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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.02.2022, RV/3100686/2021

Wiederaufnahme von Amts wegen: Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres maßgebend

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2017 und Wiederaufnahme des Verfahrens bezüglich der Einkommensteuer 2017 und den Bescheid vom betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens bezüglich der Einkommensteuer 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Der Einkommensteuerbescheid 2017 wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Am wurde die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 elektronisch eingebracht. Aufgrund einer, von der EDV vorgeschlagenen Vorbescheidkontrolle, wurden mittels Ergänzungsersuchen vom und Unterlagen zur Unterhaltsverpflichtung und zum geltend gemachten Zinsaufwand iZm den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angefordert. In den Vorhaltsbeantwortungen wurden u.a. Bankauszüge iZm der Finanzierung des vermieteten Objektes nachgereicht. Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass zur Finanzierung des vermieteten Objektes ein Fremdwährungskredit aufgenommen wurde und in der Einkommensteuererklärung 2015 neben den Kreditzinsen (€ 476,87) auch die Ansparungen (€ 1.459,00) auf einem Tilgungsträger als Werbungskosten geltend gemacht wurden. Die Einkommensteuer 2015 wurde mit Bescheid vom veranlagt - bis auf eine geringfügige Änderung bei der Abschreibung (€ 723,39 statt € 753,52) erfolgte eine erklärungsgemäße Veranlagung.

2. Am wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2016 elektronisch eingebracht - die EDV schlug die Erklärung abermals zu einer Überprüfung vor. Am wurde beim Finanzamt die Überschussrechnung für die Jahre 2015 und 2016 eingebracht. Wie im Vorjahr ist auch auf der nachgereichten Überschussrechnung für das Jahr 2016 ein Bankzinsaufwand iHv € 1.136,57 und bei der Position "Tilgungsträger Darlehen" ein Betrag iHv € 3.522,60 ersichtlich. Die Einkommensteuer 2016 wurde am erklärungsgemäß - unter Berücksichtigung der Zahlungen auf den Tilgungsträger - veranlagt.

3. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 wurde am beim Finanzamt eingebracht. Am erfolgte automatisiert die erklärungsgemäße Veranlagung. Von der EDV wurden keine Kontrollmaßnahmen vorgeschlagen

4. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2018 wurde am beim Finanzamt eingebracht.

Am erfolgte automatisiert die erklärungsgemäße Veranlagung. Von der EDV wurden keine Kontrollmaßnahmen vorgeschlagen.

5. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 wurde am beim Finanzamt eingebracht. Die Erklärung wurde von der EDV zur Vorbescheidkontrolle ausgewählt. In der Vorhaltsbeantwortung zum Ergänzungsersuchen vom wurde unter anderem die Überschussrechnung für die Jahre 2018 und 2019 nachgereicht. Aus dieser, am , eingebrachten Vorhaltsbeantwortung erlangte das Finanzamt erstmals Kenntnis davon, dass auch in den Jahren 2018 und 2019 Zahlungen auf einen Tilgungsträger als Werbungskosten geltend gemacht wurden. Aufgrund dieser Vorhaltsbeantwortung hat das Finanzamt erstmals die Erklärungsdaten zu den Vermietungseinkünften im Jahr 2017 kontrolliert.

6. Eine Überschussrechnung für das Jahr 2017 lag dem Finanzamt zum damaligen Zeitpunkt nicht vor. Die Höhe der im Jahr 2017 unter der Kz 9510 (Fremdfinanzierungskosten) geltend gemachten Werbungskosten (€ 4.684,47) ließ das Finanzamt vermuten, dass auch in diesem Jahr Zahlungen auf einen Tilgungsträger als Werbungskosten geltend gemacht wurden.

Aufgrund dieser neuen Tatsachen, die nach Ansicht des Finanzamtes erst aufgrund der am eingebrachten Vorhaltsbeantwortung zumindest für die Jahre 2017 und 2018 vorlagen, führte das Finanzamt hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2015-2017 eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO und im Jahr 2018 außerhalb der maßgebenden Jahresfrist eine rechtswidrige Bescheidaufhebung gem. § 299 BAO durch.

7. In den neuen Sachbescheiden betreffend die Einkommensteuer 2015 bis 2018, jeweils erlassen am , fanden die Zahlungen auf einen Tilgungsträger keine Berücksichtigung mehr als Werbungskosten. Für die Jahre 2015-2017 wurden die reinen Zinszahlungen laut den nachgereichten Überschussrechnungen berücksichtigt.

8. Da für das Jahr 2017 zum damaligen Zeitpunkt keine Überschussrechnung vorlag, wurde im neu erlassenen Einkommensteuerbescheid 2017 vom in Anlehnung an das Jahr 2018 ein Zinsaufwand iHv € 1.073,67 anerkannt.

9. Gegen die am erlassenen Wiederaufnahme- und Sachbescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015-2018 wurde fristgerecht eine Beschwerde eingebracht. Der Aufhebungsbescheid 2018 wurde in der Beschwerde als Wiederaufnahmebescheid bezeichnet.
Betreffend die Wiederaufnahmebescheide (2018 richtigerweise Aufhebungsbescheid) wurde in der Beschwerde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Finanzamt aufgrund der Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom bekannt gewesen sei, dass Zahlungen auf einen Tilgungsträger als Werbungskosten beansprucht worden seien. Daher sei eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO unzulässig.

Die rechtswidrige Aufhebung gem. § 299 BAO des Einkommensteuerbescheides 2018 wurde in der Beschwerde nicht bekämpft.

Zusätzlich wurde in der Beschwerde im Falle einer Abweisung der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2015-2018 (2018 richtigerweise Aufhebungsbescheid) begehrt, dass bei den Sachbescheiden Einkommensteuer 2015-2018 vom Beschwerdeführer (Vermieter) getragene Betriebskosten, wie Grundsteuer, Hausversicherung und Reparaturfonds, erstmals als Werbungskosten berücksichtigt werden sollten. Die Höhe dieser Kosten wurde für 2017 mit 738,64 Euro und für 2018 mit 1.546,63 Euro angegeben, ein Nachweis mit Belegen erfolgte nicht.

10. Für die Jahre 2015 und 2016 wurde der Beschwerde stattgegeben, da dem Finanzamt bereits vor Durchführung der Wiederaufnahme des Verfahrens bekannt war, dass Zahlungen auf einen Tilgungsträger als Werbungskosten geltend gemacht wurden. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 und 2016, jeweils erlassen am , wurden ersatzlos aufgehoben. Somit erwuchsen wieder die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide (für das Jahr 2015 der Bescheid vom und für das Jahr 2016 der Bescheid vom ) in Rechtskraft.

11. Für die Jahre 2017 und 2018 wurde die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide (2018 eigentlich Aufhebungsbescheid) und Sachbescheide betreffend Einkommensteuer mittels Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen.

Erst durch die Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom sei dem Finanzamt erstmals bekannt geworden, dass auch in den Jahren 2017 und 2018 Zahlungen auf einen Tilgungsträger als Werbungskosten geltend gemacht wurden. Daher würden für die Jahre 2017 und 2018 aus der Sicht des Finanzamtes neue Tatsachen vorliegen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens iSd § 303 BAO rechtfertigen.

12. Die Beschwerde gegen die Sachbescheide Einkommensteuer für die Jahre 2017 und 2018 wurde mittels Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen, weil dem Finanzamt keine Unterlagen zum Nachweis der Betriebskosten (Grundsteuer, Hausversicherung, Reparaturfonds) vorgelegt wurden.

13. Am wurde beim Finanzamt ein Vorlageantrag betreffend die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide der Einkommensteuerverfahren (2018 richtigerweise Aufhebungsbescheid) für die Jahre 2017 und 2018, jeweils ergangen am , eingebracht und eine Begründung angekündigt.

14. Mit Schriftsatz vom begründete der Beschwerdeführer den Vorlageantrag im Wesentlichen wie folgt:

"Das Finanzamt behauptet, dass der Behörde für die Jahre 2017 und 2018 die Werbungskosten für die Zahlungen auf einen Tilgungsträger nicht bekannt waren, da keine Überschussrechnung vorlag. Diese wurde aber am in Papierform an die Adresse des Finanzamtes Kufstein gesandt. Auf die Bestätigung der Postaufgabe vom in Beantwortung des Ergänzungsansuchens am wird in der bekämpften BVE überhaupt nicht eingegangen.

Es ist ebenso bezeichnend, dass die gegenständliche Überschussrechnung auch am 12. Feber 2021 in Stellungnahme zum Ergänzungsansuchen vom 12. Jänner online gesandt wurde und die Zusendung im Ergänzungsansuchen vom wieder verlangt wurde, da angeblich immer noch nicht beim Finanzamt vorliegend. Nach meiner Meinung ist die ursprüngliche Zustellung am beim Finanzamt in Verstoß geraten, zumal in den finanzonline gesandten Einkommensteuererklärungen der Hinweis über die Zusendung der Überschussrechnungen in Papierform angekündigt war. Wenn die Behörde diese nicht erhalten hätte, wäre wohl mit einem Verbesserungsauftrag vor Veranlagung zu rechnen gewesen.

Der Feststellung des Finanzamtes, es ist nicht verpflichtet Kontrollmaßnahmen für die Jahre 2017 und 2018 durchzuführen, obwohl auch bei oberflächlicher Nachschau ersichtlich war, dass sich die Werbungskosten von 2016 auf 2017 nur um 25 Euro erhöht haben, kann nicht gefolgt haben. Diesbezüglich verweise ich auch auf die Rechtsprechung zum Grundsatz von Treu und Glauben und einer Entscheidung des BFG, dass die Wiederaufnahme der Steuerbescheide unbillig war, da sich der Steuerpflichtige aufgrund der Ergebnisse der Vorprüfung im besonderen Maß in der Annahme bestärkt fühlen durfte, den abgabenrechtlichen Sachverhalt korrekt gewürdigt zu haben.

In diesem Fall wird nochmals auf die eingebrachte Überschussrechnung 2015 und Stellungnahme vom auf das Ergänzungsersuchen vom verwiesen und das Finanzamt den Tilgungsträger als Werbungskosten anerkannt hat."

15. Da der Aufhebungsbescheid betreffend Einkommensteuer 2018 vom nach der maßgebenden Jahresfrist und somit rechtswidrig ergangen war, hob das Finanzamt diesen und alle Folgebescheide ersatzlos auf.

Dadurch wurde der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid 2018 vom wieder in den Rechtsbestand erhoben. Mit Bescheid vom veranlasste das Finanzamt eine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2018 unter Anführung der aufgrund des Vorhalteverfahrens vom neu hervorgekommenen Tatsachen. Im neu erlassenen Einkommensteuerbescheid 2018 vom erfolgte die Aberkennung der reinen Zahlungen auf einen Tilgungsträger.

16. Gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2018 vom wurde fristgerecht am eine Beschwerde eingebracht. Die Beschwerde enthält im Wesentlichen die gleiche Begründung wie jene gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2017 und 2018, jeweils erlassen am .

17. Das Finanzamt hat wies diese Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung vom abermals mit der Begründung ab, dass dem Finanzamt betreffend die Veranlagung 2018 erst aufgrund des Vorhalteverfahrens vom erstmals bekannt wurde, dass reine Zahlungen auf einen Tilgungsträger als Werbungskosten geltend gemacht wurden.

18. Mit Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer, die am eingebrachte Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2018 dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

19. Am legte das Finanzamt die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide 2017 und 2018 und gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide, da für die Frage, ob neue Tatsachen vorliegen eine jahresweise Betrachtung zu erfolgen hat. Erst durch die am eingebrachte Überschussrechnung für das Jahr 2017 sei ersichtlich, dass der reine Zinsaufwand 1.101,37 Euro betrage. Bezüglich des Einkommensteuerbescheides 2017 werde beantragt, diesen Zinsaufwand zu berücksichtigen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Am erfolgte automatisiert die erklärungsgemäße Veranlagung der Einkommensteuer 2017.
Am erfolgte automatisiert die erklärungsgemäße Veranlagung der Einkommensteuer 2018.

In der Vorhaltsbeantwortung vom zum Ergänzungsersuchen vom wurde die Überschussrechnung für die Jahre 2018 und 2019 nachgereicht.
Dadurch erlangte das Finanzamt erstmals Kenntnis davon, dass in den Jahren 2018 und 2019 Zahlungen auf einen Tilgungsträger als Werbungskosten geltend gemacht wurden.

Da für das Jahr 2017 zum damaligen Zeitpunkt keine Überschussrechnung vorlag, wurde im neu erlassenen Einkommensteuerbescheid 2017 vom in Anlehnung an das Jahr 2018 ein Zinsaufwand iHv € 1.073,67 anerkannt.

Für die Behauptung des Beschwerdeführers in der Begründung zum Vorlageantrag vom , dass bereits am die Überschussrechnungen 2017 und 2018 in Papierform an die Adresse des Finanzamtes Kufstein gesandt worden seien, gibt es keinen Nachweis.
Nach der Aktenlage und dem glaubwürdigen Vorbringen der belangten Behörde wurden die Überschussrechnungen 2018 und 2019 erst am nachgereicht.

Es wurden vom Beschwerdeführer im gesamten bisherigen Verfahren keine Unterlagen zum Nachweis der in der Beschwerdeschrift als Werbungskosten beantragten Betriebskosten (Grundsteuer, Hausversicherung, Reparaturfonds) vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen.
Ziel der Wiederaufnahme ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis ().

Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände (zB ); also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften.

Maßgebend ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (zB ).

Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist nach hA aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen (; , 2006/13/0019; , 2007/15/2011).
Maßgebend ist der Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres ().

Zum Zeitpunkt der Veranlagung der Einkommensteuer 2017 am lag der Behörde keine Überschussrechnung 2017 vor.
Zum Zeitpunkt der Veranlagung der Einkommensteuer 2018 am lag der Behörde keine Überschussrechnung 2018 vor. Selbst wenn der Beschwerdeführer am in Papierform an die Adresse des Finanzamtes Kufstein gesandt hätte, wäre sie zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung noch nicht bei der zuständigen Stelle eingelangt gewesen.
Es sind für das Bundesfinanzgericht keine Hinweise erkennbar, dass der belangten Behörde im Zeitpunkt der erstmaligen Veranlagungen 2017 und 2018 Unterlagen vorgelegen wären, aus denen die Geltendmachung der Ansparungen auf den Tilgungsträger hervorgehen.

Aus der Sicht der Einkommensteuerverfahren 2017 und 2018 sind daher erst nach der Bescheiderstellung neue Tatsachen hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen.

Der Wissensstand der Behörde bezüglich der vorhergehenden Jahre ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht maßgebend.

Ein allfälliges Verschulden der Behörde an der Nichtausforschung von Sachverhaltselementen schließt die amtswegige Wiederaufnahme nicht aus (zB ).

Der Beschwerdeführer rügt, dass die Wiederaufnahme der Steuerbescheide unbillig war, weil sich der Steuerpflichtige aufgrund der Ergebnisse der Vorprüfung im besonderen Maß in der Annahme bestärkt fühlen durfte, den abgabenrechtlichen Sachverhalt korrekt gewürdigt zu haben. Dies sei mit dem Grundsatz von Treu und Glauben völlig unvereinbar.

Zum Grundsatz von Treu und Glauben ist auf Folgendes hinzuweisen:

Dieser Grundsatz soll grundsätzlich nicht das Erfüllungsinteresse schützen, sondern einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens gewähren (vgl zB Stoll, BAO, 1317). Dieser Schaden entspricht der Differenz zwischen gesetzmäßiger Steuerschuld und derjenigen Steuerbelastung, die aus dem steuerlichen Verhalten resultiert wäre, das der Steuerpflichtige gesetzt hätte, wäre ihm die richtige Auskunft erteilt worden.

Da im gegenständlichen Fall die gesetzmäßige Steuerschuld derjenigen Steuerschuld entspricht, die aus dem steuerlichen Verhalten resultiert wäre, das der Steuerpflichtige gesetzt hätte, wäre ihm eine richtige Auskunft erteilt worden (kein Werbungskostenabzug zulässig), liegt kein Vertrauensschaden vor.

Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Abänderung)

2.2.1. Ansparungen Tilgungsträger

Als Tilgungsträger werden verschiedenste Formen von Kapitalanlagen bezeichnet, die zur Tilgung eines endfälligen Kredites angespart werden. Dabei werden nur die anfallenden Zinsen laufend beglichen. Diese Zinsen stellen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten dar, während die Ansparungen auf den Tilgungsträger nicht abzugsfähig sind.
Die Anschaffungskosten für den Gebäudeanteil werden auf die Nutzungsdauer verteilt im Wege der Absetzung für Abnutzung berücksichtigt.
Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

2.2.2. Nicht nachgewiesene Betriebskosten

In der Beschwerde vom gegen den im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Einkommensteuerbescheid 2017 vom beanspruchte der Beschwerdeführer "nicht als Werbungskosten angesetzte, aber von ihm getragene Betriebskosten, wie Grundsteuer, Hausversicherung und Reparaturfond über 738,64 Euro".

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

"Bis dato erfolgte kein Nachweis, dass Betriebskosten (Grundsteuer, Hausversicherungen und Reparaturfond) iHv € 738,64 von Ihnen getragen wurden."

Im Vorlageantrag vom finden diese Betriebskosten keinerlei Erwähnung, Nachweise wurden keine erbracht.

Werbungskosten müssen nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden. Diese Nachweispflicht ergibt sich aus den allgemeinen Verfahrensvorschriften (§ 138 BAO).

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass sowohl die Beschwerdevorentscheidung als auch der von der belangten Behörde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachte Vorlagebericht den Charakter eines Vorhaltes gehabt haben und es dem Beschwerdeführer unbenommen geblieben wäre, der Nichtanerkennung von Werbungskosten durch Vorlage entsprechender Sachbeweise entgegen zu treten (vgl. ). In Anbetracht dieser Sach- und Rechtslage kann demnach auch das Bundesfinanzgericht zu keinem anderen Ergebnis kommen, als bereits die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung. Die in der Beschwerdeschrift erstmals erwähnten -jedoch nicht nachgewiesenen- Betriebskosten waren nicht als Werbungskosten anzuerkennen.

2.2.3. Tatsächlicher Zinsaufwand 2017

Da für das Jahr 2017 keine Überschussrechnung vorlag, wurde von der belangten Behörde im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Einkommensteuerbescheid 2017 vom in Anlehnung an das Jahr 2018 ein Zinsaufwand iHv 1.073,67 Euro angesetzt.
Der tatsächliche Zinsaufwand im Jahr 2017 beträgt laut der am eingebrachten Überschussrechnung 1.101,37 Euro.
Der Einkommensteuerbescheid war spruchgemäß dahingehend abzuändern.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100686.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at