1. Durchführung einer Europäischen Ermittlungsanordnung; 2. Beschlagnahme von Buchhaltungsunterlagen, die als Aufbewahrungsort der gesuchten Beweismittel in Frage kommen, wobei infolge gedrängter Zeit eine Sichtung im Detail noch vor Ort unterblieben ist; 3. keine Unverhältnismäßigkeit
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Miterledigte GZ: |
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RV/2300013/2020 |
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/2300007/2019-RS1 | Es liegt in der Natur von Hausdurchsuchungen, dass das konkrete Aussehen bzw. die konkrete Beschaffenheit der Beweismittel, auf deren Suche die Hausdurchsuchung abzielt, oft nicht bekannt ist, weshalb man auch eine funktionsbezogene Umschreibung nach allgemeinen Kriterien vornehmen darf (vgl. bereits , 0156; ; ; ). Die Entscheidung, welche der aufgefundenen Gegenstände dann tatsächlich als Beweismittel in Betracht kommen, fällt solcherart – möglichst zeitnah – im Verlauf der Amtshandlungen der einschreitenden Behördenorgane. |
RV/2300007/2019-RS2 | 1. Werden Örtlichkeiten durchsucht, welche lediglich einem – aus der Sicht des potenziellen Beschwerdeführers – fremden Hausrecht unterliegen, besteht für eine solche dritte Person, welche nicht in ihrem Hausrecht verletzt ist, keine Berechtigung, sich gegen die diesbezügliche Anordnung oder Durchführung derselben gemäß § 93 Abs. 7 FinStrG zu beschweren (in diesem Sinne auch die zitierte Entscheidung des ). Allenfalls käme bei der Durchführung der Hausdurchsuchung noch eine allgemeine Maßnahmenbeschwerde nach § 152 Abs. 1 FinStrG durch denjenigen in Betracht, der behauptet, durch die Ausübung einer unmittelbaren finanzstrafbehördlichen Befehls- und / oder Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden zu sein.
2. Einzuschränken ist dieser Ausschluss einer Beschwerde nach § 93 Abs. 7 FinStrG in Übernahme der Judikatur des VfGH () dahingehend, dass aus dem Rechtsstaatsprinzip sowie aus Art. 6 und Art. 13 EMRK Beschuldigten in ihrem Finanzstrafverfahren ein Beschwerderecht gegen die Durchführung einer Durchsuchung auch bei fehlendem eigenen Hausrecht einzuräumen ist:
Besteht etwa vergleichsweise für eine Person, welcher ein Beschlagnahmebescheid nicht zugestellt wurde, die Möglichkeit, durch den Bescheid in ihrer Rechtssphäre verletzt zu sein, ist diese Person grundsätzlich beschwerdeberechtigt (vgl zB VfGH VfSlg 9107/1981).
Wem Beschuldigtenstellung in einem gegen ihn geführten Finanzstrafverfahren zukommt, der ist potentiell Betroffener eines in seiner Finanzstrafsache rechtswirksam erlassenen Beschlagnahmebescheides.
Gleiches muss auch gelten für den Fall, dass sich die Durchführung einer Beschlagnahme nicht aus einem eigenen Beschlagnahmebescheid, sondern aus der Anordnung einer Hausdurchsuchung ergibt. |
RV/2300007/2019-RS3 | 1. Gemäß § 94 Abs. 1 FinStrG sind Hausdurchsuchungen mit möglichster Schonung unter Vermeidung unnötigen Aufsehens und jeder nicht unumgänglichen Belästigung oder Störung der Betroffenen vorzunehmen. Auch ist gemäß § 94 Abs. 2 FinStrG dem Betroffenen vor Beginn der Durchsuchung Gelegenheit zu geben, das Gesuchte herauszugeben oder sonst die Gründe für die Durchsuchung zu beseitigen. Hievon kann abgesehen werden, wenn Gefahr im Verzug ist.
2. Diese Möglichkeit für einen Betroffenen, die Ausübung behördlichen Zwangs abzuwenden, steht im Spannungsfeld zum behördlichen Auftrag, die nur grob zu umschreibenden gesuchten Beweismittel beizuschaffen und dabei sicherzustellen, dass die am zu durchsuchenden Ort vorhandenen Beweismittel auch tatsächlich in behördliche Verfügungsmacht gelangen. Damit dies auch wirklich gesichert ist, verbleibt vor Ort die zumal im Zweifelsfall gefragte faktische Deutungshoheit, was als gesuchtes Beweismittel nach den Vorgaben des Spruchsenatsvorsitzenden zu qualifizieren ist, notwendigerweise bei den einschreitenden Behördenorganen und nicht beim Betroffenen oder dessen Erfüllungsgehilfen.
3. Soweit eine Eingrenzung der Relevanz eines bei einer Hausdurchsuchung angetroffenen umfangreichen Datenmaterials auf seine Eignung als mögliches Beweismittel am Durchsuchungsort nicht oder nicht mit der gebotenen Gründlichkeit vorgenommen werden kann, weil der dafür erforderliche Aufwand den Geschäftsbetrieb des betroffenen Unternehmens über Gebühr belasten oder die verfügbaren Ressourcen der Behörde überschreiten würde, und die sich solcherart ergebende faktische Einschränkung der Sichtung den Erfolg der Amtshandlung gefährden würde, hat zwar am Durchsuchungsort eine vorläufige grobe Sichtung im Rahmen der Möglichkeiten stattzufinden, das dann aber noch als in Frage kommend verbleibende Material ist sicherzustellen und erst nachträglich nach Abschluss der Amtshandlung auf geeignete Weise, außerhalb der Sphäre der Betroffenen, in der Regel in den Amtsräumlichkeiten der Behörde im Detail zu sichten (vgl. bereits RV/6300020/2011, dort zur Sichtung von elektronisch gespeichertem Datenmaterial).
4. Eine freiwillige Herausgabe zur Abwehr einer Durchsuchung oder Beschlagnahme nach § 94 Abs. 2 FinStrG muss sich notwendigerweise nicht nur auf das letztendlich nach einer vollständigen Sichtung als verbleibend relevant zu erkennende Beweismaterial, sondern bereits auf diejenigen Gegenstände insgesamt beziehen, welche von der Finanzstrafbehörde vorerst in ihrer Gesamtheit sichergestellt werden müssen und erst nachträglich im Detail gesichtet werden können, weil andernfalls das letztlich als verbleibend relevant zu erkennende Beweismaterial ohne eine vorherige behördliche Zwangsmaßnahme nicht gefunden werden kann. |
Entscheidungstext
Weitere GZ. RV/2300013/2020
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Richard Tannert in der Finanzstrafsache gegen A, geb. xxxxa, ehem. Geschäftsführer, whft. XXXA, wegen des Verdachtes der Hinterziehung deutscher Umsatzsteuer gemäß § 370 Abs. 1 zweite Variante deutsche Abgabenordnung (dAO), Finanzamt Passau, AZyyy, über die Beschwerden des A und der B-GmbH, FNbbb, XXXB, beide vertreten durch Mag. Franz Doppelhofer, Rechtsanwalt, Mitterstraße 177, A-8055 Graz-Seiersberg, vom gegen die am erfolgte Durchführung einer aufgrund einer Europäischen Ermittlungsanordnung des Finanzamtes Passau vom durch den Vorsitzenden des Spruchsenates IV beim Finanzamt Graz-Stadt als Organ des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg als Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolger: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde) gemäß § 8d FinStrZG angeordneten Durchsuchung der Räumlichkeiten der B-GmbH an der Anschrift XXXB, nach in Anwesenheit des Verfahrensvertreters Mag. Franz Doppelhofer, des Geschäftsführers der B-GmbH, C, und der Amtsbeauftragten Mag.a Anna Winklmaier, sowie im Beisein der Schriftführerin Kerstin Schinagl durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
A. Mit Beschluss vom , AZAG_Passau_1, hat das Amtsgericht Passau im deutschen Steuerstrafverfahren gegen A, geb. xxxxa, whft. XXXA, wegen des Verdachtes der Hinterziehung deutscher Umsatzsteuer gemäß § 370 Abs. 1 zweite Variante deutsche Abgabenordnung, die Durchsuchung u.a. der Geschäftsräume der Kanzlei der D-RÄ-GmbH nach damit im Zusammenhang stehenden Beweismitteln und gegebenenfalls mangels freiwilliger Herausgabe deren Beschlagnahme angeordnet, wobei gesucht werden sollte nach Buchführungs- und Geschäftsunterlagen der E-GmbH (ehemals F-GmbH), FNeee, des Jahres 2016, soweit sie die in Deutschland umsatzsteuerbaren Geschäftsvorfälle betreffen, insbesondere die in Deutschland umsatzsteuerpflichtigen Verkaufserlöse und zum Vorsteuerabzug berechtigenden Einkaufsgeschäfte, die Geschäftsvorfälle, die in Deutschland als umsatzsteuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe zu behandeln sind, die dazu gehörenden Eingangs- und Ausgangsrechnungen, die dazu gehörenden Bankbelege, Lieferscheine und Frachtpapiere, nebst dazu gehörenden Frachtrechnungen, Lagerbestandsbücher, soweit sie in Deutschland ein- und ausgelagerte Waren betreffen, Abschlussunterlagen und Notizen, soweit sie im Zusammenhang mit der Erstellung der deutschen Umsatzsteuerjahreserklärung 2016 der E-GmbH (F-GmbH) stehen, sonstige Aufzeichnungen, elektronische Textnachrichten oder schriftliche Erklärungen, die Auskunft geben könnten über die firmeninterne Aufdeckung, Erfassung und weitere Behandlung von in den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen 2016 nicht erfassten Erlösen und Erwerben der E-GmbH (F-GmbH), welche in der Umsatzsteuerjahreserklärung nacherfasst wurden, auch soweit diese als elektronisch oder digital gespeicherte Daten vorlagen.
Begründend wurde ausgeführt, dass A verdächtig sei, zu Gunsten der E-GmbH (F-GmbH) eine Hinterziehung von Umsatzsteuer für das Jahr 2016 begangen zu haben, deren Geschäftsführer er bis zum gewesen ist. Die genannte GmbH sei außerdem in Deutschland als ausländisches Unternehmen unter der Steuernummer eeeee zur Umsatzsteuer erfasst. Am sei über das Unternehmen beim Landesgericht Graz ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet worden, wobei als Masseverwalter Dr.G, Rechtsanwalt, von der Kanzlei D-RÄ-GmbH, XXXD, eingesetzt worden sei. Zum sei die Schließung des Unternehmens angeordnet worden; zum sei das Sanierungsverfahren abgebrochen und das Verfahren auf ein Konkursverfahren abgeändert worden.
In Zusammenhang mit der F-GmbH und mehreren Schwestergesellschaften, welche teils in Deutschland, teils in Österreich ihren Sitz haben bzw. hatten, seien bereits seit dem bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle Passau unter der AZyyy Ermittlungen wegen des Verdachtes der Umsatzsteuerhinterziehung betreffend 2010 bis 2015 geführt worden. Es bestehe der Verdacht, dass A den von ihm beherrschten Gesellschaften durch die Erstellung von Scheinrechnungen in unlauterer Weise finanzielle Vorteile und einen unberechtigten Vorsteuerabzug verschafft habe. Bezüglich der F-GmbH sei im Verlauf der Ermittlungen Folgendes festgestellt worden:
A sei als Geschäftsführer dieser GmbH im Zeitraum 2016 verpflichtet gewesen, für diese monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen gemäß § 18 Abs. 1 und 2 deutsches Umsatzsteuergesetz (dUStG) abzugeben. Zusätzlich hatte er für diese eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2016 abzugeben, in welcher die Umsätze und alle sonstigen relevanten Besteuerungsgrundlagen nochmals zu erklären waren. Die Umsatzsteuer war dabei gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 dUStG nach vereinbarten Entgelten zu berechnen.
Der Beschuldigte sei diesen Verpflichtungen grundsätzlich pünktlich nachgekommen. Es sei jedoch festgestellt worden, dass erhebliche Differenzen zwischen der Summe der vorangemeldeten Umsatzsteuer und der Umsatzsteuer laut Jahreserklärung bestehen. Die Summe des in Deutschland steuerpflichtigen Umsatzes aus den Voranmeldung betrage € 1,058.216,00, während in der Jahreserklärung 2016 ein Betrag von € 2,936.303,00 erklärt worden sei. Die Summe der in Deutschland steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerbe aus den Voranmeldungen betrage € 1,539.021,00, während in der Jahreserklärung 2016 hierfür ein Betrag von € 2,399.189,00 erklärt worden sei. In den zusammenfassenden Meldungen sei hier ein Betrag von € 1,971.781,00 angegeben worden. Geringfügige Differenzen ergäben sich bei der abziehbaren Vorsteuer. In der Summe ergebe sich aus den Voranmeldungen einschließlich der Sondervorauszahlung ein Umsatzsteuervorauszahlungssoll 2016 in Höhe von € 118.649,69. Aus der am eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung ergebe sich eine Jahresumsatzsteuer in Höhe von € 469.518,33 und eine Nachzahlung in Höhe von € 350.868,64. Diese nicht beglichene Nachzahlung resultiere nach dem derzeitigen Stand aus einer nicht zeitgerechten, nachträglichen Erfassung von Erlösen von mehr als € 1,8 Millionen.
Gemäß § 370 Abs. 4 dAO seien Steuern auch dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Eine strafbefreiende Selbstanzeige durch die Abgabe der Jahreserklärung liege allein schon deswegen nicht vor, da die fällige Steuer nicht bezahlt worden sei (§ 371 Abs. 3 dAO). Darüber hinaus überschreite der Betrag der verkürzten Steuer den [hierfür relevanten] Betrag von € 25.000,00 (§ 370 Abs. 2 Nr. 3 dAO).
Dr.G sei der Masseverwalter der E-GmbH. Es sei daher davon auszugehen, dass sich die gesuchten Geschäftsunterlagen, welche als Beweismittel im Steuerverfahren gegen den Beschuldigten von Bedeutung sein könnten, in seinem Gewahrsam befinden. [Aus dem Ausgeführten] sei auch zu schließen, dass sich die gesuchten Sachen in den zu durchsuchenden Räumen der D-RÄ-GmbH befänden.
Die Maßnahmen stünden im angemessenen Verhältnis zur Schwere der Straftat sowie des Verdachtes (Kopie Beschlussausfertigung, Ermittlungsakt Bl. 8 ff).
B. Dieser Beschluss des Amtsgerichtes Passau laut Pkt. A wurde vom Finanzamt Passau, Bußgeld- und Strafsachenstelle mit einer an die Staatsanwaltschaft Graz gesandten Europäischen Ermittlungsanordnung (EEA) vom umgesetzt, welche von dort zuständigkeitshalber am an das Finanzamt Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg als Finanzstrafbehörde weitergeleitet wurde (Eingangsstempel ; Kopie EEA, Ermittlungsakt Bl. 1 ff).
C. In Entsprechung der EEA ordnete mit Verfügung vom der Vorsitzende des Spruchsenates IV beim Finanzamt Graz-Stadt als Organ des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg als Finanzstrafbehörde gemäß § 8d Abs. 1 Finanzstrafzusammenarbeitsgesetz (FinStrZG) die Durchsuchung der Räumlichkeiten der Kanzlei der D-RÄ-GmbH "als Insolvenzverwalter der E-GmbH" an der Anschrift XXXD, nach den vom Amtsgericht Passau beschriebenen Beweismitteln an (Kopie Anordnung, Ermittlungsakt Bl. 14 ff).
D. Auftragsgemäß haben am morgens Beamte der Steuerfahndung, Team Fahndung Graz, die Kanzlei der D-RÄ-GmbH aufgesucht und haben dort Dr.G, den tatsächlichen Masseverwalter der E-GmbH, und Mag.H, den stellvertretenden Masseverwalter, vorgefunden. Dabei hat Dr.G gegenüber den Fahndungsorganen die Erklärung abgegeben, dass die gesuchten Unterlagen freiwillig zur Verfügung gestellt werden. Die Unterlagen befänden sich aber noch am ehemaligen Betriebssitz der E-GmbH an der Anschrift XXXB; Mag.H werde die Fahndungsorgane an diesen Ort begleiten und den Zugang zu den angeforderten Unterlagen ermöglichen (Kopie Niederschrift mit Dr.G vom , Beginn 08:45 Uhr, Ermittlungsakt Bl. 17). An der in weiterer Folge gemeinsam aufgesuchten Anschrift befanden sich die Geschäftsräumlichkeiten der B-GmbH, FNbbb, welche die gesuchten Unterlagen in ihrer Gewahrsame hatte. Die Beamten trafen auf C, Geschäftsführer der B-GmbH, welche die Interessen der Verwahrerin wahrgenommen hat und sich fernmündlich von Rechtsanwalt Mag. Franz Doppelhofer beraten hat lassen.
Vorerst hat C einer freiwilligen Herausgabe zugestimmt, wenn über die sichergestellten Unterlagen Kopien angefertigt werden würden. In weiterer Folge wurde von C aber einerseits erklärt, dass die B-GmbH die gesuchten Unterlagen freiwillig herausgeben werde, andererseits aber eine gesichterte rechtliche Basis der Amtshandlung, nämlich eine Anordnung der Hausdurchsuchung, ausgestellt auf die tatsächliche Lageradresse der Unterlagen, gefordert. Es wurde daher von der Steuerfahndung zugewartet und versucht, kurzfristig Kontakt mit dem Amtsgericht Passau aufzunehmen (Stellungnahme der Steuerfahndung vom , Ermittlungsakt Bl. 35 f; Vorbringen des Verfahrensvertreters der Beschwerdeführer).
E. Tatsächlich konnte dieser Kontakt mit dem Amtsgericht Passau hergestellt werden und wurde diesem über die aktuelle Verfahrenslage berichtet, woraufhin das Amtsgericht einen weiteren Beschluss auf Anordnung der Durchsuchung der Räumlichkeiten an der Anschrift XXXB nach den beschriebenen Beweismitteln gefasst hat. Begründend wurde ergänzend ausgeführt, dass aufgrund am durchgeführter strafprozessualer Maßnahmen bekanntgeworden sei, dass die Firmenunterlagen der E-GmbH (ehemals F-GmbH) an der Adresse XXXB, eingelagert seien. Inhaber der Räume sei die B-GmbH mit Sitz an dieser Anschrift. Der Beschluss konnte den Fahndungsbeamten um 13:39 Uhr übermittelt werden, wovon C um 14:16 Uhr eine Kopie übergeben wurde (Ablichtung Beschluss Amtsgericht Passau vom , samt Faxzeile und Übernahmebestätigung, Ermittlungsakt Bl. 21 f).
F. Um 14:04 Uhr ordnete der zuständige Vorsitzende des Spruchsenates IV beim Finanzamt Graz-Stadt als Organ des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg als Finanzstrafbehörde gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG iVm § 8d Abs. 1 FinStrZG gegenüber den wartenden Fahndungsorganen fernmündlich (weil die Übermittlung der schriftlichen Ausfertigung der Durchsuchungsanordnung wegen des dafür erforderlichen Zeitaufwandes nicht mehr abgewartet werden sollte) die Durchsuchung der Räumlichkeiten der B-GmbH nach den beschriebenen Beweismitteln an (Stellungnahme der Steuerfahndung vom , Ermittlungsakt Bl. 36; Niederschrift vom mit C, Ermittlungsakt, Bl. 23). Die erforderliche schriftliche Ausfertigung der Durchsuchungsanordnung wurde C am nächsten Tage ausgefolgt Ermittlungsakt Bl. 19 ff).
G. Eben nun am , um 14:15 Uhr, gab C nach Bekanntgabe der mündlichen Anordnung des Spruchsenatsvorsitzenden (Pkt. F), Ausfolgung einer schriftlichen Rechtsbelehrung und Übermittlung einer Kopie des neuerlichen Beschlusses des Amtsgerichtes Passau (Pkt. E) und nach Aufforderung, nunmehr die gesuchten Beweismittel freiwillig herauszugeben, an, er verzichte auf die Beiziehung einer Vertrauensperson, er habe sich mit seinem Rechtsanwalt telefonisch beraten. Die gesuchten Unterlagen würden freiwillig zur Verfügung gestellt. Die gesuchten und im Beschluss des Amtsgerichtes Passau geforderten Unterlagen befänden sich in einem eigenen Archivraum und stelle er [diesen] hiermit zur Verfügung (Niederschrift vom mit C, Beginn 14:15 Uhr, Ermittlungsakt, Bl. 23).
H. Nach nunmehrigem Gewähren des Zutrittes zum Archivraum waren die Fahndungsorgane vorerst der Meinung, dass es möglich wäre, die gesuchten Unterlagen lediglich zu kopieren, um sie vor Ort belassen zu können. Im Zuge des Kopiervorganges stellte sich für diese jedoch rasch die - aus ihrer Sicht gegebene - Unmöglichkeit der konkreten Sichtung sämtlicher im Archiv aufgefundener Ordner im Detail nach den von der Durchsuchungsanordnung betroffenen Unterlagen heraus, weshalb nach fernmündlicher Rücksprache mit dem Spruchsenatsvorsitzenden eine Beschlagnahme der im Archiv vorgefundenen und möglicherweise gesuchte Beweismittel enthaltenden Buchhaltungsordner der E-GmbH (insgesamt 91 Stück) ausgesprochen wurde (Äußerung der Amtsbeauftragten vom ).
Die nunmehrige Durchsuchung des Archivraums, in welchem die Unterlagen der F-GmbH bzw. der E-GmbH gelagert waren und die Sicherstellung der 91 Ordner an in Frage kommenden Buchhaltungsunterlagen, aus welchen dann in weiterer Folge bei der Behörde die gesuchten Beweismittel auszusortieren waren, erfolgte in der Zeit von 14:30 bis 15:40 Uhr, wobei die Beschlagnahme in einem detaillierten Verzeichnis beschrieben wurde (Niederschrift gemäß § 93 Abs. 6 FinStrG iVm iVm § 8d Abs. 1 FinStrZG vom mit C, Ermittlungsakt Bl. 24 ff).
In der über die Beschlagnahme aufgenommenen Niederschrift bestätigte C auch ausdrücklich, dass die Durchsuchung mit möglichster Schonung unter Vermeidung unnötigen Aufsehens und jeder nicht unumgänglichen Belastung und Störung des Betroffenen vorgenommen worden sei und keinerlei Sachschaden verursacht worden wäre (Niederschrift gemäß § 93 Abs. 6 FinStrG iVm iVm § 8d Abs. 1 FinStrZG vom , Ermittlungsakt Bl. 24 verso).
Die insgesamt sichergestellten Ordner hatten die Farbe grün, rot, blau und schwarz, deren Inhalt war überblicksartig beschrieben mit "Orginalrechnungen lt. Kontenblätter", "2016 Kundenlieferscheine 16004700-16004853", "2016 Kundenlieferscheine" [fortlaufende Nummern 1 bis 45], "2016 Kundenlieferscheine 16000000-16000200", "2016 Kundenlieferscheine 0201-0400", "2017 Kundenlieferscheine 17000100-17000234", "2017 Kundenlieferscheine 17000000-17000099", "Ausgangsrechnungen 1", "Ausgangsrechnungen 20160001", "Ausgangsrechnungen 16000001-16000369", "Ausgangsrechnungen 1600370-1600699", "Ausgangsrechnungen 16000700-16000990", "Ausgangsrechnungen 16000991-16001270", "Ausgangsrechnungen 16001271-16001640", "Ausgangsrechnungen 16001641-16002055", "Ausgangsrechnungen 16002056-16002410", "Ausgangsrechnungen "16002411-16002855", "Ausgangsrechnungen "16002856-16003300", "Ausgangsrechnungen "16003301-16003670", "Ausgangsrechnungen 16003671", "diverse Ausgangsrechnungen MR 2016 BA 2016", "Ausgangsrechnungen 17000001", "2017 ER 1, bezahlt A-D", "2017 ER 2, bezahlt E-J", "2017 ER 3, bezahlt K-Q", "2017 ER 4, bezahlt R-Z", "2017 ER 5a, bezahlt Transport", "2017 ER 5b, bezahlt Transport", "2017 ER 6, bezahlt Arges_L", "2017 ER 7, bezahlt verbundene Unternehmen", "2017 Warenzugang Lieferscheine Inland", "2017 Warenzugang Lieferscheine Ausland", 2016 ER 2, bezahlt E-M", "2016 ER 1, bezahlt A-D", "2016 ER 3, bezahlt N-Z", "2016 ER 4a, bezahlt Transport", "2016 ER 4b, bezahlt Transport", "2016 ER 5, bezahlt K", "2016 ER 6, bezahlt Arges_L", "2016 ER 7, bezahlt verbundene Unternehmen", "2016 Warenzugang Lieferscheine Inland", "2016 Warenzugang Lieferscheine Inland K", "2016 Warenzugang Lieferscheine Ausland intern", "2016 Warenzugang Lieferscheine Ausland intern 4", "2016 Warenzugang Lieferscheine Ausland intern 5", "2016 Warenzugang Lieferscheine Ausland intern 6" und "2016 Warenzugang Lieferscheine Ausland intern 7" (Beilage zur Niederschrift gemäß § 93 Abs. 6 FinStrG iVm iVm § 8d Abs. 1 FinStrZG vom mit C, Ermittlungsakt Bl. 24 ff).
Die 91 Ordner samt den teilweise bereits angefertigten Belegkopien wurden in die Büroräumlichkeiten der Steuerfahndung in Graz verbracht (Amtsbeauftragte am ).
I. Die nachträgliche genaue Sichtung der sichergestellten 91 Ordner der E-GmbH in den nächsten Tagen erbrachte das Ergebnis, dass lediglich der Inhalt zweier Ordner als Beweismittel in Betracht gekommen ist, nämlich der Ordner Grün, laufende Nr. 1, "Originalrechnungen lt. Kontenblätter", und der Ordner schwarz, laufende Nr. 87, "2016 Warenzugang Lieferscheine Ausland intern". Diese Ordner wurden daher an die Steuerfahndung Landshut, Deutschland, übermittelt (Schreiben an das Finanzamt Passau, Bußgeld- und Strafsachenstelle, vom , Ermittlungsakt Bl. 28 f).
J. Bezüglich der restlichen 89 in Österreich verbliebenen Ordner und die von den Unterlagen der beiden nach Deutschland übersandten Ordnern angefertigten Kopien ist es der österreichischen Steuerfahndung bis dato noch nicht gelungen, diese wieder an einen Verfügungsberechtigten zurückzustellen: Laut Wahrnehmung der österreichischen Steuerfahndung hätten in Anbetracht der von den Beamten im Zuge ihrer Amtshandlung vor Ort wahrgenommenen Auffassungsunterschiede über die Besitzverhältnisse an den archivierten Unterlagen Unsicherheit darüber bestanden, an wen diese Unterlagen auszufolgen wären. Laut Mitteilung des Mag.H im Sommer 2019 wäre die Verfügungsberechtigung über die beschlagnahmten Unterlagen nicht geklärt gewesen (Stellungnahme zum Verbleib der beschlagnahmten Unterlagen vom ).
Tatsächlich aber hat es bis dato keinerlei Anfragen zu den beschlagnahmten Unterlagen bei der österreichischen Finanzstrafbehörde bzw. bei der Steuerfahndung in Graz gegeben, auch nicht insbesondere von den einschreitenden Beschwerdeführern (genannte Stellungnahme; eigene Äußerung des Verfahrensvertreters in der mündlichen Verhandlung).
K. Mit Eingabe vom haben der Beschuldigte A und die B-GmbH gegen die Durchführung der Hausdurchsuchung an der Anschrift XXXB, am Beschwerde erhoben und beantragt, dass diese nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung für rechtswidrig erklärt werde.
Begründend wurde ausgeführt:
1. Verstoß gegen § 94 Abs. 2 FinStrG
Gemäß § 94 Abs. 2 FinStrG sei dem Betroffenen vor Beginn der Durchsuchung Gelegenheit zu geben, das Gesuchte herauszugeben oder sonst die Gründe für die Durchsuchung zu beseitigen.
C als Geschäftsführer der B-GmbH habe am die gesuchten Unterlagen freiwillig zur Verfügung gestellt, siehe Niederschrift vom , Beginn 14:15 Uhr. In seiner Anwesenheit hätten Mitarbeiter der Steuerfahndung damit begonnen, die relevanten Unterlagen zu sichten und sei die Hausdurchsuchung zu deren Beginn einvernehmlich in der Form durchgeführt worden, dass der Steuerfahndung die in der Anordnung genannten Belege im Original ausgefolgt worden wären. Der B-GmbH wäre gestattet worden, davon Kopien anzufertigen. Dies wäre bzw. sei insbesondere deshalb notwendig gewesen, da es im Rahmen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E-GmbH anhängige Gerichtsverfahren gebe, in welchen diese Unterlagen benötigt würden. Die selbstverständlich auf Kosten der B-GmbH durchgeführten Kopierarbeiten wären gerade im Gange gewesen, als ohne ersichtlichen Grund ein Abbruch der Kopiertätigkeit und die Mitnahme von Unterlagen angeordnet wurde. Die gerade in Gang befindliche freiwillige Herausgabe der von der Anordnung erfassten Unterlagen sei zwangsweise abgebrochen worden, es seien im Wesentlichen willkürlich die im Archiv gelagerten Ordner eingepackt und mitgenommen worden. Diese Vorgangsweise verstoße gegen die in § 94 Abs. 1 FinStrG normierte Grundregel, dass Hausdurchsuchungen mit möglichster Schonung und nur mit jeder nicht unumgänglichen Belästigung oder Störung der Betroffenen vorzunehmen sind. Der Geschäftsführer der B-GmbH als von der Hausdurchsuchung Betroffener habe vor Beginn der Untersuchung der Herausgabe der Unterlagen zugesagt. Während der Umsetzung dieser Zusage sei der Vorgang plötzlich willkürlich abgebrochen worden, man habe eine Beschlagnahme von Aktenordnern durchgeführt, die nicht notwendig gewesen wäre. Gefahr im Verzug sei nicht vorgelegen. Die Mitnahme der Ordner wäre auch in keiner Weise, insbesondere mit Gefahr im Verzug, begründet worden. Die Durchführung der Hausdurchsuchung in der geschilderten Form wäre daher rechtswidrig gewesen.
2. Überschießende Beschlagnahme
Anlässlich der Hausdurchsuchung hätten lediglich die oben angeführten, in der Anordnung vom konkret genannten Beweismittel beschlagnahmt werden sollen. Von der Steuerfahndung seien allerdings nicht nur Unterlagen beschlagnahmt worden, die in Deutschland umsatzsteuerbare Geschäftsvorfälle betreffen bzw. damit in Zusammenhang stehen. Es seien vielmehr aus dem Archiv der B-GmbH im Erdgeschoß des Gebäudes in XXXB, insgesamt 91 Ordner beschlagnahmt worden, die sämtliche Geschäftsvorfälle im Jahr 2016 und teilweise auch 2017 betreffen. Es seien also auch Unterlagen beschlagnahmt worden, die von der Anordnung der Hausdurchsuchung nicht umfasst gewesen seien. Das mache die Hausdurchsuchung rechtswidrig.
L. Von Seite der belangten Finanzstrafbehörde wurde anlässlich der Beschwerdevorlage angemerkt, dass gemäß § 93 Abs. 7 FinStrG derjenige sei, der durch die Durchsuchung in seinem Hausrecht betroffen sei bzw. in dessen zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung ausgeübten Gewahrsame von beschlagnahmten Gegenständen eingegriffen werde (vgl. ). Beschwerdeberechtigt sei somit lediglich der Inhaber des durchsuchten Archivraumes., weshalb beantragt werde, die Beschwerde des A mangels Aktivlegitimation als unzulässig zurückzuweisen. […]
Hinsichtlich der behaupteten überschießenden Beschlagnahme sei anzumerken, dass sämtliche letztlich vom Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin freiwillig bereitgestellten Unterlagen der Firma E-GmbH seitens der einschreitenden Beamten als Beweismittel identifiziert worden seien. In Anbetracht der gedrängten Zeit und der gebotenen möglichst geringen Störung des Geschäftsbetriebes der B-GmbH habe die Auswertung und gegebenenfalls Aussonderung nicht relevanter Unterlagen nicht bereits vor Ort mit ausreichender Gründlichkeit vorgenommen werden können, sodass diese durch das einschreitende Fahndungsteam zu sichern und erst in weiterer Folge auszuwerten waren (vgl. hierzu auch wiederum ). Daher werde beantragt, die Beschwerde der B-GmbH als unbegründet abzuweisen (Beschwerdevorlage an das ).
M. Am hat in der gegenständlichen Beschwerdesache eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des C als Vertreter der B-GmbH, des von den Beschwerdeführern beigezogenen Verfahrensvertreters Mag. Franz Doppelhofer und der Amtsbeauftragten stattgefunden; der ebenfalls geladene A ist der Verhandlung ferngeblieben (Verhandlungsprotokoll).
Der Verfahrensvertreter der beiden Beschwerdeführer hat dabei auf sein schriftliches Vorbringen verwiesen und ergänzend ausgeführt wie folgt:
Aus der Sicht seiner Mandantschaften wäre die mit der EEA angeordnete Durchsuchung nach Beweismitteln im Zusammenhang mit dem gegenüber A erhobenen Verdacht nicht erforderlich gewesen und solcherart unverhältnismäßig, weil dieser Verdacht einer Verkürzung von Umsatzsteuer daraus resultiert, dass die monatlich in den Voranmeldungszeiträumen angefallene Umsatzsteuer nicht zur Gänze bereits in entsprechenden Voranmeldungen offen gelegt worden war, sondern erst mittels einer eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung bekannt gegeben wurde. So gesehen sei die Summe der Verkürzungen bereits festgestanden und hätte man die gesuchten und sichergestellten Beweismittel gar nicht mehr benötigt.
Die tatsächliche Beschlagnahme der gesuchten Unterlagen sei im Rahmen der Durchführung der EEA deswegen unverhältnismäßig gewesen, weil der Masseverwalter Dr.G und sein Vertreter Mag.H einer freiwilligen Herausgabe der gesuchten Unterlagen zugestimmt haben, wobei Mag.H in XXXB vor Ort gewesen ist und die Erklärung des Dr.G auf freiwillige Herausgabe niemals zurückgezogen hat. Das Gleiche gelte auch für C, Geschäftsführer der B-GmbH, welche wiederum die Inhaberin der Räumlichkeiten war und ist, in der sich die beschlagnahmten Unterlagen befunden haben.
Die B-GmbH habe zwei Mitarbeiterinnen abgestellt, die auf Geheiß des Geschäftsführers die anwesenden Beamten unterstützt haben, indem sie den tatsächlichen Kopiervorgang inklusive dem Holen der Ordner und dem Kopieren der relevanten Unterlagen und dem ordnungsgemäßen Rückstellen der Unterlagen und Ordner von diesen vorgenommen haben. Genutzt wurde sogar ein Kopierer der B-GmbH, auch dieser wurde zur Verfügung gestellt.
Die Unterbrechung der freiwilligen Herausgabe der Unterlagen nach Anfertigung von Kopien habe ausschließlich wegen fortgeschrittener Zeit stattgefunden und weil es die erhebenden Beamten für subjektiv einfacher gehalten hätten, die Ordner mit in die Dienststelle zu nehmen. Es habe keinerlei Hinweise darauf gegeben, dass die Umsetzung der EEA durch eine Fortsetzung des Kopiervorgangs in XXXB am nächsten Tag verunmöglicht oder auch nur erschwert worden wäre. Die Mitarbeiter der B-GmbH seien angewiesen gewesen, den erhebenden Beamten so lange zur Verfügung zu stehen, wie sie benötigt werden. Dies erforderlichenfalls auch am und an Folgetagen und auch, wenn Überstunden hätten gemacht werden müssen. […]
Es sei auch sein Informationstand, dass die Beschwerdeführer in weiterer Folge nicht an die Steuerfahndung herangetreten sind, damit die beschlagnahmten Ordner zurückgestellt werden sollen. […]
Der Geschäftsführer der B-GmbH, C, führte aus:
Er bestätige das Vorbringen des Verfahrensvertreters. Die B-GmbH habe an der bewussten Anschrift ein großes Betriebsgebäude mit über 3.000 m² Gefahrengutlager und diverse Betriebsräumlichkeiten, wozu auch ein Archiv zählt, in welchem die Unterlagen der E-GmbH untergebracht waren. Die B-GmbH habe nach der Insolvenz der E-GmbH auch einen Großteil von deren Fahrnissen übernommen. Mit dem Insolvenzverwalter der E-GmbH, Dr.G, wäre eine Vereinbarung getroffen worden, dass die Geschäftsunterlagen der genannten GmbH in diesem Archiv untergebracht werden, wobei aber der Insolvenzverwalter jederzeit in die Ordner Einsicht nehmen könnte, sie mitnehmen könnte oder sonst mit ihnen, wie aus seiner Sicht gewünscht, verfahren könnte.
Seine Wahrnehmung von der Amtshandlung ist die, dass diese doch mit Unannehmlichkeiten verbunden waren, weil die Beamten überall gefragt haben, so auch bei den Mietern, wo denn die gesuchten Unterlagen der E-GmbH aufzufinden wären. Die Vorgangsweise, wie von Mag. Doppelhofer beschrieben, dass vorerst ein Kopiervorgang der archivierten Unterlagen mit intensiver Unterstützung unserer Angestellten stattgefunden hat, habe sich genau so zugetragen. Aber etwa nach einer dreiviertel Stunde habe der Einsatzleiter nach seiner Wahrnehmung ein Telefonat geführt und dann angeordnet, dass alles mitgenommen werde.
Er habe, damit alles seine Richtigkeit hat, drauf bestanden, dass dieser Vorgang exakt protokolliert werde, woraufhin ihm beschieden worden sei, dass er am Abend zur Steuerfahndung in die Conrad von Hötzendorf Straße kommen möge, damit er dort ein über die Beschlagnahme der Unterlagen angefertigtes Protokoll samt Verzeichnis einsehen und auch unterfertigen könne, was auch geschehen sei. […]
Die Amtsbeauftragte brachte vor: Hinsichtlich der Thematik der Differenzbeträge zwischen Voranmeldungen und Jahressteuererklärung und der sich ergebende Verdachtslage sei weder in Deutschland noch in Österreich ein Rechtsmittel erhoben worden.
Soweit heute von Seite des C erklärt worden sei, dass der Masseverwalter bzw. Insolvenzverwalter Dr.G vereinbarungsgemäß über die gesuchten Unterlagen verfügungsberechtigt gewesen wäre, sei […] anzumerken, dass nach der mir bekannten Aktenlage es anlässlich der Amtshandlung Auffassungsunterschiede zwischen dem Masseverwalterstellvertreter Mag.H und C gegeben habe. Es sei ein Rechtstreit anhängig gewesen, welcher nach einem Jahr mit einem Vergleich geendet hat.
Dazu C: Es habe [Anmerkung: wohl zum aktuellen Geschehen] keine Auffassungsunterschiede gegeben. Die B-GmbH sei von Anfang bis Ende immer kooperativ gewesen. Mag.H und er wären sich einig gewesen, dass die Unterlagen an die Steuerfahndung ausgefolgt werden sollten. Auf Nachfrage: Die B-GmbH habe von der E-GmbH eine Reihe von Assets erworben, darunter auch als wesentliches Wirtschaftsgut hunderte Pflanzenschutzproduktregistrierungen. Dazu seien natürlich entsprechende Unterlagen unerlässlich gewesen weshalb er bzw. die B-GmbH diesbezüglich sehr sensibel gewesen sind. Der Masseverwalter habe die Verfügungsmöglichkeiten über die Unterlagen nicht aufgeben wollen, obwohl sie [die B-GmbH bzw. C] diese erworben hätten. Schlussendlich habe es eine gute Vereinbarung gegeben. Dieser Interessensgegensatz zwischen dem Masseverwalter und der B-GmbH sei aber bei der Amtshandlung seiner Erinnerung nach nicht thematisiert worden.
Die Amtsbeauftragte verwies ergänzend auf die Stellungnahme der Steuerfahndung vom zum Verbleib der beschlagnahmten Unterlagen, aus der hervorgehe, dass die Thematik sehr wohl bei der Amtshandlung hervorgekommen sei.
Mag. Doppelhofer: Das Gespräch über die Verfügungsberechtigung von Unterlagen zwischen dem Geschäftsführer der B-GmbH und dem Masseverwalterstellvertreter, auf welches sich die Stellungnahme der Steuerfahndung vom bezieht, habe sich ausschließlich mit der Frage der Rückgabe der Unterlagen beschäftigt und sei eigentlich nicht relevant.
Die Amtsbeauftragte verwies auf die Stellungnahme der Steuerfahndung vom , Ermittlungsakt, Bl. 35 ff, und beantragte, auch als Vertreterin des Amtes für Betrugsbekämpfung als Rechtsnachfolger der belangten Behörde, die Abweisung der gegenständlichen Beschwerden.
Der Verfahrensvertreter der Beschwerdeführer abschließend: Die Wiedergabe der chronologischen Abläufe am in der schriftlichen Stellungnahme der Steuerfahndung vom sei in einem Detail unrichtig: Die Steuerfahndung habe ursprünglich die Herausgabe von Unterlagen unter Vorlage einer Durchsuchungsanordnung für die Adresse XXXD, verlangt. Nach telefonischer Rücksprache mit ihm habe die B-GmbH darauf bestanden, dass eine Durchsuchungsanordnung für die Adresse XXXB, vorgelegt wird. Diese wurde von der Steuerfahndung auch eingeholt. Bis zu dem Einlangen wäre zugewartet worden. Nach derem Einlangen wäre mit dem zuvor mehrfach beschriebenen Kopiervorgang begonnen worden, es sei daher insbesondere unrichtig, dass das Kopieren der Unterlagen deswegen abgebrochen worden sei, weil C die freiwillige Herausgabe der Unterlagen in Abhängigkeit der Vorlage einer Durchsuchungsanordnung für die Lageadresse gestellt habe. […] Im Übrigen beantrage er wie schriftlich.
Zu den Beschwerden wurde erwogen:
1. Gemäß § 8d Abs. 1 Finanzstrafzusammenarbeitsgesetz (FinStrZG), BGBl I 2014/105, in der damals am geltenden Fassung hat die zuständige Finanzstrafbehörde (damals: das Finanzamt Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg; Rechtsnachfolger nunmehr: das Amt für Betrugsbekämpfung) die in der Europäischen Ermittlungsanordnung (EEA) angegebene Ermittlungsmaßnahme in derselben Weise durchzuführen, als wäre sie im Rahmen eines innerstaatlichen Finanzstrafverfahrens durchzuführen.
2. Gemäß § 8f Abs. 1 FinStrZG kann die EEA nur im Anordnungsstaat (hier: Deutschland) gemäß dessen Recht angefochten werden; dies auch dann, wenn das innerstaatliche Recht eine gesonderte Anordnung (hier: die Anordnung der Durchsuchung durch den Spruchsenatsvorsitzenden gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG) vorsieht.
Soweit also im gegenständlichen Fall kritisiert wurde, dass bereits die Anordnung der Hausdurchsuchung zur Sicherstellung der Beweismittel zwecks Aufklärung der Verdachtslage gegen A nicht erforderlich gewesen wäre, ist dies nicht Gegenstand des hier anhängigen Beschwerdeverfahrens. Keineswegs aber war aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes die Anordnung der Durchsuchung der Räumlichkeiten und Sicherstellung des Beweismateriales unverhältnismäßig, weil etwa gar nicht erforderlich: Alleine aus der Gegenüberstellung der Summe der Zahllastdaten im Vergleich zu der Umsatzsteuerjahreserklärung der E-GmbH bzw. F-GmbH für 2016 mag sich der Verdacht einer Hinterziehung an Umsatzsteuer in - wie dargestellt - beträchtlicher Höhe ergeben, eine weiterführende Recherche über das konkrete Täterverhalten in Bezug auf die erst verspätet erfassten Geschäftsfälle an Hand des konkreten Belegwesens erscheint unabdingbar, will man mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit gegen bestimmte Personen den Nachweis eines Fehlverhaltens im Detail und auch in subjektiver Hinsicht führen. Und dazu bedarf es eben entsprechender Beweismittel.
3. Auf Beschwerden gegen die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen (hier: gegen die Beschlagnahme der verfahrensgegenständlichen 91 Ordner) hingegen sind gemäß § 8f Abs. 2 FinStrZG die Bestimmungen des (österreichischen) FinStrG anzuwenden.
4. Im gegenständlichen Fall fällt in diesem Zusammenhang vorerst auf, dass für die Umsetzung des Beschlusses des Amtsgerichtes Passau vom , mit welchem ein weiterer Durchsuchungsort auf der Suche nach den Buchhaltungsunterlagen der E-GmbH festgelegt worden war, die Transformation ins österreichisches Finanzstrafrecht, in welchem der zuständige österreichische Spruchsenatsvorsitzende mit fernmündlicher Anordnung vom selben Tag die in Auftrag gegebene Hausdurchsuchung tatsächlich gegenüber den Organen der Finanzstrafbehörde angeordnet hatte, nicht durch ein weiteres Formular einer EEA dokumentiert worden ist.
Der sachliche Zusammenhang mit dem vorhergehenden Beschluss des Amtsgerichtes Passau vom und der in weiterer Folge ergangenen EEA vom ist aber derartigen zwingend, dass nach dem objektiven Erklärungswert der Dokumente - und offensichtlich auch nach dem Verständnis der angewiesenen Fahndungsorgane bzw. der Verfahrensparteien (entsprechende Einwendungen liegen nicht vor) - davon auszugehen ist, dass der ursprüngliche EEA vom am eine Erweiterung dadurch erhalten hat, dass die Durchsuchung nunmehr mit neuerlichem Beschluss des Amtsgerichtes Passau das Objekt XXXB, betroffen hat. - Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist auch nicht die fernmündliche Anordnung des Spruchsenatsvorsitzenden vom zur Durchsuchung der Örtlichkeit an der Anschrift XXXB, sondern die Umsetzung derselben.
5. Hausdurchsuchungen sind - so die Definition des österreichischen § 93 Abs. 2 FinStrG - Durchsuchungen von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen. Sie dürfen u.a. nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht besteht, dass sich darin Gegenstände befinden, die voraussichtlich dem Verfall unterliegen oder - hier von Bedeutung - die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.
6. Gemäß § 93 Abs. 7 Fall 2 FinStrG iVm § 8f Abs. 2 FinStrZG ist daher jeder, der aus Anlass einer EEA durch die Durchsuchung in seinem Hausrecht betroffen ist, berechtigt, gegen die Durchführung dieser Hausdurchsuchung Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zu erheben.
7. Gemäß 152 Abs. 2 FinStrG iVm § 8f Abs. 2 FinStrZG käme einer derartigen Beschwerde eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Die Finanzstrafbehörde, welcher der Vollzug des EEA zuzurechnen ist, hätte jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn andernfalls ein nicht wieder gutzumachender Schaden eintreten würde und nicht öffentliche Rücksichten die sofortige Vollziehung gebieten. Zuständig zur Entscheidung wäre der Vorsitzende des Spruchsenates (vgl. in diesem Sinne ; , RV/5300038/2020). - Anträge auf Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung lagen im gegenständlichen Fall nicht vor.
8. Werden Örtlichkeiten durchsucht, welche lediglich einem - aus der Sicht des potenziellen Beschwerdeführers - fremden Hausrecht unterliegen, besteht für eine solche dritte Person, welche nicht in ihrem Hausrecht verletzt ist, keine Berechtigung, sich gegen diese Weisung zu beschweren (in diesem Sinne auch die zitierte Entscheidung des ).
Allenfalls käme bei der Durchführung der Hausdurchsuchung noch eine allgemeine Maßnahmenbeschwerde nach § 152 Abs. 1 FinStrG durch denjenigen in Betracht, der behauptet, durch die Ausübung einer unmittelbaren finanzstrafbehördlichen Befehls- und / oder Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt zu sein.
Einzuschränken ist dieser Ausschluss einer Beschwerde nach § 93 Abs. 7 FinStrG in Übernahme der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes () dahingehend, dass auch Beschuldigten in ihrem Finanzstrafverfahren ein Beschwerderecht gegen die Durchführung einer Durchsuchung auch bei fehlendem eigenen Hausrecht einzuräumen ist: Besteht etwa vergleichsweise für eine Person, welcher ein Beschlagnahmebescheid nicht zugestellt wurde, die Möglichkeit, durch den Bescheid in ihrer Rechtssphäre verletzt zu sein, ist diese Person grundsätzlich beschwerdeberechtigt (vgl zB bereits VfGH VfSlg 9107/1981). Wem eine Beschuldigtenstellung im gegen ihn geführten Finanzstrafverfahren zukommt, der ist potentiell Betroffener eines in seiner Finanzstrafsache rechtswirksam erlassenen Beschlagnahmebescheides. Gleiches muss auch gelten für den Fall, dass sich die Durchführung einer Beschlagnahme in seiner Finanzstrafsache nicht aus einem eigenen Beschlagnahmebescheid, sondern aus der Anordnung einer Hausdurchsuchung unter Eingriff in ein fremdes Hausrecht ergibt.
Aus dem Rechtsstaatsprinzip sowie aus Art. 6 und Art. 13 EMRK leitet sich daher ab, dass im gegenständlichen Fall auch A eine effektive Rechtsschutzmöglichkeit einzuräumen ist, er also legitimiert ist, gegen die gegenständliche Durchführung der Durchsuchung Beschwerde zu erheben.
9. Fehlt es aber im Ergebnis an einer tatsächlichen Verletzung eigener Rechte des Beschwerdeführers, wird eine solcherart fehlgehende Beschwerde gegen die Durchführung einer Hausdurchsuchung an einer Örtlichkeit, welche - aus der Sicht des potenziellen Beschwerdeführers - lediglich einem fremden Hausrecht unterliegt und tatsächlich keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinen eigenen Rechten nach sich gezogen hat, in Anbetracht der weitergehenden Legitimation nach § 152 Abs. 1 FinStrG zwar vorerst zuzulassen sein, jedoch - nach Abführung eines Beschwerdeverfahrens und einer sich ergebenden Feststellung einer fehlenden Verletzung des Beschwerdeführers in seiner Rechtssphäre - als unbegründet abzuweisen sein ().
10. Es liegt in der Natur von derartigen Hausdurchsuchungen, dass das konkrete Aussehen bzw. die konkrete Beschaffenheit der Beweismittel, auf deren Suche die Hausdurchsuchung abzielt, nicht bekannt ist, weshalb man auch nach österreichischem Finanzstrafrecht in Anordnungen von Hausdurchsuchungen eine funktionsbezogene Umschreibung des Gesuchten nach allgemeinen Kriterien vornehmen darf (vgl. bereits , 0156; ; ; ). Gegen die im gegenständlichen Fall vorgenommene Umschreibung der gesuchten Beweisgegenstände bestehen daher insoweit keine Bedenken, solche wurden auch nicht vorgebracht. Die Entscheidung, welche der aufgefunden Gegenstände dann tatsächlich als Beweismittel in Betracht kommen, fällt solcherart - möglichst zeitnah - im Verlauf der Amtshandlungen der einschreitenden Behördenorgane.
11. Gemäß § 94 Abs. 1 FinStrG sind Hausdurchsuchungen mit möglichster Schonung unter Vermeidung unnötigen Aufsehens und jeder nicht unumgänglichen Belästigung oder Störung der Betroffenen vorzunehmen. Auch ist gemäß § 94 Abs. 2 FinStrG dem Betroffenen vor Beginn der Durchsuchung Gelegenheit zu geben, das Gesuchte herauszugeben oder sonst die Gründe für die Durchsuchung zu beseitigen. Hievon kann abgesehen werden, wenn Gefahr im Verzug ist.
Diese Möglichkeit für einen Betroffenen, die Ausübung behördlichen Zwangs abzuwenden, steht im Spannungsfeld zum behördlichen Auftrag, die nur grob zu umschreibenden gesuchten Beweismittel beizuschaffen und dabei sicherzustellen, dass die am zu durchsuchenden Ort vorhandenen Beweismittel auch tatsächlich in behördliche Verfügungsmacht gelangen. Damit dies auch wirklich gesichert ist, verbleibt die zumal im Zweifelsfall gefragte faktische Deutungshoheit vor Ort, was als gesuchtes Beweismittel nach den Vorgaben des Spruchsenatsvorsitzenden zu qualifizieren ist, notwendigerweise bei den einschreitenden Behördenorganen und nicht beim Betroffenen oder dessen Erfüllungsgehilfen.
Soweit eine sichere Eingrenzung der Relevanz der angetroffenen möglichen Beweismittel vor Ort nicht vorgenommen werden kann, weil sie den Geschäftsbetrieb des betroffenen Unternehmens über Gebühr belasten würde oder den Erfolg der Amtshandlung gefährden würde (weil umfangreiches Datenmaterial nicht ohne zeitaufwendige Gründlichkeit analysiert werden kann), hat eine Eingrenzung vor Ort soweit als möglich stattzufinden, wobei das dann noch als in Frage kommend verbleibende Material sicherzustellen und erst nachträglich nach erfolgter Amtshandlung außerhalb der Sphäre der Betroffenen, in der Regel bei der Behörde, im Detail zu sichten ist (vgl. bereits RV/6300020/2011, dort zur Sichtung von elektronisch gespeichertem Datenmaterial).
12. Eine freiwillige Herausgabe zur Abwehr einer Durchsuchung oder Beschlagnahme nach § 94 Abs. 2 FinStrG muss sich notwendigerweise nicht nur auf das letztendlich nach Sichtung als relevant erkannte Beweismaterial, sondern auf diejenigen Gegenstände insgesamt beziehen, welche vorerst in ihrer Gesamtheit sichergestellt werden müssen und erst nachträglich im Detail gesichtet werden, damit letztendlich das als verbleibend relevant erkannte Beweismaterial auch gefunden werden kann.
Bezieht sich daher die Zusicherung einer freiwilligen Herausgabe von gesuchten Unterlagen nur auf solche, die erst bei gründlicher und zeitaufwendiger Sichtung von in einem Archiv aufgefundenen Buchhaltungsordnern verbleibend als Beweismittel relevant erkannt werden können, wobei eine solche Sichtung vor Ort unverhältnismäßig wäre, hat tatsächlich noch keine Herausgabe des Gesuchten im Sinne des § 94 Abs. 2 FinStrG als Voraussetzung zur Abwehr einer behördlichen Durchsuchung stattgefunden.
13. Zu beachten ist dabei immer auch die zeitliche Komponente: Die Durchführung der angeordneten Durchsuchungen muss verhältnismäßig sein. Zur dieser Verhältnismäßigkeit von Hausdurchsuchungen formuliert das FinStrG generell:
"§ 57. [FinStrG] [...] (5) Die Finanzstrafbehörde darf bei der Ausübung von Befugnissen und bei der Aufnahme von Beweisen nur soweit in Rechte von Personen eingreifen, als dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Jede dadurch bewirkte Rechtsgutbeeinträchtigung muss in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht des Finanzvergehens, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg stehen. Unter mehreren zielführenden Ermittlungshandlungen und Zwangsmaßnahmen hat die Finanzstrafbehörde jene zu ergreifen, welche die Rechte der Betroffenen am Geringsten beeinträchtigen. Gesetzlich eingeräumte Befugnisse sind in jeder Lage des Verfahrens in einer Art und Weise auszuüben, die unnötiges Aufsehen vermeidet, die Würde der betroffenen Personen achtet und deren Rechte und schutzwürdigen Interessen wahrt."
Dabei kann wohl gelten: Je länger eine Amtshandlung dauert, je mehr an Aufwand der Betroffene in personeller und finanzieller Hinsicht zu tragen hat, je störender der Eingriff in ein betriebliches Geschehen ist, je empfindlicher die Entfernung der Beweismittel den redlichen Geschäftsbetrieb der Betroffenen beeinträchtigt, als umso belastender ist sie zu sehen.
Wäre daher - als eine von den Beschwerdeführern gezeichnete Handlungsvariante - für eine ausreichend intensive Sichtung der in Frage kommenden Belegordner eine bis in die Nachtstunden oder eine sogar mehrtägige Intervention der Fahndungsorgane erforderlich gewesen, für welche die Verwahrerin der Buchhaltungsunterlagen Raum, Strom, Licht, Gerätschaften und Personal zur Verfügung gestellt hätte, wäre diese Variante des behördlichen Einschreitens solcherart bei der betroffenen B-GmbH objektiv bei Weitem aufwendiger gewesen als wenn, wie geschehen, die Amtshandlung vor Ort bereits am selben Tage um 15:40 Uhr beendet gewesen ist. Die weitere Variante hingegen, die Intensität der Durchsuchung des Archivs so anzupassen, dass die Amtshandlung ebenfalls zeitnah wieder beendet worden wäre, wäre wohl unzulässigerweise zu Lasten der erforderlichen Genauigkeit bei der Sichtung der in Frage kommenden Unterlagen gegangen. Dies nachträglich festgestellt, hätte solches eventuell sogar noch weitere Amtshandlungen im Bereich der B-GmbH erforderlich gemacht.
14. Soweit von Seite der Beschwerdeführer insbesondere damit argumentiert wurde, dass die von der Steuerfahndung letztendlich tatsächlich gewählte Vorgangsweise, mittels einer zeitlich begrenzten Amtshandlung an einem Nachmittag aus dem Archiv der B-GmbH diejenigen Ordner mitzunehmen, welche die Buchhaltungsunterlagen der E-GmbH bzw. vormals F-GmbH) des Jahres 2016 und zeitlich angrenzend, einen Teil des Jahres 2017 enthalten haben, und daraus dann mit ausreichender Gründlichkeit die tatsächlich als Beweismittel in Frage kommenden Unterlagen auszusortieren, die B-GmbH bzw. den Beschuldigten deswegen belastet hätten, weil durch die Beschlagnahme der Buchhaltungsbelege im Rahmen des Insolvenzverfahrens für anhängige Gerichtsverfahren benötigte Unterlagen nicht zur Verfügung gestanden wären bzw. dadurch allenfalls Pflanzenschutzproduktregistrierungen berührt worden wären, welche von der B-GmbH erworben worden sind, ist dem zu entgegnen:
Die Auswahl der sichergestellten Ordner hat derartige Aspekte offenkundig nicht betroffen. Der Ort der Verwahrung der beschlagnahmten Unterlagen (Büroräumlichkeiten der Steuerfahndung in Graz) ist bekannt gewesen, zumal der Geschäftsführer der B-GmbH, wie von ihm berichtet, diese am Tag nach der Durchsuchung zur Protokollerstellung aufgesucht hat. Aus dem Umstand der für die Beschwerdeführer verfügbaren anwaltlichen Beratung ist abzuleiten, dass diesen (der B-GmbH als vormalige Besitzerin und A als Beschuldigten) auch bei tatsächlichem Bedarf die Möglichkeit der jederzeitigen Einsichtnahme bekannt geworden wären. Irgendwelche nachträglichen Anfragen zu Akteneinsichten oder tatsächlich vorgenommene Akteneinsichten sind jedoch nicht dokumentiert und wurden auch nicht behauptet. Tatsächlich hat in weiterer Folge letztendlich - mit Ausnahme der Steuerfahndungsstelle Landshut - niemand ein Interesse an den beschlagnahmten 89 bzw. 91 Ordnern mit Buchhaltungsunterlagen gezeigt, sodass diese - im Vergleich zu anderen Hausdurchsuchungen völlig ungewöhnlich - trotz entsprechender Bemühungen der Behörden bis jetzt nicht mehr retourniert werden konnten. Irgendeine besondere Mehrbelastung der Beschwerdeführer durch die Mitnahme der 91 Ordner am ersten Tag der Amtshandlung und deren sorgfältige Sichtung in den nächsten Tagen in den Amtsräumlichkeiten der Steuerfahndung anstatt einer Zeit in Anspruch nehmenden Abwicklung der Sichtung noch vor Ort ist daher nicht zu erkennen.
15. Eine Unverhältnismäßigkeit und solcherart insoweit eine Rechtswidrigkeit der kritisierten Amtshandlung liegt somit im Ergebnis nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 94 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 93 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 8d FinStrZG, Finanzstrafzusammenarbeitsgesetz, BGBl. I Nr. 105/2014 § 93 Abs. 7 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 93 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 93 Abs. 6 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 94 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Sicherstellung von Buchhaltungsunterlagen ohne vorherige Sichtung im Detail freiwillige Herausgabe Durchsuchungsanordnung Beschwerdelegitimation auch des Beschuldigten Europäische Ermittlungsanordnung keine Unverhältnismäßigkeit Hausrecht |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2300007.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at