Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.02.2022, RV/3100350/2018

Abschreibung eines im zeitlichen Geltungsbereich geleisteten Finanzierungsbeitrages iSd WGG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache Bf, Bf_Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA (nunmehr: FA Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2014 Steuernummer Bf_StNr zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Anlässlich der zum erfolgten Betriebsaufgabe wurde beim Beschwerdeführer (Bf) 2017 eine Außenprüfung durchgeführt.

Dabei traf der Betriebsprüfer unter Tz 1 der Niederschrift über die Schlussbesprechung folgende Feststellung:

"TZ 1 Betriebsaufgabe zum - Ermittlung Übergangsgewinn

Nach Rückstellung der angemieteten Ordinationsräumlichkeiten in Adr_Praxis, an die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Bauges wurde der 1983 geleistete Finanzierungsbeitrag laut Abrechnung vom mit € 35.652,57 gutgeschrieben und ausbezahlt.

Bei diesem 1983 geleisteten Finanzierungsbeitrag handelt es sich um eine zusätzlich zum laufenden Entgelt angefallene Vorauszahlung auf das Nutzungsentgelt, die auf die voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben gewesen wäre.

Die Rückzahlung dieses Finanzierungsbeitrages anlässlich der Auflösung des Mietverhältnisses ist daher eine gewinnerhöhende Einnahme, die dem Übergangsgewinn zuzurechnen ist."

2. Aufgrund dieser Feststellung wurde das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2014 mit Bescheid vom wiederaufgenommen. Im neuen Erstbescheid vom selben Datum wurde der Betrag von € 35.652,57 dem Übergangsgewinn gem. § 4 Abs. 10 EStG 1988 hinzugerechnet, woraus - unter Anwendung des Hälftesteuersatzes gem. § 37 Abs. 5 EStG 1988 - eine Nachforderung an Einkommensteuer 2014 iHv € 9.689,00 resultierte.

3. In der ausschließlich gegen den neuen Einkommensteuerbescheid erhobenen Beschwerde vom wurde dazu ausgeführt, es handle sich beim Finanzierungsbeitrag um einen an den Mieter rückzahlbaren Betrag iSd § 17 WGG. Der ursprünglich aufgrund des Mietvertrages zu zahlende Betrag von ATS 577.000,00 (€ 41.739,57) sei vom Bf zum auf dem Konto 2700 "Sonstige Forderungen" als Forderung ausgewiesen worden. Eine sofortige, gänzliche Geltendmachung als Betriebsausgabe sei 1983 nicht erfolgt.

Ebenso wenig sei eine jährliche Abschreibung iSd § 17 Abs. 4 WGG mit jährlich 2 % bzw. ab 2001 mit 1 % erfolgt, zumal der Forderungsposten "Finanzierungsbeitrag" in den Büchern nicht weitergeführt worden sei. Eine Berichtigung dieses Fehlers gem. § 4 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 hätte zur Folge, dass zum Betriebsbeendigungsstichtag der Betrag von € 35.652,57 als Forderung in den Büchern stehen würde, dessen Auszahlung nicht gewinnwirksam wäre.

Eine Abschreibung des Finanzierungsbeitrages auf die voraussichtliche Nutzungsdauer (lt. BP - Anm.) scheide aus, da die tatsächliche Nutzungsdauer durch den Bf bis zu seiner Pensionierung und daraus folgenden Betriebsaufgabe nur 31 Jahre betragen habe. Eine Abschreibung auf 31 Jahre könne jedoch im Hinblick auf die Regelung des § 17 Abs. 4 WGG nicht den tatsächlichen Wertverzehr darstellen.

4. In der abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde außer Streit gestellt, dass es sich beim 1983 geleisteten Finanzierungsbeitrag um einen rückzahlbaren Betrag handle.

Darüber hinaus wurde nunmehr die Ansicht vertreten, dass es sich um einen "normalen" Mietaufwand handle, der 1983 als sofortige Betriebsausgabe abgesetzt werden hätte müssen, und nicht um eine zusätzlich zum laufenden Entgelt angefallene Vorauszahlung gem. § 4 Abs. 6 EStG 1988.

Dieser Betriebsausgabe sei die Rückzahlung des Finanzierungsbeitrages anlässlich der Beendigung des Mietvertrages als Betriebseinnahme gegenüberzustellen; dass eine Absetzung als Betriebsausgabe 1983 nicht erfolgt sei, ändere nichts am Betriebseinnahmencharakter der Rückzahlung, zumal diese Zahlung tatsächlich zugeflossen sei; der Wertverzehr lt. § 17 Abs. 4 WGG sei berücksichtigt worden.

Die Nachholung der verabsäumten Abschreibung des Finanzierungsbeitrages im Wege der Bilanzberichtigung gem. § 4 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 scheitere daran, dass dieser eben keine jährlich abzuschreibende Vorauszahlung sei.

5. Im Vorlageantrag vom wurde unter Verweis auf , sowie , nochmals vorgebracht, dass es sich beim Finanzierungsbeitrag um eine Vorauszahlung auf das Nutzungsentgelt gehandelt habe, welche gem. § 4 Abs. 6 EStG 1988 zu verteilen sei. Demzufolge stehe bei Auszahlung des Finanzierungsbeitrages diesem schlussendlich ein Buchwert gegenüber und könne es somit zum Zeitpunkt der Rückzahlung des Finanzierungsbeitrages nicht zur Gänze zu einer Betriebseinnahme in Höhe des Rückzahlungsbetrages kommen.

II. Sachverhalt

1. Der Bf mietete mit Vertrag vom die Geschäftsfläche im Objekt O, Adr_Praxis, samt Tiefgaragenplatz von der Bauges.

Unter Pt. IV. des Mietvertrages wurde festgehalten, dass der Bf einen Finanzierungsbeitrag von S 577.000,00 zu leisten hat. Die Rückzahlung eingezahlter Finanzierungsbeiträge sollte gemäß Pt. VII. des Mietvertrages nach den Bestimmungen des § 17 WGG erfolgen.

2. Der Bf betrieb im Mietobjekt eine Zahnarztpraxis; zum erfolgte die Betriebsaufgabe.

3. Mit Schreiben vom gab die Wohnbaugesellschaft dem Bf die Abrechnung anlässlich der Rückstellung des Mietobjektes zum bekannt. Die Rückzahlung des gem. § 17 Abs. 4 WGG abgewerteten Finanzierungsbeitrages iHv € 35.652,57 erfolgte am .

4. Die Bauges hat gemäß § 2 ihres Gesellschaftsvertrages sämtliche im § 7 WGG bezeichneten Geschäfte zum Gegenstand und Zweck ihres Unternehmens, wozu auch die Errichtung von Geschäftsräumen in einem gewissen Umfang des jeweiligen Bauvorhabens gehört.

5. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Bf die Zahlung des Finanzierungsbeitrages iHv ATS 577.000,00 1983 als Betriebsausgabe geltend gemacht hat.

III. Rechtslage und Erwägungen

1.1. Die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) auf den zwischen dem Bf und der Bauges abgeschlossenen Mietvertrag ist unstrittig.

1.2. Gemäß § 13 Abs. 1 WGG haben die gemeinnützigen Bauvereinigungen für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes aus dem Titel eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages, (…) ein angemessenes Entgelt zu vereinbaren (…). Der Berechnung dieses Entgelts sind gem. Abs. 2 leg. cit. die gesamten Herstellungskosten zugrunde zu legen.

Gemäß § 14 Abs. 1 3. Satz WGG sind die vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten vor Abschluss des Vertrages oder zu diesem Anlass zusätzlich erbrachten Beiträge zur Finanzierung des Bauvorhabens bei der Berechnung des Entgelts betragsmindernd zu berücksichtigen.

Gemäß § 17 Abs. 1 WGG entsteht dem ausscheidenden Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten bei Auflösung eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm zur Finanzierung des Bauvorhabens neben dem Entgelt geleisteten Beträge, vermindert um die ordnungsmäßige Absetzung für Abschreibung im gemäß Abs. 4 festgesetzten Ausmaß.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. sind die Beträge gemäß Abs. 1 mit 1 vH pro Jahr, gerechnet ab Erteilung der baubehördlichen Benützungsbewilligung, bei allfälligem früheren Beziehen der Baulichkeit ab diesem Zeitpunkt abzuschreiben.

Bis zur Wohnrechtsnovelle 2000 hatte die Abschreibung mit 2 vH pro Jahr zu erfolgen. Der so ermittelte Betrag war mit jenem Faktor aufzuwerten, der sich aus der Veränderung des vom Österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarten Verbraucherpreisindex' 1976 (§ 17 Abs. 4 WGG in der 1983 geltenden Fassung - Anm.) oder der jeweils vorangegangenen Indizes oder der an seine Stelle getretenen Indizes ergab.

1.3. Der Oberste Gerichtshof unterscheidet zwischen "echten" Mietzinsvorauszahlungen und Finanzierungsbeiträgen. Eine echte Mietzinsvorauszahlung liegt demnach vor, wenn sie einem bestimmten Zeitraum zugeordnet wird und in diesem Zeitraum die Mietzinsbelastung des Mieters derart verringert, dass bei voller Nutzungsdauer nur das tatsächlich Geschuldete bezahlt wurde und bei vorzeitiger Auflösung des Mietverhältnisses der aliquote Teil zurückzuzahlen ist. Im Anwendungsbereich des WGG besteht keine Möglichkeit "echter" Mietzinsvorauszahlungen; es besteht eine Verpflichtung der gemeinnützigen Bauvereinigungen, ein am Kostendeckungsprinzip orientiertes angemessenes Entgelt für die Überlassung von Wohnungen und Geschäftsräumen zu verlangen. Dieses Entgelt darf weder über- noch unterschritten werden, ist also insofern ein Festpreis. Jede Entgeltsvorauszahlung, die sich nicht in die gesetzlich vorgeschriebene Preiskalkulation fügt und damit dem gemeinnützigkeitsrechtlichen Prinzip der Kostendeckung widerspricht, ist daher als Finanzierungsbeitrag zu behandeln, der unmittelbaren Einfluss auf die Berechnung des laufenden Entgelts nimmt.
Der in § 17 WGG normierte Rückzahlungsanspruch des ausscheidenden Mieters oder Nutzungsberechtigten hat eben jene Beträge zum Gegenstand, die neben dem (laufenden) Entgelt zur Finanzierung des Bauvorhabens geleistet wurden. Der Entgeltcharakter derartiger Finanzierungsbeiträge steht außer Zweifel, da sie zu einer Minderung der Miete bzw. des Nutzungsentgelts führen.
( mwN)

Die von WGG-Mietern für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraums vorweg zu leistenden Finanzierungsbeiträge (Anteile an den Grund- und Baukosten) sind auf Grund ihrer rechtlichen Konstruktion (§ 14 Abs 1 iVm § 17 Abs 1 WGG) als Mietzinsvorauszahlungen und demnach als Bestandteile des geschuldeten Mietzinses zu qualifizieren ( mwN).

2. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beschäftigte sich iZm "Mietvorauszahlungen" vor allem mit der Frage, ob diese beim Vermieter bzw. Empfänger bereits im Zeitpunkt der Zahlung als zugeflossen iSd § 19 Abs. 1 EStG waren. Diese Rechtsprechung war nicht einheitlich.

Nachdem der Verwaltungsgerichtshof Mietvorauszahlungen ursprünglich als mit der Zahlung zugeflossen und zu versteuern ansah, wurde ab der Entscheidung vom , 12/63, Mietvorauszahlungen, sofern der Vermieter bei vorzeitiger Auflösung des Mietvertrages dazu verpflichtet war, den noch nicht verrechneten Teil der Vorauszahlung (im zitierten Erkenntnis: Baukostenzuschuss) zurückzuzahlen, wirtschaftlich betrachtet der Charakter eines Darlehens beigemessen. Diese Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach wiederholt, beispielsweise in seiner Entscheidung vom , 82/14/0115, iZm Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, aber auch etwa in , iZm gewerblichen Einkünften im Fall einer Gastwirtin, die gegen Zahlung eines einmaligen Betrages durch die Brauerei eine Abnahmeverpflichtung übernahm.

In der Entscheidung vom führte der Verwaltungsgerichtshof aus:
"Baukostenzuschüsse oder Mietvorauszahlungen des Mieters sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim Vermieter im Jahre des Zufließens Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung jedenfalls in dem Umfang, in dem den Vermieter keine Rechtspflicht zur Zurückzahlung des erhaltenen und gegen Miete zu verrechnenden Betrages trifft."

Mit , ist der Verwaltungsgerichtshof zu seiner ursprünglichen Linie zurückgekehrt, wonach Mietvorauszahlungen mit der Zahlung als zugeflossen gelten; allfällige Rückforderungsansprüche des Mieters führten mit ihrer Erfüllung zu Werbungskosten. (Doralt, Vorauszahlung oder Darlehen, RDW 1992, 26).

3. Im zeitlichen Umfeld der Zahlung des Finanzierungsbeitrages im Beschwerdefall (1983) herrschte somit die Rechtsmeinung vor, es handle sich, da die Zahlung bis zum Ablauf des Verrechnungszeitraumes (gem. § 17 WGG) nicht endgültig dem Vermieter verbleibe, wirtschaftlich betrachtet bei dieser Zahlung um ein Darlehen.

Der Zufluss beim Vermieter wurde in einem solchen Fall im Zeitpunkt der Gegenverrechnung angenommen; korrespondierend dazu erwuchs dem Mieter im selben Zeitpunkt der Mietaufwand. Im Übrigen wurde auf Mieterseite bzw. Seite des Nutzungsberechtigten für den Fall einer Untervermietung auch für den Fall, dass ein "echter" (nicht rückzahlbarer) Baukostenzuschuss vorlag, der beim Vermieter im Jahr der Bezahlung als zugeflossen anzusehen war, kein sofort absetzbarer Mietaufwand angenommen. (Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch zum EStG 1972, § 28 Tz 16ff mwN, ua )

4.1. Grundsätzlich fest steht somit, dass der 1983 vom Bf geleistete Finanzierungsbeitrag nicht sofort als Betriebsausgabe geltend zu machen, sondern zu verteilen gewesen wäre. Unstrittig ist zwischen den Verfahrensparteien offenbar auch, dass der Bf den Finanzierungsbeitrag tatsächlich nicht 1983 zur Gänze als Betriebsausgabe geltend gemacht hat. Sofern derartiges von der Abgabenbehörde während des Betriebsprüfungsverfahrens angenommen wurde, wie in der Beschwerde einmalig erwähnt, wurde dies im Weiteren, insbesondere gegenüber dem Bundesfinanzgericht, nicht einmal mehr behauptet.

Offen ist somit ausschließlich, wie die Verteilung vorzunehmen gewesen wäre.

4.2. Eine Aktivierung und Abschreibung des gegenständlichen Finanzierungsbeitrages auf die voraussichtliche Nutzungsdauer iSd § 7 EStG (1972) hätte zur Voraussetzung gehabt, dass es sich nach der 1983 geltenden Rechtslage um ein aktivierungspflichtiges, abnutzbares Wirtschaftsgut gehandelt hätte, konkret um ein Mietrecht. Zahlungen zum Erwerb eines Mietrechts sind im Einzelfall von nicht auf das Mietrecht zu aktivierenden Vorauszahlungen auf den laufenden Bestandszins abzugrenzen, wobei eine vertraglich vereinbarte Refundierung im Fall der Auflösung des Bestandsverhältnisses für eine Qualifikation als Nutzungsentgelt und gegen die Annahme von Anschaffungskosten eines Mietrechts spricht (Kirchmayr/Geringer in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, COVID-Bestimmungen, § 7 Tz 65 mwN; ebenso bereits Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch zum EStG 1972, § 28 Tz 18).

Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Kommentarstelle und der dort zitierten Rechtsprechung steht fest, dass eine Aktivierung und Abschreibung des Finanzierungsbeitrages iSd § 7 EStG nicht vorzunehmen war.

In der Beschwerde wird überdies explizit bestritten, dass es sich bei dem 1983 geleisteten Finanzierungsbeitrag um ein aktivierungspflichtiges, abnutzbares Wirtschaftsgut handeln könnte. Dem ist die Abgabenbehörde im Weiteren nicht entgegengetreten, sondern hat in der Beschwerdevorentscheidung nunmehr die Auffassung zum Ausdruck gebracht, der Finanzierungsbeitrag sei als "normaler" Mietaufwand sofort als Betriebsausgabe geltend zu machen gewesen. Diese Auffassung wurde im Vorlagebericht nicht länger aufrechterhalten, sondern wurde wiederum, wie in der Niederschrift vom , eine Abschreibung auf die voraussichtliche Nutzungsdauer als richtig erachtet. In welcher Form, insbesondere auf welche Nutzungsdauer genau der Bf diese Abschreibung vornehmen hätte müssen und welche Auswirkungen, insbesondere betraglicher Natur, dies richtigerweise auf den Betriebsaufgabegewinn hätte haben sollen, hat die Abgabenbehörde nicht dargetan.

4.3. Lediglich in der Beschwerdevorentscheidung wurde angedeutet, dass § 4 Abs. 6 EStG 1988 die im Beschwerdefall allenfalls anzuwendende gesetzliche Grundlage für eine Verteilung des Finanzierungsbeitrages hätte sein sollen. Dazu ist Folgendes zu sagen:

Gemäß § 4 Abs. 6 EStG 1988 müssen nicht aktivierungspflichtige Vorauszahlungen von Beratungs-, Bürgschafts-, Fremdmittel-, Garantie-, Miet-, Treuhand-, Vermittlungs-, Vertriebs- und Verwaltungskosten gleichmäßig auf den Zeitraum der Vorauszahlung verteilt werden, außer sie betreffen lediglich das laufende und das folgende Jahr.

Die Regelung ist auf Ausgaben, nicht aber auf Einnahmen anzuwenden, die nach dem geleistet wurden (Knechtl/Winkler/Unger in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 4 Tz 167 [Stand , rdb.at] mwN).

Eine Anwendung dieser Bestimmung im Beschwerdefall schied somit aus.

Insofern ging der Verweis auf ins Leere, zumal diese Entscheidung im (zeitlichen) Anwendungsbereich des EStG 1988 erging. In dieser Entscheidung wurde bei einem vergleichbaren Sachverhalt der Finanzierungsbeitrag iSd WGG als gem. § 4 Abs. 6 EStG 1988 auf die voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilende Vorauszahlung beurteilt.

4.4. Es existierte im Anwendungsbereich des EStG 1972 bzw. im Jahr 1983 keine dem § 4 Abs. 6 EStG 1988 vergleichbare Verteilungsnorm; außerdem war im Beschwerdefall mit dem Finanzierungsbeitrag kein zu aktivierendes Wirtschaftsgut erworben worden, weshalb auch eine Abschreibung im Wege der AfA iSd § 7 EStG nicht infrage kam.

Es wäre somit als einzige Möglichkeit verblieben, den jeweils jährlich gem. § 17 Abs. 4 WGG verwohnten Anteil des Finanzierungsbeitrages zusätzlich zum laufenden Mietaufwand als Mietaufwand geltend zu machen. Diese Vorgehensweise hätte letztlich dazu geführt, dass der Bf zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bzw. zum Zeitpunkt der Rückgabe des Mietobjektes den nicht verwohnten Anteil des Finanzierungsbeitrages (noch) nicht als Betriebsausgabe hatte geltend machen können.

Dieser Betrag war aber sodann eben nicht zum Übergangs- bzw. Betriebsaufgabegewinn hinzuzurechnen. Der Beschwerde war daher stattzugeben.

5. Für die Jahre 1983 bis 2013 ist der nicht geltend gemachte Mietaufwand verloren. Eine Nachholung scheidet von vornherein aus, eine sog. "Wurzelberichtigung" gem. § 4 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 ist im Beschwerdefall nicht möglich, da die genannte Bestimmung gem. § 124b Z. 225 mit in Kraft trat und erstmals auf Bilanzierungsverstöße anzuwenden war, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betrafen. Es sind daher grundsätzlich Verstöße, die sich im Veranlagungsjahr 2003 oder später ereignet haben, durch Zu- und Abschläge nachzuerfassen (Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, COVID-Bestimmungen, § 4 Tz 167 mwN; ErlRV 1960 BlgNR XXIV. GP, 20).

Im Beschwerdejahr 2014 ist der in diesem Jahr verwohnte Anteil iHv € 417,40, das ist 1 % von € 41.739,57 gem. § 17 Abs. 4 iVm § 39 Abs. 27 WGG, als zusätzlicher Mietaufwand zu berücksichtigen.

IV. Neuberechnung Einkommensteuer 2014

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Einkünfte aus selbständiger Arbeit
61.302,72 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
61.320,72 €
Sonderausgaben gem. § 18 EStG 1988
-460,00 €
Einkommen
60.842,72 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge (=Steuer für den Durchschnittssteuersatz)
20.656,36 €
Durchschnittssteuersatz
33,95 %
Durchschnittssteuersatz 33,95% v. 26.111,20 € = 8.864,75 €
Hälftesteuersatz 16,98% v. 34.731,52 € = 5.897,41 €
14.762,16 €
-0,16 €
Festgesetzte Einkommensteuer
14.762,00 €

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung ist der Entscheidung im Beschwerdefall nicht beizumessen; im Anwendungsbereich des EStG 1988 sind Finanzierungsbeiträge iSd WGG unter die Vorauszahlungen iSd § 4 Abs. 6 EStG zu subsumieren. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100350.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at