Pfändung: § 323c Abs. 11a BAO nur für Stundungen, nicht auch für Ratenzahlungen anwendbar
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7103279/2021-RS1 | Der zweite Satz des § 323c Abs. 11a BAO verschiebt – nur für Stundungen, nicht auch für Ratenzahlungen – die Zahlungsfrist für alle in der Zwischenzeit – somit im Zeitraum bis – fällig werdenden laufenden Abgaben auf den . |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Dr. Stephan Riel als Insolvenzverwalter, Landstraßer Hauptstraße 1 Tür 2, 1030 Wien, über die Beschwerde der Abgabepflichtigen vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Pfändung einer Geldforderung zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Pfändung einer Geldforderung wurde festgehalten, dass die ***Bf1*** (in weiterer Folge: Bf.), ***Bf1-Adr*** Abgaben einschließlich Nebengebühren in Höhe von € 138.702,89 schulde.
Wegen dieses Gesamtbetrages würden die dem Abgabenschuldner angeblich gegen die S-AG, Wien, zustehenden Forderungen in unbekannter Höhe gemäß § 65 AbgEO gepfändet.
Der Pfändung unterliegen alle Konten des Abgabenschuldners, Fn.
Die S-AG dürfe, soweit diese Forderungen gepfändet seien, nicht mehr an den Abgabenschuldner zahlen.
Mit Eingabe vom wurde von der damaligen steuerlichen Vertretung H-GmbH gegen diesen Bescheid betreffend Pfändung einer Geldforderung über FinanzOnline Beschwerde eingebracht mit folgender Begründung:
"Sehr geehrte Damen und Herren, auftrags und namens unserer Mandantin erheben wir das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den oa Bescheid. Als Begründung führen wir an, dass kein Terminverlust gemäß § 230 Abs 5 BAO vorliegt. Der Bescheid ist daher aufzuheben. Als Begründung führen wir an, dass die ***Bf1*** am ein Ansuchen auf Zahlungserleichterung eingebracht hat, das mit Bescheid vom bewilligt wurde. Es wurden bisher alle Raten in Höhe von EUR 7 500,00 fristgerecht bezahlt. Falls vorgebracht wird, dass die nicht in den Ratenbescheid einbezogenen Abgaben nicht fristgerecht bezahlt worden sein sollen, so ist vorzubringen, dass gemäß § 323c Abs 11b zweiter Satz BAO alle Abgaben, die zwischen dem und dem fällig werden, bis zum zu entrichten sind. Das mögliche Argument, dass daher ein Terminverlust wegen der nicht in den Ratenbescheid einbezogenen Abgaben vorliegen könnte, entbehrt ebenfalls einer rechtlichen Grundlage. Daher ist der gegenständliche Bescheid aufzuheben."
Abschließend wird von der steuerlichen Vertretung um antragsgemäße Erledigung ersucht.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, mit folgender Begründung:
"Da keine Stundungsbewilligung gegeben wurde, sondern eine Ratenzahlung bewilligt wurde, kommt die gesetzliche Stundung nicht zu tragen. Weiters wird auf die laufende Ratenvereinbarung hingewiesen."
Nach beantragter Fristerstreckung wurde mit Eingabe vom per Finanzonline ein Vorlageantrag mit folgendem Inhalt eingebracht:
"Im Auftrag und mit Vollmacht der oben benannten Abgabepflichtigen stellen wir binnen offener Frist den Antrag, die Bescheidbeschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Zur Begründung verweisen wir auf die Ausführungen in der Bescheidbeschwerde. Gleichzeitig beantragen wir die Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung."
Abschließend wird von der steuerlichen Vertretung um antragsgemäße Erledigung ersucht."
Vorlagebericht Finanzamt Österreich:
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien wurde über die Firma ***Bf1*** ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Insolvenzverwalter ist Dr. Stephan Riel.
Von der Beschwerdeführerin wird vorgebracht, dass gemäß § 323c Abs 11b zweiter Satz BAO alle Abgaben, die zwischen dem und dem fällig wurden, erst bis zum zu entrichten gewesen wären. Die nicht in den Ratenbescheid einbezogenen Abgaben seien daher im Zeitpunkt der Pfändung noch nicht fällig gewesen.
Dagegen ist einzuwenden, dass mit der Bestimmung des § 323c Abs. 11b BAO keine allgemeine gesetzliche Zahlungsfrist geschaffen wurde. In den Genuss dieser neuen Zahlungsfrist kamen nur Abgabepflichtige, bei denen bereits eine Stundung bewilligt wurde, was bei der ***Bf1*** aber nicht der Fall war. Dieser wurde keine Stundung sondern Ratenzahlung bewilligt, die von der Regelung des § 323c Abs. 11b BAO nicht umfasst ist.
Mit Eingabe vom wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurückgezogen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage
§ 65 Abs. 1 AbgEO: Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
§ 65 Abs. 3 AbgEO: Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen (§ 65 Abs. 3 AbgEO). Die Bf. ist Schuldnerin der Abgabenschuldnerin, sohin der Drittschuldner. Diesem steht das Rechtsmittel gemäß § 65 Abs. 4 AbgEO zu.
§ 323c Abs. 11 BAO: Stundungen gemäß § 212 Abs. 1, die nach dem bewilligt worden sind und deren Stundungsfrist am 30. September oder am endet, bleiben bis unter Einbeziehung jener Abgaben aufrecht, welche bis spätestens , im Falle von Vorauszahlungen gemäß § 45 EStG 1988 bis spätestens , auf dem Abgabenkonto verbucht wurden.
§ 323c Abs. 11a BAO: Stundungen gemäß Abs. 11 bleiben bis aufrecht. Abgaben, die auf dem selben Abgabenkonto gebucht werden und die zwischen dem und dem fällig werden, sind bis zum zu entrichten. Die Stundung sowie die gesetzliche Zahlungsfrist enden mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabenschuldners.
§ 323c Abs. 11b BAO: Stundungen, die zwischen dem und dem beantragt werden, sind abweichend von den Voraussetzungen des § 212 Abs. 1 bis zu bewilligen. Abgaben, die zwischen dem und dem fällig werden, sind bis zum zu entrichten. Die Stundung sowie die gesetzliche Zahlungsfrist enden mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabenschuldners.
§ 323c Abs. 12 BAO: Die Abgabenbehörde hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Entrichtung von Abgaben im Sinne des § 212 Abs. 1 in zwölf angemessenen Monatsraten zu bewilligen, wenn vor der Antragstellung kein Terminverlust (§ 230 Abs. 5) hinsichtlich einer bereits zuvor bewilligten Ratenzahlung nach diesem Absatz eingetreten ist und der Antrag bis zum Ende der Stundungsfrist, spätestens jedoch am , eingebracht wird. Sofern hinsichtlich dieser Ratenbewilligung kein Terminverlust eintritt, hat die Abgabenbehörde, wenn die sofortige oder sofortige volle Entrichtung des verbleibenden Abgabenbetrages für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre, auf Antrag die Entrichtung in angemessenen Raten für weitere sechs Monate zu gewähren.
Erläuternde Bemerkungen zu § 323c Abs. 11a und Abs. 11b BAO:
Der erste Satz des Abs. 11a verlängert bereits bestehende und durch das KonStG 2020 bis verlängerte Stundungen weiter bis zum . Zusätzlich verschiebt der zweite Satz des Abs. 11a die Zahlungsfrist für alle in der Zwischenzeit - somit im Zeitraum bis - fällig werdenden laufenden Abgaben auf den . Die gesetzliche Zahlungsfrist ist daher die mit dem Ende des gewährten Stundungszeitraumes des ersten Satzes ident. Dadurch werden zusätzliche Stundungsanträge bis zum überflüssig.
Der erste Satz des Abs. 11b ermöglicht jenen Abgabepflichtigen, die Ende 2020 Abgabenbescheide erhalten, Stundungen rasch und unbürokratisch bewilligt zu bekommen. Dementsprechend sind Stundungen, die zwischen dem 1. Oktober und dem beantragt werden, ungeachtet der allgemeinen Regelung in § 212 Abs. 1 bis zu bewilligen. § 323c Abs. 11b erster Satz bildet damit eine lex specialis zu § 212 Abs. 1. Zusätzlich verschiebt der zweite Satz des Abs. 11b die Zahlungsfrist für alle in der Zeit zwischen der ersten ab bewilligten Stundung und dem fällig werdenden laufenden Abgaben auf den . Dadurch werden zusätzliche Stundungsanträge bis zum überflüssig.
Werden Stundungen auf Antrag mit Bescheid bewilligt, ist die Stundungsbewilligung mit der Eröffnung einer Insolvenz auflösend bedingt. Dies soll im Falle der gesetzlichen Stundungsverlängerung bzw. dem gesetzlich nach hinten verschobenen Zahlungstermin entsprechend gelten, um sämtliche Abgabenforderungen im Insolvenzfall gleich zu behandeln.
Zu § 323c Abs. 11 bis 16 BAO idF BGBl I Nr. 96/2020
Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Liquidität der Abgabepflichtigen sind nach wie vor gravierend. In vielen Bereichen der Wirtschaft erfolgt erst langsam und schrittweise wieder eine Aufnahme der Geschäftstätigkeit. Ein rasches Erreichen der Umsätze des Vorkrisenniveaus und damit auch einer ausreichenden Liquidität ist aber in fast allen Bereichen der Wirtschaft nicht zu erwarten.
Deshalb sollen die zu Beginn der Covid-19-Pandemie auf Basis der allgemeinen Rechtslage von den Finanzämtern in der Regel bis bzw. die von den Zollämtern in der Regel bis gewährten Stundungen per Gesetz bis zum verlängert werden. Damit wird sowohl den Abgabepflichtigen eine neuerliche Antragstellung erspart, als auch den Finanzämtern eine neuerliche Bescheiderlassung. Die Wirkung der bereits erlassenen Stundungsbescheide wird - im Gleichklang der in § 733 Abs. 7 ASVG idF StenProt 10323 BlgBR enthaltenen Vorgangsweise in Bezug auf Sozialversicherungsbeiträge - bis ausgedehnt. Zusätzlich werden in die gesetzliche Stundung bis jene Abgaben miteinbezogen, die bis zum auf dem Abgabenkonto verbucht wurden. Damit ist sichergestellt, dass der gesamte zum Zeitpunkt des Auslaufens der ursprünglichen Stundungsbewilligung jeweils bestehende Rückstand in den gestundeten Betrag miteinbezogen ist. Im Falle zu leistender Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer wird die Vorauszahlung des letzten Quartals ebenfalls einbezogen. Sonstige laufende Abgaben, die nach dem hinzukommen, sind vom Abgabepflichtigen zu entrichten; allenfalls kann für diese Beträge ein weiteres Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht werden. Für die aufgrund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union von den Zollämtern zu erhebenden öffentlichen Abgaben kommt § 323c Abs. 11 bis 15 BAO nicht zur Anwendung. In diesem Bereich gelten die gemäß § 1 Abs. 1 BAO vorrangigen Regelungen des Art. 112 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (Zollkodex der Union - UZK), ABl. Nr. L 269 vom 10.20.2013 S.1 und des zu dessen Durchführung erlassenen § 119 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes - ZollR-DG, BGBl. Nr. 659/1994, in der geltenden Fassung.
Stundungen sind allerdings ihrem Zweck nach vorrangig als Maßnahmen zur kurzfristigen Überbrückung von wirtschaftlich angespannten Situationen gedacht. Längerfristige Stundungen stellen den Abgabepflichtigen nach deren Auslaufen unter Umständen vor erneute Liquiditätsprobleme. Eine langfristige Stundung eines größeren Abgabenbetrages erhöht demnach auch das Risiko, die Abgabenschuld nach deren Auslaufen nicht in voller Höhe entrichten zu können. Betriebswirtschaftlich sinnvoller wird in vielen Fällen ein geregelter Übergang zwischen der Stundung und der vollständigen Entrichtung der ausstehenden Steuerschuld sein, daher soll als Alternative zur bloßen Verlängerung der Stundung der Umstieg in eine begünstigte Form der Ratenzahlung vorgesehen werden.
Abs. 12, der eine lex specialis zu § 212 Abs. 1 darstellt, normiert daher, dass bis zum Ende des Stundungszeitraumes ein Antrag auf Ratenzahlung gestellt werden kann. Wird der Antrag fristgerecht eingebracht, besteht ein Anspruch auf Gewährung einer Ratenbewilligung. Wesentlich ist, dass eine begünstigte Ratenzahlung nach Abs. 12 nur einmal bewilligt werden kann. Ist nach erfolgter Bewilligung ein Terminverlust im Sinne des § 230 Abs. 5 eingetreten, kann keine weitere Ratenzahlung unter den Bedingungen des Abs. 12 gewährt werden. Um die individuellen Erfordernisse des jeweiligen Abgabepflichtigen bei der Bemessung der Ratenhöhe berücksichtigen zu können, wird bei der Ratenzahlung am Antragsprinzip festgehalten; dies ermöglicht auch die Festlegung einer unterschiedlichen Ratenhöhe. Sofern die gewährten Raten eingehalten werden und kein Terminverlust eintritt, besteht für den am Ende der Ratenvereinbarung verbleibenden Restbetrag (also die letzte Rate) zusätzlich ein gesetzlicher Anspruch auf eine weitere Ratenbewilligung für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten, wenn dessen sofortige Entrichtung mit erheblichen Härten verbunden wäre. Anträge auf Ratenzahlung gemäß Abs. 12 können ab dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bei der zuständigen Abgabenbehörde eingebracht werden.
§ 323c Abs 11a BAO idF des Abänderungsantrages zum 2. COVID-19-StMG regelt, dass bereits bestehende Stundungen bis zum verlängert werden. Zusätzlich werden all jene Abgaben, die bis zum fällig werden, in diese Stundungen mit einbezogen, indem sie von Gesetzes wegen den Zahlungstermin erhalten.
§ 323c Abs 11b BAO wurde im 1. COVID-19-StMG geschaffen, um Abgabepflichtigen, die bislang keine Stundung beantragt hatten, ab dem eine einfache Antragstellung zu ermöglichen. Wird daher nach dem bis längstens erstmals eine Stundung beantragt, so ist diese idF 2. COVID-19-StMG bis zum zu gewähren. Außerdem haben alle ab der Bewilligung dieser Stundung hinzukommenden Abgaben, die zwischen und fällig werden, ebenfalls den Zahlungstermin .
Mit BGBl I Nr. 228/2021 wurde in § 323c Abs. 4 BAO das Datum "" durch das Datum "" ersetzt.
Zum Beschwerdeeinwand, die nicht in den Ratenbescheid einbezogenen Abgaben wären gemäß § 323c Abs 11b zweiter Satz BAO erst ab zu entrichten:
Zunächst ist festzuhalten, dass mit Bescheid vom eine Zahlungserleichterung in Form von monatlichen Ratenzahlungen von € 7.500,00 bewilligt wurde und diese Raten von der ***Bf1*** bisher in Höhe EUR 7 500,00 fristgerecht entrichtet wurden.
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über die Bewilligung einer Zahlungserleichterung vom für den damals aktuellen Rückstand am Abgabenkonto von € 77.589,73 auch eine Belehrung enthalten hat, dass Terminverlust eintritt, wenn Abgaben nicht fristgerecht entrichtet werden, die nicht in die Zahlungserleichterung einbezogen sind.
Auszug angefochtener Bescheid Seite 2: Terminverlust
Im Falle eines Terminverlustes sind gemäß § 230 Abs. 5 der Bundesabgabenordnung (BAO) Einbringungsmaßnahmen zulässig.
Terminverlust tritt ein, wenn
- auch nur zu einem Ratentermin eine Zahlung in Höhe der festgesetzten Rate unterbleibt, oder
- nicht in die Zahlungserleichterung einbezogene Abgaben nicht fristgerecht entrichtet werden.
Diese Ausführungen sind im Übrigen auch dem Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom zu entnehmen. Die bescheidmäßig festgesetzte Rate von € 10.000,00 wurde zum Termin nicht entrichtet, erst am erfolgte eine einmalige Entrichtung der Rate von € 10.000,00.
Durch die Nichtentrichtung der nicht in die Zahlungserleichterung vom einbezogenen Abgaben ist Terminverlust eingetreten, wobei sich der Rückstand am Abgabenkonto bis zum auf € 138.702,89 (als Grundlage für den hier angefochtenen Pfändungsbescheid) verdoppelte. Als letzte Rate erfolgte eine Einzahlung am von € 7.500,00, womit sich für diesen Tag der offene Saldo von € 131.202,89 errechnet.
Als Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurden € 160.242,32 von der Einbringung ausgesetzt.
Generell regelt § 212 BAO die Gewährung von Zahlungserleichterungen und versteht darunter die Möglichkeit einer Stundung oder einer Ratenzahlung.
§ 323c Abs. 11, 11a und 11b BAO regeln ausschließlich die Stundung als Variante einer Zahlungserleichterung. Für Ratenzahlungen hat der Gesetzgeber ein eigenes COVID-19-Ratenzahlungsmodel normiert, somit genau unterschieden, unter welche Bestimmung welche Form der Zahlungserleichterung geregelt wird.
Sonstige laufende Abgaben, die nach dem hinzukommen, sind vom Abgabepflichtigen zu entrichten; allenfalls kann für diese Beträge ein weiteres Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht werden [ErlRV 287 BlgNR 27. GP, 11; Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 323c RZ 12].
Zusätzlich verschiebt - nur für Stundungen, nicht auch für Ratenzahlungen - der zweite Satz des § 323c Abs. 11a BAO die Zahlungsfrist für alle in der Zwischenzeit - somit im Zeitraum bis - fällig werdenden laufenden Abgaben auf den . Die gesetzliche Zahlungsfrist ist daher mit dem Ende des gewährten Stundungszeitraumes des ersten Satzes ident. Dadurch werden zusätzliche Stundungsanträge überflüssig (vgl AB 492 BlgNR 27. GP, 20). Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 323c RZ 13
§ 323c Abs 12 BAO normiert, dass bis zum Ende des Stundungszeitraumes ein Antrag auf Ratenzahlung gestellt werden kann. Wird der Antrag fristgerecht eingebracht, besteht ein Anspruch auf Gewährung einer Ratenbewilligung (ErlRV 287 BlgNR 27. GP, 11).
Eine begünstigte Ratenzahlung nach § 323c Abs 12 BAO kann nur einmal bewilligt werden (ErlRV 287 BlgNR 27. GP, 11).
Ist nach erfolgter Bewilligung ein Terminverlust iSd § 230 Abs 5 BAO eingetreten, kann keine weitere Ratenzahlung unter den Bedingungen des § 323c Abs 12 BAO gewährt werden (ErlRV 287 BlgNR 27. GP, 11).
Um die individuellen Erfordernisse des jeweiligen Abgabepflichtigen bei der Bemessung der Ratenhöhe berücksichtigen zu können, wird bei der Ratenzahlung am Antragsprinzip festgehalten; dies ermöglicht auch die Festlegung einer unterschiedlichen Ratenhöhe. Wesentlich ist jedoch, dass die Höhe der Raten in Bezug auf die wirtschaftliche Lage angemessen sein muss. Sofern die gewährten Raten eingehalten werden und kein Terminverlust eintritt, besteht für den am Ende der Ratenvereinbarung verbleibenden Restbetrag (also die letzte Rate) zusätzlich ein gesetzlicher Anspruch auf eine weitere Ratenbewilligung für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten, wenn dessen sofortige Entrichtung mit erheblichen Härten verbunden wäre [ErlRV 287 BlgNR 27. GP, 11; Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 323c RZ 16].
Ob sich aus dem zweiten Satz des § 323c Abs 11b BAO auch ergibt, dass solche Selbstbemessungsabgaben (ungeachtet wegen § 49 Abs 1 lit a FinStrG erfolgter Bekanntgaben ihrer Selbstberechnung) nicht vor dem vollstreckbar (iSd § 226) sind, hängt davon ab, ob dieser Satz generell die Entrichtungspflicht aller zwischen dem und dem fälligen Abgaben auf den verschiebt, wofür sein Wortlaut spricht (allerdings nicht sein Zweck, der für seine Geltung nur im Zusammenhang mit Stundungen iSd § 323c Abs 11b erster Satz spricht). Vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 323c RZ 18.
Bei sinngemäßer Auslegung kann daher die Verschiebung der Entrichtungspflicht nur für von Stundungen umfassten Abgaben gemeint sein.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen wären somit die nicht in die Zahlungserleichterung einbezogenen Abgaben jeweils fristgerecht zu entrichten gewesen. Da diese Folge des Bescheides über die Bewilligung der Zahlungserleichterung vom nicht beachtet wurde, ist Terminverlust eingetreten. Da der Beschwerdegrund nicht zutrifft, bleibt der Beschwerde auch der Erfolg versagt.
Weitere Beschwerdegründe wurden nicht geltend gemacht.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da die gesetzliche Regelung eindeutig ist, liegt eine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 323c Abs. 11b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103279.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at