zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.03.2022, RV/1100442/2020

1) Wiederaufnahme des Verfahrens infolge neu hervorgekommener Tatsachen 2) Besteuerungsrecht hinsichtlich der aus der Tätigkeit als Lehrer an der Liechtensteinischen Musikschule resultierenden Pensionsbezüge

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch die ***A Steuerberatungsgesellschaft***, gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2015 bis 2017 sowie Einkommensteuer 2015 bis 2017 zu Recht erkannt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2015 bis 2017 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
2.
Den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
3.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer erklärte in den Streitjahren neben inländischen Einkünften sowie einer Altersrente von der Eidgenössischen Alters- und Hinterlassenenversicherung im Wege des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einer Altersrente von der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie einer Rente von der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein.

2. Nach zunächst erklärungsgemäßer Veranlagung nahm das Finanzamt die Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2015 bis 2017 mit Bescheiden vom wieder auf. Begründend wurde unter Verweis auch auf die Begründung der neuen Sachbescheide ausgeführt, im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2018 habe sich herausgestellt, dass die aus Liechtenstein bezogenen Rentenzahlungen nur als progressionswirksame Auslandseinkünfte erklärt worden seien, gemäß Art. 18 DBA-Liechtenstein jedoch im Ansässigkeitsstaat Österreich der Besteuerung unterlägen. Art. 19 DBA-Liechtenstein sei nicht anwendbar, da die den Pensionsbezügen zugrunde liegende Tätigkeit nicht für eine der in Art. 19 DBA-Liechtenstein genannten Institutionen erbracht worden sei. Aufgrund der nicht nur geringfügigen Auswirkungen, sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen gewesen.

In den gleichzeitig ergangenen neuen Einkommensteuerbescheiden wurden die liechtensteinischen Rentenbezüge als im Inland steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfasst. Die Rentenbezüge seien nach Art. 18 DBA-Liechtenstein nur im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig. Nach Art. 19 DBA-Liechtenstein fielen nur Einkünfte jener Personen unter die Steuerbefreiung, die Vergütungen oder Ruhegehälter vom Staat Liechtenstein oder einer seiner Gebietskörperschaften oder einem vom Staat oder einer seiner Gebietskörperschaften errichteten Sondervermögen für die den in Art. 19 DBA-Liechtenstein genannten Institutionen erbrachten (ehemaligen) Dienste erhielten. Die als Lehrer an der als Stiftung errichteten Liechtensteinischen Musikschule (=BgA) bezogenen Einkünfte fielen nicht unter Art. 19 DBA-Liechtenstein. Die Ruhegehälter seien daher nach Art. 18 DBA-Liechtenstein im Ansässigkeitsstaat Österreich steuerpflichtig und könnten die von Liechtenstein einbehaltenen Quellensteuern in Österreich somit nicht angerechnet werden (Hinweis auf , und ua).

3. Gegen die Wiederaufnahmebescheide 2015 bis 2017 sowie die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 erhob die steuerliche Vertretung mit Schriftsätzen vom 6. bzw. Beschwerde. Die Wiederaufnahme der Verfahren sei damit begründet worden, dass sich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2018 herausgestellt habe, dass die aus Liechtenstein bezogenen Rentenzahlungen nur als Progressionseinkünfte erklärt worden seien. Offensichtlich sei die Behörde der Meinung, dass ein Wiederaufnahmegrund gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO vorläge. Dabei handle es sich aber um keine neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel, die eine Wiederaufnahme im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO rechtfertigen würden. Dass die Rentenzahlungen als Progressionseinkünfte erklärt worden seien, ergebe sich aus den eingereichten Abgabenerklärungen. Auch gehe aus den dem Finanzamt in Ergänzung zu den elektronisch eingereichten Abgabenerklärungen postalisch übermittelten Beilagen eindeutig hervor, dass es sich bei den erklärten Progressionseinkünften um Rentenzahlungen von der Alters- und Hinterlassenenversicherung und der Stiftung PersonaIvorsorge Liechtenstein handle. Weiters seien dem Finanzamt die jährlichen Bestätigungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie die Lohnausweise der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein als Beilage zu den Abgabenerklärungen übermittelt worden. Zudem sei die abgabenrechtliche Beurteilung der Einkünfte des Beschwerdeführers aus der Tätigkeit als Musikschullehrer in Liechtenstein schon einmal Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens beim Finanzamt gewesen. Nachdem die Einkünfte im Einkommensteuerbescheid 2012 als in Österreich steuerpflichtig qualifiziert worden seien, sei der dagegen erhobenen Beschwerde Folge gegeben worden und seien die Einkünfte unter Art. 19 DBA-Liechtenstein subsumiert worden. Der Behörde sei somit jedenfalls zum Zeitpunkt der Durchführung der Veranlagungsverfahren der Jahre 2015 bis 2017 bekannt gewesen, dass es sich bei den erklärten Progressionseinkünften um Rentenzahlungen von der Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein gehandelt habe. Somit lägen keine Tatsachen oder Beweismittel vor, die im Rahmen des Einkommensteuerveranlagungsverfahrens 2018 neu hervorgekommen wären.

Hinsichtlich der Sachbescheide wurde unter Anschluss eines Schreibens der liechtensteinischen Steuerverwaltung vom , wonach die Besteuerung von Ruhebezügen aus der Tätigkeit bei der Liechtensteinischen Musikschule erst ab dem gemäß Art. 18 DBA-Liechtenstein ausschließlich in Österreich zu erfolgen habe, vorgebracht, dass die Auslegung des Art. 19 DBA-Liechtenstein insbesondere in Bezug auf die Behandlung der Mitarbeiter der Musikschule lange Zeit nicht klar gewesen sei und bis ins Jahr 2017 Verständigungsgespräche auf höchster politischer Ebene geführt worden seien. Da bis zu diesem Zeitpunkt die Behandlung der Mitarbeiter der Musikschule offensichtlich unklar gewesen sei und auch Liechtenstein erst ab dem Jahr 2018 keine Steuer auf diese Bezüge mehr einhebe, widerspreche die rückwirkende Besteuerung der Bezüge in Österreich ab dem Jahr 2015 dem Grundsatz von Treu und Glauben. Zudem werde darauf hingewiesen, dass im Falle einer Steuerpflicht in Österreich auf Basis der Verordnung Nr. 192/1997 eine Anrechnung der gesamten in Liechtenstein einbehaltenen Steuer zu erfolgen habe, da es sonst zu einer Doppelbesteuerung käme.

4. Mit Beschwerdevorentscheidungen wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab. Hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren wurde zusammengefast ausgeführt, dass weder aus den für die Streitjahre elektronisch eingebrachten Erklärungen noch den postalisch nachgereichten Beilagen hervorgehe, aus welcher ehemaligen Tätigkeit des Beschwerdeführers die in Rede stehenden Ruhebezüge resultiert hätten bzw. für welchen Arbeitgeber er tätig gewesen sei und weshalb die Ruhebezüge unter die Steuerbefreiung des Art. 19 DBA-Liechtenstein subsumiert worden seien. Erst durch das im Zuge der Veranlagung 2018 erfolgte nachträgliche Erforschen der Frage, weshalb in der Steuerbescheinigung der Alters- und Hinterlassenenversicherung ein Quellensteuerabzug in Höhe von 611,00 € ausgewiesen und unter der Kennzahl 377 die Anrechnung dieser Quellensteuer beantragt worden sei, sei der Abgabenbehörde bekannt geworden, dass

  • der Beschwerdeführer die Ruhebezüge aufgrund der früheren Tätigkeit bei der "Musikschule Vaduz" (frühere Bezeichnung der Liechtensteinischen Musikschule) beziehe;

  • die Liechtensteinische Musikschule eine selbständige Stiftung des öffentlichen Rechts sei;

  • Körperschaften des öffentlichen Rechts, die keine Gebietskörperschaften sind, nicht von Art. 19 DBA-Liechtenstein umfasst seien ();

  • die "Liechtensteinische Musikschule" kein Sondervermögen des Staates Liechtenstein sei, weil diese als selbständige Stiftung unter eigenem Namen auftreten könne und rechtsfähig sei;

  • nicht Liechtenstein als Kassenstaat, sondern die Musikschule selbst Schuldner der den Musikschullehrern ausbezahlten Vergütungen sei;

  • Musikschullehrer mangels "Imperiumsgewalt" nie eine öffentliche Funktion im Sinne von Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein ausgeübt hätten;

  • sich auch aus dem ab 2015 anwendbaren Zusatzprotokoll zum DBA-Liechtenstein (BGBl. III Nr. 8/2017) nicht ableiten lasse, dass die Liechtensteinische Musikschule unter Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein falle, weil es sich bei dieser weder um eine vom Wortlaut des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein erfasste Institution, noch um einen der im Zusatzprotokoll angeführten, unter Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein fallenden Arbeitgeber (Finanzmarktaufsicht, Universität Liechtenstein, AHV, Pensionskasse des Staates) handle;

  • die Liechtensteinische Alters- und Hinterlassenenversicherung von der liechtensteinischen Steuerverwaltung angewiesen worden sei, derartige Dienstverhältnisse trotzdem als öffentlich-rechtlich zu beurteilen und dementsprechend die Ruhebezüge mit 3,6% Quellensteuer zu belasten habe.

Die Abgabenbehörde habe in den Wiederaufnahmebescheiden und den Sachbescheiden, auf deren Begründung verwiesen worden sei, somit eindeutig dargelegt, dass es sich um neu hervorgekommene Tatsachen gehandelt habe und die als steuerbefreite Progressionseinkünfte erklärten Ruhebezüge richtigerweise unter Art. 18 DBA-Liechtenstein hätten subsumiert werden müssen.

In den über die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 absprechenden Beschwerdevorentscheidungen führte das Finanzamt aus, dass die bei der selbständigen Stiftung "Liechtensteinische Musikschule" angestellten Bediensteten weder Imperiumsgewalt im Sinne des Art. 19 DBA-Liechtenstein hätten noch beim Staat oder einer seiner Gebietskörperschaften angestellt seien. Aus einer falschen rechtlichen Beurteilung in Vorjahren könnten ungeachtet der liechtensteinischen Rechtsauffassung auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keine Rechtsansprüche abgeleitet werden. Nachdem die gegenständlichen Ruhebezüge somit unter Art. 18 DBA-Liechtenstein fielen, könnten die abkommenswidrig einbehaltenen Quellensteuern nicht angerechnet werden, zumal die in den §§ 3 bis 5 der Verordnung BGBl. II Nr. 192/1997 normierten Voraussetzungen nicht vorlägen.

5. Mit Vorlageanträgen vom beantragte die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers die Entscheidung über die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide 2015 bis 2017 sowie die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 durch das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde neben allgemeinen Ausführungen zu den Anforderungen an eine den rechtlichen Anforderungen entsprechende Bescheidbegründung, insbesondere eine solche von Wiederaufnahmebescheiden, zusammengefasst ausgeführt, dass aus dem Spruch der angefochtenen Wiederaufnahmebescheide nicht hervorgehe, auf welchen der drei in § 303 Abs. 1 lit. a bis c BAO genannten Wiederaufnahmetatbestände sich die Abgabenbehörde berufe, der maßgebliche Wiederaufnahmetatbestand nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber in den Spruch des Bescheides gehöre (Hinweis auf ). Der Spruch "wird gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder aufgenommen" sei im Sinne dieser Rechtsprechung nicht ausreichend determiniert. Lasse der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen, sei die Begründung als Auslegungsbehelf heranzuziehen. Die in der Begründung der Wiederaufnahmebescheide angeführte Feststellung, im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2018 habe sich herausgestellt, dass die in den Vorjahren von der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie von der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein bezogenen Rentenzahlungen nur als Progressionseinkünfte erklärt worden seien, sei keine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO, seien die Rentenzahlungen in den eingereichten Abgabenerklärungen doch als solche erklärt worden. Auch beim zweiten Satz ("Diese Einkünfte unterliegen jedoch gemäß Art. 18 DBA-Liechtenstein nur im Ansässigkeitsstaat Österreich der Besteuerung") handle es sich um eine rechtliche Beurteilung, konkret um eine Subsumtion eines in der Begründung nicht konkret ausgeführten Sachverhaltes unter den Tatbestand einer Rechtsnorm. Ebenso stelle der dritte Satz nur eine rechtliche Beurteilung dar, die sich auf einen Sachverhalt beziehe, der in der Begründung nicht näher dargelegt worden sei. Es werde von der Abgabenbehörde nämlich gerade nicht dargelegt, weshalb die den Pensionsbezügen zugrunde liegende Tätigkeit nicht für eine der in Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein genannten Institutionen erbracht worden sei. Insbesondere fänden sich in der Begründung keine Feststellungen zum Wesen der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein, welche es ermöglichen würden, nachzuvollziehen, weshalb die Abgabenbehörde zur Ansicht gelangt sei, dass der Tatbestand des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein nicht erfüllt wäre.

Rechtliche Beurteilungen seien aber keine Tatsachen und somit nicht geeignet, einen Wiederaufnahmetatbestand im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO zu begründen. Tatsachen könnten nur Sachverhaltselemente sein. Welche Tatsachen neu hervorgekommen sein sollen, die eine Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 1 BAO rechtfertigen würden, sei von der Abgabenbehörde nicht dargelegt worden und erweise sich die Begründung somit als unvollständig und fehlerhaft. Die unzureichende Darlegung des Sachverhaltes sowie die fehlenden Erwägungen, weshalb die Behörde zur Ansicht gelangte, dass ein bestimmter Sachverhalt verwirklicht worden sei, der einen Wiederaufnahmetatbestand begründen könnte, lasse sich auch nicht durch das "Nachschieben" in einer Beschwerdevorentscheidung sanieren. Die Beschwerdevorentscheidung bestehe großteils aus rechtlichen Beurteilungen und Subsumtionen, die eben keine Tatsachen darstellten. Hinsichtlich der Ausführungen zum wiederaufnahmebegründenden Sachverhalt sei darauf hinzuweisen, dass diese nach der Rechtsprechung bereits in der Begründung der Wiederaufnahmebescheide hätten angeführt werden müssen. Insbesondere hätte auch angeführt werden müssen, aufgrund welcher konkreten Umstände das Finanzamt wann und wie vom Hervorkommen von neuen Tatsachen erfahren habe. Dahingehende Ausführungen fänden sich in den Wiederaufnahmebescheiden aber nicht. Der bloße Verweis auf das Veranlagungsverfahren zur Einkommensteuer 2018 sei für sich allein nicht ausreichend. Es habe betreffend Einkommensteuer 2018 weder ein Ergänzungsersuchen noch sonstige Rückfragen seitens der Abgabenbehörde gegeben. Es stelle sich daher die Frage, woher die Abgabenbehörde das Wissen habe, dass der Beschwerdeführer als Lehrer an der als Stiftung errichteten Musikschule Liechtenstein tätig gewesen sei. Aus der an das Finanzamt übermittelten Beilage zur Einkommensteuer 2018 könne sie dieses Wissen nicht haben. Es könnten also nur interne, vom Steuerpflichtigen nicht überprüfbare Vorgänge dazu geführt haben, dass die Abgabenbehörde zur Ansicht gelangt sei, dass neue Tatsachen vorlägen, die einen Wiederaufnahmetatbestand erfüllten. Wie sie zu diesem Wissen gelangt sei, werde in den Wiederaufnahmebescheiden aber nicht dargelegt. Auch werde nicht erläutert, worin das nachträgliche Erforschen bestanden habe, insbesondere wie die Abgabenbehörde zur Erkenntnis gelangte, dass ein Sachverhalt vorliege, der einen Wiederaufnahmetatbestand erfülle. Die Wiederaufnahmebescheide erwiesen sich aufgrund des unvollständigen Spruches und der unzureichenden Begründung daher als rechtswidrig.

Hinsichtlich der Sachbescheide wurde unter Anschluss einer Bestätigung der liechtensteinischen Steuerverwaltung im Sinne von § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 192/1997, dass die Tätigkeit der Musikschule Liechtenstein nach innerstaatlichem Recht keine kaufmännische oder gewerbliche Tätigkeit sei, ausgeführt, dass in der Beschwerdevorentscheidung eine Begründung, weshalb die Voraussetzungen für die Anrechnung der einbehaltenen Quellensteuer nicht gegeben seien, fehle. Die Begründung eines Bescheides müsse in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag finde, sowohl für die Partei als auch für die Höchstgerichte nachvollziehbar sei. Eine mangelhafte oder gar fehlende Bescheidbegründung stelle daher eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden werde lediglich ausgeführt, dass die Ruhegehälter gemäß Art. 18 DBA-Liechtenstein nur im Ansässigkeitsstaat Österreich steuerpflichtig seien und die von Liechtenstein einbehaltene Quellensteuer deshalb nicht anzurechnen sei. Die in diesem Zusammenhang angeführten Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes hätten sich mit der Frage der Anrechnung der von Liechtenstein einbehaltenen Quellensteuer gar nicht befassen müssen, weil die liechtensteinische Quellensteuer von Amts wegen angerechnet worden sei. Die Frage der Anwendung des Art. 19 DBA-Liechtenstein auf Bezüge von Lehrpersonen an der Liechtensteinischen Musikschule sei vom Bundesfinanzgericht in zahlreichen Erkenntnissen abgehandelt worden. Im Erkenntnis vom , RV/1100202/2017, habe das Bundesfinanzgericht zur Anrechnung der von Liechtenstein einbehaltenen Steuer festgehalten, dass die gemäß § 48 BAO ergangene Verordnung BGBl. II Nr. 192/1997 die rechtliche Grundlage für die Anrechnung sei. Auf Basis dieses Erkenntnisses sei die Nichtanrechnung der einbehaltenen Steuer erst recht nicht nachvollziehbar und würden sich die angefochtenen Einkommensteuerbescheide daher schon aus diesem Grund als rechtswidrig erweisen.

6. Am hat die steuerliche Vertretung den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

II. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war ua. als Lehrer an der Liechtensteinischen Musikschule tätig und bezog nach Erreichen des Pensionsalters in Liechtenstein aufgrund dieser Tätigkeit eine Altersrente von der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie eine Rente von der betrieblichen Vorsorgeeinrichtung der Liechtensteinischen Musikschule, der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein. Die daraus resultierenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden in den Streitjahren ausgehend von einem liechtensteinischen Besteuerungsrecht als in Österreich dem Progressionsvorbehalt unterliegende Auslandseinkünfte erklärt, wobei aus den Erklärungen und den übermittelten weiteren Unterlagen nicht hervorgeht, aufgrund welcher früheren Tätigkeit die Renten ausbezahlt wurden.

In den hinsichtlich Einkommensteuer der Jahre 2015 bis 2017 jeweils ergangenen Erstbescheiden wurden die liechtensteinischen Renten erklärungsgemäß im Wege des Progressionsvorbehaltes berücksichtigt.

Mit der Einkommensteuererklärung 2018 wurde ua. eine Steuerbescheinigung der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung für das Jahr 2018 vorgelegt, in der ein Quellensteuerabzug in Höhe von 611,00 CHF ausgewiesen ist. Auf telefonische Anfrage betreffend den Grund des Quellensteuerabzuges hat die namentlich angeführte Sachbearbeiterin der Alters- und Hinterlassenenversicherung dem Finanzamt mitgeteilt, dass bei öffentlich Bediensteten eine Quellensteuer in Höhe von 3,6% einbehalten werde (vgl. Aktenvermerk vom betreffend das Telefonat sowie die diesbezüglichen Ausführungen im Vorlagebericht). Aus der daraufhin erfolgten Durchsicht der frühere Jahre betreffenden Aktenteile ergab sich, dass der Beschwerdeführer bis 2014 bei der Liechtensteinischen Musikschule als Lehrer tätig war (vgl. ua. auch die Eingaben im Zusammenhang mit dem in der Beschwerde angeführten Rechtsmittelverfahren betreffend Einkommensteuer 2012 und die vorgelegten Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen 2013 und 2014). Aufgrund einer Internetrecherche ergab sich weiters, dass die Liechtensteinische Musikschule zu Zwecken der obligatorischen betrieblichen Vorsorge der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein (Nachfolgeorganisation der Pensionsversicherung für das Staatspersonal) angeschlossen ist (vgl. Auszug vom ; www.personalvorsorge.li/ueber-uns/grundlagen.html).

Die "Liechtensteinische Musikschule" ist nach Art. 1 des Gesetzes vom über die Musikschule Liechtenstein (LMSG) eine selbständige Stiftung des öffentlichen Rechts. Zweck der Stiftung ist es, Unterricht in Instrumental- und Vokalmusik zu erteilen und das musikalische Leben des Landes zu fördern (Art. 3 Abs. 1 LMSG). Die Einkünfte der Musikschule sind das Schulgeld, der Staatsbeitrag und übrige Einkünfte, wobei das Schulgeld mindestens 25% der Aufwendungen und der Staatsbeitrag höchstens 75% der Aufwendungen deckt (Art. 4 LMSG). Der Staat Liechtenstein stellt der Stiftung geeignete Unterrichtsräumlichkeiten unentgeltlich zur Verfügung (Art. 6 LMSG). Die Organe der Musikschule sind der Stiftungsrat, die Direktion und die Revisionsstelle (Art. 7 Abs. 1 LMSG). Die Gehälter der Lehrpersonen werden von der liechtensteinischen Landeskasse ausbezahlt. Die Musikschule ist aber verpflichtet, die von der Landeskasse ausbezahlten Gehälter zu refundieren, wobei wiederum bis zu 75% der gesamten Aufwendungen durch einen "Staatsbeitrag" abgedeckt werden (vgl. dazu die auf eine telefonische Anfrage bei der Liechtensteinischen Landesverwaltung, Amt für Personal und Organisation, gestützten Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes im Erkenntnis vom , RV/1100201/2017).

Mit Bescheiden vom nahm das Finanzamt die Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2015 bis 2017 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf und unterzog die liechtensteinischen Renten in den geänderten Einkommensteuerbescheiden 2015 bis 2017 der inländischen Besteuerung.

III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

1. Wiederaufnahme der Verfahren

§ 303 Abs. 1 BAO idF des FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, lautet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a)
der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b)
Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c)
der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."

Die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2015 bis 2017 erfolgte dem Spruch der angefochtenen Bescheide zufolge jeweils gemäß § 303 Abs. 1 BAO. Begründend wurde dazu Folgendes ausgeführt:

"Die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO erfolgte, da sich im Rahmen der Veranlagung der Einkommensteuererklärung 2018 herausstellte, dass in den Vorjahren die aus Liechtenstein bezogenen Rentenzahlungen aus der AHV (SFR …) und der betrieblichen Vorsorge (Stiftung Personalvorsorge FL) iHv SFR … nur als Progressionseinkünfte erklärt wurden. Diese Einkünfte unterliegen jedoch gemäß Art. 18 DBA-FL nur im Ansässigkeitsstaat Österreich der Besteuerung. Artikel 19 DBA-FL ist nicht anwendbar, zumal die den Pensionsbezügen zugrunde liegende Tätigkeit nicht für eine der in Art. 19 Abs. 1 genannten Institutionen erbracht worden war.

Aufgrund der nicht nur geringfügigen Auswirkungen war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen und die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO zu verfügen. Auf die Begründung im Sachbescheid wird verwiesen."

In der Begründung der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 wird jeweils Folgendes ausgeführt:

"Die aus Liechtenstein erhaltenen Pensionsbezüge (Stiftung Personalvorsorge FL CHF … und AHV CHF …) wurden lediglich als steuerbefreite Progressionseinkünfte erklärt, sind jedoch gem. Art. 18 DBA-Liechtenstein nur im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig. Laut Art. 19 Abs. 1 DBA-FL iVm dem 2. Zusatzprotokoll (BGBl. III Nr. 8/2017) fallen nur Einkünfte jener Personen unter die Steuerbefreiung, die Vergütungen oder Ruhegehälter von Liechtenstein oder einer seiner Gebietskörperschaften oder einem von diesen errichteten Sondervermögen für diesen im Art. 19 aufgezählten Institutionen erbrachte (ehemalige) Dienste erhalten.

Da Sie Lehrer an der als Stiftung errichteten Musikschule Liechtenstein (= BgA) tätig waren, fallen die von Ihnen bezogenen Einkünfte nicht unter Art. 19 DBA. Diese aus Liechtenstein zugeflossenen Ruhegehälter sind gemäß Art. 18 DBA-FL nur im Ansässigkeitsstaat Österreich steuerpflichtig, weshalb von Liechtenstein einbehaltene Quellensteuern in Österreich nicht anzurechnen sind (, und ua)."

Auch wenn das Finanzamt in den angefochtenen Bescheiden damit nicht konkret angeführt hat, auf welchen der gesetzlich genannten Wiederaufnahmetatbestände die Durchbrechung der Rechtskraft der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide gestützt wird, kann im Ergebnis kein Zweifel bestehen, dass in der Begründung der Wiederaufnahme- und Einkommensteuerbescheide mit dem Sachverhalt der abgeschlossenen Verfahren zusammenhängende tatsächliche Umstände (ehemalige Tätigkeit als Lehrer an der als Stiftung errichteten Musikschule Liechtenstein) angesprochen werden und die Wiederaufnahme vom Finanzamt damit auf den Neuerungstatbestand gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO gestützt wurde (vgl. auch , mwN, wonach der in einem Betriebsprüfungsbericht gegebene Hinweis auf einzelne Textziffern im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme eines Verfahrens im Regelfall den Schluss zulässt, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat). Im Übrigen ist auch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers selbst von einer auf dem Neuerungstatbestand beruhenden Wiederaufnahme ausgegangen.

Zweck der Wiederaufnahme wegen neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismitteln ist die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen. Gemeint sind also Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. ua. , und , mwN).

Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens zu einem anderen Ergebnis, als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (vgl. , und , mwN). Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - auch wenn diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neuen Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung gewonnen werden - sind keine derartigen Tatsachen (vgl. , mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme eines Verfahrens maßgebend, ob der Abgabenbehörde in dem wieder-aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenom-menen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können; das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln im Sinne des § 303 BAO ist dabei aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und nicht aus anderen Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, zu beurteilen und bezieht sich damit auf den Wissensstand (aufgrund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres (vgl. ua. , und , mwN). Die Frage des Neuhervorkommens ist somit allein aus der Sicht des von der zuständigen Behörde (der abgabenfestsetzenden Stelle) geführten konkreten Verfahrens zu beurteilen (vgl. , mwN). Ein behördliches Verschulden an der Nichtfeststellung der maßgeblichen Tatsachen oder Beweismittel im Erstverfahren schließt die Wiederaufnahme von Amts wegen dabei nicht aus (vgl. ua. , mwN).

Welche Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden sollen, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde (vgl. , mwN).

Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 2 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jener wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hatte. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird dabei durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. , und , mwN).

Das Bundesfinanzgericht hat, sofern die Bescheidausführungen des wiederaufnehmenden Finanzamtes mangelhaft sind, ausgehend von einem vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrund, diesen zu prüfen und zu würdigen und gegebenenfalls erforderliche Ergänzungen vorzunehmen; die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl. , mwN, und , mwN).

Mit den Ausführungen in den Wiederaufnahmebescheiden bzw. den im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Einkommensteuerbescheiden, dass der Beschwerdeführer als Lehrer an der als Stiftung errichteten Liechtensteinischen Musikschule tätig gewesen sei und die den Pensionsbezügen zugrunde liegende Tätigkeit somit nicht für eine der in Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein angeführten Institutionen erbracht worden sei und die liechtensteinischen Pensionsbezüge infolgedessen nicht unter Art. 19 DBA-Liechtenstein fielen, hat das Finanzamt ohne jeden Zweifel jenen Tatsachenkomplex dargelegt, der als neu hervorgekommen angesehen und der geänderten Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 zugrunde gelegt wurde.

Dafür, dass die ins Treffen geführten Umstände nicht neu hervorgekommen und dem Finanzamt bei der Erlassung der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2017 bereits bekannt gewesen wären, ergeben sich aus der Aktenlage keine Anhaltspunkte. Auch die steuerliche Vertretung hat nicht behauptet, dass dem Finanzamt in den ursprünglichen Einkommensteuerverfahren für die Jahre 2015 bis 2017 bekannt gegeben worden wäre, dass die in den Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen angeführten und als unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte erklärten liechtensteinischen Pensionsbezüge aus der vormaligen Tätigkeit als Lehrer an der Liechtensteinischen Musikschule resultiert hätten. Dass das Finanzamt in einem ein anderes Jahr betreffenden Veranlagungsverfahren Kenntnis davon hatte, dass der Beschwerdeführer ua. eine Lehrtätigkeit an der Liechtensteinischen Musikschule ausübt, steht der Wiederaufnahme aber, wie oben ausgeführt, nicht entgegen (vgl. , mwN), ergeben sich aus der Aktenlage doch auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Finanzamt die Rentenbezüge in Kenntnis der angeführten Umstände dem Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein subsumiert hätte und im Zuge des Veranlagungsverfahrens 2018 somit keine Tatsachen neu hervorgekommen wären, sondern lediglich eine geänderte rechtliche Beurteilung eines bereits vollständig bekannt gewesenen Sachverhaltes erfolgt wäre.

Zu Recht ist das Finanzamt schließlich auch davon ausgegangen, dass das Hervorkommen der angeführten Umstände der Berücksichtigung der in Rede stehenden Pensionsbezüge lediglich im Wege des Progressionsvorbehaltes entgegenstand und die Kenntnis dieser Umstände in den nunmehr wiederaufgenommenen Verfahren damit im Spruch anders lautende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2017 herbeigeführt hätte, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits in den Erkenntnissen vom , 2013/15/0200, und vom , 2009/15/0151, zum Ausdruck gebracht hat, dass die Anwendung der Kassenstaatsregel auf Tätigkeiten für den Vertragsstaat und dessen Gebietskörperschaften beschränkt ist (siehe dazu unten).

Eine im Übrigen auch vom Beschwerdeführer nicht eingewendete fehlerhafte Ermessensübung im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme ist nicht erkennbar. Dass bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. , sowie Ritz, BAO6, § 303 Tz 67, mwN). Auch bedarf es keiner näheren Erörterung, dass im Hinblick auf die Höhe der im Inland steuerpflichtigen Bezüge von einer Geringfügigkeit der sich daraus ergebenden steuerlichen Auswirkungen nicht die Rede sein kann.

Die Wiederaufnahme der in Rede stehenden Verfahren erweist sich somit insgesamt als rechtmäßig und waren die gegen die Wiederaufnahmebescheide erhobenen Beschwerden daher als unbegründet abzuweisen.

2. Einkommensteuer

Strittig ist im Beschwerdefall, ob die auf entsprechenden Beitragszahlungen aufgrund der Tätigkeit als Lehrer an der Liechtensteinischen Musikschule basierenden und von der Liechtensteinischen Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie der betrieblichen Vorsorgeeinrichtung mit Erreichen des Pensionsalters in Liechtenstein ausbezahlten Renten gemäß Art. 18 DBA-Liechtenstein in Österreich oder nach Art. 19 DBA-Liechtenstein in Liechtenstein zu besteuern sind.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (seit : und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung) in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung (nach Art. III Abs. 2 des mit BGBl. III Nr. 8/2017 veröffentlichten Protokolls zur Abänderung des Abkommens tritt dieses grundsätzlich am in Kraft, die geänderte Fassung des Art. 19 des Abkommens sowie das 2. Zusatzprotokoll sind nach Art. III Abs. 3 des Abänderungsprotokolls jedoch bereits auf Steuerjahre, die am oder nach dem beginnen, anzuwenden) lauten:

"Artikel 18

RUHEGEHÄLTER

Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 1 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

Artikel 19

ÖFFENTLICHER DIENST

(1) Vergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die von einem Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft erbrachten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden.

(2) Auf Vergütungen oder Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragstaaten oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht werden, finden die Artikel 15, 16 und 18 Anwendung."

Das dem Abkommen zu Art. 19 ("Öffentlicher Dienst") angefügte 2. Zusatzprotokoll (BGBl. III Nr. 8/2017) lautet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"1. Es besteht Einvernehmen darüber, dass ein Staat, eine seiner Gebietskörperschaften, eine seiner Botschaften und eines seiner Konsulate bei der Ausübung der öffentlichen Dienste im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 durch sein oder ihr gesamtes Personal tätig wird, ohne dass es auf die jeweilige Tätigkeit der einzelnen Person ankommt.
2. Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Liechtensteinische Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie Vorsorgeeinrichtungen gemäß dem Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge des Staates (SBPVG) als Sondervermögen im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 gelten.
3. Es besteht Einvernehmen darüber, dass Artikel 19 Absatz 1 für folgende liechtensteinische Institutionen jedenfalls Anwendung findet:
-
Finanzmarktaufsicht;
-
Universität Liechtenstein;
-
Liechtensteinische Alters- und Hinterlassenenversicherung, Invalidenversicherung, Familienausgleichskasse sowie Vorsorgeeinrichtungen gemäß dem Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge des Staates (SBPVG).
Artikel 19 Absatz 2 bleibt hiervon unberührt."

Nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Liechtenstein kommt das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Grenzgängern im Sinne dieser Bestimmung dem Ansässigkeitsstaat zu. Ebenso dürfen Ruhebezüge nach Art. 18 DBA-Liechtenstein grundsätzlich nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Eine gesonderte Regelung sieht Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein für Bezüge und Ruhegehälter öffentlich Bediensteter vor; diese sind regelmäßig in jenem Staat zu besteuern, der die Bezüge auszahlt (Kassenstaatsprinzip). Sind die dort angeführten Voraussetzungen erfüllt, kommen Art. 15 und Art. 18 DBA-Liechtenstein nicht zur Anwendung. Tatbestandsmäßig setzt Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein idF BGBl. III Nr. 8/2017 voraus (zur davor geltenden Rechtslage vgl. , sowie , mwN):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
die Zahlung der Vergütung von einem Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem vom Vertragstaat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen;
2.
die Erbringung von Diensten für diesen Staat oder die Gebietskörperschaft.

Nach dem DBA-Liechtenstein ist die Anwendung der Kassenstaatsregel ausdrücklich auf Tätigkeiten für den Vertragsstaat und dessen Gebietskörperschaften beschränkt. Körperschaften öffentlichen Rechts, die keine Gebietskörperschaften sind, werden von der Regelung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein somit nicht erfasst (vgl. , mwN).

Klargestellt hat der Verwaltungsgerichtshof in dem eine Lehrerin an einer unter der Trägerschaft einer Anstalt privaten Rechts geführten Privatschule betreffenden Erkenntnis vom , 2013/15/0200, weiters, dass wegen des klaren Wortlautes "Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften" ein Durchgriff durch zwischengeschaltete Personen für Zwecke der Anwendung des Art. 19 DBA-Liechtenstein nicht möglich ist und Vergütungen von privatrechtlich organisierten Arbeitgebern damit nicht unter Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein fallen, auch wenn diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen und staatlicher Aufsicht unterliegen (Hinweis auf Dürrschmidt in Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen6, Art. 19 Rz 27 und 27a; sowie Wassermeyer in Wassermeyer, MA Art. 19 Rz 41, zu der insoweit übereinstimmenden Formulierung des Art. 19 im OECD-Musterabkommen).

Vergütungen von einem rechtlich verselbständigten Arbeitgeber fallen daher, unabhängig davon, ob er nun privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert ist, nicht unter die Zuteilungsregel des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein (vgl. ua. , und die dort angeführten Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes).

Auch in Bezug auf an der Liechtensteinischen Musikschule tätige Lehrpersonen hat das Bundesfinanzgericht die Anwendbarkeit der Bestimmung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein bereits mehrfach verneint, weil diese ihre Dienste gegenüber einer (mit dem Staat Liechtenstein bzw. einer seiner Gebietskörperschaften nicht identen) selbständigen und rechtsfähigen Stiftung öffentlichen Rechts erbringen (vgl. ua. , , , , , und ). Dass die Bezüge von der Liechtensteinischen Landesverwaltung (Landeskasse) ausbezahlt werden, ändert dabei nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes aufgrund der Verpflichtung der Liechtensteinischen Musikschule, die ausbezahlten Bezüge zu refundieren, nichts daran, dass letztlich die Liechtensteinische Musikschule und damit ein rechtlich verselbständigter Arbeitgeber Schuldner der ausbezahlten Bezüge ist. Auch der Umstand, dass die Liechtensteinische Musikschule zu (höchstens) 75% aus staatlichen Mitteln finanziert wird, führt nicht dazu, dass Liechtenstein als Kassenstaat Schuldner der gezahlten Vergütungen wird, was aber Voraussetzung für die Anwendung der Kassenstaatsregelung wäre.

Ebenso stellt die Liechtensteinische Musikschule nach der in den oben angeführten Erkenntnissen dargelegten Auffassung des Bundesfinanzgerichtes kein vom Staat oder einer Gebietskörperschaft errichtetes Sondervermögen im Sinne des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein dar. Sondervermögen werden durch Gesetz errichtet, haben eine eigene Wirtschafts- und Rechnungsführung, können im privaten Rechtsverkehr unter ihrem Namen handeln, klagen und verklagt werden und haften nur für die von ihnen selbst eingegangenen Verbindlichkeiten (vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, Kommentar, 2. Aufl., Art. 19 MA Rz 50), sind aber - obwohl sie als gesondert verwaltete Vermögensmassen im Rechtsverkehr unter eigenem Namen auftreten - nicht rechtsfähig. Die rechtlichen Folgen ihres Handelns treffen daher den Staat als Rechtsträger (vgl. Daxkobler/Kerschner, SWI 10/2012, 454 ff, mwN). Sondervermögen in diesem Sinne sind somit (rechtlich unselbständiger) Teil einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts. Da die Liechtensteinische Musikschule eine rechtlich selbständige Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, kommt eine Qualifikation als Sondervermögen somit nicht in Betracht.

Die mit dem 2. Zusatzprotokoll vorgenommenen Änderungen vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Mit diesem wurde die Anwendung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein auf die dort im Einzelnen angeführten Institutionen ausgeweitet. Die Bestimmung des Art. 19 DBA-Liechtenstein wurde mit dem Abänderungsprotokoll hingegen nur insoweit abgeändert, als in Art. 19 Abs. 1 die Wortfolge "in Ausübung öffentlicher Funktionen" gestrichen und die Überschrift zu Artikel 19 ("Öffentliche Funktionen") durch die Wortfolge "Öffentlicher Dienst" ersetzt wurde. Daran, dass Körperschaften öffentlichen Rechts vom Wortlaut des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein, wie oben dargelegt, nicht erfasst sind, hat sich somit nichts geändert. Wenn daher nach dem 2. Zusatzprotokoll Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein auf die dort namentlich angeführten Stiftungen bzw. Anstalten öffentlichen Rechts jedenfalls Anwendung findet, kann nur davon ausgegangen werden, dass zwischen den Vertragstaaten auch nur hinsichtlich der angeführten Institutionen Einvernehmen über die Anwendung der Kassenstaatsregelung erzielt wurde. Keinesfalls kann daraus aber abgeleitet werden, dass Körperschaften öffentlichen Rechts (entgegen dem Wortlaut der Bestimmung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein) im Fall ihrer Vergleichbarkeit mit den angeführten Institutionen oder gar generell in den Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein fielen. Wäre derartiges tatsächlich beabsichtigt gewesen, ist wohl davon auszugehen, dass die Vertragstaaten eine dies zum Ausdruck bringende Formulierung gefunden hätten. Die Wendung "jedenfalls" in Punkt 3 des 2. Zusatzprotokolls ist daher so zu verstehen, dass die angeführten Institutionen unter Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein fallen sollen, auch wenn sie nach innerstaatlicher Auslegung nicht unter diese Bestimmung zu subsumieren wären (vgl. ua. ).

Gesamthaft gesehen bestehen somit aber keine Zweifel, dass der Beschwerdeführer mit seiner Lehrtätigkeit an der Liechtensteinischen Musikschule keine Dienste für den Staat Liechtenstein, eine seiner Gebietskörperschaften oder eine der in Abs. 3 des 2. Zusatzprotokolls angeführten Institutionen erbracht hat und fallen die auf dieser Tätigkeit basierenden Rentenbezüge (dafür, dass der Beschwerdeführer in Liechtenstein eine andere Tätigkeit im öffentlichen Dienst ausgeübt hätte, ergeben sich aus der Aktenlage keine Anhaltspunkte und wurde derartiges auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet) sohin nicht in den Anwendungsbereich des Art. 19 DBA-Liechtenstein. Dass die Auszahlung der Renten durch eine nach dem 2. Zusatzprotokoll als Sondervermögen im Sinne des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein geltende Institution erfolgt ist, vermag am Fehlen der genannnten Tatbestandsvoraussetzung nichts zu ändern. Damit steht das Besteuerungsrecht hinsichtlich der in Rede stehenden Renten gemäß Art. 18 DBA-Liechtenstein aber Österreich zu und konnte der Beschwerde insoweit daher kein Erfolg beschieden sein.

Dass von der liechtensteinischen Steuerverwaltung offensichtlich eine andere Sichtweise vertreten wird und sich diese dafür ausgesprochen hat, dass die zuständigen Behörden der Länder die Artikel 15 und 18 DBA-Liechtenstein erst für Steuerjahre anwenden, die am oder nach dem beginnen, steht dem nicht entgegen, besteht doch keinerlei Bindung an die Auffassung einer ausländischen Abgabenbehörde und steht diese aus den dargelegten Gründen auch nicht im Einklang mit dem Abkommen und der inländischen Rechtsprechung.

Nichts zu gewinnen ist in diesem Zusammenhang auch mit dem Verweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Auch wenn die Bezüge des Beschwerdeführers über Jahre hinweg als unter Art. 19 DBA-Liechtenstein fallend und somit der Besteuerung in Liechtenstein unterliegend beurteilt wurden, kann daraus ein Rechtsanspruch auf Beibehaltung dieser Verwaltungspraxis nicht abgeleitet werden. Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer allenfalls auch unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit; die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen (vgl. , , und ). Es müssen sohin besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Abgabenbehörde unbillig erscheinen lassen, wie dies etwa der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der zuständigen Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit derselben herausstellt (vgl. ua. , und , mwN). Ein solcher Fall liegt gegenständlich aber ohne Zweifel nicht vor. Zudem kann der Grundsatz von Treu und Glauben nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. , und , mwN). Ein Vollzugsspielraum in diesem Sinne bestand bei der Beurteilung der Anwendbarkeit der Bestimmungen des DBA-Liechtenstein aber nicht.

Mit der Anrechnung der von Liechtenstein einbehaltenen Steuer in den Streitjahren hat sich das Finanzamt im Zuge des zweitinstanzlichen Verfahrens im Hinblick auf die Verordnung BGBl. II Nr. 192/1997 einverstanden erklärt (vgl. dazu ). Eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Frage erübrigt sich an dieser Stelle daher.

Gesamthaft gesehen war der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 somit insoweit teilweise Folge zu geben, als die liechtensteinischen Quellensteuern antragsgemäß zu berücksichtigen waren. Im Übrigen konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.

IV. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Beschwerdefall strittige Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme der Verfahren wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Hinsichtlich des strittigen Besteuerungsrechtes der Pensionsbezüge aufgrund der Tätigkeit als Lehrer an der Liechtensteinischen Musikschule steht das Erkenntnis im Einklang mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2013/15/0200, wonach Körperschaften öffentlichen Rechts, die keine Gebietskörperschaften sind, von der Regelung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein nicht erfasst werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 18 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971
Art. 19 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.1100442.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at