Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.01.2022, RV/7105275/2017

Rechtsgebühren, Geschäftsraummiete

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. H.P in der Beschwerdesache R. S., D.A Straße 1, O.P, vertreten durch R.A & Co KG, ***1*** 25, PLZ Ort, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am vereinbarten die T.GmbH & Co KG als Vermieterin und die die Firma R. S. als Mieterin einen Mietvertrag über ein Geschäftslokal.
In Punkt 3.1 wurde der Mietgegenstand wie folgt umschrieben:

"Gegenstand dieses Mietvertrages ("Mietgegenstand") sind die mit der vorliegenden Bezeichnung Shop Nr. 10 versehehen Räumlichkeiten und Flächen gemäß Planentwurf Anlage ./3.1. Der Mietgegenstand ist in diesem Planentwurf rot umrandet dargestellt. Nach Herstellung des Mietgegenstandes (siehe Punkt 4.1) wird der Vermieter den Mietgegenstand durch Markierung im endgültigen Bestandsplan den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend festlegen. Dieser endgültige Bestandsplan wird dem Übergabeprotokoll angeschlossen. Der Vermieter garantiert, dass er entweder Eigentümer des Mietgegenstandes ist oder zumindest über diesen verfügen darf."

Der Mietgegenstand weist Verkaufsflächen im Erdgeschoß, Obergeschoß und eine Lagerfläche auf.

In Punkt 6.1 wurde die Mietdauer und vorzeitige Vertragsauflösung geregelt:

"6.1 Das Mietverhältnis beginnt am Übergabetermin (Datum des Übergabeprotokolls; "Mietbeginn"). Es wird auf die Dauer von zehn Jahren, berechnet ab dem Monatsletzten des Monates in den der Mietbeginn fällt, befristet abgeschlossen und erlischt daher zehn Jahre nach dem auf den Mietbeginn folgenden Monatsletzten, ohne dass es einer Kündigung oder sonstigen Erklärung einer Vertragspartei bedarf. Der Übergang in ein Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer ist ausdrücklich ausgeschlossen. Ein solcher bedürfte einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung mittels einheitlicher Urkunde oder einer ausdrücklichen schriftlichen Erklärung des Vermieters, die durch sämtliche vertretungsbefugten Organe des Vermieters unterfertigt ist.
6.2. Das Recht auf vorzeitige Auflösung des Mietvertrages aus wichtigem Grund wird dadurch nicht berührt. Ein wichtiger Grund, der den Vermieter zur vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses berechtigt, nachdem er den Mieter zweimal vorab die beabsichtigte Auflösung unter Gewährung einer zweiwöchigen Mahnfrist hingewiesen hat, liegt insbesondere vor, wenn
6.2.1 der Mieter mit der Bezahlung des Mietzinses (oder Teilen desselben) oder anderen auf Grund dieses Mietvertrages geschuldeten Leistungen trotz schriftlicher Mahnung und Nachfristsetzung von mindestens 14 Tagen im Verzug bleibt;
6.2.2 der Mieter vom Mietgegenstand oder von allgemeinen Teilen des Gebäudes oder der Liegenschaften einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, den Mietgegenstand oder allgemeine Teile des Gebäudes oder der Liegenschaften vertrags-, widmungswidrig oder unter Erhöhung von Gefahren benützt, ohne behördliche Bewilligung gefährliche Stoffe lagert bzw. gefährliche Tätigkeiten ausübt;
6.2.3 der Mieter innerhalb von längstens zwanzig Wochen ab Übergabe den Geschäftsbetrieb im Mietgegenstand nicht eröffnet hat und eine Nachfrist von zwei Wochen abgelaufen ist, die zwanzig Wochen Frist soll nicht vor zu laufen beginnen;
6.2.4 der Mieter sonstige wesentliche Bestimmungen, insbesondere betreffend die Außenflächen (siehe Punkt 3.4 f), den Verwendungszweck (siehe Punkt 5.2), die Umsatzberechnung und Bucheinsicht (siehe Punkt 9.), den Gebrauch, die Instandhaltung, Versicherung, Betriebspflicht mit Niveau (siehe Punkt 11.), die Veränderung und Bauausführung (siehe Punkt 13), die Kaution (siehe Punkt 15.4), Untervermietung und Abtretung (siehe Punkt 16.), dieses Mietvertrages verletzt;
6.2.5 sonstige Gründe vorliegen, die die berechtigten Interessen des Vermieters beeinträchtigen. Als derartige Beeinträchtigung gelten jedenfalls die Kündigungsgründe der §§ 30 MRG und 1118 ABGB mit Ausnahme des Eigenbedarfs.
6.2.6 Die im Mietvertrag angeführten Kündigungsgründe gelten ausdrücklich auch als Kündigungsgründe iSd § 30 Abs. 2 Z 13 MRG (sofern anwendbar). Die Kündigungsgründe sind verschuldensunabhängig.
6.3. der Mieter ist berechtigt das Mietverhältnis vorzeitig aufzulösen, wenn der Mietgegenstand ohne Verschulden auf Seiten des Mieters oder seiner Sphäre zurechenbarer Personen länger als drei Monate zum bedungenen Gebrauch untauglich wird. Eine Teilkündigung oder Teilauflösung durch den Mieter ist in jedem Fall, auch in Bezug auf Nebenräumen und Nebenflächen ausgeschlossen.
6.4 Der Vermieter räumt dem Mieter die Option auf einmalige Verlängerung des Mietvertrages auf weitere fünf Jahre ein. Dies jedoch nur, wenn der Mieter allen Verpflichtungen aus diesem Vertrag ordnungsgemäß bis zur Ausübung der Option nachgekommen ist. Der Mieter hat diese Option bei sonstigem Verlust durch eingeschrieben Brief spätestens 15 Monate vor Auslaufen der Mietvertragsdauer auszuüben. Das Wesen des Mietverhältnisses als befristeter Vertrag wird dadurch nicht geändert. Das Mietverhältnis dauert bei Ausübung der Option 15 Jahre nach dem auf den Mietbeginn folgenden Monatsletzten. Bei Ausübung der Option ist der Mindesthauptmietzins auf das zu Beginn des neuen (5-jährigen) Bestandszeitraums marktübliche Niveau anzupassen (Erhöhung oder Verringerung). Alle übrigen Bestimmungen des Mietvertrages zum Mietzins gelten im Übrigen unverändert weiter (wie etwa die Wertsicherung des Mindesthauptmietzinses, der Umsatzhauptmietzins, die Verrechnung der Bettriebskosten etc.).

…."

In Punkt 7.3. vereinbarten die Parteien den Mindesthauptmietzins iHv Euro 38.000,00 wertgesichert gemäß Pkt 10. Der Hauptmietzins samt Betriebs- und Nebenkostenakonto ist jeweils am Monatsfünften im Voraus auf ein oder mehrere vom Vermieter bekannt gegebenes Konto einzuzahlen.

Lt. Punkt 8.4-tens wurde der im Voraus zu bezahlende Akontobetrag für die Betriebs-, Nebenkosten und Versorgung bis auf weiteres iHv Euro 2,50 pro m² festgelegt.
Zusätzlich zu diesen Vorauszahlungen gemäß Punkt 8.4 vereinbarten die Parteien eine monatliche Vorauszahlung (Akonto) an sonstigen Betriebs- und Nebenkosten iHv Euro 2,40 zzgl. Umsatzsteuer pro m² Nutzfläche.

Gebührenbescheid (vorläufige Festsetzung) vom

Das Finanzamt setzte mit Bescheid unter Zugrundelegung des Mietvertrages vom die Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG 1957 iHv Euro 17.111,61 fest. Die Abgabenfestsetzung erfolgte vorläufig gemäß § 200 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO).

Zu Berechnung führte das Finanzamt aus, dass gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 1 % von der Bemessungsgrundlage iHv Euro 1,711.180,64 festgesetzt werde.
Begründend wurde ausgeführt, dass nach dem Ergebnis des bisherigen Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewisse sei. Daher werde die Gebühr vorläufig festsgesetzt.
"Da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabenpflicht noch ungewiss ist, erfolgt die Vorschreibung vorläufig.
Da der Bestandsvertrag jederzeit kündbar ist, ist die Vertragsdauer als unbestimmt anzunehmen und sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes festzusetzen.
Mindesthauptmietzins € € 38.000,00 + Betriebskostenakonto € 1.460,20 x 36 Monate =
€ 1,420.587, 20 zzgl. 20% USt. = € 1,704.680,64 + Werbungskostenbeittrag für 3 Jahre inkl. Ust € 6.480,--.
"
Bemessungsgrundlage: Euro 1,711.169,64.

Vorhalt vom :

Das Finanzamt ersuchte mit Vorhalt vom um Bekanntgabe des tatsächlich bezahlten Mietzinses, samt Betriebs- und Nebenkosten, zzgl. Umsatzsteuer und Versicherung ab Beginn der Zahlungen bis zur letzten Abrechnung.

Schriftsatz vom :

Mit Schriftsatz vom gab die Beschwerdeführerin die geleisteten Mietzinszahlungen (Rent) für den Zeitraum 12/2012 bis 12/2016 mitsamt den mtl. Versicherungszahlungen der Höhe nach bekannt.

Bescheid vom :

Mit Bescheid vom setzte das FA die Gebühr für den Mietvertrag endgültig gemäß § 200 Abs. 2 BAO iHv Euro 63.751,38 fest. Die Nachforderung betrug Euro 46.839,77.

Das Finanzamt führte aus, dass die Bemessungsgrundlage sich aus dem Entgelt vom 12/2012 bis 12/2016 zuzüglich dem durchschnittlichen monatlichen Entgelt für die restliche Dauer des Mietvertrages, nämlich 131 Monate, zzgl. den jährlichen Werbekostenbeitrag inkl. USt. für 15 Jahre errechne.

Das durchschnittliche monatliche Entgelt errechnete sich iHv Euro 35.237,43. Dem lagen die Angaben im Antwortschreiben vom zugrunde, wonach die Bf. von 12/2012 bis 12/2016 (49 Monate) insgesamt Euro 1,726.634, 28 an Mietzahlungen und Betriebskosten (inkl. Versicherung) gezahlt hat.

Ausgehend von den bereits geleisteten Zahlungen errechnete sich für die restliche Nutzungsdauer von 131 Monaten eine Miete in Höhe von insgesamt Euro 6,342.737,61. Der jährliche Werbekostenbeitrag iHv Euro 1.800,00 zzgl. Umsatzsteuer (20%) errechnete sich iHv Euro 2.160,00; für die Dauer von 15 Jahren somit iHv Euro 32.400,00.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Mietvertrag für die Dauer auf 10 Jahre zzgl. der Option auf 5 Jahre vereinbart worden ist. Grundsätzlich stelle die Vereinbarung aller Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs.2 MRG keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsgründe dar. Wenn jedoch nicht alle Kündigungsgründe auf den Sachverhalt anwendbar sind, ist die Realisierbarkeit einer Kündigung als eher unwahrscheinlich anzunehmen. Daher ist anzunehmen, dass die Kündigungsmöglichkeiten ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit nach nicht umfassender Natur sind und die Vertragsteile für die bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein wollen.

Beschwerde vom :

Die Bf. wendet inhaltliche Rechtswidrigkeit und die Verletzung von Verfahrensvorschriften ein:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) wendete ein, dass die Behörde die Bedeutung der Kündigungsgründe verkenne. Gemäß dieser Bestimmung könne der Vermieter schon vor Ablauf der Frist aus den dort genannten wichtigen Gründen kündigen. Schließlich wurden sämtliche Kündigungsgründe gemäß § 30 MRG und § 1118 ABGB mit Ausnahme des Eigenbedarfs vereinbart.

Die Behörde räume in der Begründung zwar ein, dass ohnehin alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG und § 1118 ABGB vereinbart worden sind; "vermeint allerdings, dass die Realisierung der Beendigungsgründe äußerst gering sei und dass die Kündigungsmöglichkeiten ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit nach nicht umfassender Natur sind. Warum dies aber der Fall sein sollte, führt die belangte Behörde mit keinem Wort aus; sie bleibt jegliche Begründung dafür schuldig."

Die Behörde gehe davon aus, dass die Kündigungsmöglichkeiten von nicht hinreichender Bedeutung wären, sodass nicht von einem Vertrag mit unbestimmter Dauer, sondern von einem Vertrag mit bestimmter Dauer ausgegangen werde.

Diese Auffassung wird mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft. Schließlich habe die Behörde im Bescheid über die vorläufige Festsetzung vom noch die gegenteilige Auffassung vertreten und dies wie folgt begründet: "Da der Bestandvertrag jederzeit kündbar ist, ist die Vertragsdauer als unbestimmt anzunehmen und sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzunehmen."

Die Bf. führte aus, dass die Erlassung eines vorläufigen Bescheides voraussetze, dass eine Ungewissheit im Tatsachenbereich vorliege, die im Zeitpunkt der Erlassung nicht beseitigbar ist (Ritz, BAO5 [2014], § 200 Rz 3). Eine solche Ungewissheit war im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht gegeben, da die Behörde sämtliche Tatsachenelemente, die für die Gebührenbemessung ausschlaggebend waren, kannte. Die Frage, ob ein Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer vorliegt, könne nur anhand des Vertrages bestimmt werden. Der Mietvertrag war der Behörde von Anbeginn an bekannt. Die Möglichkeit, einen vorläufigen Bescheid zu erlassen diene nicht dazu, der Behörde ein Ermittlungsverfahren hinsichtlich der relevanten Tatsachen zu ersparen. Sie diene auch nicht dazu aufgrund ein und derselben Tatsachengrundlagen ihre Rechtsmeinung einfach zu ändern.
Es liege ein Vertrag auf unbestimmte Vertragsdauer vor:
Für die Abgrenzung zwischen Bestandsverträgen mit besitimmter Dauer und jenen mit unbestimmter Dauer sind laut VwGH Erkenntnis vom , Ra 2015/16/0072 folgende Kriterien maßgebend:
"Das Unterscheidungsmerkmal zwischen Bestandverträgen mit einer Vertragsdauer auf bestimmte und solchen mit einer Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit besteht darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile auf eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig aufzulösen, steht der Beurteilung dieses Vertrages als einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nach § 33 TP 5 Abs. 3 zweiter Satz GebG nicht im Wege. Ein (seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener) Bestandvertrag ist im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG als ein Vertrag auf bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist. Die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG stellt jedoch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0169)."

Es genüge zunächst, dass nur eine Partei ein Kündigungsrecht habe. Dies sei im vorliegenden Mietvertrag gegeben.
Gemäß Punkt 6.2 kann der Vermieter aus wichtigem Grund kündigen. In den Punkten 6.2.1. ff werden solche wichtigen Kündigungsgründe beispielhaft aufgezählt und die Kündigungsgründe gemäß §§ 30 MRG und 1118 ABGB genannt. Im Übrigen könne auch der Mieter gemäß Punkt 6.3 aus den dort angeführten Grund das Mietverhältnis vorzeitig lösen.

Der VwGH habe in seiner bisherigen Judikatur ausgesprochen, dass die Frage, was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstelle, nach Gewicht und der Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss. Nach ständiger Rechtsprechung stelle die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, sodass in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist ().

Kein umfassendes Kündigungsrecht liege vor, wenn eine ausdrückliche Einschränkung der Kündigungsgründe auf § 30 Abs. 2 Z 1 oder 3 MRG vorliege ().

Anders gesagt: Die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt ein umfassendes Kündigungsrecht dar, welches wiederum zu einer unbestimmten Vertragsdauer führt.

Im vorliegenden Mietvertrag wurden für den Vermieter sämtliche Kündigungsgründe des § 30 MRG vereinbart. Ausgenommen ist lediglich der Eigenbedarf des Vermieters. Darin könne man grundsätzlich schon eine umfassende Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG sehen, die eine Prüfung der Frage was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, entbehrlich macht.

Unter Punkt 6.2.5 wurden alle sonstigen Gründe als Kündigungsründe festgelegt, die die berechtigten Interessen des Vermieters beeinträchtigen. Als derartige Beeinträchtigung gelten jedenfalls die Kündigungsgründe nach §§ 30 MRG und 1118 ABGB mit Ausnahme des Eigenbedarfs.

Es könne im vorliegenden Vertrag keine Rede davon sein, dass die Kündigungsmöglichkeit "auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle" eingeschränkt worden ist.
Es ist im vorliegenden Fall lediglich der Kündigungsgrund des § 30 Abs. Z 9 MRG ausgeschlossen worden.
Das Eintreten eines Eigenbedarfs ist ohnehin unwahrscheinlich.

Der VwGH erachte im Erkenntnis vom , 88/15/0040, die Vereinbarung der meisten der Kündigungsgründe als ausreichend. Dass eine Reihe der vereinbarten Kündigungsgründe auf Geschäftsräumlichkeiten nicht anwendbar sind, erachtete der VwGH als unbeachtlich.
Der VwGH erachtete es als ausreichend, dass für den Vermieter fünf der gesetzlichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG zur Anwendung kamen. Das der Kündigungsgrund des § 30 Abs.2 Z 9 im damaligen Fall vertraglich ausgeschlossen war und daher nicht zur Anwendung gelangen konnte, erachtete der VwGH übrigens als unbeachtlich. "Insgesamt lässt sich daher insbesondere aufgrund des Erkenntnisses vom , 88/15/0040, festhalten, dass es für den VwGH ausreichend ist, wenn alle im vorliegenden Fall - dh bei Geschäftsräumlichkeiten - denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG vereinbart sind, wobei es unschädlich ist, wenn die Kündigung wegen Eigenbedarfs gemäß § 30 Abs 2 Z 9 MRG vereinbart ist"

Als Fazit bleibe, dass bei der Frage, ob ein Vertrag auf unbestimmte oder auf bestimmte Dauer vorliege, zu prüfen ist, ob zumindest ein Vertragsteil die Möglichkeit hat, den Vertrag vor Ablauf der bestimmten Zeit aufzulösen, in einer Art und Weise, wie es dieser Vertragspartner auch könnte, wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wäre. Ein herkömmlicher unbefristeter Mietvertrag über Geschäftsräume könnte von den Vertragsparteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalenderquartals aufgekündigt werden (§ 560 Abs. 1 Z 2 lit e ZPO).
Wenn daher ein Mietvertrag auf eine bestimmte Dauer von 15 Jahren vorliegt, aber zumindest einem Vertragsteil die Möglichkeit eingeräumt wird vor Ablauf von 15 Jahren unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zu kündigen, liege gebührenrechtlich ein Vertrag auf unbestimmte Zeit vor.

Begründungsmangel:

Die Bf. macht die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, zumal der angefochtene Bescheid mangelhaft begründet worden ist.
In der Begründung führe die Behörde aus, dass der Vertrag aus den erwähnten Kündigungsgründen des § 30 MRG gekündigt werden kann. Grundsätzlich stelle die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG keine ausreichende Beschränkung aller Kündigungsmöglichkeiten dar. Wenn jedoch die Realisierung der Beendigungsgründe auf den Sachverhalt bezogen als äußerst gering, ist nach Ansicht der Behörde anzunehmen, dass die Kündigungsmöglichkeiten ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit nach nicht umfassender Natur sind und die Vertragsteile für die bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein wollen.

"Mit dieser Begründung räume die belangte Behörde zwar ein, dass alle Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs. 2 MRG vereinbart wurden; dass aber die Realisierung der Beendigungsgründe äußerst gering sei und dass die Kündigungsmöglichkeiten ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit nach nicht umfassender Natur seien.

Warum letzteres aber der Fall sein sollte, führt die belangte Behörde mit keinem Wort aus; sie bleibt jegliche Begründung dafür schuldig."

Vorlagebericht:

Begründend führte das Finanzamt zur Beschwerde aus:

"Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandverträge darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (; ).

Die inhaltliche Prüfung des § 30 Abs. 2 MRG ergebe Folgendes:

§ 30 Abs. 2 Z 2 kommt nicht zur Anwendung, weil die Gegenleistung nicht in einer Dienstleistung besteht.
§ 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG setzen die Vermietung von Wohnräumen voraus. Da im vorliegenden Fall eine Geschäftsfläche vermietet wird, kommen diese Ziffern nicht in Betracht. § 30 Abs. 2 Z 10 MRG greift ebenso nicht, da der Mietgegenstand ein Geschäftslokal ist und nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten bestimmt ist.
§ 30 Abs. 2 Z 11 MRG kommt nicht in Betracht, da die Vermieterin keine Körperschaft öffentlichen Rechts ist.
§ 30 Abs. 2 Z 12 MRG greift nicht, da das vorliegende Mietverhältnis kein Untermietverhältnis ist.
§ 30 Abs. 2 Z 13 MRG ist kein eigenständiger Kündigungsgrund, sondern sieht vielmehr die Möglichkeit der Vereinbarung von weiteren Kündigungsgründen vor.
§ 30 Abs. 2 Z 14 und Z 15 MRG werden sehr unwahrscheinlich realisiert, weil sich der Mietgegenstand in einem Gebäude befindet welches unter Denkmalschutz steht und unmittelbar vor Vermietung renoviert wurde.

§ 30 Abs. 2 Z 1 MRG bzw. § 1118 ABGB 2. Fall wurde als Kündigungsgrund in Punkt 6.2.1 des gegenständlichen Vertrages festgeschrieben.
§ 30 Abs. 2 Z 3 MRG bzw. § 1118 ABGB 1. Fall wurde als Kündigungsgrund in Punkt 6.2.2 des gegenständlichen Vertrages festgeschrieben.
§ 30 Abs. 2 Z 4 und 7 MRG wurden als Kündigungsgrund in Punkt 6.2.4 des gegenständlichen Vertrages festgeschrieben.
§ 30 Abs. 2 Z 9 MRG wurde von den Vertragsparteien in Punkt 6.2.5 ausgeschlossen.

Die vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 Z 1, 3 und 7 setzen ein Fehlverhalten der Mieterin voraus und stammen sohin aus der Sphäre der Mieterin. Der Vermieterin sind somit sämtliche Möglichkeiten, das Bestandverhältnis von sich aus frühzeitig zu beenden, entzogen.

Ist die Geltendmachung des Kündigungsgrundes von einem schuldhaften Verhalten des anderen Vertragspartners abhängig, kann keine Rede davon sein, dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses gewährleistet ist. Sie sind daher sachlich auf das Verhalten der Mieterin eingeschränkt und von ihrer Gewichtung nicht so bedeutend, dass sie dem erklärten Willen der Vertragsparteien, die Bestandzeit ausdrücklich erst zu einem bestimmten Zeitpunkt enden zu lassen, entgegenstehen.
…"

Dem Beschwerdevorbringen, es liege eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, weil der Bescheid mangelhaft begründet worden ist, hält das Finanzamt entgegen, dass die vereinbarten Kündigungsgründe nicht ausreichen um die jederzeitge Auflösbarkeit des Vertragsverhältnisses anzunehmen und daher von einem Mietvertrag auf bestimmte Dauer ausgegangen werde.

Zu den vereinbarten Kündigungsgründen führte das Finanzamt inhaltlich aus, dass der § 30 Abs. 2 Z 1, 3 und 7 in den Punkten 6.2.1, 6.2.2 und 6.2.3 festgeschrieben wurden. Diese Kündigungsgründe und jene nach Punkt 6.2.4 setzen ein Fehlverhalten der Mieterin voraus und sind ausschließlich der Sphäre der Mieterin zuzurechnen.
Dem Vermieter fehlt es an der Möglichkeit, von sich aus vorzeitig das Mietverhältnis zu beendigen.

Das Finanzamt beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Mündliche Verhandlung

In der mündlichen Verhandlung am brachten beide Parteien ihre gegenständlichen Standpunkte unter ausdrücklichen Verweis auf das bisherige schriftliche Vorbringen vor.

Herr MMag. Dr. Ch. U erläuterte ausführlich das Vorliegen der Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG. Die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z 1-4, 7, 13-15 können zur Anwendung gelangen. Der Parteienvertreter wies ausdrücklich darauf hin, dass gemäß Punkt 6.2.5 sämtliche Kündigungsgründe verschuldensunabhängig sind. Demnach komme es auf ein schuldhaftes Handeln der Mieterin nicht an.

Der Amtsvertreter wies auf die ausführliche Rechtsprechung des BFG hin. Zum Einwand, es liege eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, wenn die Behörde einseitig ihre ursprüngliche Rechtsmeinung ändere, entgegnete der Amtsvertreter, dass die gewählte Vorgehensweise zulässig und der Bescheid über die endgültige Festsetzung gesondert anfechtbar sei.

Die Behörde sei bei der endgültigen Abgabenfestsetzung nicht an die der vorläufigen Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Feststellungen und Rechtsansichten gebunden. Ein endgültiger Bescheid, der nach einem vorläufigen erlassen wird, kann in jeder Hinsicht vom vorläufigen Bescheid abweichen; er ist voll mit Bescheidbeschwerde anfechtbar ( sowie Ritz, BAO6, Tz 13 f. zu § 200).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Dem vorliegenden Sachverhalt liegt der Mietvertrag vom betreffend einen Geschäftslokal zugrunde. Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Mietvertrag und steht unstrittig fest. Strittig sind die daraus zu ziehenden gebührenrechtlichen Rechtsfolgen, insbesondere die Beantwortung der Frage, ob ein Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Zeit vorliegt.

Beweiswürdigung

Dem Verfahren liegen der Mietvertrag, die eingebrachten Schriftsätze mitsamt dem Parteienvorbringen sowie die bekannt gegebenen Mietzahlungen zzgl. Betriebskosten für den Zeitraum 12/2012 bis 12/2016 zugrunde. Strittig sind die damit verbundenen gebührenrechtlichen Folgen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

Gemäß § 26 GebG 1957 gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.

Gemäß § 33 TP 5 Z. 1 GebG 1957 unterliegen Bestandverträge (§§ 1090ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Wert.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

§ 30 Mietrechtsgesetz (kurz MRG) bestimmt Folgendes:

"§ 30 (1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.
(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn
1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;
2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;
3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;
4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;
5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;
6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;
7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;
8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;
9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;
10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;
11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;
13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;
14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;
16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.
(3) Eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen soll, ist rechtsunwirksam. Überdies kann der Vermieter, der das Miethaus durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, aus dem Grund des Abs. 2 Z 8 nur kündigen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Erwerbung und dem Kündigungstermin mindestens zehn Jahre liegen. Ein Miteigentümer kann die Kündigungsgründe des Abs. 2 Z 8 bis 11 überdies nur geltend machen, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist."

Erwägungen

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass ein Bestandvertrag iSd § 33 TP 5 Abs. 1 GebG abgeschlossen wurde.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden zu beantworten sein wird (; ; ).

Ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten vermögen die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben.
Werden Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne ausdrücklich bestimmte Fälle eingeschränkt, liegt eine bestimmte Dauer eines Bestandsvertrages vor ().

Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG

Das Bundesfinanzgericht hat sich wiederholt mit Bestandverträgen beschäftigt, in denen Vertragsparteien zwar die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG vereinbart haben, sich jedoch aus den übrigen Vertragsbestimmungen bzw. aus dem Gegenstand des konkreten Bestandvertrages ergibt, dass von den in § 30 Abs. 2 MRG genannten Kündigungsgründen nur einzelne Kündigungsgründe überhaupt in Betracht kommen können. Verträge, bei denen nur einzelne der in § 30 Abs. 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründe verbleiben, wurden als Bestandverträge auf bestimmte Zeit beurteilt. Siehe dazu ua. die folgenden Erkenntnisse:














Die gegen die Entscheidungen , sowie , RV/7103228/2019 eingebrachten außerordentlichen Revisionen wurden vom Verwaltungsgerichtshof ebenso zurückgewiesen (siehe , sowie ).
Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen die Entscheidung eingebrachten Beschwerde abgelehnt (vgl. und E 1740/2017).

Im vorliegendem Sachverhalt ist entscheidend, ob der Bestandsvertrag aus allen Gründen nach § 30 Abs. 2 MRG gekündigt werden kann, somit ob alle Gründe nach MRG zur Anwendung gelangen können, oder ob tatsächlich nur einzelne Kündigungsgründe realisiert werden können.

Das Bundesfinanzgericht hat sich bei Verträgen über Geschäftsraummieten, welche über einen bestimmten Zeitraum abgeschlossen wurden, unter anderem im Erkenntnis, RV/7102422/2017, inhaltlich sehr ausführlich mit den Kündigungsgründen nach § 30 Abs. 2 MRG auseinandergesetzt und die einzelnen Kündigungsgründe geprüft.

§ 30 Abs. 2 Z 1-3 und 7 MRG betreffen Verletzungen von Verträgen des Mieters (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 1048):
§ 30 Abs. 2 Z 1 setzt voraus, dass der Mieter mit der Bezahlung des Mietzinses in Rückstand gerät;
Z 3 regelt den erheblich nachteiligen Gebrauch des Mietgegenstandes und
Z 7 die Verwendung des Mietgegenstandes nicht zur vereinbarten geschäftlichen Betätigung.
Diese gesetzlichen Kündigungsgründe setzen ein schuldhaftes vertragswidriges Verhalten voraus und können demnach nicht nach Belieben des Vermieters ausgeübt werden. Vielmehr handelt es sich dabei um solche Gründe, die in der Sphäre des Mieters ihre Ursache haben und durch ein kausales Tun oder Unterlassen des Vermieters ausgelöst werden. Handelt der Mieter vertragskonform und verletzt er keine Vertragspflichten, können diese Kündigungsgründe nicht nach Belieben ausgeübt werden ().

Der Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 2, wenn der Mieter die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert, setzt einen in Dienstleistungen bestehenden Mietzins voraus ( ). Im vorliegendem Mietvertrag besteht das Entgelt für die Überlassung der Bestandsache in einem monatlichen Mindestpachtzins, einem Umsatzpachtzins und der Tragung der Nebenkosten.

Der Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 3, erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes, Vernachlässigung des Mietgegenstandes, rücksichtloses, anstößiges und grob ungehöriges Verhalten, Straftat gegen Vermieter, setzt ein Fehlverhalten des Mieters voraus und stammt sohin aus der Sphäre des Mieters. Dem Vermieter sind sämtliche Möglichkeiten, das Bestandverhältnis von sich aus frühzeitig zu beenden, entzogen ().

§ 30 Abs. 2 Z 7 (Verwendung nicht zur vereinbarten geschäftlichen Betätigung) fällt unter "Verletzung von Vertragspflichten", und stellen keine jederzeitige, beliebige Kündigungsmöglichkeit des Vermieters dar. Vielmehr hat dieser Kündigungsgrund seine Ursache in einem Tun oder Unterlassen des Mieters. Der Mieter kann aus diesem Kündigungsgrund nicht nach Belieben gekündigt werden.

Nach § 30 Abs. 2 Z 4 (gewisse Fälle von Untervermietung) können Wohnungs- und Geschäftsraummieter nach Z 4 Fall 2 gekündigt werden, wenn sie den Mietgegenstand durch gänzliche oder teilweise Überlassung an einen Dritten zu einem unverhältnismäßig hohen Entgelt verwerten.
Untervermietung setzt ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners voraus, womit die Kündigung durch einen Vermieter nicht nach Belieben ausgeübt werden kann ().

Soweit die Bf. meint, es kämen diese Gründe gemäß Punkt 6.2.5 auch ohne ein schuldhaftes Handeln bzw. Verhalten des Vermieters zum Tragen, ändert dies nichts daran, dass diese Gründe ihre Ursache in der Sphäre des Vermieters haben.

Liegt eine "Verletzung von Vertragspflichten" durch den Mieter nicht vor, gelangen die Kündigungsründe nicht zur Anwendung. Das Vorliegen dieser Kündigungsgründe ist dem Gestaltungsspielraum des Vermieters entzogen und setzt eine Vertragsverletzung durch den Mieter voraus.

§ 30 Abs. 2 Z 5 (Tod des Mieters) scheidet aus, wenn die Mieterin eine juristische Person ist, die weder sterben kann, noch über eintrittsberechtigte Angehörige verfügt. Im vorliegenden Fall ist die Mieterin eine juristische Person, weswegen dieser Kündigungsgrund ausscheidet.

§ 30 Abs. 2 Z 6 Es liegt kein dringendes Wohnbedürfnis des Mieters oder der Eintrittsberechtigten vor.

Die Z 8-11 betreffen den Eigenbedarf des Vermieters und wurden ausgeschlossen.

§ 30 Abs. 2 Z 12 MRG setzt ein Untermietverhältnis voraus, welches im gegenständlichen Fall nicht vorliegt.

Nach § 30 Abs. 2 Z 13 MRG kann der Vermieter kündigen, wenn ein schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der für ihn als wichtig und bedeutsam anzusehen ist. § 30 Abs. 2 Z 13 MRG ist kein eigenständiger Kündigungsgrund, sondern sieht vielmehr die Möglichkeit der Vereinbarung von weiteren Kündigungsgründen vor.
Im Mietvertrag sind die Kündigungsmöglichkeiten nach § 30 Abs 2 MRG vereinbart worden.

Die weiteren Kündigungsgründe der Z 14-16 setzen jeweils eine Ersatzbeschaffung voraus.

Der Vermieter kann kündigen, wenn das Haus abbruchreif ist (Z 14); wenn es abgetragen oder umgebaut werden soll und die Bezirksverwaltungsbehörde erkannt hat, dass der Neu- oder Umbau selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der Mieter im öffentlichen Interesse liegt (Z 15); wenn der Hauptmieter einer Kategorie D-Wohnung eine Standardverbesserung verweigert.

§ 30 Abs. 2 Z 14 und Z 15 MRG Abbruch und Umbau eines Miethauses im öffentlichen Interesse, setzen ein Miethaus voraus, in dem der Mietgegenstand untergebracht ist () und werden sehr unwahrscheinlich realisiert, wenn der Mietgegenstand ein renoviertes Geschäftslokal ist. Sie kommen daher nicht in Betracht, wenn ein Abbruch oder Umbau des Gebäudes als unwahrscheinlich gilt.

§ 30 Abs. 2 Z 14 MRG setzt eine wirtschaftliche Abbruchreife voraus, die voraussichtlichen Reparaturkosten der nächsten 10 Jahre können durch die zu erzielenden Mietzinse nicht mehr gedeckt werden und es wird das Vorliegen einer baubehördlichen Abbruchbewilligung im Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung verlangt.

Im vorliegenden Fall wurde das Geschäftslokal saniert und der Mietvertrag Ende 2012 mit einer Laufzeit von 15 Jahren abgeschlossen, wodurch ein Umbau oder Abbruch während der Vertragsdauer als unwahrscheinlich gelten.

Wie vom Finanzamt zu Recht im Vorlagebericht ausgeführt wurde, beziehen sich § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG auf Wohnungen und kommen daher im gegenständlichen Fall nicht in Betracht.
Die Kündigungsgründe der Z 2, 10, 11, und 12 des § 30 Abs. 2 MRG scheiden aus, weil der vereinbarte Mietzins nicht in Dienstleistungen der Bf. besteht, der Mietgegenstand (Geschäftslokal) nicht zur Unterbringung von Arbeitern, … benötigt werden kann, der Mietgegenstand nicht dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehört, kein Untermietverhältnis begründet wurde.

Damit verbleiben nur mehr die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z. 1, 3, 4, 7, 13, 14 und 15.

Die als vorzeitige Auflösungsgründe im Vertrag unter Punkt 13 festgelegten Gründe ergeben sich ebenso wie die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z. 1, 3, 4, und 7 aus der Verletzung von Vertragspflichten bzw. Fehlverhalten des anderen Vertragspartners, womit die Kündigungsrechte von der Bestandgeberin nicht nach Belieben ausgeübt werden können und vielmehr jeglichem Einfluss der Vermieterin (Bf.) entzogen sind. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlverhaltens vor.

Im Mietvertrag wurde der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs nach § 30 Abs. 2 Z. 9 MRG von vornherein ausgeschlossen (Punkt 6.2.5 des Mietvertrages).

Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z. 14 MRG würde voraussetzen, dass eine ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses aus den (erhöhten) Hauptmietzinsen nicht auf Dauer sichergestellt werden kann und dass eine baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt wird. Es liegt keinerlei Anhaltspunkt dafür vor, dass diese Voraussetzungen auf das Vermietungsareal im Vertragszeitraum zutreffen werden.

Auch die Verwirklichung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG erscheint unwahrscheinlich, setzt dieser doch eine Abtragung oder einen Umbau des Miethauses im öffentlichen Interesse voraus. Dies trifft auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu.

Nach den hier dargestellten Kündigungsgründen ist im gegenständlichen Mietvertrag gerade kein schrankenloses Kündigungsrecht vereinbart worden und sind die der Vermieterin zuzuordnenden Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Bestandvertrages gegeben ist.

Der gegenständliche Bestandvertrag wurde auf die bestimmte Dauer von 10 Jahren, optional einmalig verlängerbar um 5 Jahre vereinbart, weshalb die Gebührenbemessung vom 15-fachen Jahreswert vorzunehmen ist, wenn der Vertrag nur aus besonderen, gewichtigen Gründen gekündigt werden kann.

Eine unbestimmte Vertragsdauer liegt vor, wenn auch nur ein Vertragspartner in der Lage ist, den Vertrag jederzeit aufzulösen, wobei einzelne, bestimmt bezeichnete Kündigungsgründe unberücksichtigt bleiben.
Die im gegenständlichen Fall vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten sind nicht von umfassender Natur, sodass die vereinbarte bestimmte Dauer der Bemessung zugrunde zu legen ist. Ist der Bestandnehmer auf bestimmte Zeit gebunden und kann auch der Bestandgeber nur nach den strengen Regeln des MRG kündigen, gilt der Vertrag als auf bestimmte Dauer abgeschlossen ().

Aus dem gegenständlichen Vertrag ergibt sich, dass beide Vertragspartner sich längerfristig binden wollten. Im Übrigen stellte die Vertragsparteien auch klar, dass die einmalige Verlängerung zu keinem Vertrag mit unbestimmter Dauer führt.

Option auf Vertragsverlängerung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet eine Vertragsverlängerung durch Optionsausübung nichts anderes als die Beifügung einer Potestativ-Bedingung, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer des Vertrages verlängert, und dass eine solche Bedingung nach § 26 GebG 1957 zu behandeln ist, sodass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, dass auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt.

Für die gewollte längerfristige Bindung spricht auch die Möglichkeit der Vertragsverlängerung durch Optionsausübung. Eine Option ist ein Vertrag, durch den einem Vertragsteil das Recht eingeräumt wird, ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen. Eine Vertragsverlängerung durch Optionsausübung stellt die Beifügung einer Bedingung dar, bei deren Eintritt (Ausübung der Option) sich die Geltungsdauer des Vertrages verlängert. Die Gebühr ist von dem Entgelt zu entrichten, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und der vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt ().

Es ist daher auch im vorliegenden Fall nicht nur die zunächst vereinbarte Laufzeit von 10 Jahren, sondern zusätzlich auch der unter einer Potestativbedingung stehende Verlängerungszeitraum von weiteren 5 Jahren bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen.

Deshalb ist im gegenständlichen Fall eine bestimmte Dauer von 15 Jahren für die Bemessung heranzuziehen. Diese ergibt sich aufgrund der Befristung im Vertrag auf 10 Jahre zuzüglich der Möglichkeit der Verlängerung des Vertrages auf weitere 5 Jahre.

Verwiesen wird insbesondere auf das Erkenntnis des , sowie auf den diesbezüglichen und des und E 1740/2017).

Die Bf. weist wiederholt darauf hin, dass gemäß Punkt 6.2.5, letzter Satz, die Kündigungsgründe verschuldensunabhängig zur Anwendung gelangen können. Die Vereinbarung, dass die Kündigungsgründe verschuldensunabhängig zur Anwendung gelangen, ändert aus der Sicht des erkennenden Richters nichts an der Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens des einzelnen Kündigungsgrundes, zumal es sich dabei um solche Gründe handelt, deren Ursache in der Sphäre des Mieters gelegen sind. Schließlich setzen die Kündigungsgründe 30 Abs. 2 1- 4, 7 MRG immer eine Vertragsverletzung durch den Mieter voraus. Dabei handelt es sich immer um eine Ursache, die vom Mieter ausgelöst wird.

Die vertraglichen Kündigungsbestimmungen ändern daher im gegenständlichen Fall nichts daran, dass ein Vertrag auf bestimmte Dauer von 15 Jahren abgeschlossen wurde.

Verletzung von Verfahrensvorschriften, Begründungsmängel:

Die Bf. wendet wiederholt die Verletzung von Verfahrensvorschriften ein. Die Abgabenbehörde räume zwar die Vereinbarung aller Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs. 2 MRG ein, bleibe aber die Begründung dafür schuldig, warum die Wahrscheinlichkeit der Realisierung aller Kündigungsgründe gering sei bzw. warum die Kündigungsgründe nicht gewichtig wären.

Dem ist zu entgegnen, dass die Bedeutung der Kündigungsgründe auf die vorhandene Geschäftsraummiete inhaltlich sehr eingeschränkt ist.

Im vorliegenden Sachverhalt haben beide Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart, für eine bestimmte Dauer, nämlich 15 Jahre, an den Vertrag gebunden sein wollen (vgl. Pkt. 6, Vertrag).

Keine Bindung an die rechtliche Beurteilung im vorläufigen Bescheid

Nach § 17 Abs. 3 BewG 1955 ist bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, als Jahreswert der Betrag zu Grunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird. Dabei können auch Umstände zugrunde gelegt werden, die nach der Entstehung der Steuerschuld sichtbar werden (zB tatsächliche Geschäftsergebnisse), dies allerdings unter der Voraussetzung, dass diese Umstände im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld voraussehbar waren. Zweck der Vorschrift des § 17 Abs. 3 BewG ist es, einen Durchschnittswert zu finden, der als Grundlage einer Vervielfachung iSd § 16 BewG zu dienen vermag.

Durch eine Bewertung nach § 17 Abs. 3 BewG, die nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes jedenfalls erst nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld liegende Umstände berücksichtigen soll, sollen soweit als möglich die in Zukunft tatsächlich erzielten Beträge erfasst werden. Es ist daher rechtlich unbedenklich, wenn bei der Bewertung nach § 17 Abs. 3 BewG die dem Berechtigten nach dem Bewertungsstichtag zugekommenen Nutzungen oder Leistungen Berücksichtigung finden.

Es entspricht dem Gesetz, wenn die Abgabenbehörden der Gebührenbemessung nicht die in der Vergangenheit gelegenen Umsätze des Verpächters zugrunde legen, sondern die erst lange nach Abschluss des Pachtvertrages einsetzenden Umsätze der Pächterin.

Im gegenständlichen Fall wurde ein umsatzabhängiger Bestandzins vereinbart und wurde daher vom Finanzamt zunächst nur eine vorläufige Festsetzung der Gebühr vorgenommen.

In der Bescheidbegründung ist zwar anzugeben, welche Ungewissheit für die Vorläufigkeit ausschlaggebend gewesen ist (vgl. Ritz, BAO6, § 200 Tz 9); fehlt eine solche Bescheidbegründung, tut dies der Vorläufigkeit aber keinen Abbruch (vgl. ).

Gemäß § 200 Abs. 2 BAO ist eine vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen, wenn die Ungewissheit iSd § 200 Abs. 1 BAO beseitigt ist.

Der Endgültigerklärung eines Abgabenbescheides bzw. der endgültigen Abgabenfestsetzung steht es, wenn der Abspruch über die Vorläufigkeit in Rechtskraft erwachsen ist, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht entgegen, dass bei der Erlassung des vorläufigen Bescheids (objektiv betrachtet) gar keine Ungewissheit iSd § 200 Abs 1 BAO vorgelegen ist. Auf die vorläufige Abgabenfestsetzung darf sohin eine endgültige Abgabenfestsetzung selbst dann folgen, wenn bei Erlassung des vorläufigen Bescheides keine Ungewissheit bestanden hat. Ein endgültiger Bescheid, der nach einem vorläufigen erlassen wird, kann in jeder Hinsicht vom vorläufigen Bescheid abweichen; er ist voll mit Beschwerde anfechtbar.

Unstrittig ist, dass mittlerweile keine Ungewissheit im Tatsachenbereich mehr vorliegt, weil der Beobachtungszeitraum bereits lang genug ist, um das durchschnittlicheEntgelt sowie die Höhe der Nebenkosten feststellen zu können. Die rechnerische Ermittlung des Jahreswertes des Entgelts samt Nebenkosten erfolgte vom Finanzamt bei Erlassung des endgültigen Bescheides nach den Angaben der Bf. und den von ihr vorgelegten Aufstellungen. Die Berechnung war im weiteren Verfahren auch unstrittig.

Das Finanzamt hat daher zu Recht den gegenständlichen Vertrag bei Erlassung des endgültigen Bescheides als auf bestimmte Zeit abgeschlossen beurteilt und für die Gebührenbemessung den 15-fachen Jahreswert des durchschnittlichen Entgelts herangezogen.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Ordentliche Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist die ordentliche Revision nicht zulässig, weil durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, dass die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nicht entgegensteht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. ; ). Die Gewichtung und Wahrscheinlichkeit der Realisierung der hier im konkreten Einzelfall vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe ist eine Frage des Sachverhalts.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 26 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7105275.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at