Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.02.2022, RV/7500048/2022

Beschwerde gegen Vollstreckungsverfügung, Einwendungen betreffen aber Titelbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Dr. Wolfgang Pagitsch in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom , Zahl: MA67/216700965058/2021, zu Recht erkannt:

  • Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die angefochtene Vollstreckungsverfügung bestätigt.

II.) Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

  • Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl: MA67/216700965058/2021, wurde die Beschwerdeführerin der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung für schuldig erkannt und über sie nach § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt. Diese Strafverfügung erwuchs in Rechtskraft.

Am erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, die beschwerdegegenständliche Vollstreckungsverfügung, da die mit Strafverfügung vom verhängte rechtskräftige Strafe bis heute nicht bezahlt worden sei. Die offene Forderung inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr gemäß § 54b Abs. 1a VStG) betrage € 65,00. Da der Bescheid inklusive Kostenbeitrag vollstreckbar sei, werde zur Einbringung des Gesamtbetrages gemäß § 3 und § 10 VVG die Zwangsvollstreckung verfügt.

Gegen diese Vollstreckungsverfügung erhob die Beschwerdeführerin am Beschwerde und führte aus:

"Der BF wird zu Unrecht eine Forderung aus einer Strafverfügung belangt. Der BF hat damals das Fahrzeug nicht geführt.

Der BF gibt nochmals eine Lenkererhebung ab und verweist auf die Person die das Fahrzeug bewegt hat.

Es wird der Antrag gestellt:

  • Aufhebung der Vollstreckungsverfügung

  • Abgabe der Informationen der Lenkererhebung

  • Herabsetzung des Strafbetrages"

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 3 Abs. 1 und 2 VVG lautet:

"(1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, BGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist."

§ 35 Abs. 1 EO lautet:

"(1) Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, können im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Falls jedoch dieser Exekutionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Tatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte."

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vollstreckung ist somit, dass ein entsprechender zu vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) vorliegt, welcher gegenüber der verpflichteten Partei wirksam geworden ist und dass die verpflichtete Partei ihrer Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (). Der zu vollstreckende Bescheid muss darüber hinaus bereits in Rechtskraft erwachsen sein und die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen (vgl. § 3 Abs. 2 VVG).

Weiters können im Zuge des Vollstreckungsverfahrens keine Einwendungen gegen den Titelbescheid vorgebracht werden (). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bilden Umstände, über die im Titelbescheid bereits rechtskräftig abgesprochen wurde keinen Beschwerdegrund (, ).

Laut Zustellnachweis wurde die Strafverfügung vom , die der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung als Titelbescheid zu Grunde liegt, bei der Post Geschäftsstelle 1127 hinterlegt und ab dem zur Abholung bereitgehalten. Zuvor wurde am an der Abgabestelle der Beschwerdeführerin ein Zustellversuch unternommen und die Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt. Laut Zustellnachweis und Auskunft der Post wurde das Schriftstück am von einem im gleichen Haushalt lebenden Angehörigen der Beschwerdeführerin (Ersatzempfänger) übernommen. Gem. § 17 Abs. 3 ZustG gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt. Die Strafverfügung vom (Titelbescheid) wurde daher wirksam zugestellt, da zudem von der Beschwerdeführerin auch keine Zustellmängel aufgezeigt wurden.

Ebenfalls aktenkundig ist, dass die beschwerdegegenständliche Vollstreckungsverfügung mit der Strafverfügung vom übereinstimmt und der festgesetzte Gesamtbetrag iHv € 65,00 im Zeitpunkt der Erlassung der Vollstreckungsverfügung noch nicht getilgt war.

Weil der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung eine rechtskräftige Strafverfügung als Titelbescheid zu Grunde liegt und die Frage der Rechtsmäßigkeit eines in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgeworfen werden darf, kann das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe das Fahrzeug nicht gelenkt, der Beschwerde nicht zum angestrebten Erfolg verhelfen (). Ein solcher Einwand wäre in einer rechtzeitigen Beschwerde gegen die Strafverfügung geltend zu machen gewesen und kann im Vollstreckungsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Gem. § 44 Abs. 3 VwGVG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche von den Parteien nicht beantragt und in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung (Rechtsfrage der Zulässigkeit einer inhaltlichen Einwendung im Vollstreckungsverfahren) behauptet wurde.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) kraft Gesetzes nicht zulässig, da in dieser Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von höchstens € 365,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt wurde.

Gegen diese Entscheidung ist weiters gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1 und 2 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
§ 35 Abs. 1 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7500048.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at