Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 09.03.2022, RV/7103529/2021

Ermessensübung bei der Festsetzung einer Zwangsstrafe iZm § 5 WiEReG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den SenatsvorsitzendenRichter1, den RichterRichter2 sowie die fachkundigen Laienrichter TitelRichter3 Richter3 und Richter4 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Steuerberatungsgesellschaft, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom zu St.Nr. Steuernummer über die Festsetzung einer Zwangsstrafe, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Schriftführerin1 zu Recht erkannt:

Gemäß § 279 BAO wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert. Die Zwangsstrafe wird mit 300,00 € festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom erinnerte das Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf die beschwerdeführende Gesellschaft (Beschwerdeführerin, Bf.) daran, die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) vorzunehmen, und ersuchte die Bf., dies bis nachzuholen. Falls die Bf. dem Ersuchen nicht Folge leiste, werde gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € festgesetzt werden. Dieses Schreiben wurde der Bf. laut Rückschein am zugestellt.

Das Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf erließ an die Bf. zu Handen ihrer steuerlichen Vertretung den angefochtenen, mit datierten Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe, welche mit 1.000,00 € festgesetzt wurde. Weiters forderte das Finanzamt die Bf. auf, bis die bisher unterlassene Handlung nachzuholen, andernfalls eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 € festgesetzt werde.
Der Bescheid wurde folgendermaßen begründet: "Zwangsstrafen bezwecken, bei einem objektiven Verstoß gegen gesetzliche oder behördliche Anordnungen den Abgabenpflichten zur Befolgung selbiger zu verhalten und die durch Gesetz oder Behörde auferlegte Verpflichtung zu erfüllen.
Die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer iSd § 5 WiEReG dient dem Zweck der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung.
§ 16 WiEReG sieht vor, dass die Abgabenbehörde die Vornahme der Meldung nach § 5 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen kann, wenn diese nicht oder nicht vollständig erstattet wird.
Da diese Meldung von Ihnen nicht in der vom Gesetz geforderten Weise erstattet wurde, wird die Zwangsstrafe iHV Euro 1.000,00 festgesetzt."

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am .

Am nahm die Bf. die Meldung ihrer wirtschaftlichen Eigentümer vor.

Über FinanzOnline brachte die Bf., vertreten von StBGes, am Beschwerde gegen den Bescheid über die Zwangsstrafenfestsetzung vom ein. Vorgebracht wurde: "Wir beantragen höflich, die festgesetzte Zwangsstrafe aufzuheben bzw. in eventu mit EUR 100,-festzusetzen. Begründung: Die Festsetzung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. , ). Die Behörde hat dabei ihr Ermessen (§ 20 BAO) nach den Grundsätzen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit auszuüben. Bei der Ermessensübung werden bei der Nichteinreichung von Abgabenerklärungen unter anderem das steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen und die Höhe des davon allenfalls Betroffenen Abgabenanspruches bzw. einer allfälligen Steuernachforderung zu berücksichtigen sein. Im gegenständlichen Fall ergab sich kein Steueranspruch bzw. auch keine Steuernachforderung und wurden die Finanzbehörden auch in keinster Weise bei der Steuerfestsetzung behindert. Die Aufforderungen zur Meldung nach dem WiEReG sind einheitlich an unsere Kanzlei als Zustellbevollmächtigtem ergangen. Wir dürfen darauf hinweisen, dass die Eintragung nach dem WiEReG auf der Basis eines neuen Gesetzes erfolgt, mit dem es in der Vergangenheit bisher keine Erfahrungen gegeben hat.Die Eintragung über das Portal FinanzOnline bzw. USP Services ist EDV-technisch auch von verschiedenen Parametern abhängig, so muss z.B. ein bestimmtes Kontingent von Meldungen vorab gekauft werden, um die Meldung überhaupt erstatten zu können. Der Aufbau der Maske etc. ist zwar grundsätzlich übersichtlich, kann aber bei bestimmten Gesellschaftsformen leicht Bedienungsfehler hervorrufen, die sich dadurch äußern, dass das Programm nicht ordnungsgemäß abgeschlossen werden kann, sondern erst eine Fehlersuche notwendig ist. Die Eintragungen müssen dann korrigiert werden, bis die Maske einen Abschluss des Vorganges zulässt.
Kurz gesagt stellte dieses neue Verfahren vor allem im Jahr 2018 eine Herausforderung an unsere Kanzlei dar. Es ist richtig, dass eine Erinnerung zur Erstattung der Meldung ergangen ist, wobei es beim Einträgen der in der Erinnerung genannten Fristen leider zu einem Fehler gekommen ist. Der Fehler lag darin, dass bei manchen Erinnerungsschreiben eine Frist zur Nachholung bis enthalten war, bei anderen eine Frist zur Nachholung bis . In beiden Schreiben, obwohl unterschiedlich, jeweils (zufällig) der 14. des Monats. Die Erinnerungsschreiben waren auch vom Finanzamt unterschiedlich verfasst, wobei sich der genannte Termin in der Mitte des Schreibens befunden hat. Beim Übertragen dieser Termine in eine Fristenliste ist es zu einem Versehen gekommen, da irrtümlich statt des der angeführt wurde. Die Meldung wurde dann umgehend erstattet, vor allem aber hat sich aus der Meldung keine neue Rechtstatsache ergeben, sondern die schon im öffentlichen Firmenbuch bekannten Rechtstatsachen sind lediglich auch in die WiEReG-Meldung eingeflossen. Für die Behörde ergab sich dadurch kein neuer oder anderer Erkenntniswert als vor der WiEReG-Meldung. Da es zu keinerlei Nachzahlung gekommen ist wäre die Verhängung einer Zwangsstrafe aus Sicht des Abgabepflichtigen unbillig. Darüber hinaus möchten wir darauf hinweisen, dass der Abgabenpflichtige stets seine diesbezüglich abgabenrechtlichen Fristen eingehalten hat, was die Abgabe von Steuererklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen betrifft. Wir ersuchen daher höflich diesen Argumenten zu folgen und bitten um Erlass der diesbezüglichen Zwangsstrafe bzw. in eventu auf Reduzierung derselbigen auf einen Betrag von EUR 100,-."

Gemäß § 323b Abs. 1 BAO trat das Finanzamt Österreich am an die Stelle des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf.

Das Finanzamt Österreich erließ eine abweisende, mit datierte Beschwerdevorentscheidung, welche laut Rückschein am zugestellt wurde und welche folgendermaßen begründet wurde: "Das WiEReG trag[t] am in Kraft. Gemäß § 18 Abs. 1 WiEReG waren die in § 1 Abs. 2 WiEReG genannten Rechtsträger verpflichtet, die Daten gem. § 5 Abs. 1 WiEReG über ihre wirtschaftlichen Eigentümer erstmalig bis zum an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu melden.
Wird die Meldung gem. § 5 WiEReG nicht oder nicht vollständig erstattet, kann die Abgabenbehörde deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen (§ 16 WiEReG).
Gemäß §
[1]11 Abs. 1 erster Satz BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer aufgrund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
Nach § 111 Abs. 2 BAO muss der Verpflichtete, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistungen aufgefordert werden.
Da bereits am die Festsetzung der Zwangsstrafe angedroht wurde und Ihnen eine Nachfrist bis gewährt wurde, die Festsetzung der Zwangsstrafe dem Grunde und Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde innerhalb der Grenzen getroffen wurde, war Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Der war ein Sonntag, sodass als letzter Tag der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages der anzusehen ist. Innerhalb dieser Frist brachte die Bf., vertreten durch StBGes, am über FinanzOnline einen Vorlageantrag (Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom gemäß § 264 Abs. 1 BAO durch das Verwaltungsgericht, hier: Bundesfinanzgericht) ein. Es wurden Anträge auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO gestellt. Zusätzlich wurde vorgebracht: "Selbst in der jetzt durch das Finanzamt erstellten, hier bekämpften, negativen Beschwerde Vorentscheidung hat das Finanzamt selbst die Nachfrist mit falsch angeführt, statt richtigerweise mit . Auch hier kommen also Fehler vor.
Die Abgabenbehörde hat wie sich aus den Formulierungen des §§ 16 WiEReG und des § 111 BAO ergibt hinsichtlich der Festsetzung einer Zwangsstrafe einen Ermessensspielraum sowohl dem Grunde nach als auch - unter Beachtung des in § 111 Abs. 3 BAO normierten Höchstbetrages auch der Höhe nach. Gemäß § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren (vgl ; ).
Der Zweck der Zwangsstrafe besteht nicht in der Bestrafung der Person, sondern darin, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten (vgl ). Entgegen dem Wortlaut Zwangs-"Strafe" handelt es sich lediglich um ein Pressionsmittel, das eingesetzt werden soll, um eine abgabenrechtlich gebotene Leistung herbeizuführen, nicht jedoch, um ein unrechtmäßiges Verhalten zu bestrafen (vgl Stoll, BAO 1192).
Die WiEReG Meldung wurde umgehend erstatten, vor allem aber hat sich aus der Meldung wie bereits in der Bescheidbeschwerde ausgeführt keine neuen Rechtstatsachen für das Finanzamt ergeben außer den ohnehin im öffentlichen Firmenbuch bekannten Rechtstatsachen. Es handelt sich auch nicht um eine ausländische Konstruktion o. ä., weshalb auch nicht unterstellt werden kann der Abgabenpflichtige wollte dem Finanzamt vorsätzlich Informationen vorenthalten. In der Beschwerde wurde auch in eventu um Herabsetzung der Zwangsstrafe gebeten, da sich die Abgabenpflichtige bisher immer wohl verhalten und alle Termine eingehalten hat.
Das Finanzamt hat in seiner ablehnenden Beschwerde Vorentscheidung keinerlei Bezug darauf genommen, ob nicht mit einer Reduzierung der Zwangsstrafe auf einen Betrag von EUR 100 auch der Normzweck eines Druckmittels erreicht worden wäre, obwohl die Abgabenpflichtige in der Bescheidbeschwerde darauf hingewiesen hat dass eine Festsetzung der Zwangsstrafe iHv EUR 100 in eventu den Umständen dieses Einzelfalles im Hinblick auf Billigkeit und Ermessensspielraum wohl eher entsprechen würde. Es ist auch nicht nachvollziehbar warum die Nichtabgabe einer Steuererklärung im Regelfall mit einer Zwangsstrafe von EUR 150 geahndet wird (wobei jedoch Besteuerungsgrundlagen offengelegt werden) und im Falle einer Offenlegung von Tatsachen die ohnehin schon aus dem Firmenbuch bekannt sind eine zehnfache Strafe verhängt werden soll."

Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht (BFG) vor und erstattete einen Vorlagebericht.

Am wurde seitens der Bf. eine Stellungnahme (Replik auf den Vorlagebericht eingebracht), welche auch in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde.

Am fand die beantragte mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. Der Vertreter der Bf. verwies auf die Stellungnahme vom Februar 2022 sowie auf die Rechtsprechung des VwGH zu § 111 BAO. Weiters verwies er auf seine bisherigen Ausführungen, wobei er betonte, dass es sich um die erste Direktmeldung gehandelt habe, die mit erheblichen Schwierigkeiten der Durchführung verbunden gewesen sei. Die Sachbearbeiterin, die in seiner Kanzlei mit dieser Aufgabe betraut gewesen sei, sei schwer krank gewesen und in der Folge auch später an ihrer Krankheit verstorben. Wie bekannt und unbestritten sei, sei in seiner Kanzlei ein Fehler bei der Erfassung des Endtermines erfolgt, was die Ursache für die verspätete Meldung gewesen sei. Unverzüglich nachdem dieser Fehler mit Zugang des Zwangsstrafenbescheides entdeckt worden sei, sei am gleichen Tag die Meldung im Register erfolgt.
In eventu werde die Herabsetzung der Zwangsstrafe auf nunmehr € 150,00 beantragt. Das sei jene Höhe, in der vom Finanzamt im Regelfall bei Terminversäumnissen erstmals eine Zwangsstrafe angedroht werde.
Eine automatisierte Versendung einer Zwangsstrafenandrohung in Höhe von € 1.000,00 und die darauffolgende Festsetzung der Zwangsstrafe in dieser maximalen Höhe erscheine nicht als ordnungsgemäße Ermessensübung. Damit würden die konkreten einzelnen Umstände der Bf. nicht angemessen berücksichtigt. Hierzu werde auf die Rechtsprechung des BFG, z.B. RV/7102839/2017 verwiesen, wo ausgeführt werde, dass die Gesamtsituation der Steuerpflichtigen bei der Ermessensübung zu berücksichtigen und zu würdigen sei.

Seitens des Finanzamtes wurde in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass der bisherige Standpunkt beibehalten werde. Es handele sich um eine Terminnachlässigkeit des steuerlichen Vertreters, wobei sich der Steuerpflichtige die Fehler seines Vertreters zurechnen lassen müsse. Vorgelegt wurden ein Auszug aus Ellinger BAO zur Festsetzung der Zwangsstrafe bzw. zur Ausübung des Ermessens gemäß § 20 BAO sowie ein Ausdruck über zahlreiche Erkenntnisse des BFG betreffend die Festsetzung von ersten Zwangsstrafen gemäß dem WiEReG, in denen eine Zwangsstrafe von € 1.000,00 als rechtmäßig beurteilt worden sei.
Betont werde, dass eine Zwangsstrafe betreffend Einbringung einer Steuererklärung einen völlig anderen Sachverhalt und Rechtsgrundlage betreffe, als Zwangsstrafen in Zusammenhang mit der Meldeverpflichtung nach dem WiEReG.

Erwägungen über die Beschwerde:

§ 111 BAO bestimmt: "§ 111. (1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."

Die Bf. ist gemäß § 1 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 2 WiEReG als Kommanditgesellschaft ein Rechtsträger, auf den das WiEReG anzuwenden ist. Nicht alle Gesellschafter der Bf. sind natürliche Personen, sodass die Bf. nicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 WiEReG von der Meldepflicht befreit ist. Die Bf. ist somit gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG zur Meldung der Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer verpflichtet. Diese Pflicht besteht gemäß § 18 Abs. 1 WiEReG seit .

Da die Bf. diese Pflicht bis nicht erfüllt hatte, drohte das Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf der Bf. mit Schreiben vom richtigerweise die gegenständliche Zwangsstrafe an, weil § 16 Abs. 1 WiEReG erfüllt war. Denn § 16 Abs. 1 WiEReG lautete von bis : "Wird die Meldung gemäß § 5 nicht oder nicht vollständig erstattet, kann die Abgabenbehörde deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von drei Monaten vorzunehmen."

Die am zugestellte Androhung der Zwangsstrafe gewährte der Bf. eine Frist bis , sodass der Bf. - wie gefordert - eine Frist von mehr als drei Monaten gewährt wurde. Die Androhung der Zwangsstrafe bezog sich auf § 5 WiEReG, sodass die von Ritz, BAO6, § 111 Tz 7 mit Verweis auf Stoll geforderte Angabe der gesetzlichen Bestimmung, "auf die die Abgabenbehörde ihr unter Zwang gestelltes Leistungsbegehren stützt" erfolgt ist.

Die Bf. hat innerhalb der gesetzten Frist, also bis , die Meldung gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG nicht vorgenommen, sodass nach dem Wortlaut des § 111 BAO die Verhängung einer Zwangsstrafe möglich war. Weiters wird gefordert, dass der (erstinstanzliche) Bescheid zur Festsetzung der Zwangsstrafe nicht erst dann erlassen (zugestellt) wird, wenn die angeordnete Leistung bereits erfolgt ist (Ellinger et al., § 111 BAO, Anm. 6, E 27, E 29; ; ). Hier wird dies dadurch erfüllt, dass die Meldung gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG umgehend nach Zustellung des Bescheides über die Festsetzung der Zwangsstrafe - noch am selben Tag - erstattet wurde.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde (Ellinger et al., § 111 BAO, E 5 (). Dieses Ermessen wird vom Bundesfinanzgericht im Rahmen seiner umfassenden Kognitionsbefugnis im Sinne des § 279 Abs. 1 BAO unabhängig von der erstinstanzlichen Ermessensübung nochmals geübt. Jedoch stellt die ursprünglich angedrohte Höhe der Zwangsstrafe auch für das Bundesfinanzgericht die Obergrenze dar (Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 111 Rz 16; )

Zur Ermessensübung:

§ 20 BAO bestimmt: "§ 20. Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen." Gemäß §§ 2a und 269 Abs. 1 BAO gilt dies auch für Ermessensentscheidungen des Bundesfinanzgerichtes. Die Ermessensentscheidung erfolgt für den konkreten Einzelfall, weshalb die Verweise beider Parteien, einerseits auf andere Entscheidungen des BFG und andererseits auf die Vorgangsweise betreffend Steuererklärungen, nicht zielführend sind.

Unter Billigkeit ist die Bedachtnahme auf berechtigte Interessen der Partei zu verstehen (Ellinger et al., § 20 BAO Anm. 8)

Laut Ellinger et al., § 20 BAO Anm. 9, ist unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben, aber auch die Bedachtnahme auf Sinn und Zweck gesetzlicher Vorschriften zu verstehen und ferner - ableitbar aus Art 126b Abs 5 B-VG - auch die Bedachtnahme auf die Verwaltungsökonomie (Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung)

Zum Sinn und Zweck der Regelungen des § 5 WiEReG über die Meldung der Daten über die wirtschaftlichen Eigentümer:

  • Das Register der wirtschaftlichen Eigentümer erfordert, dass es mit den notwendigen Daten befüllt wird, was ohne Meldepflichten unmöglich wäre.

  • In den Erläuterungen zu § 16 der Regierungsvorlage zum WiEReG (1660 BlgNR XXV.GP) wird ausgeführt: "Das Register kann seine Funktion nur dann erfüllen, wenn die Rechtsträger ihrer Verpflichtung zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer nachkommen. Die Nichterfüllung der gesetzlichen Meldeverpflichtung, welche jedenfalls eine unvertretbare Leistung durch den Rechtsträger im Sinne des § 111 BAO darstellt, soll daher durch das Beugemittel der Zwangsstrafe herbeigeführt werden können. Dem Rechtsträger ist die Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Vornahme der Meldung anzudrohen. Erst nach einem ungenützten Verstreichen einer Nachfrist ist die Zwangsstrafe zu verhängen."

  • Das Register der wirtschaftlichen Eigentümer setzt die verbindlichen Vorgaben durch Art. 30 und 31 der Richtlinie (EU) 2015/849 um. Damit das Register seine Funktion erfüllen kann, verpflichtet die Richtlinie (EU) 2015/849 die Mitgliedstaaten, Maßnahmen vorzusehen, die gewährleisten, dass die gespeicherten Daten der wirtschaftlichen Eigentümer aktuell und richtig sind.

  • Im Bericht des Finanzausschusses des Nationalrates zum WiEReG (1725 BlgNR XXV.GP, Abs. 2) wird ausgeführt: "Dieses Register soll einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung leisten. Dies kann nur dann gelingen, wenn alle inländischen zuständigen Behörden, die Geldwäschemeldestelle sowie alle inländischen Verpflichteten, die Sorgfaltspflichten gemäß der nationalen Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/849 anzuwenden haben, auf ein Register zugreifen können, in dem aussagekräftige Daten über die wirtschaftlichen Eigentümer von Rechtsträgern gespeichert sind."

  • Der Zweck des Registers der wirtschaftlichen Eigentümer und der Meldungen über wirtschaftliche Eigentümer an die Registerbehörde geht weit darüber hinaus, den Abgabenbehörden Informationen zu liefern. Die Abgabenbehörden und das Bundesfinanzgericht sind nur zwei von 19 Behörden bzw. Behördentypen, welche gemäß § 12 Abs. 1 WiEReG für jeweils bestimmte Zwecke zur Einsicht in das Register berechtigt sind. Weiters sind in § 9 Abs. 1 Z 1 bis 16 WiEReG sogenannte Verpflichtete bzw. Typen von Verpflichteten aufgelistet, die im Rahmen der Anwendung der Sorgfaltspflichten zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung gegenüber ihren Kunden bzw. für die Zwecke der Beratung ihrer Mandanten Einblick in das Register nehmen können.

Aus all diesen Gründen spricht die Zweckmäßigkeit dafür, die zeitgerechte Einhaltung der Meldeverpflichtungen gemäß § 5 WiEReG durch die Androhung und gegebenenfalls die Festsetzung von Zwangsstrafen durchzusetzen. Damit die Androhung von Zwangsstrafen ernst genommen wird, ist die allenfalls gebotene Festsetzung von Zwangsstrafen unerlässlich und daher zweckmäßig. Das Interesse der Bf., nicht durch eine Zwangsstrafe finanziell belastet zu sein, steht hier hinter dem Gewicht der Zweckmäßigkeit zurück. Dem Grunde nach ist daher im vorliegenden Fall eine Zwangsstrafe festzusetzen.

Hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe spricht die Zweckmäßigkeit für eine deutlich spürbare Höhe.

Im Sinne der Billigkeit ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bf. zu berücksichtigen: Die letzte beim Handelsgericht eingereichte Bilanz der Bf. zum weist Aktiva iHv 460,00 € und ein negatives Eigenkapital iHv -2.651,47 € aus. Laut elektronischem Jahresabschluss im Steuerakt hatte sie 2020 keine Betriebseinnahmen. Der letzte Bescheid über die Feststellung der Einkünfte der Bf. gemäß § 188 BAO, jener für 2020, weist negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -1.676,79 € aus. Die Bf. ist an einer anderen KG beteiligt, aus welcher sie zuletzt einen Einkünfteanteil iHv 0,00 € bezog. Die Vermögens- und Ertragslage der Bf. zeigt eine geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bf. auf.

Weiters ist auch das sonstige Verhalten der Bf. in Bezug auf die Einhaltung von Fristen in die Ermessensübung einzubeziehen: Die Buchungen auf dem Steuerkonto der Bf. der letzten zehn Jahre zeigen, dass die beschwerdegegenständliche Zwangsstrafe die erste Zwangsstrafe ist. Dies lässt auf ein regelmäßiges Wohlverhalten der Bf. in Bezug auf die Einhaltung von Fristen schließen. Das Verschulden der Bf. ist gering.

Nach Abwägung der vorgenannten, in Betracht kommenden Umstände übt der Senat des Bundesfinanzgerichtes das Ermessen derart, dass die Zwangsstrafe mit 300,00 € festgesetzt wird. Somit wird der Beschwerde teilweise stattgegeben.

Zur (Un)Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen sind keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. ; ). Auch angesichts der eindeutigen Rechtslage war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist (vgl. ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 5 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103529.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at