mir wurde gesagt, dass nur die Lohnzettel benötigt werden, jedoch keine Bestätigungen über den Bezug der Grundversorgung. Ein anderes Mal wollte ich wieder mit dem Lohnzettel die Bestätigung der Caritas abgeben, diese wurde aber wieder nicht entgegengenommen. Deswegen musste ich annehmen, dass diese Bestätigungen nicht gewollt sind. Ich habe nicht absichtlich zu Unrecht die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezogen. Ich nehme an, dass dem Finanzamt bekannt ist, dass ich den Asylstatus subsidiären Schutz besitze und deswegen mit meinen geringen Einkommen weiterhin Grundversorgung beziehen werde. Ich wurde nie in den letzten 3 Jahren aufgefordert Bestätigungen über den Bezug oder eben den nicht vorhandenen Bezug der Grundversorgung einzureichen. Hier sehe ich auch ein säumiges Verhalten des Finanzamts. Meine damalige Beraterin hat damals mit dem Finanzamt telefoniert und nachgefragt, ob ich Anspruch auf Familienbeihilfe habe. Es wurde mir damals mitgeteilt, ich kann mit meinen Einkommen und meinem Status Familienbeihilfe beantragen, deswegen habe ich das auch gemacht. Es wurde nie verlangt, dass ich Unterlagen von der Grundversorgung abgebe. Die Unterlagen, die verlangt wurden, habe ich immer gebracht. Ich kann nicht verstehen, wie ich 3 Jahre zu Unrecht Geld beziehen konnte, das mir nicht zusteht, ohne dass es einen Mitarbeiter oder Mitarbeiterin auffällt. Ich bin alleinerziehende Mutter von 5 Kindern und kann die knapp 34000 Euro nicht zurückzahlen, gerade wenn ich nun keine Familienbeihilfe mehr beziehen kann. Ich würde Sie bitten den Sachverhalt nochmals zu prüfen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde angeführt: "§ 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 lautet: "Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen." Die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfen ist sehr weitgehend, zumal sie ausschließlich auf objektiven Sachverhalten beruht und auf subjektive Momente, wie Verschulden und Gutgläubigkeit, keine Rücksicht nimmt. Die Rückzahlungsverpflichtung besteht daher auch dann, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich auf einer Fehlleistung der Abgabenbehörde beruht. Bezüglich der Zahlung des Rückforderungsbetrages wurde eine Kopie des Beschwerdeschreibens angefertigt und an die zuständige Stelle im Haus (Abgabensicherung) weitergeleitet. Eine diesbezügliche Entscheidung wird getrennt ergehen. Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen."

Mit fristgerechtem Vorlageantrag wird beantragt, den Bescheid vom ersatzlos aufzuheben, in eventu für die Monate, in denen keine Grundversorgung bezogen wurde, vom zurückgeforderten Betrag abzuziehen. Begründend wird ausgeführt: "Die Behörde verkennt in der Entscheidung vom , dass meinen fünf minderjährigen Kindern nach den gesetzlichen Vorschriften Familienbeihilfe (auch) für den zurückgeforderten Zeitraum von Jänner 2015 bis Oktober 2017 zusteht. Die Behörde bezieht sich in ihrer Begründung, ohne ein Gesetz zu zitieren, offensichtlich auf § 3 Abs. 4 FLAG wenn sie ausführt: "[...] Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde " haben Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie "keinen Anspruch auf eine Leistung aus der Grundversorgung haben Im Bescheid begründet die Behörde die erhebliche Rückforderung dann mit dem kurzen, darauf angefügten Satz: " Da in den oben angeführten Zeiträumen Leistungen aus der Grundversorgung vorlagen, war spruchgemäß zu entscheiden." Die Behörde verkennt in der Entscheidung jedoch, dass der Begriff "Grundversorgung" in § 3 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) kein unbestimmter Rechtsbegriff ist. Die Grundversorgungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG vom enthält vielmehr eine Legaldefinition des Begriffes "Grundversorgung". Nur die in Art. 6 Abs. 1 Grundversorgungsvereinbarung aufgelisteten Leistungen stellen nach dem Willen des Gesetzgebers eine "Grundversorgung" dar. Leistungen aus der Mindestsicherung sind somit keine Grundversorgungsleistung im Sinne des Gesetzes und deren Erhalt stellt keinen Ausschlussgrund im Sinne des § 3 Abs. 4 FLAG dar. Rein ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auf Anfrage der Volksanwaltschaft das zuständigen Familienministerium klarstellte, dass nach geltender Rechtslage nur ein Anspruch auf Grundversorgung - nicht aber auf Sozialhilfe bzw. bedarfsorientierte Mindestsicherung - den Familienleistungen für subsidiär Schutzberechtigte entgegenstehen (siehe hierzu BMWFJ-51 0401/0117-11/1/2011). Ebenso sei auf die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates zu GZ RV/0810- W/11 vom verwiesen, welche in einem ähnlich gelagerten Fall feststellte, dass Leistungen aus der Sozialhilfe nicht schädlich für den Familienbeihilfeanspruch sind. Weiters wird festgestellt, dass dasselbe für die Mindestsicherung gilt (vgl. Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates zu GZ RV/0810-W/11 vom , abrufbar unter https.V/findok.bmf.gv.at/fmdok/link?bereich=ufs-tx&gz=%22RV%2F0810-W%2Fl 1%22). Daher besteht ein Anspruch auf Gewährung von Familienbeihilfe für den Zeitraum vom Jänner 2015 bis Oktober 2017 und darüber hinaus. Ich gehe außerdem arbeiten und beziehe lediglich die Differenz zur Mindestsicherung als Zuschuss. Die "Grundversorgungsleistung" bzw wie oben dargelegt vielmehr die Leistung aus der Mindestsicherung, liegt in meinem Falle wirklich nur in sehr geringem Ausmaß vor. Ich legte stets alle Unterlagen, die von mir gefordert wurden vor, und erkundigte mich auch mehrmals, ob ich auch Unterlagen betreffend der Grundversorgungsleistungen vorlegen müsse. Das Caritas Asylzentrum, das ja als quasi-staatliche Institution fungiert, forderte aber lediglich die Lohnzettel. Auch nach Rückfragen beim Finanzamt wurden nie Grundversorgungsunterlagen verlangt. Es ist mir daher also absolut kein Verschulden zuzurechnen. Ich habe die erhaltene Familienbeihilfe bereits gutgläubig ausgegeben, und musste diese auch ausgeben, da ich ohne die Familienbeihilfe meine Familie gar nicht hätte ordentlich ernähren können. Die Rückzahlung der knapp 34.000 EUR trifft mich äußerst hart. Als alleinerziehende Mutter von fünf Kindern ist die finanzielle Situation ohnehin schon schwierig genug. Eine Rückzahlung dieser extrem hohen Summe trifft mich unbillig hart. Noch dazu, wo diese unangenehme und für mich äußerst bedrückende Situation sich bei richtiger Auskunft der Finanzbehörde, bzw Forderung der entsprechenden Unterlagen, sich leicht hätte vermeiden lassen. Als ich Weihnachtsgeld erhalten hatte, wurden mir keine Grundversorgungsleistungen ausgezahlt. In jenen Monaten bestand der Anspruch auf Familienbeihilfe daher jeweils zu Recht und hätte daher von der rückgeorderten Summe jedenfalls abgezogen werden müssen. Aus den vorgenannten Gründen stelle ich daher den Antrag, den Bescheid vom ersatzlos aufzuheben. In eventu für die Monate, in denen ich Weihnachtsgeld erhalten hatte und daher keine Leistungen aus der Grundversorgung bezogen hatte, vom geforderten Betrag abzuziehen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin und ihre fünf Kinder Staatsangehörige der russischen Föderation sind. Es steht fest, dass sie und ihre Kinder sich im streitgegenständlichen Zeitraum in Österreich aufgehalten haben, ihnen der Status als subsidiär Schutzberechtigte zuerkannt wurde und für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum befristete Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 vorliegen.

Fest steht weiters, dass die Beschwerdeführerin für 1 Erwachsenen und 4 minderjährige Kinder Leistungen aus der Grundversorgung, bestehend aus Verpflegungsgeld und Mietzuschuss, reduziert um Leistungen aufgrund Arbeitseinkommen der Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Zeitraum für folgende Monate bezogen hat: Jänner 2015 bis Mai 2015, Juli 2015 bis Oktober 2015, Dezember 2015 bis Mai 2016, Juli 2016 bis Mai 2017, Juli 2017 bis Oktober 2017.

Beweiswürdigung

Der als erwiesen angenommene Sachverhalt gründet sich auf die im Akt aufliegenden Unterlagen.

Die Bescheide betreffend Status als subsidiär Schutzberechtigte und Aufenthaltsberechtigungen liegen im Akt auf.

Im Akt aufliegend sind von der Beschwerdeführerin eingereichte Bestätigungen über GVS-Leistungesbezug des Asylzentrums Caritas, Servicestelle des Fonds Soziales Wien, mit der folgende Grundversorgungsleistungen für ***Bf1*** für eine Familie bestehend aus 1 Erwachsenen und 4 minderjährigen Kindern bestätigt wird: Verpflegungsgeld und Mietzuschuss. Der GVS-Anspruch reduzierte sich aufgrund Arbeitseinkommens der Beschwerdeführerin Von der Beschwerdeführerin wurden diese Bestätigungen für folgende Monate dem Finanzamt vorgelegt: Jänner 2015 bis August 2015, Oktober 2015 bis Februar 2016, April 2016 bis Mai 2017, Juli 2017 bis Oktober 2017. Nicht vorgelegt wurden somit September 2015, März 2016 und Juni 2017. Von den vorgelegten Bestätigungen weisen folgende Monate einen Leistungsbezug ("tatsächlich ausbezahlter Betrag") aus der Grundversorgung in Höhe von Null aus: Juni 2015, November 2015, Juni 2016. Hinsichtlich Mai 2017 wurden von der Beschwerdeführerin zwei unterschiedliche Bestätigungen vorgelegt: Einerseits ein Schreiben des Asylzentrum Caritas, Servicestelle des Fonds Soziales Wien der Stadt Wien vom , wonach 363,00 Euro für den Zeitraum Mai 2017 tatsächlich ausbezahlt wurden. Andererseits ein Schreiben des Asylzentrum Caritas, Servicestelle des Fonds Soziales Wien der Stadt Wien vom , wonach Null Euro für den Zeitraum Mai 2017 tatsächlich ausbezahlt wurden.

Vom Finanzamt liegen Bestätigungen vom Asylzentrum der Caritas der Erzdiözese Wien, Servicestelle des Fonds Soziales Wien der Stadt Wien, für die Beschwerdeführerin über Grundversorgungsleistungen für eine Familie bestehend aus 1 Erwachsenen und 4 minderjährige Kinder, bestehend aus Verpflegungsgeld und Mietzuschuss, reduziert aufgrund Arbeitseinkommen der Beschwerdeführerin, für folgende Monate auf: Jänner 2015 bis Oktober 2017. Von diesen Bestätigungen weisen folgende Monate einen Leistungsbezug ("tatsächlich ausbezahlter Betrag") aus der Grundversorgung in Höhe von Null aus: Juni 2015, November 2015, Juni 2016 und Juni 2017.

Die Bestätigung betreffend Mai 2017 weist einen tatsächlich ausbezahlten Betrag in Höhe von 363,00 Euro aus. Die Bestätigung für Juni 2017 entspricht abbildlich zur Gänze (ausgenommen vom Leistungszeitraum) der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bestätigung für Mai 2017 vom .

Da die Beschwerdeführerin für die Monate September 2015, März 2016 und Juni 2017 keine Bestätigungen vorgelegt hat und hinsichtlich Mai 2017 divergierende Bestätigungen vorliegen, hat das Bundesfinanzgericht durch Auskunftsersuchen gemäß § 158 BAO bei Fonds Soziales Wien angefragt, ob die Beschwerdeführerin Leistungen aus der Grundversorgung für sich und 4 minderjährige Kinder für folgende Monate bezogen hat: September 2015, März 2016, Mai 2017 und Juni 2017. Hinsichtlich Mai 2017 wird um Aufklärung darüber ersucht, wie es möglich ist, dass unterschiedliche Bestätigungen mit unterschiedlichen "tatsächlich ausbezahlten Beträgen" für den gleichen Zeitraum (hier Mai 2017) vorhanden sein können.

Mit Eingabe vom und vom wird vom Fonds Soziales Wien bestätigt, dass die Beschwerdeführerin für sich und ihre 4 minderjährigen Kinder ***4***, ***6***, ***2*** und ***5***, in den Monaten September 2015, März 2016 und Mai 2017 die Leistungen der Grundversorgung Wien nach Abzug von Einkommen in folgender Höhe ausbezahlt bekommen haben:

September 2015 in Höhe von 327,28 Euro

März 2016 in Höhe von 326,75 Euro

Mai 2017 in Höhe von 343 Euro

Juni 2017 keine Auszahlung.

Bezüglich der divergierenden Bestätigungen betreffend den Zeitraum Mai 2017 wird ausgeführt, dass es sich nach Rücksprache mit der Servicestelle der Caritas bei der Leistungsbestätigung vom tatsächlich um einen Fehler handle. Bei Anrechnung von Einkommen würden die Geldleistungen der Grundversorgung normalerweise 1 Monat rückwirkend ausbezahlt. Somit wäre die Bezugsbestätigung vom fälschlicherweise für Mai 2017 ausgestellt worden. Richtigerweise sollte dort aber der Zeitraum Juni 2017 angegeben sein. Frau ***1*** hätte im Mai 2017 tatsächlich 343 Euro erhalten.

Übereinstimmend ist aus den vorgelegten Bestätigungen der Beschwerdeführerin und des Finanzamts daher ersichtlich, dass in folgenden Monaten keine Leistungen ausbezahlt wurden: Juni 2015, November 2015 und Juni 2016. Hinsichtlich Juni 2017 wurde von der Beschwerdeführerin keine Bestätigung vorgelegt. Vom Fonds Soziales Wien wurde die vorgelegte Bestätigung des Finanzamts, wonach keine Auszahlung erfolgte, bestätigt und kann daher als erwiesen angenommen werden. Hinsichtlich Mai 2017 wurden von der Beschwerdeführerin zwei widersprüchliche Bestätigungen vorgelegt, wobei einmal bestätigt wurde, dass keine Leistung ausbezahlt wurde, und das andere Mal bestätigt wird, dass eine Leistung erfolgte. Nach der Bestätigung des Finanzamts erfolgte in diesem Monat eine Leistung. Dass es sich um einen Fehler beim Asylzentrum der Caritas, Servicestelle des Fonds Soziales Wien, handelte, indem die Bestätigung vom einen falschen Leistungszeitraum ausweist, ist plausibel und deckt sich mit der vorgelegten Bestätigung des Finanzamts betreffend Juni 2017, die abbildlich genau dieser falschen Bestätigung entspricht. Es konnte somit als erwiesen angenommen werden, dass für Mai 2017 eine Leistung aus der Grundversorgung erfolgte und im Juni 2017 keine Auszahlung vorlag.

Die Feststellung, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin bezogenen Leistungen, die durch das Asylzentrum der Caritas für den Fonds Soziales Wien der Stadt Wien ausbezahlt wurden, um Grundversorgungsleistungen handelt, gründet sich einerseits darin, dass die ausbezahlten Leistungen in den vorliegenden Bestätigungen eindeutig als Leistungen aus der Grundversorgung angeführt sind. In allen (von der Beschwerdeführerin und vom Finanzamt) vorliegenden Bestätigungen sind die Wortfolgen "Bestätigung über GVS-Leistungsbezug" sowie "Hiermit bestätigen wir folgende Grundversorgungsleistungen für […]" als auch "Monatliche Grundversorgungsleistungen für den Zeitraum […]: Verpflegungsgeld und Mietzuschuss" angeführt. Zudem ist das Asylzentrum der Caritas als Servicestelle des Fonds Soziales Wien für die Abwicklung der Grundversorgung von anspruchsberechtigten, privat in Wien wohnenden Flüchtlingen zuständig (vgl. https://www.caritas-wien.at/hilfe-angebote/asyl-integration/beratung-fuer-asylwerberinnen/asylzentrum, zuletzt abgefragt am ). Die auszahlende Stelle ist nicht für Leistungen der Sozialhilfe/Mindestsicherung zuständig, und wäre daher eine solche Leistung von dieser Stelle, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, nicht möglich. Aus diesen Gründen steht unzweifelhaft fest, dass die Beschwerdeführerin Leistungen aus der Grundversorgung für folgende Monate bezogen hat: Jänner 2015 bis Mai 2015, Juli 2015 bis Oktober 2015, Dezember 2015 bis Mai 2016, Juli 2016 bis Mai 2017, Juli 2017 bis Oktober 2017.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 3 Abs 1 bis 4 FLAG 1967 lauten:

(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

§ 26 Abs 1 und 2 FLAG 1967 lauten:

(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

Für Zeiträume ab besteht für Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld, sofern diese auf Grund ihrer Hilfsbedürftigkeit nicht bereits Leistungen im Rahmen der Grundversorgung nach Maßgabe der Grundversorgungsvereinbarung nach Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern erhalten und durch eigene Erwerbstätigkeit zu ihrem Lebensunterhalt beitragen (vgl. die Materialien zu Initiativantrag 62/A XXIII. GP).

In der (grundsätzlichen) Differenzierung zwischen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten kann der Verfassungsgerichtshof keine unsachliche Ungleichbehandlung erblicken, zumal zwischen diesen Gruppen im ausreichenden Maße Unterschiede bestehen, die eine Differenzierung zu rechtfertigen vermögen (vgl. ua).

Nach dem Gesetzeswortlaut besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn und solange der Antragsteller Leistungen aus der Grundversorgung erhält (vgl. auch z.B. BFG, , RV/5102092/2016; , [Beschwerde abgelehnt: ]; vgl. auch Wanke in Lenneis/Wanke [Hrsg], FLAG, 2. Auflage 2020, § 3, Rz 281).

Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass Artikel 6 der Grundversorgungsvereinbarung - Art. 15a B-VG, BGBl I 80/2004 festlegt, welche Leistungen die Grundversorgung umfasst. Leistungen aus der Grundversorgung können ua Geldleistungen, Krankenversicherung und/oder eine organisierte Unterkunft sein (vgl. auch Wanke in Lenneis/Wanke [Hrsg], FLAG, 2. Auflage 2020, § 3, Rz 284). Die Beschwerdeführerin selbst hat aus diesen Grundversorgungsleistungen Verpflegungsgeld und Mietzuschuss erhalten. Es handelt sich bei diesen von der Beschwerdeführerin bezogenen Leistungen, die durch das Asylzentrum der Caritas als Servicestelle für den Fonds Soziales Wien der Stadt Wien ausbezahlt wurden, unzweifelhaft um Leistungen aus der Grundversorgung. Dass die ausbezahlten Beträge Leistungen aus der Mindestsicherung darstellen würden, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, kann ausgeschlossen werden. Zunächst sind die ausbezahlten Leistungen eindeutig als Leistungen aus der Grundversorgung angeführt. Zudem ist die auszahlende Stelle nicht für Leistungen der Sozialhilfe/Mindestsicherung zuständig, und wäre daher eine solche Leistung von dieser Stelle, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, gar nicht möglich.

Die von der Beschwerdeführerin angeführte Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenats vom , RV/0810-W/11, kann ihr nicht zum Erfolg verhelfen, weil dort festgestellt wurde, dass der Berufungswerber für die relevanten Zeiträume keine Leistung aus der Grundversorgung bezogen hat und sich daher insofern vom gegenständlichen Sachverhalt unterscheidet.

Falls die Beschwerdeführerin gleichzeitig Grundversorgung und (unter Anrechnung der Grundversorgungsleistung) Sozialhilfe (Mindestsicherung) bezogen hat, steht Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag aufgrund der Leistungen von Grundversorgung nicht zu (vgl. , ao Revision abgewiesen: ).

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs 4 FLAG 1967 hat eine Person, der der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig ist. Da im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin Leistungen aus der Grundversorgung in den oben angeführten Zeiträumen bezogen hat, hatte sie keinen Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihre Kinder.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes normiert § 26 Abs 1 FLAG 1967 eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. z.B. ; , 2006/15/0076). Dem Umstand, ob die Beträge gutgläubig empfangen worden sind, kommt keine Bedeutung zu (vgl. ), ebenso auch nicht dem Umstand, ob die Beträge gutgläubig verbraucht worden sind (vgl. ). Der Rückforderung würde es auch nicht entgegenstehen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden wäre (vgl. ).

Irrelevant ist daher, dass die Beschwerdeführerin die Familienbeihilfe bereits gutgläubig ausgegeben hat. Da der Rückforderungsanspruch nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges der Familienbeihilfe abstellt, sind im gegenständlichen Verfahren auch keine Billigkeitserwägungen anzustellen (). Ein allfälliges Nachsichtsansuchen ist nicht im Rahmen der gegenständlichen Entscheidung zu erörtern, sondern wäre darüber erstinstanzlich durch das Finanzamt zu entscheiden.

Für die Monate Juni 2015, November 2015, Juni 2016 und Juni 2017 wurden keine Leistungen aus der Grundversorgung bezogen. Für diese Monate hat das Finanzamt für keines der Kinder Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zurückgefordert. Die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für diese Monate wurden von der Beschwerdeführerin daher für fünf Kinder bereits bezogen und können nicht mehr "gegengerechnet" werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung geklärt sind, liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100657.2018

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